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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.10.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-10-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18931012020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893101202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893101202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-10
- Tag1893-10-12
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ß, tz» »« «» «M». bei titpUcher ZnsteU,,, in« tz«»«HöL Durch di« Dost bqoye» für Dentfchtanb «ck Oesterreich: viertel; Ltzrllch X ch—. Direct, tLglich« Krenzbandkudn,, «M «»11°^: «o,«Mch 72V. MSSLWWW'.'^ Ne>«tt»» m» Lr»E,»: --»*»»««,«»» 8. Dir EnredtÜo» Ist VochentaAO NN»t<rVkVchCM »« früh S «de»d» 7«»^ vtt< Mon»'» Dort«». (Rffre» v«H»Id Untversitältstraß« 1« L»«i« «,»«. Kachnrtnenstr. »4. vart. «L >ö>ialvl«tz 7. Abend-Ausgabe. tMStt- Anzer-emPreiS die Sgespaltme Petttzeile dv Pfg.' Niel»«», uttrr de« Ited«tto»«ftrich (4«, spulte») bv^, vor de» gamilirnnachrichk, >6 gespulte») 40 Größere Echnsten laut «aserem Preis« verzelchuiß. Tabellarischer und Zlssveasatz »ach höherem Tarif. Er»r«,Vellage» (gefallt), »»e mit de« Marge».Autgade. ohne Postbefirderna» , «it Pvstbesördenmg ^l 7V.-v Anzeiger. Lrgan für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Amrah«eschluß fir Anzeige«: Abend-AaSgab,: vormittag« 10 Uhr. Marge».«u-gade: Nachmittag« 4 Uhr. Sou», »ad Festtag» früh '/,9 Uhr. Set de» Filialen und Aunadmrstrfle» je »i»a halb« Stunde früher. Uttheigr» fi»d stet« an dt, Grpkditia» 1» richten Dl»ck »nd Verlag vo» «. P»l» i» Leipzig. ^ 522. Donnerstag dm 12. Ottober 1893. 87. Jahrgang. polttische Tagesschau. * Leipzig. 12. October. Je lebhafter die Bewegung ist, welche sich gegen die auf Anregung der Frankfurter Hinanzminister-Confercnz aus- gearbeitclen Grundzüge von Tabak- und Weinstcuergesetzenl- würfen richtet, um so ausfallender ist es, daß man bisher so gut wie nicht« von der Börsen» oder Rcichsftempel-Ltener gehört hat, die doch jedenfalls einen wesentlichen Bcstandtheil de- neuen für den Reichstag vorbereiteten Steuerbündels bildet. Bei einer einfachen Erhöhung der bisherigen Sätze, wie sie in der Session von 1892/93 vorgeschlagen worden, wird bei dem jetzigen Darniedcrlicgen aller Geldgeschäfte nicht viel herauskommen; über neue Grundlagen dieser Besteuerung oder Erweiterungen der zu Stcmpclabgabcn heranzuziehenden Geschäfte bat aber bisher nichts verlautet. Und dock findet gerade diese Steuer, die am wenigsten die untersten Elasten belastet, bei allen Parteien und in den weitesten Kreisen dcS LolkcS den empfänglichsten Boden, wie schon die Aufnahme des früheren Entwurfs im Reichstag bewies. Gegenüber dem starken Widerstand, der sich gegen die Tabak- und Wein- steuer richtet, wäre cS zweckmäßig, wenn das populärste der vorbereiteten Stcnerprojecte bald ebenfalls etwas mehr aus seinem Dunkel hervortreten würde. Wer weiß, ob es nicht daS einzige ist, worüber sich der Reichslag mil den verbün deten Regierungen verständigt. Ueber den Verlauf und die Dauer der HandelSpertragS- nerhaudlnngen «it Rußland läßt sich zur Zeit ein einiger maßen begründetes Urtheil nicht gewinnen. TheilS hüllen sich die Betheiligten in tiefes Stillschweigen, theilS