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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.11.1901
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-11-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19011111026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901111102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901111102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
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Amtsblatt -es Königliche« Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, -es Aathes nnd Nokizei-Ämtes -er Lta-t Leipzig. Anzeigen »Preis die 6gespaltene Petitzeile 25 H. Reklamen unter dem Redaction-strich (4 gespalten) 75 vor den Familiennack- richten («gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 H (excl. Porto). Ertra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesördei un g ./t 60.—. mit Postbeförderung ./t 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-AuSgabe: Vormittag-10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag- 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Tie Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Truck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Nr. 578. Montag den 11. November 1901. SS. Jahrgang. Der Krieg in Südafrika. Lord Salisbury hat in feiner lang athmi gen Lord-Mayors-Rede der Welt absolut nichts Neues gesagt. Man hat auch nichts Neues von ihm er wartet, denn man wußte ja zu genau, daß Salisbury mit Chamberlain in der Kricgsfrage eines Sinnes ist, mit anderen Worten, daß der „leitende" Premier sich vollständig im Schlepp tau des Reffortministers befindet, und daß Letzterer der eigent liche Spiritus rsotor des Cabinets ist. Es lohnt sich daher auch nicht, auf Salisbury's Deklamationen näher einzugehen. Seinen auffallend oft und stark accentuirten Optimismus widerlegen die fortgesetzten Erfolge der Boeren und die abnorm lange Dauer des Krieges. Salisbury hätte auch sicherlich nicht einen so gewaltigen Aufwand von Rhetorik daran gesetzt, den Pessimismus zu bannen, wenn dieser eben nicht schon zu tiefe Wurzeln im englischen Volke geschlagen hätte, also nicht so ganz unbegründet sein kann. Das Tiefbeschämende, das in dem in direkten Eingeständnisse liegt, daß nur die „Neutralität" sämmt- licher übrigen Mächte es England möglich macht, die Freiheit der Boerenvölter und diese selbst nach und nach zu erwürgen, fühlte Salisbury wohl selber nicht. Die englisch« Diplomatie hat eben die Selbstachtung so weit weggeworfen, daß sie den Regungen nationalen Ehrgefühls nicht mehr zugänglich ist. Le Wet. Die kürzlich verbreitete Nachricht über den im August er folgten Tod De Wet's stellt sich als eine dreiste englische Er findung heraus. Ein Mitkämpfer aus den Reihen der Boeren, Feldcornet Piet van Houten, welcher, verwundet, aus Gesund heitsrücksichten den Kriegsschauplatz verlassen mußte und soeben im Haag eingetroffen ist, theilt mit, daß er vor seiner Abreise den General de Wet im Norden des Oranje st aateS ongetroffen und gesprochen habe. Der General ist nach seiner Angabe in bester Gesundheit und von dem gleichen Feuer be seelt wie früher für das große Befreiungswerk, welchem er sein Leben geweiht hat. Wenn die Engländer auch vollständig seine Spur verloren haben, so hat er doch ohne deren Wissen glor reichen Antheil an mannigfachen der neueren Kämpfe und wahr- scheinlich auch an der Schlacht von Berkenlaagte ge nommen, und