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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.05.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-05-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010508013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901050801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901050801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-05
- Tag1901-05-08
- Monat1901-05
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Bezug--Preis k» der Hauptexpeditton oder den im Stadt bezirk und den Vororten errichteten Ln»< gabestelleu abgeholt: vierteljährlich uck 4.50, ort »wetmaltger täglicher Znkellnn- ir« Haus 5.80. Durch die Post bezogen für Deutschland u. Oesterreich» vierteljthrl. ^l«. Man abonntrt ferner mit entsprechendem Postausschlag bei den Postanstaltrn in der Schweiz, Italien, Belgien, Holland, Luxem burg, Dänemark, Schwede« und Norwegen, Rußland, den Douaustaaten, der Europäischen Türkei, Egypten. Für alle übrigen Staaten ist der Bezug nur unter Kreuzband durch die Expedition diese» Blatte» mSglich. Die Morgen-AuSgabe erscheint um '/^7 Uhr, die Abenv-AuSgabe Wochentag» um 8 Uhr. Ar-artion und Expedition: 2o-a«niSgass« 8. Filiale«: Alsted «ahn vorm. v. Klemm'» Dorti«. UuiversitätSstraße S (Paultuum), Louis Lösche, Katharinenstr. Ich purt. und KSnig»platz 7. Morgen-Ausgabe. WpMr.TllgMaü Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, -es Nathes ««- Nolizei-Ämtes -er Lta-t Leipzig. Mittwoch den 8. Mai 1901. Anzeigen »PretS die 6 gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem RedacrlonSstrich (»gespalten) 75 H, vor den Kamtliennach- richtrn («gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offrrtrnanaahme 85 H (excl. Porto). Extra - Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-AuSgabe, ohne Postbeförderung ^il SO.—, mit Postbesörderung 7V.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: vormittags IO Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet« an di« Expedition zu richten. Dir Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Pol- in Leipzig. 93. Jahrgang. Suchhandel und WaarenhSuser. vr. L. Das größte Waarenhaus Berlins, da» WaarenhauS A. Wertheim, hat an die Vereinigung der Berliner Mit glieder des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler eine Zu schrift gerichtet, in der es sich bereit erklärt, mit der genannten Vereinigung in die im Buchhandel üblichen Verkehrsbeziehungen unter folgenden Bedingungen zu treten: 1) Wir erkennen die Satzungen des Berliner Sortimenter- VereinS, sowie jene der Vereinigung der Berliner Mit glieder des Börsenverein» an, sind auch bereit, die übliche Caution zu stellen. 2) Wir werden entsprechend den Dereinssatzungen das regu läre Sortiment nicht anders als zum vollen Ladenpreis auszeichnen, ausstellen oder öffentlich ankündigen; wir werden dasselbe nur mit dem ortsüblichen Rabattsatz ver kaufen. 