lassen sich auch ans dem bisherigen Verlauf der Sache wen g AnhaltSpuncte zu Schlußfolgerungen auf daS endliche Ergebnis; gewinnen. ES ist möglich, daß die Verhandlungen sich noch lange hin ziehen, eS ist auch möglich, daß sie vcrhältnißmäßig rasch, sei eS in welcher Richtung immer, zum Abschluß kommen. Nur das läßt sich nach der ganzen Sachlage und den weiteren Stadien, welche die Verständigung-Versuche noch zu durch- laufen haben, mil Sicherheit annehmen, daß der Reichs tag auch günstigen Falles erst in sehr vorgerückter Zeit seiner bevorstehenden Session vor diese Frage gestellt werden wird. Än Oesterreich hat das unerwartete Hervortreten des Grafen Taafse mit seiner Wahlreformvorlage bc. greislicherweise auch außerhalb des ReichSratheS ein un beschreibliches Aussehen erregt. DaS relativ angenehmste, wie eS scheint, in den Kreisen der Großgrundbesitzer, deren politischer Einfluß bekanntlich noch wesentlich vermehrt werden soll, während der der Stadt- »nd der Landgemeinde-Curie eine erhebliche Verminderung erfahren würde, wenn die Vorlage Gesetzeskraft erlangte. In einer die Stimmung jener Kreise wiedergebendcn Wiener Zuschrift an die „Krcuzztg." wird den» auch die Vorlage nicht ungünstig be sprochen. Es heißt in dieser Zuschrift: „Der BildungScensus ist, da nur der Nachweis de- Besuchs der Volksschule verlangt wird, ja sogar in dem Falle de« Nicht- besuch- der Volksschule eine enliprechend« Prüfung auSreichen soll, so niedrig gegrissen, daß man füglich von dem Zugeständnisse de- allgemeincn Wahlrechts, das nur von der Erfüllung der Wehrpflicht abhängig gemacht wird, sprechen kann. Man erklärt sich das Vorgehen der Regierung dadurch, daß sie der Bewe- gung der Arbeiter für das allgemeine Wahlrecht ein Ende machen und den socialdemokratischeu Arbeitern daS HauptagitationSmittel entwinden wollte. Noch am Abende vor der Eröffnung des ReichSraihS hatten 16 Masse». Versammlungen stattgefunden, die sämmtiich eine gleichlautende Reso- luilon beschlossen, in weicher der ReichSrath ausgesordert wurde, den Antrag aus Einsüdrung de- allgemeinen Wahlrechts sofort aus die Tagesordnung zu setzen. Nun wird de» Arbeitern nichts Andere» übrig bleiben, ol» die Agitation einzusteNen, denn mehr alt daß in solcher Weist ihre Wünsche der Erfüllung zugcführt werden, können sic nicht verlangen." Es würde allerdings der bisherigen Taktik des Grafen Taafse vollständig entsprechen, wenn er versuchen wollte, die Socialdemokratie durch Unterdrückung des politischen Ein flusses de» Mittelstandes zu „versöhnen". Aber eS wäre doch sehr kurzsichtig von den Großgrundbesitzern, wenn sie einer solchen Versöhnung-Politik ihre Unterstützung leihen wollten. DerBegcisicrungStanmel, in den der bevorstehende Russen ke such unsere sranzösischen Nachbarn versetzt, äußert sich zu weilen in absonderlicher Weise. Jedenfalls ist e» auch auf diesen Taumel zurückzusührcn, daß ein französischer Osficier, der lange im KriegSministcrium gewesen ist und die Art und Weise, wie die Wehrverhältnisse fremder Nationen in Frankreich stutirt werden, genau kennt, im „Matin" daS Folgende veröffentlicht: „Unser sogenannter Nachrichtendienst im Ministerium führt, wie Cie wissen, nur einen euphemistischen Titel; er besteht, geradeheraus gesagt, in Spionage. ES