entfaltete in vielleicht nur veränderter Weise eine unermüdliche Thätigkeit. Weitere Details wollte van Houten nicht geben, da deren Veröffentlichung der englischen Heeres- führung von Nutzen sein könnte. Aus derselben Quelle stammt nach der „Stb. Ztg." die Mittheilung, daß Präsident St« ijn mehr Vertrauen als je auf den Triumph der von ihm so wacker vertheidigten Sache hat. Er ist fest und kaltblütig im Kampfe und bewahrt selbst in kritischen Augenblicken eine Heiterkeit, die wohthuend und ermuthigend auf seine Umgebung wirkt. Tas „neutrale" Europa. Eine große Wagenladung Gewehrkugeln, die in Schweden fabricirt wurden, passirte letzter Tage Kopenhagen auf dem Wege nach Südafrika. Der Berner „Bund" bezeichnet es als ein Verbrechen an den Bcercn, weil der Bundesrath es gestatte, daß den Engländern von den Schweizer Milchsiedereien große Mengen condensirter Milch beliefert werden, wodurch England längere Kriegführung ermöglicht und zugleich der Butterpreis in der Schweiz unerhört vertheuert werde. Die Mangelhaftigkeit -er englischen Verlustlisten Ein früherer englischer Freiwilliger, der kürzlich vom Kriegs schauplatz zurückgekehrt ist und jetzt in Rotterdam lebt, erklärte, wie-wir in der „D. Wochenztg. in den Nieder!." lesen: „Es bestehen organisirte Kaffern-Compagnien unter Führung englischer Officiere. Selbst wenn eine solche Truppe völlig aufgerieben wird, findet man in den Verlust listen keinen Mann verzeichnet, nur die Officiere und Unter- officiere. Ferner werden, um die europäischen Compagnien auf Kriegsstärke zu halten oder zu bringen, Hottentotten und Bastards eingestellt, die, gegebenenfalls, auch nicht auf den Ver lustlisten vorkommen. Schließlich fehlen in diesen Listen die Namen der Dunkelmänner, die sich in den Hafenstädten an werben lassen und die allen Grund haben, ihren wahren Namen den Behörden zu verschweigen. Zu diesen gesellen sich noch die desertirten Matrosen und die in Europa angeworbcnen Ita liener, Ungarn u. s. w., die im Laufe der letzten Monate ziemlich zahlreich eingetroffen sind. Man giebt sich nicht einmal die Mühe, solchen „Nicht-Gentlemen in Khaki" Briefe oder Doku mente abzunehmen, bevor man sic einscharrt. Später wird auch gar manche deutsche Mutter nach ihrem Sohne fragen, der in einem flachen Graben Platz gefunden hat." Politische Tagesschau. * Leipzig, 11. November. Auf der Tagesordnung der ersten Sitzung, die der Reichstag nach seiner Vertagung hält, hat der Präsident bekanntlich die zweite Lesung der Novelle zur StrandungS- Ordnung und die zweite Lesung der Seemanns- Ordnung gestellt. Der erstgenannte Gegenstand wird am 26. November kaum eine wesentliche Debatte Hervorrufen; um so mehr Stoff zu weitauSholenden Erörterungen wird die SeemannS-Ordnung liefern. DaS ergiebt sich schon aus den CommiisionSberathungen, die nicht weniger als 45 Sitzungen in Anspruck nahmen. In vielen Punkten ist die Commission über die Regierungsvorlage hiuauSgegangen. Aenderungen gegenüber der alten, noch bestehenden See- mannSordnung sind hauptsächlich in folgenden Fragen herbei- gefübrt: Einführung der Seeämter fürs ganze Reich ; Berück sichtigung dxr Feiertags- und Sonntagshetligung; Verpflegung und Heilurkg im Krankheitsfall des SchiffSmannS zu Lasten de« RhederS und RücktrittSrecht des SchiffSmannS vom Heuer- vertrage. Bei den DiSciplinarvorschriften bat sich die Com mission — allerdings nach längerem Schwanken — ent schlossen, das