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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.11.1901
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-11-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19011118026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901111802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901111802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-11
- Tag1901-11-18
- Monat1901-11
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Anzeigen »Preis die 6 gespaltene Petitzeile 25 H. Reklamen unter dem Redaction»strich (»gespalten) 75 H, vor den Familiennach- richten (S gespalten) 50 -S>. Tabellarischer und Ziffrrnsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 H (excl. Porto). Grtra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung ^l 60.—, mrt Postbesörderung .sl 70. Aunahmelchluk für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Bormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen find stet» an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Brrlag von E. Polz in Leipzig. 85. Jahrgang. Nr. 589. Montag den 18. November 1901. Der Lrieg in Südafrika. Kleine Erfolge der Boere». * Standerlo», 17. November. („Rcuter'S Bureau.") Boerentruppen umzingelten am 12. November im Tiiden de» Klip-Flusses eine Abtheilung Eng länder, die einen Lobten und sieben Verwundete verloren; außerdem wurden vier Engländer gefangen genommen. Die Boeren erklären (?), daß sich ihre Verluste aus 3 Tobte und 17 Verwundete belaufen. * London, 18. November. (Telegramm.) Nach dem amtlichen Berichte haben die Engländer in dem letzten Kampfe bei Brakspruit (westliches Transvaal, im OperadionSbereich Delarey's) 9 Tobte und 10 Verwun dete verloren; 64 Mann sind gefangen genom men, sämmtliche Gefangene aber bis auf einen Leutnant später freigegeben worden. Em Gerücht, das am 14. November Abends in London ver breitet war über «ine schwere Niederlage, die General Louis Botha den britischen Truppen nach Ueberrumpelung an der Grenz« von Natal beigebracht habe, ist -bis jetzt nicht bestätigt worden. Von Marseille aus wird aber das Eintreffen eines Sendboten von Louis Botha, eines Deutschen Namens Meyer (?), gemeldet, der wichtige Briefe an den Präsidenten Krüger abzugeben hat und in der Lage war, sich günstig über die gegenwärtige Lag« der Boeren auszusprechen. Sie seien 15 000 Mann stark, gut be- waffnet und lampffreudig, während die kampffähigen und für den Feldkrieg verfügbaren Engländer kaum 40 000 Mann zählten. Die Nachricht, daß Lord Kitchcncr den Oberbefehl in Südafrika niederlegen wolle, so bald der be kanntlich schon abgereiste General Hamilton auf dem Kriegs schauplatz« angekommen sein wevde. erhält sich mit großer Be stimmtheit. Lord Kitchener soll ebenso, wie die Mehrzahl seiner Truppen, kampfesmüde und erschöpft sein, seine sonst so eiserne Gesundheit soll den durch die geringen Erfolg- in der Krieg führung verursachten Aufregungen nicht gewachsen sein. Von anderer Seite wird das bestritten und behauptet, General Kit chener weöde in dem General Hamilton nur eine Unterstützung erhalten, einen Chef des Stabes. Diese seit der Abreise des Feldm-arschalls Roberts unbesetzte und bis dahin von Lood Kitchener eingenommene Stelle werde nun durch General Hamilton wieder besetzt werden. Wie noch in der Erinnerung sein wird, rvurde früher berichtet, daß Lord Roberts seinen Gene