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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.06.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-06-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010607012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901060701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901060701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-06
- Tag1901-06-07
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Ämtsölatt des ÄönigNchett Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes und Notizei-Ämtes der Stadt Leipzig. 285. Freitag den 7. Juni 1901. Anzeigen «Preis die 6 gespaltene Petitzeile 25 H. Reklamen unter dem Redacrwn«strich («gespalten) 75 H, vor den Familieanach- richteu («gespalten) 50 Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Lfsertenannahme 25 H (excl. Porto). Vrtra veilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-AuSgabe, ohne Postbesörderung 60.—, mit Postbesörderung ./L 7V.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittag- 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets a» die Vxpeditlvn zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi« Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. P olz in Leipzig. 95. Jahrgang. Franz Frhr. Achenck von Stauffeuberg -j-. 8. Mit Stauffenberg ist einer der Wenigen hingegangen, die tbätiz an der Ausgestaltung de« deutschen Reiche« sich betheiligten; aus Gesundheitsrücksichten war er allerdings schon seit mehreren Jahren vou der parlamentarischen Arena verschwunden. Die Nachruse seiner Freunde fließen über in Bewunderung und wissen nur Rühmliches zu melden, allein wenn man auch dem „nil msi dens cks mortui»'' in weitestem Umfange huldigt, wird man doch die Wiedergabe des Schallens bei vielem Lickte vermissen. Die geschichtliche Wahrheit ver langt einige Corrrcturen. Stauffenberg war ei» liebenswürdiger Charakter und diese Liebenswürdigkeit war »ine seiner bedeutendsten Waffen im politischen Kampfe. Es war ein guter Redner, aber eigentlich keine schaffende Natur und deshalb mehr ge- eignet, zu repräsentiren^alS zu arbeiten. Seine größte Wirksam keit entfaltete deshalb Stauffenberg auf dem Präsidentenstuhle. Bei einer Nachwahl wurde er 1866 in Augsburg unter der Aegide Völk'S in die II. bayerische Kammer gervählt, nachdem er sich in einer kurzen staatSanwaltsckaftlicken Lausbahn durch seine liberalen Verbindungen und einige liberale Reden beim Ministerium v. d. Pfordten mißliebig gemacht hatte. Als er in die Kammer eintrat, war diese getheilt in eine klein-deutsche Linke, die etwa ein Dritttheil der Versammlung bildete,eine groß deutsche liberale Majorität, die aber in sich gespalten war, und eine kleine Fraktion, die nachmals der ultramoutanen Partei sich anschloß. Erst al« da« Jahr 1866 für die poli tischen Ziele der kleindeutscken Partei, in die Stauffenberg eingetreten war, die Entscheidung gebracht batte, konnte die Partei eine größere Wirksamkeit entfalten. Die Entscheidung auf dem Schlachtfeld« hatte die ohnehin ge ringen Gegensätze der Parteien vollends abgestumpft. Die nächsten Wahlen (1869) brachten aber einen völligen Umschwung. Die bei Königgrätz gegründete preußische Hegemonie und die zur Unzeit bewirkte Vorlage eines SchulgesetzcntwurfS in der II. bayerischen Kammer hatte die klerikale Partei mobil gemacht, sie errang eine Majorität von wenigen Stimmen, dagegen war bi- auf eine» geringen Rest die groß-deutsche Partei wegaefegt, dieser Rest verband sich mit der Linken zu einer liberalen Partei und letztere nahm mit gutem Erfolge de» Kampf mit den Ultramoutanen auf. Stauffenberg gehörte zu den Führern der liberalen Minorität; zu hervor ragenden Leistungen war aber