Recht der väterlichen Zuckt für den Capitän zu beseitigen und manche andere absckwächcnde Abänderungen gegenüber dem bestehenden Gesetze cintreten zu lassen. Wie in der Generaldebatte, so wird auch in der zweiten Lesung das von den Socialdemokraten für die Schiffsleute geforderte CoalitionSrecht eine heftige Debatte Hervorrufen. Dio Com mission ist diesen Wünschen so weit als angängig nach gekommen. VorauSzuseben ist aber, daß die Socialdemvkraten sich damit nicht begnügen und bei der zweiten Lesung wenigstens die meisten der Anträge erneuern, die in der Commission abgelehnt worden sind. Eine erfreuliche Aussicht eröffnet da« nicht. Und vermag sich der Reichstag über die von der Regierung sorgfältig ausgearbeitete und von der Commission nicht minder sorgfältig erweiterte Vorlage nickt zu einigen, so wird voraussichtlich eine lange Zeit verfließen, bevor er mit einer neuen Seemannsordnung besaßt wird. — Was dieBerathung desZolltarifS betrifft, so begegnet man mehrfach der Ansicht, daß an eine Ver abschiedung dieses Gesetzes während der bevorstehenden Sitzungsperiode kaum zu denke» sei, am wenigsten dann, wenn die äußerste Rechte utid die äußerste Linke ihre Drohungen mit Obstruktionspolitik verwirklichen sollten. Diese Ansicht hat, wie das „Franks. Journ." berichten zu können glaubt, zu der Erwägung geführt, ob nicht vor läufig wenigstens eine Commissionsbcrathung durch,«setzen sei, dann könne nach abermaliger Vertagung der Session der so vorbereitele Zolltarifenlwurf in die ReickStagS- campagne 1902/03 binübergenommen werden. Mit diesem Vorschläge, durch dessen Annahme die Session aus einen Zeit raum von drei Kahren ausgedehnt werden würde, vermag sich aber die „Nationalliberale Correspondenz" nicht zu be- freunden; sie dringt vielmehr darauf, alle Kräfte anzuspannen, um den Zolltarif zu erledigen, und macht ihrerseits folgenden Vorschlag, um die ObstruclionSpläne zu durchkreuzen: „Ein Antrag auf Aenderung der Geschäftsordnung würde wahrscheinlich nur Zustimmung bei Len Eonservativen finden, von der gejammten Linken wie auch von einem Theile des Crntrumt jedoch entschieden abgelehnt werden. Ei» anderer, vielleicht sicherer, aber auch viel folgenschwerercr Weg steht dem BundeSrath noch immer offen: die Gewährung von Diäten bezw. Anwesenheitsgeldern. Nur mittels der Diäten würde sich ein solch beschlußfähiges Haus während der wahrscheinlich tief in den Sommer hinein sich erstreckenden Session zusammenhalten lassen, daS eine etwaige Ob- structionsvolitik der Opposition verhindern könnte. Mit dem Gedanken der Gewährung von Diäten scheinen sich auch in letzter Zeit die Mitglieder der beiden konservativen Gruppen mehr und mehr zu befreunden. Die Annahme, daß die Diäten lediglich der Parteicasse der Socialdemokratie zu Gute kommen würden, trifft doch nur in sehr bedingtem Maße zu. AuS den Verhandlungen deS Lübecker Parteitages ging hervor, daß eine Anzahl von Wahlkreisen überhaupt gar nichts zur Bestreitung der Diäten- kosten für die socialdemokratischrn Abgeordneten brigesteuert haben. Die von den Socialdemokraten erhobenen Partes»BeitragSgelder werden aber meist m Hinweis auf die nülhigev Diäten für die Genossen im Reichstage eingetrieben. Willigt aber die Regierung in den Antrag des Reich-tageS auf Gewährung von Diäten ein, so fällt in der socialdemokratischen Partei für deren Parteileitung der Vorwand weg, Beiträge für die socialdemokratischen Abgeordneten