ralstabschef nicht mehr zu den Berathungen herangezogen habe seit den Kämpfen im Februar 1900, gegen den General Cronje bei Paardeberg, wobei auf Kitchener's Anordnung sehr Verlust- reich und ohne Erfolg gegen das «ingeschlossene Häuflein Boeren gestürmt wurde, die Roberts lieber mit einem längeren Zeitauf wände durch Hunger zur Uobergabe zwingen wollte, was er be kanntlich auch am 27.Februar1900 erreichte. DieVertreter der An sicht, daß General .Hamilton nur zum Chef des Stabes bestimmt sei, halten eine spätere Ersetzung des Oberbefehlshabers durch seinen Chef Des Stabes auch nicht für undenkbar. Im Uebrigrn geht auS einer Meldung der „Times" hervor, daß Personen, die die Lage in Südafrika aus eigener An schauung kennen, noch eine recht lange Tauer des Kriege» für möglich halten. Der Wiener Correspondent der „Times" meldet nämlich: „Ein in Johannesburg ansässiger Oesterreich», der ganz kürzlich von Südafrika nach Wien zurückgekehrt sei, sagte ihm, daß der Krieg noch mindestens sechs Monate dauern werde. Die gegenwärtige Jahreszeit sei günskig für die kämpfenden Boeren. Wenn der Friede nicht inzwischen ge schloffen werde, dürften sie nicht über den nächsten Auni hinaus Stand halten. Sollten sie indeß im Stande sein, über die vier kritischen Monate Mai bis August Hinwegzukommen, so sei eS möglich, Daß sie den Kampf während deS ganzen nächsten Winters fortsehen. Die Boeren würden indeß froh sein, Frieden zu schließen, wenn ihnen eine wesent- liche Autonomie gewährt werde. Dagegen sollte daS Gold minengebiet unter rein britische Juris diction gelangen." Die letzten Erklärungen von boerischer Seite geben im Gegensatz zu der in den Schlußzeilen der „Times"-Meldung enthaltenen Auffassung bekanntlich dahin, daß die Boeren auch jetzt nur gegen Gewährung völliger Unabhängigkeit gewillt sind, Frieden zu machen. vr. LeydS, Gesandter der rransvaalrevn'ckik. vr. Leyds, den man vielleicht als die treibende Kraft, sicher lich aber als den gewandtesten und bedeutendsten Vertreter der Politik Transvaals bezeichnen darf, hat Berlin wieder einmal einen Besuch abgestattet. Ueber die Mission, die ihn neuerdings zu uns führt, zerbrechen sich die Leute vergeblich die Köpfe, weil sie nicht recht daran glauben wollen, daß der Politiker ganz privatim, wie er selbst sagt, dorthin gekommen sei. That- sächlich ist vr. Leyds, trotz der papiernen Annection der Boeren- republiken durch England, noch immer als Gesandter Trans vaals beim Berliner Hofe beglaubigt, aber eS wird wohl stimmen, daß er seinen letzten Besuch nicht in dieser Eigenschaft gemacht hat. Andernfalls wäre wohl etwas über officiell« Empfängt bekannt geworden. Die officiellen Vertreter Transvaals dürften überhaupt ein Haar davin gefunden haben, in Deutschland officiell auftreten zu wollen; sie haben sich ja längst davon über zeugen können, daß ihnen gegenüber zwischen der Haltung der amtlichen Kreise und der Stimmung in der Mehrheit deS Volkes ein Zwiespalt herrscht, vr. Leyds aber ist zu klug, um un- nöthige Schritte zu thun. Ihm mußte schon, als er vor drei Jahren nach Berlin kam, um sich bei Hofe vorzustellen, klar ge worden sei, daß der Wind in höheren Regionen aus einer anderen Richtung wehe, als zur Zeit des Jameson'schen Ein falls in Transvaal. Zwar wurde er am 5. October 1898 vom Kaiser in Audienz empfangen, um sein Beglaubigungsschreiben zu überreichen, und konnte nach Hause