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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.04.1901
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-04-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010425024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901042502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901042502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-04
- Tag1901-04-25
- Monat1901-04
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Auch die Galerien waren von Studenten besetzt. An der Tafel der „Borussia" befanden sich viele Stuviengenoffen des Kaisers. Di« Musik wurde von der Capelle der 7. Husaren ausgeführt. Bon Chargirten geleit«t und von brausenden Hochrufen begrüßt, betrat um 8 Uhr der Kaiser in der Uniform der Leibhusaren mit dem Kronprinzen und dem Prinzen Adolf von Schaumburg-Lippe den Saal, und nahm an der auf erhöhtem Podium befindlichen Ehrentafcl zur Rechten des ersten Chargirten der „Borussia", v. Alvensleben, Platz. Rechts vom Kaiser saß der Kronprinz. An der Tafel waren ferner u. A. der Prinz von Schaumburg-Lippe, der Curator der Universität, Wirkl. Geh. Rath von Rotenburg, d«r Rertor Professor Frhr. de la Valette Dt. Georg«, d«r Cultusminister vr. Studt, Generaloberst Freiherr vonLos und Oberbürgermeister Spiritus. An zwei «Äitentafeln hatten dir Senat der Universität und die Umgebung de» Kaisers Platz genommen, hinter der Kaisertafel saß der Lehr körper der Universität. An alle Theilnehmer des Commerses gelangte ein Liederbuch mit dem Bilde des Kronprinzen zur Ver- theilung. Nach dem zweiten allgemeinen Liede hielt der Leiter des Comm«rs«s v. Alvensleben folgende Ansprache an den Kaiser: „Ew. Kaiserliche und Königliche Majestät haben aller- gnädigst geruht, heute unter uns zu erscheinen. Namens der gesummten Studentenschaft wird mir die hohe Ehre zu Theil, Ew. Majestät in unserer Mitte ehrfurchtsvoll zu begrüßen. Die Universität Bonn blickt mit Stolz auf die Zeit, da Ew. Majestät Allerhöchstselbst ihr angehört habrn. Seit jener Zeit haben Ew. Majestät der Bonner Studentenschaft das stets sich gleichbleibende Allerhöchste Wohlwollen und Interesse be wert. Der heutige Tag ist uns ein neuer Beweis der Aller höchsten Gnade und des Allerhöchsten Vertrauens, das sichtbare Zeichen aber hierfür dürfen wir ganz besonders darin erblicken, daß Ew. Majestät heute geruht haben, Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit den Kronprinzen in die Zahl der akade mischen Bürger aufnehmen zu lassen, und daß wir die hohe Ehre haben, den Kronprinzen in unserer Mitte willkommen heißen zu dürfen. Die Bonner Studentenschaft wird es stets als ihr« vornehmste Pflicht betrachten, sich dieser hohen Ehre würdig zu zeigen. Unverbrüchlicher Gehorsam und nie wankende Treu« zu dem angestammten Herrscherhaus« Hohen- zollern, das wird unserer Dank für dies« Allerhöchste Gnade sein. Dieses Gelöbniß bekräftigen wir, indem wir nach altem studentischem Brauch auf das Wohl Ew. Kaiserlichen und Königlichen Majestät einen kräftigen Schoppensalamander mit unserem Rest reiben." Die Musik intonirte sodann die Nationalhymne, in welchf sich Hochrufe mischten, während der Kaiser sich wiederholt ver neigte. Sodann sprach d«r Kaiser: „ES bedarf wohl für Sie, Meine lieben jungen Commili- ionen, nicht besonderer Erwägung oder Betonung, welche Ge fühle Mein Herz durchzittern, wenn Ich Mich im lieben Bonn wieder unter Studenten