3) Der Globus-Verlag, G. m. b. H., hat un» beauftragt, die Erklärung abzugeben, daß er für seine Verlagswerke künftig Ladenpreise festsetzt, auf dieselben dem Buch handel mindestens 26 Proc. Rabatt gewähren wird. Wir werden die Werke deS GlobuS-Verlags ebenfalls nur zu den angegebenen - Bedingungen verkaufen. Selbstver ständlich gelten diese Bedingungen nur, nachdem Ihrer seits die Sperre über unsere Firma und den GlobuS- Berlag, G. m. b. H., aufgehoben wird. Diese Anträge führten in der Versammlung des Vereins am 30. April 1901 zu einer lebhaften und vielsenigen Debatte. Der Berliner Sortimenter-Verein hatte sich einstimmig dahin ausgesprochen, daß der Antrag abzulehnen sei, weil, auch wenn das Waarenhaus sich bereit erkläre, sich der buchhändlertschen Verkehrsordnung zu unterwerfen, insbesondere also „daS regu läre Sortiment" nicht anders als zum vollen Ladenpreise mit dem ortsüblichen Rabatt, d. i. nnt 10 Proc., zu verkaufen, trotzdem das Waarenhaus daneben seine Ramschartikel bei behalten und durch diese nach wie vor im Publicum den Glauben aufrecht erhalten werde, daß man Bücher im Waarenhaus« billiger als in der SortimentSbuchhandlung kaufe. Dem gegen über wurde von Seiten der Verleger der Standpunkt vertreten, daß, wenn ein Waarenhaus sich der Verkehrsordnung unterwerfe, kein rechtfertigender Grund mehr vorliege, die Sperre weiterhin aufrecht zu erhalten. Der Jnteressenstandpunct müsse au»- scheiden, denn es würden vielleicht nur 30 Verleger Deutsch lands überhaupt mit dem Waarenhause in Beziehung treten, und würden dies, der Verlagsrichtung entsprechend, zum bei weitem geringsten Theile Berliner Verleger sein. Mehrfach wurde auch darauf hingewiesen, daß der Nutzen der Verleger aus dem Verkehr mit den Waarenhäusern sehr niedrig sein werde, denn diese seien als große Abnehmer in der Lage, die Preise zu dictiren, und das würde, ebenso wie jetzt schon seitens der großen Reisebuchhandlungen, in einem Maße geschehen, daß für den Verleger kaum noch ein Gewinn übrig bleibe. Es wurde auch die Frage aufgeworfen, welchen Zweck wohl das Waarenhaus A. Wertheim mit seinen Anträgen verfolge: ob es dir Bücher billiger beziehen wolle, indem es die Gebühr für den Zwischen händler spare, oder ob es seinen Globus-Verlag ausbauen und in den Sortimentsbuchhandel einführen wolle. Vorwiegend war die Meinung, daß lediglich das erste Ziel erstrebt werde; vor Allem auch müsse es ein großes, genial geleitetes Waarenhaus, welches das vornehmste am Orte sei, als entwürdigend em pfinden, sich auf Schleichwegen in den Besitz seiner Maaren setzen zu müssen. Diese Meinung wurde von mehreren Sorti mentern geäußert und dabei auch der Ueberzeugung Ausdruck gegeben, daß ein Waarenhaus, daS mit so vielen Hilflpersonen arbeite, die Verpflichtung, zum regulären Preis« zu verkaufen, nicht heimlich brechen könne, sondern man dürfe vertrauen, daß die übernommene Verpflichtung erfüllt werde. Trotzdem beharrte die Mehrzahl der Sortimenter bei ihrem Widerspruch. Wenn die gegenwärtigen Gesetze des Börsenverein» demselben ein Einschreiten nicht ermöglichten, weil ein Waaren haus ja allerdings nicht einem Consümverein glriLzustellen ist, so müßte ein neues Gesetz gemacht werden. Die Lage des Sortiments sei eine traurige, dasselbe kämpft einen schweren Kampf, um seine Existenz. — Nur ein Sortimenter sah die Sache weniger traurig an, indem er meinte, daß daS Waaren haus größtenthcils an Leute Bücher verkaufe, die einen Buch laden überhaupt nicht betreten, sondern gelegentlich de» Einkauf» von Haushaltungsgegenständen ein ihnen in die Äugen fallende» Buch mitnehmen. Man lehnte schließlich einen Antrag, welcher die Sperre aufhob, ab und nahm einen anderen