keine Gelegenheit bi« zum Jahre 1870. Es mußte genügen, Schlimmes verhütet zu haben. ES kam die Kriegserklärung Frankreichs und damit der Prüfstein für die den Ton angebende ultramontane Clique, ob ihr noch ein Rest von deutschem Gefühle geblieben wäre. Sie versagte, vr. Jörg, der geistige Führer der Partei, be antragte Neutralitäts-Erklärung Bayerns und eine beschränkte Mobilmachung, welche ihre Spitze mehr gegen Preußen, als gegen Frankreich gerichtet haben würde. Allerdings war durch den Willen deS König« die Theilnahme Bayern« am Kriege auf deutscher Seite gesichert, wäre aber die Majorität der thörichten Politik Jörg'S gefolgt, so wäre ein Versassung«bruch unvermeidlich gewesen. ES fiel der liberalen Partei ein Alp vom Herzen, als in sechs ultramontanrn Abgeordneten da deutsche Gewisse« erwachte und die liberale Minorität zur Majorität machte. Die Kosten der Mobilmachung wurden bewilligt und damit der Bündniß-Fall mit Preußen aner kannt; jene sechs aber wurden mit Schimpf und Schande auS der ultramontanen Partei vertrieben und bildeten eine kleine Fraktion, welche stets mit den Liberalen stimmte, so daß dieser während deS Reste- der Wahlperiode die Majorität blieb. Damit ging auch das Präsidium an die liberale Partei und e» war wohl die schönst« Zeit im poli tischen Leben Stauffenberg'S, als er al- erster Präsident der bayerischen Kammer der Abgeordneten durch seine Würde und seine, freilich von den Gegnern nie nachgeahmtr Unparteilichkeit Freund und Feind für sich gewann. Die nächsten Wahlen ließ jene sechs Männer ver schwinden und bracht« eine verstärkte ultramontane Majorität in die Kammer; da- frühere Verhältniß war wieder ein getreten. Mittlerweile hatten die Wahlen Stauffenberg in da- Zollparlament und in den Reich-tag geführt. In diesem wurde er an Stelle deS Fürsten Hohenlohe 2. Präsident; al- solcher konnte er sich auch an den Debatten be theiligen; da- damals im Reich-tag berathene Budget de«Reich»- laudS war seine besondere Domain«. München hatte ihm da» Mandat zum ersten Reich-tag ertheilt; bei der zweiten Wahl unterlag er einem ultramontanen Candidaten, nickt blo« deshalb, weil letzterer eine verstärkte Majorität für sich gewann, sondern auch ve-halb, weil schon damals der fortschrittliche Haß gegen Bi-marck bei Stauffenberg »um Durchbruch kam uud fein« Wahlrede» in einer Weise beeinflußte, daß viele liberale Wähler von der Wahl urne ferne blieben. E- war die Episode vorher^egangeu, in welcher Bi-marck Benniugsen für da» Ministerium gewinnen wollte, Stauffeuberg, Forckenbeck aber durch ihre Bestrebungen, gleichzeitig zur Macht zu gelangen, wesentlich »um Scheitern der ganzen Combination beitrugen. Da» Gerücht wollte wisse», Stauffeuberg habe, wenn ihm rin Miuisterpostrn verweigert werde» sollte, mit der Statt halterschaft von Elsaß-Lothringen sich „begnügen" wollen. Kurz darauf trat die Secession ei», von der «an zweifelhaft sein konnte, ob sie mehr gearn Bi-marck, oder gegen die von diese»» eingeschlagene Schutzzollpolitik oder gegeu Brnaingse» gerichtet war. Sie schrieb die Ber- «inigu»a der großen liberale» Partei auf ihre Fahne, um trotz aller Erfahrungen bald zu Rickter überzugehea und, da «in Zusammengehen mit diesem denn doch bald al- un- erträglich erschien, al- kleiue einflußlose Fraktion zwischen d«r »ationalliberaleu und der Fortschritt-Partei zu pendeln. Der einzige Erfolg der Secession blieb eine noch immer uagrheilt» Schädigung der uationalliberalen Partei. Äm Jahre 1893 trat von Stauffeuberg, der bi- dabin in verschiedenen Wahlkreisen gewählt worden war, schwer leidend au« d«m Reich-rage, einige Jahr« später auch an der bayerischen Kammer und damit vom politischen Leben gänzlich zurück. Er trat in diese» in