find«. Es entrollt sich vor Meines Geistes Augen das herrlich schimmernd« Bild voll Sonnen scheins und glücklicher Zufriedenheit, welches die Zeit Meines Hierseins damals erfüllte. Freude am Leben, Freude an den Leuten, alt wie jung, und vor Allem Freude am eben er starkenden jungen deutschen Reich«! So ist denn auch der Wunsch, der Mich vor Allem jetzt er füllt in dem Augenblicke, da ich Meinen theuren Sohn in Ihre Mitte reih«, daß ihm ein« ebenso glückliche Studienzeit beschieden s«in mög«, wie Mir einst geworden. Und wie sollte das auch eigentlich anders möglich sein! Ist doch Bonn, die liebliche Stadt, so gewöhnt an das Treiben lebensfroher Jünglinge, und von Natur wie dazu geschaffen! Findet der Kronprinz doch Erinnerungen an seinen herrlichen Großvater, der nimmer Bonns vergessen konnte, — sein gütig Auge leuchtete, wenn der Name der ihm so lieb gewordenen Stadt genannt wurde; an seinen Urgroßvater, den edlen Prinz- Gemahl, den Lebensgefährten jener jetzt verklärten königlichen Frau, die stets «in friedliches und freundliches Verhältniß zwischen ihrem und unserem Volk ang«strebt hat, die ja Beide germanischen Stammes sind; und an so manchen anderen edlen deutschen Fürsten, der hier seine Vorbereitung für seinen späteren Beruf durchlaufen hat. Aber weiter noch: Bonn liegt ja am Rhein! Da wachsen unsere Reben, ihn umschweben auch unsere Sagen, und da redet jede Burg, jede Stadt, von unserer Vergangenheit! Vater Rhein mit seinem Zauber soll auch auf den Kronprinzen und Sie seine Wirkung üben. Und wenn der Becher fröhlich kreist, und ein frisches Lied erschallt, dann soll Ihr Geist sich voll des schönen Augenblicks erfreuen und darinnen aufgehen, wie es lebensmuthigen deutschen Jünglingen ziemt! Doch die Quelle, aus welcher Sie ihre Freude schöpfen, sie sei rein und lauter wie der goldene Saft der Reben, sie sei tief und nachhaltig wie der Vater Rhein! Blicken wir umher im wonnigen Rheinland, da steigt vor uns unsere Geschichte in greifbarer Gestalt empor! Ja, freuen sollen Sie sich, daß Sie junge Deutsche sind, beim Durchziehen der Strecke von. Aachen bis Mainz, d. h. von Carolus Magnus bis zur Glanzzeit Deutschlands unter Barbarossa! Aber warum ward nichts aus all der Herrlichkeit? Warum sank das deutsche Reich dahin? Weil das alt« Reich nicht auf streng nationaler Basis begründet war. Der Universalgcdanke des alten römischen Reickes deutscher Nation ließ eine Ent wickelung in deutschnationalem Sinne nicht zu. Das Wesen der Nation ist die Abgrenzung nach außen, di« Persönlichkeit eines To'kes, seiner" Rasseneigenihümlichkeit entsprechend. So mußte Barbarossa's Glanz erbleichen und des alten Reiches Bestand zerfallen, weil es durch seinen Universalismus an dem Krystallisationsprvzeß zur Nation gehindert ward, und zwar zur Nation im Ganzen. Denn kleinere Kerne krhstalli- sirten sich in Form starker Fürstenthümer uns gaben den Grundstock für neue Staatengebilde ab. Aber dadurch mußten sie und ihre Oberhäupter leider in Conflict mit dem dem Universalismus dienenden Kaiser und Reich gelangen, und es ging der innere Friede dem stets schwächer werdenden Reiche verloren. Leider muß auch über diese Entwickelungsphas« unseres deutschen Volkes das schwerwiegende Wort des großen Kenners Germaniens Tacitus geschrieben werden: „kropker invjziiam!" Die Fürsten neideten den Kaisern ihre Macht wie einst dem Arminius, trotz seines Sieges. Der Adel neidete 'die reich