berichten, daß seine Auf nahme höflich gewesen sei; aber ganz glatt verlief die An gelegenheit nicht, die Audienz fand erst statt, nachdem der Kaiser vorher dazu keine Zeit gehabt hatte. Wilhelm Johannes Leyds, der der Transvaal-Republik erst in der inneren Verwaltung und später als diplomatischer Vertreter bei den europäischen Höfen große Dienste geleistet hat, wurde am 1. Mai 1859 zu Mage- lgng auf Java'als Sohn europäischer Eltern geboren. Nachdem er zuerst eine Zeit lang Lehrer geweesn, ging er nach Amster dam und studirte dort Rechtswissenschaften. Ursprünglich be absichtigte er, darnach in Leyden weiter zu studiren, und das Examen für den Colonialdienst zu machen. Allein unmittelbar nach seiner Promotion an der Amsterdamer Universität im Jahre 1884 bot Ihm Präsident Krüger, der sich damals gerade in den Niederlanden befand, die Stellung eines Staatsprocu- ratorS an. Nach kurzem Zögern nahm der neugebackene Doctor der Rechte daS Anerbieten an und ist seitdem im Dienste der Republik geblieben. Er bekleidete das Amt des Staatsprocu- rators bis 1889, dann wurde er Staatssekretär und ging schließ lich 1898 als Gesandter nach Europa. In Transvaal selbst hat er sich namentlich die Förderung des Unterrichtswesens, die Heranbildung tüchtiger Beamten und last not least die Herr schaft der holländischen Sprache, die der englischen zu weichen drohte, angelegen sein lassen. (B. L.-A.) Politische Tagesschau. * Leipzig, 18. November. Wenn e», wie wir nickt bezweifeln, richtig ist, daß in den Verbanvlungen des ReicbSschatzsekretärS mit den Finanz vertreten der Einzelstaaten in Erwägung gerogen worden ist, ter all,» starken Belastung der Einzelstaaten durch den Etat des Reiches für 1902 dadurch entaegenzutreten, daß unter den einmaligen Ausgaben de» ordentlichen Etat» uniergebrack e Aufwendungen, die bisher durch lausende Einnahmen gedeckt wurden, auf die Deckung durch Anleihe verwiesen werden, so handelt eS sich dabei, wie ein früherer Abgeordneter in den „Hamb. Nackr." jedenfalls mit Recht vermuthet, in erster Linie um die Erhöhung deS Zuschusses deS außerordentlichen zum ordentlichen Etat der NeickSmarineverwal tung. Bekanntlich ist vorgeschrieben, daß ein bestimmter Procentsatz der Kosten zu Scdisfsbauten, die in den einmaligen ordentlichen Etat der Marineverwaltuug eingestellt werden, aus den ordentlichen Einnahmen gereckt werden müssen. Der Satz ist neuerdings auf 6 Proccnt deS Sckiffebauwertbe» der Flotte festgestellt, während früher die Regelung complicirlcr vorgenummen war. Im ReickSbauSbaltsecat für 190l war der Sckcffebauwerth der Kriegsflotte auf 496 Millionen Mark angenommen, eS mußte somit von den Kosten ter SckifsSneubauten 29,8 Mil lionen Mark au» den ordentlichen Einnahmen gedeckt weiden. Tie Schiffsneubauten ohne artilleristische und Torpedo- armirung waren für ISOl auf etwa- über 77 Millionen Mark veranschlagt. Demgemäß war der Zuschuß an» der Anleihe für den ordentlicden Etat auf rund 47>/, Millionen Mark bemessen. Würde man den Vorbehalt, baß ein gewisser Procentsatz der Kosten deö Schiffneubaues auS den ordentlichen Einnahmen zu decken sei, ganz fallen lassen, so würde also schon der Zuschuß auS der Anleihe um rund 30 Millionen Mark verstärkt werden können. Aber auch wenn man den Proceniiatz nur ermäßigte, würde sich schon eine Minderung der Matricularlaste» und damit eine Erleichterung ter Schwierigkeiten für die Einzel