glänzender Weise, ohne die Erfolge zu haben, die er sich versprochen haben mochte; die letzte Aussicht auf einen solchen sank für ihn mit Kaiser Friedrich dahin, mit dem er eng befreundet war. Der Krieg in Südafrika. Vom Kriegsschauplatz. * London, 6. Juni. (Telegramm.) Nach einer Brüsseler Drahtmeldung deS „Standard" meldet eine Depesche auS Lourenyo- MarqurS die Bereinigung deS BoerencommandoS unter Delarey und BeyerS, die jetzt zusammen 5000 Mann stark sind und die Eisenbahn zwischen Natal und Johannesburg bedrohen. * Pretoria, 5. Juni. („Reuter'« Bureau.") Ein Theil de« BoerencommandoS unter BeyerS, an Zahl 400 Mann stark, wurde in der Nähe von Warmbad von 240 Engländern unter Oberst Wilton überrascht und geschlagen. Die Boeren verloren 37 Tobte und den ganzen Proviant für die Streitkraft Beyers. 3 Engländer wurden grtödtet und 15 verwundet. Die «efaugcnen Boeren tu Ahmednagar. Es ist nicht zu verkennen, daß der englische» Regierung die Unterbringung der gefangenen Boeren Verlegenheit be reiten muß. Indessen sollte das diesem Riesenreiche doch Wohl möglich sein, für die in ihre Hände gefallenen Ge fangenen Plätze auszufinden, die wenigstens in den all gemeinsten LebenSbedingungen, in Luft und Wasser, normale Zustände anfweisen. In dieser Beziehung herrscht aber im englischen KriegSamte dieselbe Verachtung aller Kriegsbräuche der civilisirten Völker, wie sie auch in der barbarischen Kriegführung zu Tage tritt. Neuerdings ist die britische Regierung dazu übergcgangen, eine Anzahl der ihr in Süd afrika in die Hände gefallenen Transvaaler, Freistaatler, Capcolonisten und Angehöriger anderer Völker, die an der Seite der Boeren gefochten haben, nach Abmednagar in der Präsidentschaft Bombay in Britisch^Jndien zu verschieben. Ueber die gesundheitlichen Zustände dieses Platzes bringt nun der „Localanzeiger" folgende Mittheilungen: Die Sterblichkeit unter der britischen Garnison zu Ahmednagar pflegt zu sein 18,01 gegen eine mittlere Ziffer von 12,75 pro Tausend in anderen britisch-indischen Garnisonen. Die KrankheitSziffer beträgt 95,Ol gegen 73,0. Ahmednagar hält die Mitte zwischen einer der ungesundesten Garnisonen (Peshawar mit 21,59) und den einfach ungesunden, wie Lucknow, Umballa und Bangalore mit 17,35, aber kommt nichtsdestoweniger dicht nach dem ungesundesten Platze Peshawar. Dabei muß im Auge behalten werden, daß Ahmednagar wahrscheinlich eine höhere Ziffer zeigen würde, wenn die Garnison anstatt 1000 bis 1250 mehrere Tausend zählte. Noch eine andere, bedenklichere Thatsache ist diese, daß die Krankheit, durch welche Ahmednagar am meisten heimgesucht wird, der ge- fürchtete und sehr ansteckende Typhus ist, also jene Seuche, welche in Südafrika so fürchterliche Verwüstungen anrichtet. ES ist selbstverständlich, daß mit der Zunahme einer nicht allzugut ver pflegten Bevölkerung von Kriegsgefangenen auch diese Seuche zu nehmen wird. Die« ist keine Bermuthung. Di« Ziffern, besonders für Typhu» hinsichtlich Ahmednagar, beweisen e«. Durchschnittlich ist im britisch-indischen Heere die Anzahl der TyPhuSsälle 5,14 pro Tausend. Die Sterblichkeit an dieser Seuche beträgt, Alles in Allem genommen, 3,01. Für Ahmednagar sind die Ziffern bezw. 66,0 und 10,80. Daraus geht mit aller nur wünscheu-werthen Deutlichkeit hervor, daß di« englische Regierung für ihre Kriegsgefangenen dort einen der ungesundesten Plätze in Indien aus gesucht hat. Da« steht im Widerstreit mit allen Grundsätzen deS Krieg-recht- und der Menschlichkeit unserer Tage. Dazu gesellt sich noch «in anderer Umstand. Wir haben in Obenstehendem allein die Ziffern für normale Jahre gegeben, aber e« sind auch besonder» ungünstige Jahr», und e« ist Pflicht, auch mit diesen zu rechnen. In Bezug auf