gewordenen Städte und der Bauer den Adel. Was für unselige Folgen und welch' schweres Unheil hat unser liebes schönes Deutschland „proptor iuvickinru" erlitten! Da von können die Gestade Vater Rheins etwas erzählen! Nun, was damals nicht gelang, Gott gab es Einem zu vollbringen! Aachen und Mainz sind uns historische Erinnerungen; aber das Sehnen nach dem Zusammenschluß zu einer Nation blieb in des Deutschen Busen, und Kaiser Wilhelm der Große vollbrachte es im Verein mit seinen treuen Dienern. Drum nach Koblenz aufs deutsche Eck den Blick, und nach Rüdes- hrim zum Niederwald! Die Bilder lehren und beweisen Ihnen, daß Sie jetzt Germanen sind im deutschen Land, Bürger einer streng begrenzten deutschen Nation, an deren Heil und Entwickelung in Zukunft mitzuarbeiten Sie Alle zur Vorbereitung bier sind. Herrlich emporgeblüht, steht das Deutsche Reich vor Ihnen, Freude und dankbare Wonne erfülle Sie, und der feste, mannhafte Vorsatz, als Germanen an Germanien zu arbeiten, es zu heben, stärken, tragen, durch glühe Sie! Die Zukunft erwartet Sie und wird Ihre Kräfte gebrauchen. Aber nicht, um Sie in kosmopolitischen Träume reien zu verschwenden, oder in den Dienst einseitiger Partei tendenzen zu stellen, sondern um die Festigkeit des nationalen Gedankens und um unsere Ideale zu pflegen. Gewaltig sind dir Geistes-Heroen, welche der Stamm der Germanen durch Gottes Gnade hat hervorbringen dürfen, von Bonifazius und Walther von der Logelweid« bis auf Goethe und Schiller, und sie sind zum Lichte und Segen der ganzen Menschheit ge worden. Sie wirkten „universal" und waren doch streng in sich selbst abgeschlossene Germanen, d. h. Persönlichkeiten, Männer! Die brauchen wir auch heute mehr als je! Mögen Sie auch dahin streben, solche zu werden! Wie soll das aber möglich sein, wer soll Ihnen dazu ver helfen? Nur Einer, dessen Namen wir Alle tragen, der unsere Sünden getragen und ausgetilgt, der uns vorgelrbt und -gearbeitet, wie wir arbeiten sollen, unser .Heiland und Herr, der Pflanze den sittlichen Ernst in Sie, daß Ihre Triebfedern stets lauter und Ihre Ziele stets hehre seien! Die Lieb« zu Vater und Mutter, zum Vaterhaus und Vaterland wurzelt in der Liebe zu ihm! Dann werden Sie gefeit gegen Verlockungen jeder Art, vor Allem gegen die Eitelkeit und den Neid, und dann können Sie singen und sagen: „Wir Deutschen fürchten Gott, sonst Nichts auf dieser Welt!" Dann werden wir auch fest und culturspendend in der W«lt dastehen, und Ich werd« ruhig Meine Augen schließen, sehe Ich eine solche Generation um Meinen Sohn geschaart heranwachsen. Dann Deutsch land, Deutschland über Alles! In dieser Zuversicht rufe Ich: Es lebe die Universität Bonn!" Bei den Stellen: „Wir Deutschen fürchten Gott", und „Deutschland Deutschland über Alles" ertönten Hurrahs und Bravorufe. Der Kaiser commanoirte sodann selbst einen Salamander auf die Bonner Studentenschaft, worauf sich ein endloser Jubel erhob. Hierauf begrüßt Studiosus Trenvelenburg vom aka demischen Ruderclub „ Rhenus " in einer Ansprache den Kron prinzen und gedachte der Schönheit des Nheinlandes. Die Stu dentenschaft schätzt sich glücklich, sich die Kommilitonen des Kron prinzen nennen zu dürfen. Redner schloß mit einem donnernden Salamander auf den Kronprinzen. Hochrufe und Mützen schwenken folgten. Hierauf sagte der K r o n p r i n z mit lauter, klarer Summe etwa das Folgende: Meine lieben 'Kommilitonen! Ich danke Ihnen von ganzem Herzen für