staaten berbeisühren lassen. Selbstverständlich grebt eS noch andere Wege, eie zu dem gleichen Ziele führe» würden, der angeführte würde aber wobl am geeignetsten erscheinen müssen. Vielleicht wählt man aber auch, um zu noch größeren Herabminderungen der Matriculardeiträge zu gelangen, mehrere Wege zusammen. Jedenfalls würde zu allen diesen Aussichten die (Genehmigung deS Reichs tages nölhig sein. Wollte der Reichstag diesen Ausweg nickt annchmen, so würde er schon sür einen anderen sorgen müssen. E» ist kaum angängig, baß die verschiedensten Einzelstaaten wegen der Zugehörigkeit zum Reiche auf die Dauer Zuschläge zur Einkommensteuer ausschreiben. Von Sachsen ist dies schon bekannt. Wie verlautet, wird Hessen mit Zuschlägen zur Einkommen- und Vermögenssteuer folgen müssen. Dabei geht die erstere Besteuerungsart in Hesse» jetzt schon bi» 5 Proc., während in Preußen der böchste Steueriatz 4 Proc. ist. Daß durch solche Vorkommnisse die Reicksfreudigkrit in den Einzelstaaten gehoben würde, wird Niemand behaupten wollen. Selbstverständlich werden Li: jetzt zur Erleichterung der Matricularlasten voraescblagenen Mittel nur einen vorübergehenden Cbarakcer haben können. Die Reichsfinanzreform, welche ähnlichen Vorkommnissen für die Zukunft vorbeugen soll, wird dem Reichstage nickt geschenkt. Vielleicht wird in der ReickSlagSmehrheit nun doch die Ueberzeugung lebendig werden, daß man tbörickt gebandelt bat, als mau die Miquel'schen Vorschläge zur Reichsfinanzreform abwies. Damals hätte sich die Reform ohne Schwierigkeiten vollziehen lassen; ob dies in der jetzigen Notdlage auch nock möglich ist, ist fraglich. Jedenfalls wird e- immer klarer, daß die etwaigen Mehreinnahmen, welche auS der Zolltarifrevision zu er warten sind, nicht für andere Zwecke als für die Aufbesserung der Reichsfinanze» verwendet werden dürfen. Zu den deutschen Protrstkundgetunge« Herrn Chamberlain erhält die „Conservative Corre- sponvenz" von „hervorragender Stelle au» der Partei" die folgende Zuschrift: «Die Protestkundgebungen gegen die Ehamberlain'schen Be leidigungen der deutschen Arme« entspringen einem berechtigten Un willen und entspringen dem in ganz Deutschland herrschenden Ge fühl. Indessen ist zu besorgen, daß diese Kundgebungen in England die entgegengesetzte Wirkung von dem, waS man beabsichtigt, hervorbringeu werden. Englische Minister pflegen GewohnheitSrrden zu halten, welche der Ge- sinnung und dem Geschmack der Zuhörer angrpaßt sind. Ob dabei Dinge unterlaufen, au di» der Redner selbst nicht glaubt, ist gleichgiltig, wenn nur die Zuhörer befriedigt sind, und e» ist unzweifelhaft, daß in England gepfefferte Angriffe aus Deutschland gern gehört werden. Jgnorirt man solche Aeußerungen, so werden sie nach weuigenTage» vergessen. Bespricht man sie aber und protestirt eifrig dagegen, daun thut mau dem Herr» Shamberlatn den größten Gefallen. Weit entsernt davon, ihn in den Auge» feiner LondSlrute als Verleumder zu brandmarken, erhöht man sein Ansehen, das in letzter Zeit wegen der Mißerfolge in Afrika gesunken war. Jetzt sogt sich der Engländer: „Der Shamberlain ist doch ein famoser Kerl. Jede- Wort, da» er sagt, wird im Au»- lande mit Andacht vernommen. Den Deutschen hat er e» ordentlich gesagt. Seht nur, wie sie sich ärgern." Märe es da nicht vielleicht weiser, von den Protestkundgebungen abzusehen?" Natürlich ist daS Wasser auf die Mühle der „Nat.