Antrag an, welcher das selbe that, aber den selbstverständlichen Zusatz enthielt, daß durch Aufhebung der Sperre ein Anspruch auf Lieferung zu buch händlerischen Bedingungen nicht erworben würde. Die vorliegende Frage, von der ein Vorstandimitglied sagte, daß er noch nie mit so schweren Herren da» Wort ergriffen habe, kann unsere» Erachten» nicht lediglich unter dem Gesicht»puncte einer Rechtsfrage entschieden werden. Denn der deutsche Buch handel steht seiner Verkehrsordnung nicht so gegenüber, wie ein Richter den Gesetzen, die er nicht ändern kann, sondern lediglich anzuwenden hat. Der Buchhandel bat sich vielmehr seine Ge setze selbst gegeben zum Zwecke der Forderung seiner wirthschaft- lichen Interessen, und sobald sie diesem Zwecke nickt mehr ent sprechen, ist er nicht nur befugt, sondern auch um seiner Existenz willen verpflichtet, die Gesetze zu ändern. Man mutz der Mehr heit der Versammlung darin -ustimmen, daß di« gegenwärtig be stehenden Gesetze deS Börsenvereins die Aufrechterhaltung der Sperre nicht rechtfertigen. Damit ist aber noch nichts ent schieden, denn e» kommt allein aus eine viel schwierigere Wirth- schaftliche Frage an. Da eine große und dauernde Schädigung de» Sortiment» durch die WaarenhSuser wohl al» unbestreitbar anzusehen ist, so handelt r» sich nur darum, ob es Überhaupt Mittel giebt, diese Loncurrenz abzuwenden. Ge schädigt wird durch die WaarenhSuser bi» letzt nur da» Sorti ment. Der Verlag wird durch die bi»herlge Au»d«hnung de» Geschäft»brtriebeS der Waarenhäuser aus den Bucht»erkaus Vor theile haben, jedenfalls aber nur geringe. In Betracht kommt auch nur eine kleinere Anzahl von Verlegern. Da aber auch diese mit dem gesammtrn «erläge an der Erhaltung eine» leistungsfähigen Sortiments für den Vertrieb ihrer Merke in hohem Maße interessirt sind, so besteht in Wirklichkeit kein Zwiespalt der Interessen zwischen Verlag und Sortiment, viel mehr haben beide in ihrer Gesammtheit den gleichen Wunsch, darauf hinzuwirken, von dem Sortimente die drohende Schä digung fernzuhalten. Ist daS möglich? In dieser Beziehung läßt uns die Berliner Versammlung vollständig im Stich, und das hat seine guten Gründe. Denn «S giebt keine Möglichkeit, den vorhandenen und in erweiterten Maße drohenden Schaden vom Sortimente und alsbald vielleicht auch vom Verlage fernzuhalten. Nehmen wir an, daß die vom Sortimenterverein befürwortete Sperre aufrecht erhalten würde, dann würden die Waarenhäuser, wie es ihnen bis jetzt möglich gewesen ist, auf Umwegen sich in den Besitz der Bücher setzen oder dieselben ramschen, auch in Zukunft auf diesem Wege fortfahren und sie würden, da sie als große Kunden auch höheren Rabatt erhalten, trotz der erforderlichen Entlohnung des Vermittlers wahrscheinlich noch ebenso billig einkaufen wie der Sortimenter. Große Waarenhäuser können auch den bereits betretenen Weg weiter verfolgen, sich die gang barsten Werke selber herzustellen. Der Erfolg eines neuen Para graphen der buchhändlerischen Berkehrsordnung, welcher den Verlegern verbietet, an Waarenhäuser zu liefern, würde dem nach nicht der sein, daß die Waarenhäuser die gewünschten Bücher nicht erhalten würden, sondern er würde der sein, daß sie in erbitterter Weise dem Sortimenter schärfste Concurrenz machen würden. Letztere» hat nur die Wahl zwischen