Ahmednagar ist viel von der Pest gesprochen worden. ES ist in der That rin Peststrich, und hier steckt vor Allem di« Schändlichkeit von England« Behandlung d«r Krieg«g«saugrnrn. Im Jahre 1899 Hot die Brulenprst «in« Htrrblichkeit bi« 88,40 pro Lauseud erreicht. Da« ist allerdings noch lang« nicht jene SterblichkeitSziffer, wie in de» Boerenfrauen- und Kinder-Gesangenlagern in Südafrika. Aber e« ist arg genug. Die oben angegebenen Ziffern und Thatsachen sind authentisch, deon sie sind dem letzten Bericht de» Chef» vom Gesundheitsdienst bei der britisch indischen Regierung au» dem Jahre 1899 entlehnt. Der Lod de- früheren voerengeneral« Echoeman in Folae der Entzündung einer Lydditbombe wird, wie man der «Voss. Ztg." au» Amsterdam schreibt, bei den Boeren keine allzu große Trauer erwecken; denn Sckoeman war «in Ueberläufrr und Berräther. Bei Coltnso befehligte er ein Commaado und soll sich dabei sehr zweideutig benommen habe«. Al» die Engländer Pretoria besetzt hatten, eilte er dahin und stellte sich den Engländer». Bei Baberton fiel er in die Hand« der Boeren, wurde aber von French au» dem Gefängniß besreit, ehe ihm der HochverrathSproceß gemacht werden konnte. Dann wagte er sich al« FriedenSvermittler in Botha'« Lager, der ihn aber alsbald festnehmen ließ; auch diese» Mal wurde er von den Engläneern wieder befreit. Außer Schoeman und seiner Tochter ist auch der Vater de« noch im Felde stehenden Eommandanten Ben Viljoen bei dem Unfall umgrkommru. Nun bat da- verdiente Schicksal doch noch den Berräther getroffen! Deutsch*- Reich. Lettzzt-, 6. Juni. (Sin Reich-frleden-truch.) Da» officirll« Organ der bayerischen E«ntrum»partei erwirbt sich da» v«tdirnst, auf einen ReichSfriedentbruch aufmerksam zu machen, den Preußen begangen bat, und zwar, Lötartig wie e« ist, unter Ausschluß der Oeffrntlichkeit. Preußen hat näm lich in den Kranz blühender königlich sächsischer Städte dadurch eine klaffende Lücke gerissen, daß eS daS schöne Meißensich ein verleibte. Hiervon, als von einer Thatsache, gtebt das bayerische Centrumsorgan Kunde, allerdings mit ein bischen anveren Worten. Denn an die Klag« über die Zulassung der Meißener Dombau - Loose in Bayern knüpft das Centrumsblatt die geflügelten Worte: „Die bayerische Staats regierung sollte angesichts der schlechten Lage des einheimischen Lotteriewesens die Zulassung auswärtiger Lotterien versagen ..., zumal Preußen in diesem Puncte sehr zugeknöpft ist und keine Gegenseitigkeit übt." — Der Geograph an der Isar ist offenbar neidisch auf den Historiker der „Sachs. Arbciterztg.", der jüngst Austerlitz die Preußen hat verlieren lassen. Wenn beide kundigen Thebaner sich zu gemeinsamem Wirken verbänden, könnten sie vermittels ihrer Methode dem bösen Preußen mehr anhängen, als die klerikale und die socialdemokratisch- Presse zusammengenommen. 6. H. Berlin, 6. Juni. (A r b e i t S m a n g e l i n B e r l i n.) Es sind schlechte Zeiten für die Arbeiter in Berlin. Wer Ge legenheit hat, die Stätten um die Zeit zu betreten, in denen der „Arbeitsmarkt" der Zeitungen gratis vertheilt wird, wird sich wundern über die Schaaren Arbeitsloser, die in fliegender Hast davon eilen, um als erste ihre Arbeitskraft anbieten zu können. Der CentralvereinfürArbeitsnachweisin Berlin hat gestern seinen Geschäftsbericht pro Mai veröffentlicht; aus ihm geht klar hervor, daß eine große Zahl williger Hände arbeits los am Markte bleiben müssen. 3557 Personen suchten Arbeit und nur 2188 erhielten solche; 1996 ungelernte Arbeiter wollten Beschäftigung, aber nur 1290 wurden uniergebracht. Bei den qualificirten Arbeitern war das Verhältniß stellenweis noch viel schlimmer; von 202 arbeitsuchenden Schlossern wurden nur 76, von 98 arbeitsuchenden Klempnern nur 54 untergebracht. Selbst nach der verhältnißmäßig billigen weiblichen Arbeitskraft ist die Nachfrage sehr gering. 