macht nervös, wenn man immer »nd immer wieder die Organisation de» Spionage-DieusteS der Deutschen rühmen bört. (?) Dieselbe mag ja recht aut sein, aber schließlich müssen wir doch sagen, daß wir auch mit Spionage diene» können »nd daß wir ebenso gut wissen, was bei ihnen miliiairisch vergeht, wie sie bei uns. Ich gebe ja freilich zu und weiß auch, daß diese Art von Tbäiigkeii dem französischen Edarakter gründlich widerstrebt. Aber dergleichen sagt man in allen Ländern und dennoch siebt man sich überall in gleicher Weise vor. Ich spreche selbstverständlich nur von Len Kundschaslerdienstcn, die jenseits der Grenze von activen Ossiciere» auSgesührt werden, d. h. von Leuten, die bester als irgendwer die Einzel- beiten der fremden HeereSeiarichiniigen mit raschem Blick er fassen können. Darüber kau» man »„besangen sprechen, denn meiner Ueberzeugnng nach ist das ein öffentliches Geheimniß. Jedes Jahr, wen» der Sommer und mit ihn: die günstig« Reise- zeit kommt, wird bei den verschiedenen Nr ineecvrx «common- danken angesragt, welche Ossiciere ihres CommandoS im AuSlande zu reisen wünschen. Der Armercorp-commandont übergiebt die Anfrage aus dienstlichem Wege den Obersten, welch« den nöthigen Etat ausstellen. Dieser Etat giedt Namen, Alter und Ancicnnität eine» jeden sich meldenden LssieierS an, dazu Urlknie seiner dienstlichen Vorgesetzten über seine persönlichen Fähigkeiten, über di« Sprachen, die er spricht, die Mittel, die er außer seinem Sold zur Verfügung Hai, und da» Land, da» er im Urlaub zu be- reisen wünscht. Die ausgestellten Listen werden von de» Obersten, Brigadegeneralen, Divisionsgeneralen und Armeecorps. commandanten sorgfältig mit Randbemerkungen verseben und dann dein Ministerium eingesandi. Hierwird die Wahl getroffen. Die gewählten Ossiciere erholten u»ter Siegel einen vollständigen Frage- bogen, welchen der Reisende im Lanse seiner Reise auSzusüllen und nöthigensallS mit topographischen Au'nahmen zu belegt» hat. Bei der Rückkehr dcS KundichasierS werden seine Angaben im Nach, richtenbureau rentraliflrt. Wenn nSihig, gewährt da» Ministerium dem Osficier einen Zuschuß an Geld, dessen Höhe der Wichtigkeit und den Schwierigkeiten des von ihm übernommenen Auftrags entspricht. Der Kundschafterdienst erfordert viel Energie und Intelligenz. Man darf wohl sagen, daß diejenigen, welche ilm über- nehmen, sämmtlich Ossiciere von Werth und Zukunft lind. Sie dringen aus eigene Rechnung und Gefahr in daSLand ein, da» sie er- forschen wollen. Sobald sie die Grenze überschritten haben, schützt sie nichts mehr, als ihr Muih und ihre Schlauheit. Vor einigen Jahren wurde einer meiner Kameraden und DienstalierSgenossen. der jetzt höherer Osficier ist. mil einer Reise der genannten Art beaottragi. Er war bildhäßlich, strohblond und sprach deutsch wie ein geborener Deutscher. Sechzig Tage lang zog er, bald ai» Bettler, bald als Orgelmann, bald al- Zündholz- oder Korb- Verkäufer verkappt, in allen Grenzgarnisonen von Elsaß und Lothringen herum. So nahm er alle Wege aus, sorgsältig und genau, als dätte er ei» Viertel der Generalstabskarte rectiticin. AlS er sich entdeckt oder verdächtigt glaubte, wars er Drehorgcl und Plunder fort und kehrte unbekelligt über di« Grenze zurück z» seinem ArmeecorpS. Vielleicht ist eS nichi