den warmen Empfang, den Sie mir bereitet haben. Ein Willkommen, wie Sie ihn mir entbieten, bürgt dafür, daß ich unter Ihnen glückliche Jahr« verleben darf. Somit wird das Band, das uns Alle als Söhne des deutschen Vaterlandes verbindet, nur noch fester und inniger mit dieser Stunde ge knüpft. Daß es sich als fest erprobe jetzt und in alle Zukunft, darauf leere ich mein Glas: Die Studentenschaft der Univer sität Bonn vivst, creserrt, kioroat! (Stürmisch: Hochrufe!) Der Kaiser commandirte hierauf den Salamander. (Jubelnde anhaltende Hurrahs!) Um 10 Uhr verließ der Kaiser mit dem Kronprinzen und dem Prinzen Adolf zu Schaumburg-Lippe den Commers; die Musik spielte das Preußenlied, in welches alle Anwesenden ein stimmten. Der Cultusminister, der Rector verblieben noch einig« Zeit; der Commers nahm seinen fröhlichen Fortgang. * Die dem Kronprinzen in Bonn überreichte Matrikel, die in lateinischer Sprache in dem feierlichen Stil aller Ur kunden abgrfaßt ist, lautet in freier Uebersetzung ungrfclhr wie folgt: Glück und Segen! In Gegenwart und auf Befehl Seiner Majestät Kaiser Wilhelm» des Zweiten, des erlauchten Deutschen Kaisers und Königs von Preußen, des wohlwollenden Förderers der rheinischen Friedrich Wilhelm-Universität und unter den: Rectorat des Adolf Freiherrn de la Valette St. George, Doctors der Medicin und Philosophie, Ordentlichen Professors der Anatomie, Geheimen Medicinalraths und Ritter des Ordens vom Rothen Adler und Kronenordens, gelobt Friedrich Wilhelm Viktor August Ernst, der edle Sohn des Deutschen Kaisers, ein Prinz aus dem Königlichen Stamme Preußens und Erbe der deutschen Kaiserkrone und KönigSkrone von Preußen, als Student der Rechte mit Handschlag an Stelle des Eidesschwurs Treue und Gehorsam den akademischen Gesetzen. Nach Ablegung dieses Gelöbnisses ist er in die Zahl der Hörer der rheinischen Friedrich Wilhelm-Universität aus genommen worden, und zum Zeugnitz dessen diese Urkunde mit bcigcdrücktcm Jnsiegel ausgestellt. Gegeben Bonn, 25. April 1901. (gez.) de la Valette, Rector; Karl Hoffmann als Sekretär der Universität. Der Krieg in Südafrika. FrtedenSphantasic». Ein Londoner Privattelegramm meldet uns: „Aus Pretoria wird berichtet: Das Zusammentreffen Kitchener's mit Botha und den übrigen Boerenführern, zwecks neuer Ve r h an d l u n g e n, findet Ende dieser Woche statt. Die eng lischen Bedingungen schließen jedenfalls die Unabhängigkeit und eine Amnestie aus." Der „Manchester Guardian" bestätigt, Lord Kitchener sei ge neigt, eine Abordnung von Boerenführern zu em pfangen, die von dem Wunsche beseelt seien, den Kampf unter ehrenvollen Bedingungen zu beendigen. D« Wet werde Vieser Abordnung nicht angehören, noch in ihr vertreten sein. In London schenkt Niemand der angeblichen neuen Friedens botschaft der Frau Botha Glauben; man vermuthet vielmehr, daß die englische Regierung derartige Gerüchte aus st reu en läßt, um die Steuerzahler, die in Folge der neuen Steuern ärgerlich gestimmt sind, mit hinfälligen Friedensaussichten zu trösten. Die neuesten Telegramme vom Kriegsschauplatz« berichten wieder von großer Rührigkeit der Boeren. Nicht ohne Bedeutung ist es, daß plötzlich über Operationen der Boeren im äußersten Nordwesten der tza-eolonte berichtet wiro. Wir haben bereits die Reuter-Meldung wieder gegeben, daß die Aufständischen im Buschmannland sich auf die Hügel in die Nähe von Pella zurückgezogen haben. Jetzt wird in Uebereinstimmung Damit aus Kapstadt amtlich be richtet, daß sich bedeutende Boerentruppen inNamaqualand befinden. Dieselben besetzten einen Hügel nördlich von Pella. Mit Namaqualand ist hier natürlich nicht das deutsche Groß- Namaqualand, sondern das südlich davon liegende, zur Cap- colonie gehörende Klein-Namaqualand gemeint. Pella liegt ganz in der Nähe des unteren Oranje, der die Grenz« zwischen der Fenilleton. 