201 Frauen oder Mädchen wollten Beschäftigung haben, aber nur 88 tonnten solche erhalten. Frei lich hätte eine etwa doppelt so große Zahl beschäftigt wer den können, wenn die Suchenden den an sie gestellten Anforde rungen zu genügen vermocht hätten. Jedenfalls ist ernstlich vor Zuzug zu warnen. * Berit», 6. Juni. Zur Aufhebung der Ueber- wachung, der die hiesige chinesische Gesandtschaft bezüglich iyrek telegraphischen Verkehrs unterworfen war, wird der „Frkf. Ztg." geschrieben: Als im Juli vorigen Jahres die Unklarheit und die Empörung über das, was sich in Peking abgespielt hatte, so ziemlich auf ihrem Höhepuncte stand, hat das Auswärtige Amt, um doch vorläufig etwas zu thun, der hiesigen chinesischen Gesandtschaft die Absendung chiffrirter De peschen untersagt. Es war das Wenigste und fand allgemein Billigung, daß man dem Gesandten eines Landes, dessen Re gierung die Fremden mordete und die Gesandten bedrohte, nicht einen uncontrolirbaren Verkehr mit dieser Regierung gestattete. Ob die Maßregel jemals praktisch geworden ist, und ob das Reichspostamt ckiffrirte Depeschen des chinesischen Gesandten an gehalten hat, ist nicht bekannt. Der hiesige chinesische Gesandte hat vermuthlich nie mehr den Versuch gemacht, eine umontrolirte Depesche abzusenden. Er war damals vor Angst und Sorgen krank, lag zu Bette, und er und sein bezopftes Personal wagten ein« Zeit lang nur auf dem Dach: ihres Hauses in den Zelten Luft zu schöpfen. Sie fürchteten sich nebenbei, natürlich ohne allen Grund, vor Zornausbrüchen der Berliner Bevölkerung und sind auch später noch Wochen lang nur in europäischer Kleidung, den Zopf unter einem Hut versteckt, auf die Straße gegangen. Sie sahen höchst drollig auS, und das Drolligste war, daß sie das für eine Verkleidung hielten, die sie — unkenntlich machte. Das hat längst aufgehört, und bei der Gala-Oper, die jüngst auS An laß deS Besuches der Königin von Holland stattfand, erschien als eingeladener Gast neben anderen exotischen Diplomaten auch die behäbige Gestalt deS chinesischen Gesandten in seinen Pracht gewändern. Der Herr mit dem bebrillten freundlichen Gesicht schien höchst vergnügt, als ob die 450 Millionen Taels nebst 4 Proc-nt Zinsen bereits bezahlt seien. Nun darf er auch wieder chisfrirte Depeschen an seine heimathlich« Regierung senden. Die Ueberwachung seines DepeschenverkehrS ist jetzt aufgehoben worden. > * Berlin, 6. Juni. DaS neue Weingesetz, daS am 1. October d. I. in Kraft tritt, verbietet den Verkauf und das Feilhalten von Getränken, welche den Vorschriften in § 3 des Gesetzes zuwider oder unter Verwendung eines nach 8 2 Nr. 4 nicht gestatteten Zusatzes wässeriger Zuckcrlösung hergestellt sind. Damit ist im Gegensatz zu dem gegenwärtig geltenden Gesetz über den Verkehr mit Wein vom 20. April 1892, welches den Verkauf von Kunstwein unter der Angabe, daß es sich um ein Ersatzproduct handelt, für zulässig erklärt, ein unbedingtes Ver bot des Handelsverkehr« mit solchen Getränken, die im prak tischen Leben zu den Kun st wein en gezählt werden, aus gesprochen. In einer UebergangSbestimmung läßt daS Gesetz, und zwar bis zum 1. October 1902, eine Ausnahme von diesem Verbot für Getränke der bezeichneten Art, welche bei Verkündung des Gesetzes bereit« hergestellt waren, dann zu, wenn die Getränke innerhalb «ine« Monats nach der Verkündung des Gesetze«, also bi« zum 29. Juni 1901, angemeldet, die VcrtriebS- Ufäße mit entsprechendem amtlichen Vermerk versehen und die Getränke unter einer ihre Beschaffenheit erkennbar machenden oder einer anderweiten, sie von Wein unterscheidenden Bczeich- nuna (Tresterwein, Hefenwein, Rosinenwein, Kunstwein und dergleichen) feilgehalten oder verkauft werden. Zur Ausführung dieser UebergangSbestimmung ist vom Ministerium angeordnet worden, daß zur Entgegennahme der Anmeldungen die kaiser lichen Hauptzollämter und Hauptsteuerämter zuständig sind, während die amtliche Kennzeichnung der Vertriebsgefäße durch die Obergrenzcontroleurr und Obersteuercontroleure zu erfolgen hat. Al« amtliche» Kennzeichen ist eine kreisrunde, feuerrot he Marke au» Papier mit der Umschrift „Verkauf nur bis I. October 1902 gestattet-, welche den Amtsstempel der Zoll- oder Steuer behörde trägt, bestimmt worden. Bei Gebinden erfolgt die Kennzeichnung außerdem mit einem 6 Centimeter breiten, feuer- rothen bandförmigen Streifen, der, gleichlaufend mit den Faß reifen, um die Mitte de« Fasse« mittel« Oelfarbe gezogen wird. Die Anbringung de« Oelfarbenbande« erfolgt aus Kosten der Letheiliaten Gewerbetreibenden, welche di« nöthigen Vorkehrungen zu treffen haben. D Berit«, 6. Juni. (Telegramm.) Zur gestrigen FrübstückStafel bei dem Raiserpaar im Neuen Palais war der Gesandtschafts-Dolmetscher Corde« geladen. Im Laufe des Nachmittags fuhr der Kaiser mit dem Juckerzuz vom Neuen Palais nach Berlin, hatte hier im königlichen Schloß zunächst eine Besprechung mit dem Geh. Hofrath Grimm, empfing dann den Unterstaatssekretär Rothe vom Reichs amt des Innern und ertheilte im Beisein des Staats sekretärs des Auswärtigen Amts Freiherrn von Richt hofen und des Jntroducteurs des diplomatischen Corps Vice - Ober - CeremonienmeisterS Baron v. d. Knesebeck dem bisherigen hiesigen persischen Gesandten General Mirza Reza Khan zum Zweck der Ueberreichung seines AbberufungSschrcibenS die nachzesuchte Abschiedsaudienz. Um 8 Uhr begab sich der Kaiser nach dem Reichskanzler palais zum Tiner, welches beim Reichskanzler Grafen von Bülow zu Ehren der in zollpolitischen Angelegenheiten hier anwesenden Staatsminister und Ministerialrälhe deutscher Bundesstaaten stattfand. Bor der gestrigen Tafel ließ er sich die auswärtigen Theilnehmer vorstellen und unterhielt sich mit den Ministern der Bundesstaaten. Bei Tische saß der Kaiser zwischen der Gräfin v. Bülow und dem bayerischen Slaatsminister Frhr. v. Riedel. Gegenüber dem Kaiser saß der Reichskanzler zwischen dem sächsischen Staatsminister v. Metzsch und dem württembergischen Ministerpräsidenten v. Breitling. Nach Tische wurde der Kaffee im Garten des Reichskanzler-Palais eingenommen und später Bier gereicht. Ter Kaiser zog viele Conferenztheilnehmer in ein längeres Gespräch und verließ die Gesellschaft erst um 1 Uhr. Heute morgen unternahnl der Kaiser eine Spazierfahrt nach dem Thiergarten. Von lO'/z Ubr hörte der Kaiser die Vorträge des Kriegsministers, des Chefs des Militärcabinets, und begab sich um 12 Uhr 25 Minuten mit dem Zuge nach dem Neuen Palais zurück. (-) Berlin, 6. Juni. (Telegramm.) Die „Nordd. Allgem. Ztg." berichtet: Die in Berlin anwesenden Mitglieder der Finanzverwaltungen der größeren Bundes staaten traten heute Vormittag im Anschluß an die zoll politischen Besprechungen unter dem Vorsitze deS Reichs kanzler Graf v. Bülow zur Berathunz der Finanzlage des Reiches und ihrer Rückwirkung auf die einzelstaat lichen Finanzen zusammen. Tie Conferenz, an der auch der Staatssekretär Graf v. PosadowSky theilnahm, währte mehrere Stunden. (-) Berlin, 6. Juni. (Telegramm.) DaS Befinden deS erkrankten früheren Chefs des Militärcabinets Generaloberst v. Hahnke ist heute gut. — Dieser Tage wurde auS MySlowitz über ein Entgegen kommen der russischen Regierung in Sachen der Halb pässe berichtet. Neuerliche Meldungen besagen jedoch, daß für die jüdischen Grenzbewohner ein Entgegenkommen aus geschlossen sei. Ein Privattelegramm der „Nat.