zwei Uebeln, zwischen einem Concurrenten, der sich der Verkehrs ordnung unterwirft und die Ladenpreise innehält, und einem solchen, der es nicht thut. ES hat also die Wahl zwischen einem anständigen und einem unanständigen Concurrenten. Die Ent scheidung kann nicht schwer fallen. Den Kampf gegen die Waarenhäuser haben andere Geschäfts branchen ohne Erfolg geführt. Wenn nun auch kein anderer Beruf eine so kräftige Organisation hat wie der Buchhandel — ihr großer Werth und ihre Macht zeigt sich darin, daß daS Waarenhaus sich genöthigt sieht, sich ihr zu unterwerfen und jetzt als Einlaßbegehrender an die Thür klopft — so reicht die Macht des Börsenvereins doch nicht auS, dem mit Natur- nothwendigkeit fortrollenden Rade der heutigen Volkswirth- schaft, die immer mehr zum Großbetriebe führt, in die Speichen zu fallen. Vie Wirren in China. NiiunmugSfrage Die „Post" schreibt: „Wie schon gemeldet, baben zwischen den die Contingente der Mächte in Tschili commandirenden Generälen Besprechungen betreff» der tech nische« Vorbereitung für di« allmählich« Räumung der Pro vinz, abgesehen natürlich von den dort zurückbleibenden ständigen Schudwachen, stattgefundrn. Die Zurückziehung der Trupven kann selbstverständlich nicht auf einmal oder nach dem Gutdünken der eiozelnenFührer vor sich gehen, da vor Allem auf die EinschiffungS- uod TranSportgrlrgenheit Rücksicht genommen werden muß. Diese Fragen sind nun soweit geregelt, daß die Truppe» staffelweise zurückgezogen werden können, sobald die Diplomatie die Situation für hinlänglich geklärt ansiebt, d. h. sobald die noch schwebenden Fragen endgiltiz gelöst sind. Dieser Augenblick ist zur Zeit zwar noch nicht gekommen, doch wäre e» unrichtig, wenn man annehmen wollte, er stände deshalb erst in weiter Ferne. Ueber eine Verminderung der deutschen Flottenstreitkräfte in Oflasten verlautet noch nichts, doch dürfte da» Linienschiff-Geschwader vorläufig noch in den chinesischen Gewässern stationirt bleiben." Bestrafung Schuldiger. „Wolff'S Telegr. - Bureau" berichtet au« Peking: Die „Pekinger Zeitung" veröffentlicht rin kaiserliche« Edict, da» über 53 Schuldige in der Provinz Strafen, darunter drjei Todesstrafe», verhängt. Zu keinem Falle sind deutsche Interessen dlrect betheiligt, weshalb deutscherseits die Beur- theilung der Frage, inwieweit die Strafen erforderlich und ausreichend erscheinen, den Vertretern der andere» Mächte überlassen worden ist. HandelSgrivilegicn. * New Kirk, 6. Mat. ES verlautet, daß China mit den Mächten Arrangement» für die Eewührung weiterer au», gedehnter Handel-Privilegien in China herbetzuführen sucht, jedoch unbeschadet der Zollerhebungen. (Frkf. Ztg.) StimmungSmacherei der chinesischen Negierung. Au» Peking, 12. März, schreibt man un»: Dor etwa 14 Taaen wurde in der Pekinger Zeitung «in am 14. Februar in Hsianfu «rlasseneS neue» EdrctdeSKaisers Kuanghsü veröffentlicht. ES unternimmt mit großer Weit schweifigkeit den Versuch, di« Kaiserin-Regentin von der Mit schuld an ven vorjährigen Verbrechen der Kiesigen Regierung rein zu waschen. Die tm Juni und Juli vorigen Jahre» gegen die Boxer erlassenen Edicte, die bekanntermaßen lediglich dazu bestimmt waren, die Fremden in falsche Sicherheit zu wiegen, werden al» Beweis für die gute Gesinnung der Regierung an geführt. Mit naiver Dreistigkeit