- Ztg.", die bekanntlich Aednlicke» gesagt hat. Wir bezweifeln aber sehr, daß man in solchen conservativen Kreisen, die noch auf Selbstständigkeit halten, von der Auslassung der „hervorragenden Stelle" ihrer Partei ebenso erbaut sein werde. Jedenfalls würde diese Stelle das „Jgnoriren" für die geeignetste Antwort auf die Insulten Chamberlain'- nicht halten, wenn diese Insulten sich gegen die conservative Partei Preußens oter deS Reiches richtete» und wenn z. B. der englische Staatsmann den conservativen Befür wortern einer wesentlichen Erböbung derGetreidezöllr den Vorwurf gemacht hätte, sie wollten da- arme Volk dem Hunger pieisgeben, um eS zu unbedachten Schritten zu verleiten, die als Vorwand für eine politische Entrechtung der breiten Massen dienen könnten. Beleidigender und perfider als das, wa- Cham- H Oie Marmorliebe. Eine Hofgeschichte von Jean Bernard. Älaaiciuck v«rtot«L „Eigentlich wollte ich mich nur kurz hier aufhalten, denn ich habe von Rechtswegen Dienst, den jetzt ein College ver sieht . . „Aber ein bischen Zeit haben Sie doch . . .!" „Für Sie, ja, Herr Baron." „Also die bösen Gerüchte . . ." „Herr Fahrer erzählt überall, er habe Sie hinauSgeworfen, ein Proceß wegen Beleidigung einer herzoglichen Behörde werde folgen." „Ich bin entlassen, weiter ist nichts vorgefallen", sagte Eder lächelnd. „O, Sie kennen die Hofcamarilla noch nicht. Sie ist zu Allem fähig." „Ich habe mit dem Hofe nichts zu thun." „Aber die Herren wollen mit Ihnen zu thun haben." „Mögen sie doch; ich erwarte sie." „Es ist bereits stadtbekannt, daß Sie die scharfen Artikel über das Hoftheater geschrieben haben. Dietz-Dietz wird all« Hebel in Bewegung setzen, damit Ihnen deshalb der Proceß gemacht wird. Er hat den Minister auf seiner Seite und, wa» noch mehr heißen will, auch die Herzogin." „Und ich habe den Dortheil auf meiner Seite, daß ich von diesem Hof überhaupt nichts hoffe und will. Ich verlasse H . . ..sobald Fahrer mein Honorar bezahlt hat." „Das ist ja gut; allein ich wollte Sie doch aufmerksam machen, weil Sie, wie ich erfuhr, zu morgen bei Sr. Hoheit dem Prinzen Frazzilo zur Audienz befohlen sind. Benützen Sie diese Gelegenheit, um Ihren Feinden zuvorzukommen." „Hm! Ja, daS könnte man. Wenn es sich gerade schickt, werde ich den Herren schon einen Trumpf auf den Tisch legen." „So ist's recht, das meinte ich." „Lieber Osenmann, deswegen sind Sie doch nicht allein ge kommen; Sie haben gewiß noch etwas Anderes auf dem Herzen . . ." „Officiell nicht, aber persönlich . . ." „Das macht bei mir keinen Unterschied — oder vielmehr, das Persönliche ist mir allemal lieber, als das Officielle." „Wie Sie wissen, ist Prinz Frazzilo wieder hier ... Ich habe bei dem Prinzen keinen Dienst, er wohnt im Schloß, allein man erfährt allerlei. Also Prinz Frazzilo war bereits drei Mal beim alten Grafen Vesan." „Warum auch nicht? Sie kennen sich ja gut von früher." „DaS schon, trotzdem hat da» etwa» zu bedeuten." „WaS denn? Und vor Allem, war soll der Besuch des Prin zen mit mir zu thun haben?" „Mehr als Sie denken. So hören Sie. Als ich kürzlich oben im Schloß war und in einem Corridor auf meine Ab fertigung wartete, ging plötzlich Prinz Frazzilo an mir vorüber. Er ist ein sehr freundlicher Herr und lächelte mir aus meinen Gruß gütig zu. Einige Schritte von mir entfernt, drehte er sich nach mir um, blickte mich an, schaute den Corridor entlang, al» ob er sehen