einsammeln zu müssen, und die Folge davon dürfte wiederum die sein, Laß die Arbeiter ihre Groschen lieber in der Tasche behalten, als sie sür einen anderen Hauptzweck wie den ihrer Vertretung im Reichstage verwendet zu wissen." Vielleicht ziehen die verbündeten Regierungen diesen Vor schlag in Erwägung. Die Entschließung müßte aber jeden falls bald erfolgen, wenn sie nock «inen Einfluß aus die parla mentarische Behandlung des Zolltarifs haben sollte. Daß eS zwischen der deutschen und der englischen Negierung endlich zu einer Verständigung über die Vnt- schä-iguny -er ans Südafrika auSgewtescnen Deutschen Meinen Sie, ich weiß das nicht? Der alte Roloff weiß Alles, was um ihn vorgeht, mein Lieber. Oder wollen Sie es ab leugnen? Hat er Ihnen nicht gestern einen Antrag —?" „Jawohl — ich leugne es nicht .. ." „Und Sie wollen ibn annehmen?" „Ich weiß noch nicht." Der Alte rang mit einem schweren Entschluß. „Na also — in Teufels Namen ... ich gebe Ihnen eben soviel, wie der Baron ... Ich weiß tüchtige Leute zu schätzen. Wir werden das Nähere später besprechen. Und nun packen Sie Ihren Koffer wieder aus und reiten Sie nach dem Vorwerk hinaus!" „Ein triumpihirendes und entschlossenes Leuchten flammte in Platen's Augen auf. „Es thut mir leid, Herr Oekonomierath ... Ich erkenne dank bar Ihre große Güte au. Aber trotzdem, ich kann doch nicht hier bleiben." „Doch nicht? — Ja zum . . . Gefällt's Ihnen bei der adligen Sippe vielleicht bester?" schrie der Alte wüthend. „Ueber die Achsel sieht man Sie an, mein Lieber ... ich kenne diese Aristo kraten . . . Und wenn der Baron mit Ihnen auch jetzt noch so schön thut, weil er Sie braucht —" „Sie irren sich vollkommen ... Ich werde auch nicht nach Follenhagen gehen ... Ich will ganz fori aus dieser Gogenb." „Aber warum denn um Gottes Willen? Wollen Sie sich selbstständig machen?" „Auch nicht! — Ich kann und darf es Ihnen nicht sagen, Herr Oekonomierath. Aber es muß sein; es ist wirklich so am besten." Der Alte blickte ihn verständnißlos an. Was nich: sein Gut oder Geldgeschäfte betraf, darin war er nicht gerade scharf sinnig. Er zerbrach sich den Schädel, was den verrückten Menschen denn forttreibeu könne. Natürlich log er ihn an. Er hatte irgendwo etwas Besseres in Aussicht und benutzte die gute Gelegenheit, um sich aus dem Staube zu machen. Aber plötzlich »am ihm eine Idee. Er blinzelte den Jnspector lächelnd an. „Hetze, mein Lieber . . . jetzt weiß ich! ... Die Franzosen sagen: on est In kdmmo? — Sie haben einfach irqendwo was Liebes sitzen " Platen zuckte schweigend die Achseln. „Das ist mein Geheimniß." Na also, das scheint es ja zu sein, dachic der Alte; und Plötz lick kam ihm wieder eine Idee. Maltenitz hatte jahrelang einen verbeiratheten Jnspector gehabt, der schließlich gestorben war. So einer war seßhaft. Und da es mit seinem Sohne nichts 'war, er immer älter wurde, die Arbeiten und Geschäfte immer größer. Platen aber wirklich ungewöhnlich tüchtig war, so konnte man den Jnspector vielleicht auf diese Weise dauernd fesseln. dahin gekommen ist, daß England eine Pauschalsumme be zahlt, deren Vertheilung unter die Betbeiligten der deutschen Regierung überlassen wird, hat der Telegraph bereits ge meldet. In der „Köln. Ztg." liegt nun eine diese Meldung ergänzende Mittheilung vor, in der besonders interessant ist, was über die Gesichtspunkte gesagt wird, die für die deutsche Regierung maßgebend waren. Die Mittheilung lautet: Für Deutschland mar der Gesichtspunkt maßgebend, daß es den infolge des Krieges anSgewiesenen Deutschen zum Ersatz desjenigen Schadens verhelfen mußte, den es seinerseits an Ausländer bezahlt haben würde, falls es selbst kriegführende Macht gewesen und Angehörige fremder Staaten im Laufe de» Krieges ausgewiejen haben würde. Insoweit ist das jetzige Abkommen ein sehr wichtiger Präcedenzfall für olle ferneren Kriege, die Deutschland zn führen gezwungen sein wird. Dena es wird in derartigen zukünftigen Fällen unmöglich Ansprüche de» Au»- landes zurückweisen können, die e» jetzt selbst England gegenüber für seine geschädigten Unterthanen geltend gemacht hat. Demgemäß hat die deutsche Regierung, die bei der Behandlung dieser Frage durch einen besonder- bewährten Sachverständigen, den Rrchttanwalt vr. Sieveking au» Hamburg, berathen war, als Grenze für seine Entschädigungsansprüche an der Voraussetzung festgrhalten, daß die zu Entschädigenden deutsche ReichSunterthanen seien, daß ihnen nicht eine Verletzung der Neutralität nachgrwiesen werden könnte, und daß sie nur den (unmittelbaren Schaden, den sie nachweislich erlitten hatten, geltend machten. Diese EntschüdigungSanforderungen entsprechen den jetzt gütigen Grundsätzen de» Völkerrecht» und werden auch in Zukunft sicherlich in diesem Umfange durchgeführt werden. Auf dieser Grundlage Hot sich die englische Regierung entschlossen, eine runde Summe von ungefähr 60000 Pfd. Sterl. für alle in London vor der Commission anhängig gemachten Ent schädigungsansprüche zu bewilligen. Von dieser Vesammtsumme fällt den geschädigten Deutschen die Hälfte mii 600000 .4! zu. Dagegen ist für die deutschen Ansprüche, die einstweilen in Südafrika an gemeldet und dort betrieben werden, und nicht blo» ans Aus weisungen, sondern auch aus Plünderungen und sonstigen Eigen- thumSbeschädigungen beruhen, eine weitere Verständigung Vor behalten. La vou deutscher Seite nicht mehr gefordert worden ist, als es' selbst in ähnlichem Falle würde leisten müssen und wollen, so ist e» bezeichnend für die englische Regierung, daß sie sich so lange gesträubt hat, auf die Forderung einzugehen. Vielleicht hat eS auch von deutscher Seite längere Zeit an dem rechten Nachdrucke gefehlt. Da «S aber ohne solchen schwerlich zu einer Verständigung gekommen wäre, so darf man wohl hoffen, daß nicht nur die noch schwebenden An sprüche rasch und glatt erledigt werden, sondern daß auch der erzielte Erfolg in Berlin künftig zu nachdrücklichem Auf treten gegen englische Bockbeinigkeit anregt. Der parlamentarischen Hochflutch in Oesterreich ist, wie er wartet wurde, eine Ebbe gefolgt, und di« Tschechen beschränken sich auf die obstructionslose Opposition. Das war vorauszusehen; aber um ihnen den Rückzug zu erleichtern, beschleunigte die Re gierung die Ernennung der fünf Professoren für die tschechische Technik in Brünn, welche zur Vervollständiguirg der Anstalt „Na, nu hören Sie mäl zu, lietber Platen! Ein Vorschlag zur Güte! Mir ist da unter der Hand Beulwitz billig angeboten worden . . . Graf Lettenbach braucht Geld . . . wahrscheinlich hat sein Aeltester bei den Gardehusaren Spielschulden gemacht . . . Heirathen Sie Ihre Braut .... Ich setze Sie 'dann auf Beulwitz hin ... . Ihre Frau — hoffentlich ist sie vom Lande — über nimmt die Milchwirtschaft und das Geflügel ... ich bezahle Sie glänzend . . . Was meinen Sie zu der Idee?" Platen schaute ihn groß an. Nun war er