2A Der Oger. Roman von Hermann Birkenfeld. Nachdruck verbot««. Seinen Arm hat sie gleich wieder losgelaffen. Doch auch so geht er willig neben ihr in's Haus. Als er ihr dort in's Gesicht schaut, s«h,t er «ine Thräne über ihre Wange perlen. Mitlend? Dies zart« Wesen mit ihm, dem Starken, Kraft vollen? Ein schmerzlich - wildes Beden durchrieselt sein« Nerven. Mit Heftigkeit ihre Hand ergreifend, zieht er sie an seine Lippen. Dann, als habe er etwas sehr Unrechtes gethan, wendet er ihr brüsk den Rücken. Me Haß steigt es in ihm auf. Gährender, glühender Haß gegen den, der ihn in Frida's Gegenwart ge kränkt, gegen sich selbst, daß «r die Kränkung nicht sofort ge ahndet, gegen Frida, deren Theilnahm« ihn empört. Er will nicht bemitleidet fein „Ich glaube —" Der Doctor sieht dem Athemlosen ruhig in's Gesicht. „Was glaubst Du?" „Ich wollte Dich bitten, mich ziehen zu lassen. Ich glaube, es ist besser für — für den Frieden dieses Hauses, wo ich durch nichts die Liebe verdient hab«, mit der Du mich aufnahmst." „So!" sagt der Doctor trocken. Erne ganze Weile stehen die beiden Männer, der junge und der Alte,"sich stumm gegenüber. Der Doctor hat vom Fenster aus die Scene am Wagen genau beobachtet. „Hm!" macht er nun. „Mit dem Mosjöh werke ich natür lich ein ernstes Wort reden. Dir hat er irgend etwas recht Ordi näres gesagt? Kann mir'S denken; denn es ist letzthin so seine Art. Und deshalb wolltest Du die Flinte in's Korn werfen und «inen einsamen Mann seinem Schicksal überlassen? — Nur zu! Ein Recht — hier fährt Doctor Weber sich einmal mit der Hand über feine Augen — ein Recht, Dich zu halten, habe ich nicht. Nicht einmal, Dich zu fragen: wohin? Obschon ich fürchte, daß Du in Denier Aufwallung Dir über Deine Ziele keineswegs klar bist. Aber — die Pflicht, Dich nicht in's Blaue hineinwandern zu lassen, habe ich — schon deshalb, weil ich Dich aus Deinem Beruf herauSgerissen habe." Mit fernem offenen Blick sieht Rudolf zu seinem Wohlthäter „In einem Puncte irrst Du, Onkel Gerhard. Nicht der flüchtigen Erregung des Augenblicks folg« ich. Diese hat in mir nur einen Entschluß zur Reife gebracht, dessen Nothwendigkeit mir eigentlich seit meiner Reise nach Bremen immer wieder vor Augen trat." „Und der nun so unerschütterlich feststeht, wie — etwa, wie Dein« erste Liebe?" Das stille Lächeln des Doctors beweist, daß er keine Kränkung beabsichtigte. Rudolf senkt den Kopf. Der Alte aber richtet sich stramm auf, macht ein paar rasche Schritt« durch das Gemach und bleibt dann vor ihm stehen. „Deine Beweggründe glaube ich ziemlich zu kennen. Du fühlst Dich — sagen wir einmal: unbehaglich, weil Du annimmst, Herr Fritz grolle Dir als dem, der sein Erbtheil schmälerte —" „Es ist kein« bloße Annahme." Der Doctor nickt. „Meinetwegen Gewißheit. Schön — oder vielmehr sehr un schön! Also von der Sendung, die Du den Muth hattest, hier für Deine hübsche Schutzbefohlene in Sprakens«n zu unternehmen, willst Du nun nicht die Folgen tragen, auch wenn Du dadurch das Geschick eines Mannes, der mehr, als einmal