wollte, wer in der Nähe sei, dann trat er aus mich zu und sprach mit mir — und zwar hauptsächlich über Sie . . ." „Mein lieber Osenmann, daS haben Sie recht gut gemacht, besonder» der Schluß war ganz effectvoll." „Gewiß, er sprach über Sie." „Nun, vergessen Sie Ihr« Red« nicht, aber jetzt thun Sie mir einmal Bescheid. Eine so gute Scri, Wein, wie Sie mir vorgesetzt, wird eS ja nicht sein, doch dafür sind wir auch in keinem Palais." „Auf Ihr werthes Wohl, Herr Baron." „Danke, gleichfalls! Also über mich? WaS Sie sagen!" „Jawohl! Er fragt, mich, ob ich Ihre Bekanntschaft ge macht. Dann meinte er. Sie fei«n rin charmanter Mann und verstünden mehr, al» alle die Hofherren zusammen. Endlich sagte er leiser, ich sollt« Ihnen gelegentlich mittheilen, er sei auch Ihrer Meinung wegen de» Ursprung» der Photographie und e» sei der Müh« werth, auf der gefundenen Spur weiter zu for schen. Dann ging er weiter . . . Können Sie sich darauf einen Der» machen? Ich weiß nicht, wa» er wollte!" „Ich kann e» mir ungefähr denken", meinte Eder gleichgiltig, „eS hat weiter kein« groß« Bedeutung. Sagen Eie, ist Prinz Frazzilo denn sehr für die Kunst begeistert?" „O doch, wie die hohen Herren aile . . ." „Ach, ich meine, ob er sich sehr für die bildend« Kunst, also für Statuen, Gemäldr, Kunstdrucke, Stich« und dergleichen interesstrt?" „Ich habe mich darum, offen gestanden, weniger bekümmert; ich bin ja auch zu selten um seine Person, zumal seit er in Potsdam dient . . ." „Freilich, Osenmann, allein man hört doch manche» . . „Ganz recht, Herr Baron, — ich entsinne mich, daß er sich stet» für schön« Damenporträt» interesfirt hat. Sein Kammer diener hat mir erzählt, er besitze ein« Menge derartiger Photo graphien und unterhalte sich stundenlang mit dem Anschauen derselben. Das ist aber auch das einzige, was ich über sein Kunstinteresse weiß." „Hohe Heren in solchem Alter pflegen aber meist nicht blos die Damen im Bild, sondern auch in ihrer wirklichen leiblichen Erscheinung zu bewundern. Sollte der Prinz eine Ausnahme sein?" „Darüber ist wahrhaftig nicht viel bekannt geworden. Hier hat er einmal der Sängerin Fräukin Verser lebhaft den Hof gemacht, doch eigentlich auch nicht mehr, als di« anderen jungen Herren bei Hof. Was er in Potsdam oder in Berlin in dieser Richtung geleistet hat, entzieht sich natürlich meiner Kenntniß, allein auch sein Kammerdiener weiß von ernsteren Verehrungen nichts zu berichten. Ich glaube auch nicht, daß er dafür beson ders veranlagt ist; ich meine, er ist zu gewissenhaft, um mit Mädchenkerzen nur zu spielen. Er nimmt oft geringfügige Dinge sehr ernst, über die hohe Herren vielfach gleichgiltig weg sehen; er beschäftigt sich viel mit Musik, ich glaube gar, er com- ponirt auch. Außerdem liebt er die Bücher, und e» soll bis weilen Vorkommen, daß er bis tief in die Nacht hinein in einem interessanten Buch« liest. Für Jagd, Pferde und Hunde zeigt er geringeres Interesse, als dies sonst bei hohen Herren der Fall ist. Beinahe hätte ich vergessen, anzuführen, daß er eine Zeit lang auch zeichnete und malte, bevor er nach Potsdam zum Regiment ging. Dort wird er dazu wohl keine Zeit gehabt „Nach Allem, waS Si« mir da sagen, wäre also Se. Hoheit sozusagen gar kein normaler Prinz, sondern eine Art Gelehrter oder Philosoph!" „Da» kann ich nicht so beurtheilen", meinte Osenmann treu herzig, „aber das weiß ich, daß er ein herzensguter Mensch