so deutlich geworden, und der Alte verstand ihn noch immer nicht. So mußt« er ihn denn mit der Nase darauf stoßen. „Sie sind sehr gütig, Herr Oekonomierath . . . Aber Sic irren sich — ich habe keine Braut irgendwo sitzen." „Aber ein Frauenzimmer steckt doch dahinter?" Platen that sehr verlegen, dann sagt« er leis«: „Das will ich nicht leugnen. Aber grade deshalb ..." „Das verstehe ich nicht! Oder Herr ... in drei Teufels namen — Sie . . . na, nu wird's Tag . . . Sie haben sich doch nicht etwa — in meine Tochter —?" „Herr Oekonomierath. das . . . das ist mein Gehoimniß!" Die Phrase erschien ihm sehr paffend, darum wiederholte er sie zum zweiten Mal. Der Alte sprang wüthend auf. Solche Frechheit! Das war doch stark! „Ach was — Ihr Geheimniß! Si« sind verrückt. Die haben sich doch nicht etwa unterstanden, meiner Tochter zu sagen — „Herr Oekonomierath", sagte Platen feierlich und blickte ihn dabei so offen und treuherzig an, als sei kein Falsch in ihm — „ich weiß, daß ich ein armer Teufel bin . . . das heißt, einiges Vermögen hab: ick ja .... Aber wie würde ich mich unterstehen .... Ich hätte dieses Geheimniß still in mir vergraben, wäre still und ruhig meines Weges gegangen . . . Sie haben mich gezwungen, Ihnen — Ich bitte, sagen Si« sein Wort des Vorwurfs! Das verdiene ich nicht. Was kann der Mensch sür die Liebe! — Ich werde gehen und damit ist die Sache abgethan, todt und begraben. Ihre Tochter wird nie er fahren —" Der Oekonomierath sank beruhigt auf seinen Stuhl zurück- Dan» paffte er irachdenklich und schweigsam vor sich hin. Sine ganz verfluchte Geschichte! Schon einmal hatte er einen Jn spector deshalb fortschicken muffen. „Gut, gut! . . . Ihre Gefühle gehen mich natürlich gar nichts an ... da haben Sie Recht! — Und Sic scheinen sich ja auch ganz vernünftig benommen zu haben ... Nu will ich Jynen mal was sagen . . . Haben Sic so lange ausgchalten, dann können Sic auch noch ein paar Tage oder Wochen hier bleiben, bi» der Winter kommt, oder ich 'nen neuen Inspektor labe- Natürlich werde ich Sie dann nicht länger behalten. . . Aber, das bitt« ich mir au» . . . merken darf meine Tochtrr nichts. Sie könni» Fenilletsn. Ss Rittergut Tresstn. Roman von Robert Misch. Nachdruck vkrdoNn. Er dachte gar nicht daran, den tüchtigen Inspektor fortzukaffcn, gerade jetzt, wo die Herbstbestellung umd das Dreschen (es sollte die neue Maschine erprobt werden) bevorstanden. Dazu die Brennerei, die neuen Geschäftsalbschlüffe, die Abrechnungen, Buch führung, und was sich sonst noch Alles in den nächsten Monaten drängte und die Kräfte eines Einzelnen weit überstieg. Er hatte halbjährige Kündigung mit ihm vereinbart, und der feine Herr durfte nicht einfach aus dem Dienste laufen, weil er sich beleidigt fühlte. Das Ganze war wahrscheinlich nur eine Geldpression. Er selbst war ja so dumm gelvesen, den Jnspector überall als eine Perle zu rühmen. Maltenitz, der mit dem seinigen unzufrieden war, hatte ja schon damals gesagt: „Den könnt' ich grade brauchen! Und wenn er mal bei Ihnen fortgeht, lieber Röloff, ich nehm' ihn gleich." Platen war ja auch zweimal zur Jagd nach Follenhagen ge laden worden, eine Ehre, die noch keinem seiner Inspektoren zu Theil geworden. Und gestern Abend hatte der alt« Baron mit d«m jungen Menschen förmlich schön gethan und geheimmhvoll mit ihm geflüstert. So viel hatte er aber doch gehört, daß Maktenitz dieser „Perle" eiüen Antrag machte. Nein, er stand