recht, dergleichen Thaljachc» öffentlich auSzusprechen: aber wenn dieDeuischen und Italiener mit allen ihren Reptilien wähne», daß wir dümmer seien als sie, so täuschen sie sich. Der Beweis ist leicht zu führen." Es ist nicht gerade neu, was man hierdurch erfährt ; aber neu ist, daß Derartiges so offen und triumphirend aus- gesprochen wird. Es ist an die Adresse Rußland» gerichtet und soll diesem beweisen, daß Frankreich in jeder Hinsicht „bereit" und de» Deutschen und Italienern „über" sei. Wie in früherer, noch nickt zu fern liegender Zeit in den maßgebenden russische» Kreisen eine französische Renommazc über AnSspionirung deutscher militairischer Ver hältnisse ausgenommen worden wäre, lehrt folgende ReminiSccnz. Für die deutschen Generale, die sich im Decembcr l87t anläßlich de» St. GeorgSfesteS in Peters burg aushielten, wurden auch verschiedene Theater vorstellungen veranstaltet. Als nun die in Peters burg seit Jahren bestehende französische Bühne an die Reihe dcS Besuches kommen sollte, weigerten sich am Morgen des bestimmten Tages die Schauspieler, vor den preußischen Generalen zu spielen. Mit dieser „Schreckensbotschaft" eilte der Generalintendant der kaiserlich russischen Hosthealer, v. Gedeonow, ins Winterpalais, um sie zur Kennlniß des Kaiser- zu bringen. Der Kaiser hörte ihn ruhig an, dann antwortete er: „Sorge dafür, daß die deutschen Schauspieler an die Stelle der sranzösischen treten können; den französischen Herren und Damen aber sage, daß sie eS zwar machen könnten, wie sie wollten, daß ich aber Jeden, der sich weigert, heute zu spielen, morgen über die Grenze bringen lassen werde. Jenes ist ihr Recht, das ist da» meinige!" Die Folge war» daß alle Mitglieder der französischen Bühne an jenem Abende spielten und sogar besser als je zuvor Bei der Feier dcS Sri. Georg-festes hatte übrigens Kaiser Alexander Ik. einen Trinkspruck aus daS Wohl de« Kaiser- Wilhelm I. als de- ältesten Ritter» de» GeorgSorkens an gebracht und dabei u. A. gesagt: „Ich wünsche und hoffe, daß die innige Freundschaft, die u»S verbindet, auch bei den künftigen Generationen sorldauert, ebenso wie die Waffenbrüderschaft unserer beiden Armeen, die aus einer ewig denkwürdige» Zeit datirt. Ich sehe darin die beste Bürgschaft sür die Aufrechterhaltung dcS Friedens und der gesetzlichen Ordnung in Europa." Und heute?! Die Pariser „Agence HavaS" wußte neulich schaden froh von einer schon seit geraumer Zeit zwischen Oesterrrtch- Ungar« und der Türket herrschenden Spannung zu melden Dieser Nachricht gegenüber läßt sich jetzt ein Mitarbeiter der „Polit. Correspondcnz" in Konst antinopel folgender maßen aus: „ES ist nickt der Mühe werib, aus die einzelnen in jener Torre spondenz angeführten Puncie de« Näheren an dieser Stelle einzu gehen, eine derselben verdient aber deshalb eine entschieden« Zurück Weisung, weil di« betreffende Meldung seither mrhrfach in der europäischen Presse reproduciri worden ist. linier Anderem wurde nämlich von der „Agence HavaS" berichtet, daß die Pfort gegen die von der ösierreichisch-ungarischen Garnison im Limgebiet aufgesührien neuen Befestigungen lebhaft pro- testirt habe. Diese Nachricht ist in Allem und Jedem salsch und dürfte lediglich daraus zurllckzusühren sein, daß sich in der letzten Zeit für die