wird behauptet, daß die Dis- ciplinlosigkeit der gegen die Boxer verwendeten Truppen dazu beigetragen habe, Vie Macht der Aufrührer zu vermehr«», während ganz verschwiegen wird, daß di« regulären Truppen von der Regiiruna den Befehl erhielten, sich den Boxern anzuschlkßen. Die armseligen, den belagerten Gesandtschaften zugeschickten Sendungen von Eit, Gemüse und Früchten werden dazu benutzt, die „liebevolle Gesinnung" der Regentin darzulegen, die gegen den ausdrücklich«» Befehl d«r Kaiserin erfolgt« Aufrrchterhaltung der Ordnung in den südlichen Provinz«» wird der Central regierung al» Verdienst angerechaet. DanSbar erkennt jetzt der Kaiser an, datz die fremden Mächte bei den vertraaSverhandlungen di« chinesischen Hoheit-rechte un geschmälert lassen und keine Gebietsabtretung verlangen. Er ruft da», die Srotznmth der Macht« an, indem er d«r Hoffnung Ausdruck giebt, datz sie, nachdem fi« einmal den Präliminar^ frieden abgeschlossen haben, nun auch China» Leistungtfähigkeit gebührend berücksichtigen würden. Auch Klagen über Strapazen und Entbehrungen, welche die Kaiserin bei ihrer Reise nach Hsianfu zu erdulden gehabt habe, als selbst Bohmn und Grütze schwer zu beschaffen waren, sind wohl darauf berechnet, das Mitleid der Mächte zu erwecken. — Den zweiten Theil des Edicts bilden die in drn letzten Jahren immer wiederkehrrnden und doch stets erfolglos gebliebenen Ermahnungen an die Beamten, sich aufzuraffen, im Dienste des Reiches ihre ganze Kraft «inzusetzen, die Weisen nnd Tüchtigen zu befördern, ein offenes Wort zu ge statten und mit anderen Ländern Freundschaft zu halten. Vor aussichtlich werden in der nächsten Zeit noch viele ähnliche kaiser liche Manifeste erscheinen, die aber, soweit das Ausland in Betracht kommt, erst dann auf Glauben werden rechnen können, wenn die chinesische Regierung durch Thaten bewiesen hat, daß sic nun wirklich ehrlich bestrebt ist, gute Beziehungen zu den fremden Mächten zu pflegen. Der Krieg in Südafrika. * London, 7. Mal. (Telegramm.) „Zentral News" erfährt, in ministeriellen Kreisen verlaute, Lord Kitchencr erhielt Weisungen, Friedensunterhandlungen mit Botha in Gemäßheit seines ursprünglichen Planes zu erneuern. „Daily Mail" bezweifelt die Richtigkeit der Meldung. — „Standard" meldet auS Brüssel, einer Depesche au« Louren^o Marques zufolge wurde dicDelagoabahn von einem Boerencommando unter Beyers wieder zerstört. (Voss. Ztg.) Ereil NhodeS al» FricdenSherold. ES beißt seit einigen Tagen, daß Cecil NhodeS den Frieden will, daß er auf einen Compromiß mit den Boeren hinwirkt, damit ein baldiger Friedensschluß den so lange gestörten Geschäftsbetrieb in Südafrika zu neuem Auf schwung« verhelfen soll. WaS Herr RhodeS will, ist in England noch immer von größerem Gewicht gewesen wie manches geschriebene Gesetz, und es ist nicht daran zu zweifeln, daß er, der Allgewaltige, ein bestimmtes, feste» Ziel im Auge bat, wenn er mit einem Male wieder in den Vordergrund tritt und beinahe ganz offenkundig in da» Räder werk de» politischen Getriebes eingreist. Vor zwei Tagen kam die Nachricht von Südafrika, daß der in Kimberley erscheinende „Diamand FieldS Advertiser" in feierlicher Weis« die Forderung an Herrn Rhode» stellt, den Premierminister- Posten am Cap neuerding» wieder zu übernehmen, damit die Gefahr einer