fest auf seinem Contract. Schlimmsten Falles, aber natürlich nur im äußersten, Nothfall, würde er dem jungen Mann auch das Gehalt erhöhen. Er brauchte ihn eben zu noth- wendig. Es klopfte. Platen trat ins Zimmer. Zum Glück hatte ihm Jochen di« Worte des Alten brühwarm ausgeplaudert. Der Oekonomierath wollte ihn nicht ziehen lasten, das machte ihn wieder ruhia und selbstbewußt. Während er mit höflicher Ver beugung näher trat, ging ihm ein Plänchen durch «den Kopf. Dem Muthigen gehört die Welt, und heute war nun einmal ein Glückstag. Der Alte brummte etwas in den Bart, was eben so gut ein« freundliche Begrüßung, wie das Gegeniheil sein konnte, bot ihm dann aber einen Stuhl und eine Cigarre an. Ersteren nahm Platen, die letztere schlug er dankend aus. „Na also — was sind das für Geschichten?!" begann der Oekonomierath die Verhandlung so höflich, wie es ihm nur irgend möglich war. „Sie wollen fort — packen Ihren Koffer?' Was soll da» heißen?" „Der Herr Oekonomierath haben mich ja gestern selbst fort geschickt." „Ach was — in der Wuth! . . . Der Wein! ... Ich weiß gar nicht mehr, was ich Ihnen gesagt habe." „Daß ich mich augenblicklich fortscheren soll — für immer. Und das vor Zeugen!" „Unsinn! Bloße Worte! Fuhren mir so heraus ... bin ja sehr — das heißt, so weit ganz zufrieden mit Ihnen. Sie bleiben natürlich." „Bedaure, Herr Oekonomierath — zu spät! Ich habe schon anderweitig disponirt." „Disponirt? — Sie haben einen Contract, Herr Jnspector, mit halbjähriger Kündigung. Das wissen Sie doch?" „Den Sie selbst aufgehoben halben — vor Zeugen. Ich nehme, obgleich ich sie wahrhaftig nicht verdient habe, diese kränkende, augenblickliche Kündigung an." „Ich habe Sie nicht kränken wollen — zum Teufel!" Die Galle stieg ihm nun doch auf, daß er seinen Untergebenen förmlich bitten mußte, bei ihm zu bleiben. — „Und im Uebrigen, ich lasse Sie nicht los, ich halte mich an meinen Contract." „Und ich an die mündliche Kündigung — vor Zeugen, Herr Oekonomierath!" „Zum Donnerwetter, mit Ihren Zeugen. Herr —! Wenn ich Sie doch brauche, — d. h., es wäre Wünschenswerth . . . Nun ja, zum Henker, ich brauche Sie jetzt. Sie können ja im Winter gehen, wenn Sie durchaus fort wollen." „Bedaurc wirklich, es ist beschlossen« Sache. — Sie haben mich fortgeschickt, und ich gehe." „Herr — Sie haben eine Conventionalstrafe in Ihrem Con tract — und Sie haben auch die Mittel, sie zu zahlen ... Ich lasse Beschlag auf Ihre ganzen Sachen hier legen", tobte der Alte, mit dem das Blut wieder einmal durchging. „Bitte — behalten Sie den ganzen Krempel, und meinet wegen verklagen Sie mich!" Platen sagte es ganz ruhig, aber er war wachsbleich geworden, und er staunte selbst über seine eigene Kühnheit. Er spielte va Imnquo; aber das schien ihm, so viel glaubte er den Alten doch zu kennen, das einzige Mittel zum Zweck. Der Oekonomierath schwieg «inen Moment; dann sagt- er klagend (denn die Molltonart folgte bei ihm unfehlbar dem Dur, wenn dieses versagte): „Ihr seid Alle undankbar, Ihr jungen Leute. Mein Herr Sohn läuft mir davon, trotzdem ich nur für ihn spare . . . Und Sie habe ich — nun ja, wie «inen Sohn habe ich Sie in meiner Familie ausgenommen und behandelt . . . Das können Si« doch nicht leugnen " „Gewiß nicht, Herr Oekonomierath — ich danke Ihnen auch herzlich; aber ich kann nicht bleiben." „Weil Ihnen Maltenitz ein paar Kröten mehr bietet , . .
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