Grund hatte, es zu verwünschen, in einem Grade erleichterst, den Du nicht ermessen kannst? Das nennst Du wohl Männlichkeit? Und schließlich — um auf des Pudels Kern zu kommen — Durch Dein Eingreifen hast Du Herrn Fritzen's Erb« nicht um einen Deut verringert, darüber magst Du Dich beruhigen. Viel eher dürft« Dir eine andere Person feindlich gesinnt sein, nur daß Grollen und Grillenfangen nicht ihre Sache ist. Also überleg' Dir 'den Fall, zuvor aber einmal fine Berechnung über den neuen Glasofen, die ja halb und halb in Dein Fach schlägt. Zur Belehrung empfehle ich Dir dabei den Band von Karmarsch's technischem Wörterbuch, der daneben liegt. Wenn dann Deine Nerven di« nöthige Ruhe gefunden haben, so magst Du diesen Brief lesen. Er wurde eben für Dich abgegeben. Du warst wohl zu sehr in die Betrachtung Deines inwen'vigen Menschen vertieft, sonst hättest Du gesehen, daß der Postbote Dich draußen streifte." Weit ist Rudolf in seinem Studium der Anlage von Glas öfen noch nicht gekommen, als er den ihm übergebenen Br öffnet. Vierundzwanfig Stunden später schreibt er an Fräulein von Rheinern: „Sie überschätzen mich wieder einmal erheblich, wenn Sie die selbstbewußten Worte, di« ich in meinem letzten Briefe über meine Pflichten gegen den besten Mann, den ich kenne, zu Papier bracht«, als einen Ausfluß meiner guten Her-enS und mrrnrr Rechtlichkeit preise». Denn als Sie Ihre Zeilen an mich nieder schrieben, konnten Sie schwerlich ahnen, daß der Adressat gerade in dem Augenblick, da er sie erhielt, mit dem Entschluß rang, die Erinnerung an unerhörte Wohlthaten mitsammt seinem Pflichtgefühl über Borv zu werfen und Weißenhaus den Rücken zu kehren. Nun steht seine Bestimmung, es nicht zu thun, felsen fest, so schwer es ihm wird, Herrn Fritzens niedrige Gesinnungs äußerungen, wie Fräulein von Oertel's Mitleid zu ertragen. Nun muß er bleiben. Damit Sie nicht wieder, wie im Falle Demmler, über mangelhafte Berichterstattung klagen, bemerke ich vorweg, daß ich glaube, des jungen Herrn Mißfallen, theil- weise wenigstens, auf das gleiche Conto mit dem Demmler'schen setzen zu dürfen: Eifersucht. So, nun ist das Wort endlich aus der Feoer, und daß cs mir deshalb anheimelnder vorkäme, möchte ich nicht behaupten. Eine nähere Begründung aber ersparen Sie mir wohl und lesen mit Ihrem nachsichtigen Auge ein wenig zwischen den Zeilen, wenn ich Sie daran erinnere, was ich Ihnen vor Jahren einmal über eine Enkelin des wackeren Christian Flügge (dessen Be finden hoffentlich weniger besorgnißcrrcgend ist als Ihre Zeilen es ausmalen) erzählte, die nun in Bremerhaven lebt und ein-, zweimal nach Bremen gekommen ist, mich zu besuchen. So ver stehen Sie Herrn Demmlrr's Anschlag gegen mich. Der Groll unseres jungen Herrn erklärt sich ähnlich — aus dem freundschaftlich schwesterlichen Ton, den Frida von Oertel mir gegenüber anschlägt, während Onkel Gerhard's Neffe sich auf ihre Person Hoffnungen machte, die sich allem Anschein nach kaum verwirklichen dürften. Ich wüßte auch nicht, wem ich dies lieb«, schöne Geschöpfchcn mit dem weichen Herzen, der edlen Seelen heiterkeit, dem zarten, warmen Empfinden, mehr mißgönnte als ihm, der sicherlich nicht in letzter Reihe auf sic als „Partie" rechnet. Denn seine materielle Lage soll nicht ganz geordnet sein in Folge einer unsinnigen Verschwendung^ Vie mir hier in dem weltfernen Walddorfe schier räthselhaft erschien, und erst erklär lich wurde, als ich durch