Rückkehr zum Kroncolvnie-Gonvernement für dir Capcolonie noch rechtzeitig abgewendet würde. Die Ab sicht hierbei ist gar nicht zu verkennen: Zn der unverfrorensten Weise soll der Anschein erweckt werden, als wen» die englische öffentliche Meinung in Südafrika nach Herrn RhodeS verlangte, daß die freie, loyale und unabhängige Presse der Colonie ihn als den einzigen Retter und Erlöser hinstelle. Nun aber sind nicht nur die Diamant- feldrr, sondern auch der genannte „Advertiser" das persön liche Eigenlhum der Herren RhodeS, Beit, Eckstein u. s. w. Andererseits ging die Zdee von der Aushebung der jetzigen Constitution am Cap vo» der „Cape-TimeS" auS und wurde von diesem Blatte in einer Serie von fulminanten Leitartikeln energisch der öffentlichen Meinung eingeimpst. Und wem gehört nun die „Cape-Times"?? — sie ist ebenso wie der „Advertiser" in Kimberley daS persönliche Eigenthum der Herren RhodeS, Beit, Eckstein rc.! Also, Capstadt ver langt ein tyrannische» Regiment und da» Echo von Kimberley antwortet: „Nur NhodeS kann uns retten". Beide Herolde stehen im Dienste und im Solde deS Herrn NhodeS und seiner Genossen, und mit solch plumpen und häßlichen Mitteln, wie sie aber ganz dem sonstigen Gebühren jener skrupellosen Clique entsprechen, soll der „Napoleon Süd afrikas" wieder an die Spitze der Regierung deS Landes ge schoben werden. Ob's gelingt, muß abgewartet werden. A«S einem Bocren-Jntervicw. In der „Deutschen Wochenzeitung in den Niederlanden" finden wir folgenden Bericht über eine Unterredung mit dem Hauptvertreter des Oranje-Freistaates in 'S Gravenhage, vr. Hendrik Muller: „Herr Doctor, die englischen Blätter behaupten fort während, De Wet sei verrückt. Zst Ihnen vielleicht über den Geisteszustand dieses eminenten BoerenführerS etwa- Näheres bekannt?" Der etwas zur Corpulenz neigende Doctor blitzte mich au» seinen schwarzen Augen ein bischen unheimlich scharf an und fragte: „Hat Zhr Verstand etwa in jüngster Zeit gelitten?" — „Nicht in dem Grade, daß e» anderen und mir ausgefallen wäre." — „Glauben Sie, daß ich unzurech nungsfähig bin?" — „Ach bewahre." — „Nun also: nehmen Sie unsere Verstandeskräfte zusammen, multipliciren Sic sie mit denen dcS Erfinder» jener Lüge, und wir gelangen allmählich zu dem Grade der Verrücktheit De Wel'S. Zch will Ihnen etwa» sagen: Hier und da erhalte ich Besuch von Leuten, die direct vom Kriegsschauplatz kommen. So war vor einigen Tagen Jemand bei mir, der vor sechs Wochen noch mit Präsident Steijn und De Wet zusammen gekämpft hat. Er erzählte mir, daß de Wet eine eingreifende Reorganisation seiner CommandoS vorgeaommrn bat. Nicht mehr die Bürger, sondern er persönlich stellt die Feldcornette und andere Officiere an und setzt sie ab. Stellen Sie sich einmal vor — um Ihnen die Bedeutung diese» Schrittes in umgekehrter Weise begreiflich zu machen —, daß in Deutschland nicht mehr der Kaiser die Officiere anstellte, sondern daß die» durch Schiedsspruch der Soldaten geschähe! C-herrscht jetzt eine eiserne DiSciplin unter seinen Leute». „Wer sein Commando ohne Bernitt verläßt, bekommt unerbittlich die Kugel," yat De Wet erklärt. Den Engländern mögen dergleichen Maß- regeln unanaenrbn sei». Vielleicht haben sie ihn deshalb für verrückt erklärt. Derselbe Mann äußerte sich mir gegenüber sehr verwundert:„Wie