k. und k. Truppen im Limgebiet die Noihwendigkeit ergab, eine ander« Straß« vo» Bjelopolj« »ach Prepoljr al- die bis herige, die unbrauchbar geworden war, zu benutzen. Die freie Be nutzung der Straßcn und anderer miliiairisch nöthigen Hilfsmittel ist bekanntlich den k. und k. LccupattonSiruppeu in der Lonveutivn zwischen Oestrrreich-Ungarn und der Türkei gewährleistet worden und cs konnte daher diese Angelegenheit an sich nicht geeignet sein, einen Conslict hecbetznführeii. Da» Ersuchen der k. und k. Regierung a» die Pforte um Herstellung der unbrauchbar gewordenen Straße bildete lediglich eine lausende Geschäst-angelegenheit, welch« seitens der Pforte auch sofort im Sinne de« geäußerten Ansuchen« erledigt wurde. Uederdaupt springt der Zweck der ganzen (Korrespondenz, die augenscheinlich daraus gerichtet ist, gegen di« Orientpolittk Oesterreich Ungarns Mißtrauen zu erwecken, allzu sehr in di« Augen, als daß derselbe an den maßgebenden Stelle» am Bosporus nicht durchschaut worden wäre. Die offene und loy«t« Haltung Oestrrreich-Ungarn« gegenüber der Psort« ist in ikonsiaiiiinopel viel zu genau bekannt und zu oft erprobt worden, als daß das sreundschaftliche Verhältniß zwischen der Monarchie und der Türkei oder das persönliche Vertrauen, welche« der öster reichisch-ungarische Botschafter bei dem Sultan grnießt, durch der- artige Preßmanöver irgendwie erschüttert werden könnte. Die haupt- ächlichsie Triebfeder der türkischen Politik, die nun seit Jahren con- sequent eingeballen wird, basirt ja aus dem Wunsche der Erhaltung de« rlntu!, guu und auf der minutiösen Einhaltung aller geschlossenen Verträge, um jedweden Anlaß zu irgend einem ernste» Lonflicte zu vermeiden. Dem von den k. und k. Truppen occupirten Limgebiet wird daher auch nur auö diesem Grunde seiten» der Pforte «ine größere Aufiiitlksainkeit gewidmet al- einem anderen GebietStheile de» Reiches »nd die türkische Regierung ist, bei aller Wahrung der eigenen Rechte, redlich bemüht, die VertragSrechie Oesterrrtch-Ungarn» in keiner Weise zu verletzen. Im klebrigen beschäftigt sich Niemand am Bosporus weder mit Bosnien und der Herzegowina, noch mit dem Limgebiet, den sehr kleinen Kreis der dortige» Emigranten ausgenommen, deren Jntriguen ;edoch keinerlei ernst zu nehmend« Wirkling Hervorrufen." Die Truppen des isangaftaates haben einen abermaligen bedeutenden Erfolg über die Araber kavongetragrn. Nachdem am I',. Februar d. I. der belgische Major Dhanis »ach inchrwöchiger Belagerung die starkbefestigte Statt Nyangwc eingenommen batte, flüchteten bekanntlich die Araber nebst ihrem Führer Sesu, dem Sohne Tippu- TipS, nach dein südöstlich von Nyangwe gelegenen Kassougo und verschanzten sich dort. Major DbauiS, der die Absicht hat, bis zu den am Taaganyika-See befind lichen Posten der belgischen Antisclaverei-Expedition vorzu dringen, mußte, um aus diesem beschwerlichen Marsch den Rücken frei zu habe», nothwendigerweise vorher das letzte Bollwerk der Araber in jener Gegend» Kassongo, einnchme». Wie nun ans Brüssel gcineiket wird, bat DkaniS an» 22. April, also schon zwei Monate nach der Einnahme NyangweS, die Araber au» Kassongo vertrieben und den Ort dnrch eine niilitairische Besatzung sür den Eongr- staat gesichert. Nach diesem letzten Siege der Truppen de» EongostaatcS