-Zlg." berichtet dagegen aus Kattowitz: Nach hier eingcgangenen amtlichen russischen^Mittheilungen ist keine Aussicht vorhanden, daß die neuerlichen Paßbestimmungen gemildert werden; LaS Verbot, die Grenze mit Halbpässen zu pajsiren, gilt für russische und deutsche jüdische Grenzbewohner für alle Grenzübergänge und tritt unweigerlich am 13. Juni in Kraft. Die Maßnahme wird damit begründet, daß sie nur dem Schmuggelweseu steuern solle. m. Mcmcl, 6. Juni. (Privattelegramm.) Eine Versammlung von konservativen, 'die heute in Prökuls abgehalten wurde, hat einstimmig den Littauer Matschull-Mitzken als Candidaten der vereinigten kon servativen Parteien für die Reichstazswahl im Kreise Memel- Hehvekrug aufgestellt. (-) Danzig, 6. Juni. (Telegramm.) Auf der Schiffswerft von F. Schichau erfolgte heute Mittag im Beisein »des Prinzen und der Prinzessin Johann Georg von Sachsen der Stapellauf des Linienschiffes „O". Der Prinz und die Prinzessin fuhren gegen 12 Uhr unter dem Geleite einer Schwadron des Leibhusaren-Regiments vor die Werft, wo sie von dem commandirenden General, General der Infanterie von Lentze, und dem Geh. Commerzienrath Ziese empfangen wunden. Dieser überreichte der Prinzessin einen Blumenstrauß. Die Capelle des 5. Grenadier-Regiments, das die Ehrencompagnie gestellt hatte, spielte den Präsentirmarsch. An der Feier nahmen u. A. Staatssekretär o. Tirpitz, Ober- werftvirector Contrc-Admiral v. Prittwitz und Gafsron, die Generalität, das gesamte Officiercorps, die Spitzen der Staats- uno der städtischen Behörde und der sächsische Gesandte Graf Hohenthal Theil. Am Tauftempel angelangt, hielt der Prinz die Taufrede, in der er ausführte: „Es war der Wunsch Sr. Majestät des Kaiser«, daß mein Allergnädigster König und Onkel zur heutigen Feier persönlich erscheinen möchte. Se. Majestät der König, welcher für die Marine das lebhafteste Interesse hegt, fühlt sich zu seinem großen Bedauern Nicht wohl genug, um die Reise hierher zu unternehmen. Darum hat er meine Frau und mich beauftragt, ihn und Ihre Majestät die Königin bei der Taufe zu vertreten, ein Auftrag, der uns mit hoher Freude erfüllt. In unserer Zeit blüht unsere Marine immer mächtiger empor, und es nimmt die Bedeutung, die ihr innewohnt, ^u. Stetig weht ihre 'Flagge auf allen Meeren und es wendet sich ihr das allgemeine Interesse zu. Daß zu einer solchen Zeit ein mächtiges Kriegsschiff den Namen „Wettin" fürderhin auf das weite Meer hinaustragen soll, erfüllt uns — ich kann das im Namen unserer ganzen Familie versickern — mit Stolz. Möge Vas Schiff diesen Namen, den unsere Familie seit fast 900 Jahren führt, immer mit Ehren tragen. Möge e» sich seinem Schwesterschiffe „Wittelsbach" würdig zugesellen! Möge e« der kaiserlichen Marine stets Ruhm bringen! Das walte Gott!" Sodann vollzog die Prinzessin die Taufe mit folgenden Worten: Auf Allerhöchsten Befehl Sr. Majestät deS Kaisers und Königs taufe ich dich, stolzes Schiff, auf den Namen „Wettin". Der Prinz brachte ein begeistert aufgenommene« Hoch auf den Kaiser aus. Rach der Feier fuhren der Prinz und die Prinzessin mit demselben Geleite zum Oberwerftdirrctor zum Frühstück, während die sonstigen Gäste auf der Schichau'schen Werft der Einladung zum Frühstück folgten. I-. Kiel, 5. Juni. Der Bau des neuen Torpedo boot h a f e n s in der Wirker Bucht, südlich voit der Mündung de« Kaiser Wilhelm-Canals, beginnt jetzt. Die Verlegung der gesammten Torpedoanlagen von Düsternbrook nach der Wirker Bucht erfolgt, weil der dortige Hafen zu klein geworden ist und die Torpedoboote den Verkehr im inneren Kieler Hafen zu sehr beeinträchtigen. Der neue Hafen wird vier Meter tief und durch
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