Frida erfuhr, der junge Herr pflege im Winter alljährlich auf sechs bis acht Wochen ein paar Residenzen mit seiner Gegenwart zu beglücken — zur Erholung, die für seine Börse indessen eine gewaltige Schlappe bedeutet. Auch soll er ab und zu in dem eine gute Weile von hier gelegenen Wald schlößchen mit einigen Herren aus 'der Umgegend zu einem ri-orrte «?t quarunle oder Baccarat Zusammenkommen, und neuerdings habe die Ausstattung seines Sanatoriums ihm viel gekostet. Diese Anstalt stellt nach Onkel Gerhard seinen neuesten, eifrigst betriebenen Sport dar, obwohl unter seinen vier Damen nur ein: die Vierzig nicht überschritten hat. Auch diese ist nicht mehr ganz jung und, wie ich heute bei einer flüchtigen Begegnung sah, keine besonders anziehenkde Erschrenung. Sie ist «in« Baronesse Leporin, eine Tochter des früheren fürstlich D.'schen Ministers und einer Engländerin, die sich nach dem Tove ihres Gemahls nach Dorsetshire in ihre Heimath zurückgezogen hat, die Tochter aber alljährlich zu «in paar ältlichen Erbtanten schickt, deren Sommer frische sie jetzt mitgenießt. Außer diesen Damen soll in nächster Zeit neuer Besuch zu erwarten sein, den ich gar nicht erwähnen würde, wenn ich nicht in ihm den Anlaß zu einem heftigen Wortwechsel zwischen Onkel Gerhard und seinem Neffen vermuthen müßte. Denn waS geht es mich an! Jedenfalls nur insofern, als solche Zwischenfalle Onkel Gerhard's seelisches Gleichgewicht merklich beeinträchtigen. Auch die widerwärtige Art, wie ich aus dem Lanasen'schen Ge schäft austrat, scheint ihn mit einer mir (wie so Manche- hier) nicht recht erklärlichen Heftigkeit angegriffen zu haben; wenigstens begleitete er die Lectüre der beiliegenden Nummer der „Weser warte" nicht gerade mit Ausdrücken innerer Befriedigung. Ich muß auch sagen, daß Herr Langsen in seiner Berichtigung hätte weniger deutlich sein und meinen Namen und erst recht den deS Onkels und dies liebe Weißenhaus vrrschwei^en können. Aber so etwas entspricht wohl nicht seinem schlichten, nüchternen Charakter. Nun zum — endlichen — Schluß nur noch «inen Dani für die schönen Wort«, mit denen Sie m«ine neue Thätigkeit be grüßen. Sie äußern da etwas Aehnliches, wie der Onkel bei meinem ersten Zusammentreffen mit ihm: Wo der Mensch nöthig ist, da soll er stehen. Er freilich hat ja so herrlich danach gr- handelt. Ob es mir gelingt, muß erst die Zukunft khrea. Während ich eben einen Blick aus dem Fenster werfe, sehe ich Herrn Fritz mit seinen Schutzbefohlenen gegenüber in bre Hütte eintreten. Ob die Arbeiter dort auch um ihn unkd die Baronesse Älasfäden spinnen, wie neulich um Frida von Oertel und mich?' Sie wählen die Sprüche oabei nicht immer diScret und der Situation angemessen. Doch hoffe ich, daß der jung« Herr diesmal nicht, wie in meiner Gegenwart, über da» Geld geschenk grollt, das seine Damen ihnen znwenkden werden. Leben Sie wohl, Sic Gute! Ich gevathe sonst wieder lnS Klatschen. Rudolf Lammert. Noch rin Wort! Soeben beauftragt mich der Onkel, Sie zu fragen, ob Sie es mit Georg Knusinie als Verwalter oder Inspektor öder wie Sie ihn nennen wollen, versuch«» möchten. Ein Mann zu Anfang der Sechziger, arbeitsam und redlich — bis auf sein Widern. Er will — ich versteh« nicht ganz warum — von hier fort. Bei Ihnen wird der Oberförster ihm schon gehörig aus die Finger sehen, zudem soll er sein Geivehr beim Onkel abkiefern. Der Obige." iE
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