über die Araber darf man wohl annchmen, daß die Macht der letzter» im Manycma-Gebiel vollständig gebrochen ist. Major Dhanis setzte den Marsch nach dem Tanganyika-See fort und wird aller Wahrscheinlich keit nach schon vor der HiifScxpeditionDeScampS', die bekanntlich von der Oslkiiste her dcn Anliskiaverei-Expeditionrn Ersatz bringt, in Albertville, dem Sitz der Expedition Jacques, cintreffen Mil seiner Ankunft wird die regelmäßige Ver bindung zwischen diesem an der östlichen Grenze des «Staate« gelegenen Sec und der Westküste hergcstcllt und gesichert sein. Vor Rio de Janeiro drängen die Ereignisse zur Ent scheidung. Die Uebergabe deS Forts Billegaignon an die Aufständischen dürste nur der Vorläufer weiterer Erfolge Admiral Mello's sein, der die Beschießung der Fort- fortsetzt. FritNleton. Die quade Foelke. Roman aus der EmSgau. 10j Don F. Klinck-Lütetsburg. Nachdruck verSatea. (Fortsetzung.) Die Blutung hatte etwas nachgelassen, und Foelke gebot der Magd, zusammengelegte Leinwand, die sie in Wasser getaucht, daraus zu legen und den Kopf, nachdem sie daS Haar gewaschen nnd getrocknet, zu verbinden. Das Weinen dcS Kindes regle sie zwar sehr auf, aber ihre Besonnenheit, die sich stets in ungewöhnlichen Momenten geltend machte, zwang sie zunächst, die äußeren Spuren ihre- „Unfalles" — wie sie sagte — zu verdecken. Sie fühlte sich grenzenlos schwach nnd hinfällig. Wieder holt mußte sie den Kopf zuriicksinken lassen, aber sie erhob ihn immer wieder, um ibre Absicht, die vcrbängnißvollcn Spuren ihrer Wunde zu verbergen, durchzufübren. Erst als sie ent kleidet war und die Bettstücke reine Bezüge erhalten hatten, ließ sie sich das noch immer weinende Kind geben, um cS zu beruhigen. Inzwischen hatte sie der Magd daS Versprechen abgenommen. Niemandem etwas von dem Vorgefallcnen zu sagen. Dasselbe wurde nur mit Widerwillen gegeben. Sie versuchte die Thal des Gatten zu entschuldigen, sic als einen unglückseligen Zufall darzustellen, aber indem sie ihn verlheidigte, wurde ihr erst die Größe seiner Schuld klar und ein Gefühl von Ekel regte sich in ihrer Brust. WaS war ein Mensch, der in trunkenem Zustande — denn daß Bernd in einem solchen gebandelt, be zweifelte sie keinen Augenblick — da- Leben seiner Mitmenschen nicht schonte?! Aber nicht nur die Größe seiner Schuld war ihr in diesen Stunden klar geworden, sondern auch die Größe ihre» Unglücks, die Hoffnungslosigkeit ihrer gegenwärtigen und zukünftigen Lage. Nie würde eS ihr gelingen, den Sinn diese» Manne« auch nur soweit zu bändigen, daß er vor offenem Unglück be wahrt blieb. Ein nicht unerheblicher Blutverlust, verbunden mit der Auf rrgung, welche die finsteren Betrachtungen, denen sie sich hin- gegeben, hervorgerufrn, hatten di« junge Frau in einen fieber haften Zustand versetzt, der sich gegen Abend in Pbantasicn offenbarte. Voll unaussprechlicher Augst hatte die Magd den Bauer herbeigcholt, weil die Frau „irre rede". Als Bernd kam, lag diese mit hochrothen Wangen, ihre Augen leuchteten unnatürlich. „Nicht zum Doctor — nicht zum Doctor!" stöhnte sie. Es war ein unglücklicher Zufall, Vater, glaubt'- nicht, WaS Antje sagt. Bernd ist nicht immer gut, aber — aber — doch kein Mörder. Laßt den Doctor beiseite, wenn Ihr nicht wollt, daß die Schande auf das Kind