ist'» doch möglich, daß in Europa noch Jemand an den Sieg der Engländer glaubt? Der Zustand ihrer armen Soldaten ist traurig. Die Boerrn haben tiefe» Mitleid mit ihnen und schieße« sie nur in seltenen Fällen todt. Gewöhn lich nehmen die Barren sie nur gefangen und lassen sie wieder laufe», denn die armen Burschen hab«» den Krieg satt." Es find augenblicklich noch wenigsten« 2l v00 „UitlanderS" und Vneren nn Feld, worunter die Hälfte Freistaatcr. Eine ge nau« Angabe ist total unmöglich. D« Wet und Steijn wissen e» eben so wenig genan wie Botha und Schalk Burgher." „Haben Botha und Schalk Burgher daS Recht, ohne Er mächtigung de» Präsidenten Krüger und der übrigen Autoritäten der S. A. R. hier zu Lande, mit Lord Kitchener Friedens Unterhandlungen zu führen?" — Wenn FriedenSuntrrbandlungen geführt werden, so kann dies nicht ohne Präsident Steijn geschehen; ohne ihn kann kein Beschluß gefaßt werden. Ohne Schalk Burgher und Steijn kann und wird kein Friede geschloffen werden." — „Glauben Sie, daß die beiden Präsidenten bereit waren, den 8tatu<; czuo von 1884 wieder anzuerkennen und den damals eingeschmuggelten Schein von Abhängigkeit fort bestehen zu lassen?" — „Zch bin der Ueberzeugung, daß dies mal die Bedingungen so deutlich umschrieben werden, daß selbst der geschliffenste Diplomat darin keine Fußangeln finden wird." — „Verlangen die Präsidenten als Friedensbedingung unbedingt die Amnestie der Capcolonisten, die an Boerenseite mit gekämpft baben?"—„Selbstverständlich. Volle Amnestie für diese Leute ist jedesmal von den Boerenführern verlangt worden." — „Woher will der Freistaat nach dem Kriege da» Geld nehmen, um seinen Leuten die Bewirthschaftuug des Lande» zu ermöglichen? DaS Land hat ja keine so unermeßlichen Bodenschätze wie Transvaal." — „Wir haben ja allerdings außer in den ZagersfoNtein-Diamantgruben keine Boden schätze, soweit wir wissen, aber wobl fruchtbaren Boden. „Het veroverd grondgebiet" im Osten des Freistaats, au der Grenze von Basutoland, ist die Kornkammer Südafrika», ein wasserreicher, sehr fruchtbarer Landstrich. Von hier aus wird Getreide nach der Capcolonie, Natal, Transvaal u. s. w. ausgeführt. Johannesburg, daS Centrum für den Consum, liegt nahebei, und dort können wir für landwirtbschaftliche Producte und Vieh enorme Preise erzielen. Die Schätze, die Transvaal in seinem Boden findet, finden wir an der Ober fläche in den riesigen Weideländern, die für Pferde- und Viehzucht so vollkommen geeignet sind. Auch wirft unsere Staatseisenbahn einen großen Gewinn ab." Deutsches Reich. Berlin, 7. Mai. (Die politische Agitation und die „Kreuzzeitungs"-Leute.) Die „Kreuzzcitung" bringt auS der Provinz Posen eine Zuschrift, die vieles Beachtens- werthe enthält und in der e» u. A. heißt: „Auch die Maßnahmen, welche die polnisch« Jugend der deutschen Sprache mächtig machen soll, werden in der erbittertsten Weise angeseindet, obgleich mancher Pole im Privat- gespräche zugeben muß, daß seinen Stammesgcnossen ein Vorwärts- komme» ohne die Kenntniß der deutschen Sprache sehr erschwert, ja oft unmöglich wird." Es wird dann weiter in der Zuschrift auf die interessante Thatsache bingewiesen, daß seit einigen Monaten auch in den kleinsten Städten und in den Dörfern polnische Volksver sammlungen abgehalten werden, in denen Bauern und Arbeiter