ist, für den ich durch'» Feuer gehen würde." „Da» ist auck Ihr« Pflicht, lieber Osenmann, nicht wahr?" „Na, e» gievt in diesen Dingen auch Unterschiede, Herr Baron; man kann nicht alle Menschen auf gleiche Weis« lieben." In dirser Art unterhielt«» sie sich noch eine Weil« und Eder erhielt über verschiedene Persönlichkeiten am Hofe wichtige Auf schlüsse, di« er seinem guten Sedächtniß einreihte, um sie ge legentlich einmal zu benützen, fall» e» für di« kurze Zeit seines muthmaßlichen Aufenthalte» in H . . . nothwendig werden sollte. Nm folgenden Tage begab sich Franz von Eder nach dem herzoglichen Schlosse und wurde nach halbstündigem Warten in die Gemächer de» Prinzen Frazzilo eingeführt. Kurz darauf erschien der jugendliche Prinz in Civtl und bat nach kurzer Be grüßung seinen Besuch, Platz zu nehmen. „Entschuldigen Sie Herr Baron, daß ich Sie habt warten lassen. Es wurde mir die Morgenausgabe des „Boten" gebracht — und da fand ich einen so interessanten Artikel, daß ich ihn unbedingt erst lesen mußte. Sie werden ihn kennen." „In den Grundzügen wenigstens, die Ausarbeitung ist Herrn Trael's Aufgabe gewesen." „Sie ist recht scharf ausgefallen." „So, Vas bedauere ich; denn meine Kündigung und was damit zusammenhängt, läßt mich recht ruhig." „Dem Herrn Director Digges und seinem Verwandten Vietz wird Ihre Entlassung direct zugeschrieben. Wie ich di« Herren kenne, werden sie diesen Vorwurf nicht ruhig hinnchmrn." AuS dieser Aeußeruna schloß Eder, daß es dem Prinzen an genehm wäre, über die Angelegenheit Näheres zu erfahren, uns er klärte demzufolge denselben bezüglich der Autorschaft der Re formartikel auf. „Es ist unserem Hoftheater damit ein großer Dienst er wiesen worden; denn wir waren auf dem besten Wege, nach den, Sprichwort „Rast' ich, so rost' ich" mit unserer früher berühm ten Hofbühne auf das Niveau eines Provinztheaters zu sinken. Papa ist eben zu gut und zu wenig anspruchsvoll, er wird von den Leuten ausgebeutet." Damit war das Capitel Theater angeschnitten und wurde gründlich erörtert; man merkte e», daß der Prinz seinem Gaste ordentlich auf den Zahn fühlen wollte. „Es ist klar", meinte der Prinz im Verlauf« des Gespräche-, „daß Digge» seinem Posten nicht ganz gewachsen ist. Wenn er auch jetzt einigen Reformeifer zeigt, so wird sein« Arbeitslust bald Nachlassen — und der alte Schlendrian nißt wieder ein." Da Eder auf diese Bemerkung nichts antwortete, fuhr Frazzilo fort: „Der Zeitpunct wird kommen, wo wir uns nach einem anderen Intendanten umsehen müssen. Meinen Sie nicht auch?" „Hoheit, wenn dieser Zeitpunct wirklich einmal eintriteu sollte, bin ich sicher nicht mehr in H . . . ., und die Verhältnisse zu jener entfernt liegenden Zeit können so wesentlich anders sein, daß meine jetzige Ansicht nicht mehr zutrifft. Zudem möchte ich, abgesehen davon, auch deshalb keine Meinung äußern, weil ich al« Partei befangen bin und die vielleicht vorhandenen guten Eigenschaften deS Herrn Intendanten nicht zu würdigen ver steh«. Man muß aber leben und leben kaffen." „Sie haben nicht Unrecht, doch werden wir darüber vielleicht bald wieder reden. Sir sind, wie ich höre, weit gereist?" „Es geht, Hoheit; Europa kenne ich ziemlich. Allein man wird auch deS Reisens müde, namentlich wenn da» n'öthlge S'lv auf die Neige geht . . ." Der Prinz lachte und meinte: .Ja das Geld ist in der Tbat
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