fällt." Bernd BrnnS war bleich vor Entsetzen, cr brachte zuerst keinen Laut Uber seine Lippen, sonder» blickte nur scheu auf die Magd, die mit gefalteten Händen neben dem Bette stand. Sein Schuldbcwußtsein drückte ibn förmlich zu Boden, eine unsagbare Angst schnürte ihm abermals die Kehle zusammen. „Bauer, laßt mich zum Doctor laufen", stieß Antje endlich mit thränenerstickter Stimme hervor. „Die Frau macht » Letzte — glaubt'« mir." Er gab nicht gleich eine Antwort, ihm war, als ob Alle» mit ihm im Kreise sich drehe. Er war einen Augenblick geneigt, die Befürchtungen der Magd zu theilen und wollte ihr schon sagen, daß sie lausen möge und Hilfe holen. Aber — „Nicht zum Doctor — Bernd — cS geht vorüber; ich fühle eS. Gieb mir zu trinken. Sieh' nach dem Kinde, Antje." Diese Worte waren zwar im leisen, aber völlig verständ lichen Tone gesprochen. Die Kranke hatte die Aeußerunzen der Magd grdört. Niemand durfte von dem Vorfall im Hause erfahren, selbst wenn er einen schlimmen AuSgang nebmen sollte. Diesen einen Gedanken hatte sie im Laufe des Nach mittage» scstgehalten. „Die Frau will'« nicht, Antje — wir müssen bis morgen früh warten", sagte Bernd unsicher. Die Magd blickte nur finster vor sich nieder. Sie wußte, warum Bernd nicht zum Doctor schicken und eher dir Frau d rauf gehen lassen wollte. E» war aber gewiß nicht seinet willen, daß sie ihren Vorsatz, wenigstens sür die Nacht, ausgab. Foelke'« Zustand verschlimmerte sich während der Nacht. Bernd wachte bei ihr und wa» in diesen Stunden an seiner Seele vorüberzog, ließ ihn sich selbst in einem Bilde sehen, vor welchem er hätte zurückschrrcken können. Da lag da» arme, junge Weib — rin Opfer seiner wüsten Leidenschaften. Nicht viel mehr als zwei Jahre waren verflossen, seitdem sie ihm zom Traualtar gefolgt war, rin schöne« Mädchen, so hoch über alle seinesgleichen siebend, daß Wohl viele den heimlichen Wunsch, sie zu besitzen, genährt haben mochten, aber nickt dcn Muth gefunden hatten, ibn laut werden zu lasse». WaS war in diesen zwei Jahren aus Foelke Meinhardi geworden? ES gab keine Entschuldigung für ihn. Cie war eine pflicht- getreue Gattin gewesen, eine fleißige Hausfrau, sie zeigte sich als eine zärtliche Mutter. Nickis ließ sic unversucht, ihn auf den rechten Weg zu dringen, »nd die Erfolglosigkeit ihrer Be mühungen war nicht im Stande gewesen, sie zu bewege», die selben einzustcllc». Bernd BrnnS fand Entschuldigungen sür sich — in Hülle und Fülle. Ja, cr überschüttete Foelke selbst in dieser Nacht mit heimlichen Vorwürfen, daß sic ihn zu De», gemackt, WaS er geworden war. Kein leise« Gefühl de« Mitleid sür sic fand ,n seiner Seele Raum. Er sah sie vor sich i» ihrer Unnahbarkeit — in einem Blick aus ihren Auge» hatte sür ihn eine Welt voll Verachtung gelegen. Nicht er war der schuldige Theil, sondern sic — überall sie. Und jetzt'? Wenn >hr Zustand sich verschlimmerte, wenn daS Unglück eS wollte, dann war er durch sie zum Mörder geworden und wandert« in« Zuchthaus. Kalte Schweißtropfen standen vor seiner Stirn, während er solchen Gedanken sich hingab. DaS Geschrei eine» Käuzchens ließ den starken Mann, der keine Furcht kannte, ersckreckl zu- sammenfabren. Bleiern schlichen die Stunden »nd Minuten vorüber, bi» endlich der Morgen tagte. Was würde nun werden? Unruhig