als Redner austreten. Es heißt davon weiter: „Diese Reden werden solchen Leuten natürlich auSgearbeltet übergeben. Bei einer kürzlich aufgelösten Versammlung wurde dem Redner ein solches Concept abgenommen. Dasselbe soll von einem Geistlichen — wir sind an AehnlicheS leider nur zu sehr gewöhnt — abgefaßt gewesen sein." Der Schluß der Zuschrift lautet kraftvoll: „Die polnische Agitation, dir den mit ihr zusammenlebenden Deutschen in ihrer Presse, ja auch selbst gelegentlich öffentlich, den Fremdling, ja den Feind nennt, wagt hier ein Spiel, von dem sie sehr wohl weiß, Laß sie es keiner anderen Nation gegenüber sich er lauben dürste. Wir wollen hoffen, daß die Deutschen den Weg finden werden, hier die geeignete Antwort zu geben." Wir können uns dieser Mahnung nur «»schließen, aber wir meinen, daß, wenn die Deutschen „den Weg finden" sollen, dazu vor allen Dingen Eins notbwendig ist: Ein- müthigkeit. Ohne diese wird jedenfalls niemals den Polen gegenüber etwas erreicht werden. Und da sollte der Verfasser der Zuschrift an die „Kreuzztg." seine Mabnung mit in erster Reibe auch an diese» Blatt und die hinter ibm stehenden Kreis« richten. Die Zuschrift spricht von der Feindschaft der Polen gegen alle Maßnahmen zur Förderung der deutschen Sprache und von der Agitation der Geistlichkeit gegen solche Maßnahmen. Nun, zu den Maßnahmen zur Förde rung der deutschen Sprache bei der polnischen äugend ge hörte in ganz eminenter Weise der vorjährige Erlaß des preußischen (Kultusministers über die Ertheilung deS Religions unterrichtes in der Stadt Posen. Damals aber griff die „Kreuzztg." — und zwar nicht einmal, sondern sie kam wiederholt darauf zurück — den preußischen CultuSminister wiederholt an, weil er die Maßregel ohne Weitere- verfügt hatte, während er sich der Meinung de» Blatte» nach vorher mit dem Erzbischof von Stablewski hätte in» Benehmen setzen sollen. DaS Blatt wünschte also «ine zarte Rücksicht nahme auf die Empfindungen des Posener Erzbischofs, dieser aber ist das Oberhaupt derselben polnischen Geistlichkeit, die, wie au» der oben eitirten Zu schrift hervorgeht, den Souffleur für die polnischen VolkSrrdner abgicbt, die die Maßnahmen der preußischen Regicruug zur Hebung de» Deutschthum« bekämpfen. Di«se Neigung zur Rücksichtnahme gegen polnische Empfindungen findet sich nicht nur vereinzelt in den der „Kreuzzcitung" nahe stehenden Kreisen. Zst doch auch Herr von PodbielSki auS der „KreuzzeitungS"-Partei hervoraegavgen und hat dieser doch den Polen die polnischen UebersctzungSstellen concedirt, wofür er freilich wenig Dank von ihnen geerntet hat. In diesem Zusammenhänge sei auch daran erinnert, daß vor einigen Jahren conservative Führer in Westprrßrn vor einer Stichwahl zwischen einem freiconservativen Bewerber und einem Polen ihren Anhängern riethrn, den Letzteren zu wählen, weil er rin besserer Agrarier sei, al» der Reich«parteilrr. Aus diese Weise wird die Hoffnung des Mitarbeiter» der „Kreuzzeitung", daß die Deutschen „den Weg fiuden werden", den Polen die richtige Antwort auf ihre Agrtatio« zu geben, sicherlich nicht erfüllt werden. Berlin, 7. Mai. Ueber das Capitel der Hinterbliebe nenfürsorge stellt das jüngst er schienene Heft der „Zeitschrift für Socialwissenschast" (Verlag
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