warf die Kranke auf ihrem Lager sich umher. Bisweilen kam ein leises, schmerzliche» Stöhnen über ihre Lippen, halblaut gesprockene Worte, die Bernd Brun« nicht verstand. Und doch! Ta — da» war'-! Bleiche Wuth ver zerrte sein Antlitz, seine Hand ballte sich zornig zusammen, rin Fluch erschreckte die Leidende. Sie öffnete weit die Augen und sah den Galten mit wirrem Au-druck an. ES war seltsam. Während der laugen zwei Jahre ihrer Ehe hatte Foelke « Her; sür nicht» Raum gehabt, wa- anßer derselben lag. Niemals gestattete sie unfruchtbaren Vergleichen, Gewalt über sich zu gewinnen, nnd selbst zu der Zeit al» sie erkannt, daß eS ibr an der Seite ihre» Gatten niemals ge lingen werde, ein Anrecht auf Glück geltend zu machen, hatte sie sich doch gehütet, bereuend eine» Manue« zu gedenken, dem sie eine» Tage» sich verbunden gefühlt und den sic verletzter Eitelkeit zum Opfer gebracht. Und >ctzk war sein Name im Fieberwahn über ihre Lippen gekommen, mit einem weichen, wie dem eifersüchtigen Ohr Bernd « scheinen wollte, zärtlichen Ton. Ja — da« war » Ihm, dein inilchbärligen Burschen, gehörte ihr Herz, den hob sic bis in dcn Himmel, während die schlechtesten Gedanke» über seine Person sie gerade gut genug dünkte». Indem er jetzt aus die fiebernde Frauengestalt blickte, glühte Haß in seinen Augen. « Der Morgen kam. Der Zustand der Verwundeten ge stattete nickt, sie ihrem Sckicksal zu überlassen, e» mußte zum Arzte gesandt werden. Bernd sprach mit der Großmagd. Er verlangte, daß sie dem Doctor verschweige, aus welche Weise die Bäuerin zu der Wunde gekommen sei. Antje gab ibre Zustimmung, dock nicht dem Herrn zu Liebe, sonder» weil das Verbot der Bäuerin, nach dem Doctor zu schicken, ihr vcrrathen, daß diese selbst Schweig:» über den Fall beob achtet sehe» wollte. Sie fragte, ob sic nicht zuerst Uffc AtjcS' Ohmke herbeiholcn sollte. Davon wollte indessen Bernd nichts wissen. Ta» Blut sckoß ihm heiß in« Gesicht bei dem Gedanke», dem alten Meinhardi gegenüber zu stehen. Es wäre ihm unmöglich ge wesen, diesem zu sage», was er dem Arzte mitzulbeilcu ent schlossen war. Gegen Mittag sahen die Dorfbewohner die alte Doetor- kutsche mit den beiden balblabmcn Gäulen durch da» Dorf rollen und vor Bernd Bruns' Hause halten. Die junge Frau batte doch Wohl einen Rückfall von ihrer Krankheit bekommen. Auf die diesbezüglichen Nachfragen konnte Niemand Antwort geben. Der Doctor fand den Zustand der Kranken nicht bedenk lich. Der kleine» Stelle an der Schläfe wollte er anfangs keine Beachtung schenken. Die Bäuerin babe die Rose, sie müsse sich in Acht nehmen und er wolle ihr etwa« aus- schreibcn. Bernd sagte nicht», er atbmcte erleichtert ans. Da trat Antje, welche da» Kind aus den Armen trug, herzu. „Herr Doctor, ich denke da« Schlimmste mit der Frau ist da- Lock im Kopse. Hat der Bauer Euch nicht gesagt, daß die Frau so viel Blut verloren? Wie sie dazu gekommen ist, weiß >ch nickt, aber wenn Ihr einwal auf der Diele Nachsehen wollt —" Bernd warf der Magd einen grimmigen Blick zu, aber diese fuhr unbekümmert fort: „Das Kopfkissen bat keinen weißen Fleck mehr. DaS Loch muß tiefer sein, al« eS auSsicht" Der alte Doctor trat noch einmal an da- Lager zurück, um die Wunde zu untersuchen.
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