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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.02.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-02-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030211017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903021101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903021101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-02
- Tag1903-02-11
- Monat1903-02
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Haupt-Filiale Serliu: Carl Duncker, Herzgl. Bayr. Hosbuchhaudlg, Lützowstraße 10. Fernsprecher Amt VI Nr. 4603. Morgen-Ausgabe ripMer TaMalt Anzeiger. ÄintsvMl -es königlichen Land- «nd des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, -es Mates und -es Molizeiaintes -er Lta-t Leipzig. Stnzeigen-PreiS die Sgefpaltau PettyeUe SV N«klu«e, «rt« de» Nedakttmrestrtch s4 gespalten) 7S vor d« FmutSeuuach. richte» (Sgefpältru) 60 Tabellarischer and Hiffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen and Offertenanoahm» LV («xcl. Porte). Exkra-ivettagea (gewl-kj, «ar mV der Morgeu-Anegabe, aha, Pastdesvrdrraug »^l 60.—, mit P^defdedMimg «cki Amrahiueschluß fiir ZUyei-«: Abeud-AuSgaSe: BorakktwgS» Uhr. Mor,e«-La»-ad,r Nachmttdtg» 6 llhr. Anzeigen find stet» aa dt» Expedttta» M richte». Die Srpedition ist Wochentag« mnwterdrocher geöffnet da» früh S btt abead« 7 Uhr. Druck und Verlag da» 2. Polz in Leipzitz. Nr. 75. Mittwoch den 11. Februar 1903. 97. Jahrgang. Die Verabredung der gemeinsamen Kündigung vor dem Kgl. Sächsischen Oberlandesgerichte. k. Die ReichSzewerbeordnung hat in 8 152 den gewerb lichen Angestellten, wie den Fabrikarbeitern die Befugnis ein geräumt, Verabredungen zu treffen und Vereinigungen zu bilden, um günstigere Lohn- und Arbeitsbedingungen zu er langen. Auch die Einstellung der Arbeit zu diesem Behufe ist erlaubt und alle Verbote und Strafbestimmungen wegen solcher Koalitionen sind aufgehoben worden. Damit ist jedoch nicht gesagt, daß nun für die Teilnehmer an solchen Verabredungen und Vereinigungen auch die civilrechtlichen Nachteile aus geschlossen seien. Wird die Arbeit ohne Kündigung nieder gelegt, so kann der Arbeitgeber selbstverständlich seine Schaden ansprüche, eventuell aus § 124d der Gewerbe-Ordnung, gegen die Vertragsbrüchigen Arbeitnehmer geltend machen. Eine andere Frage ist es, ob der Arbeitgeber, falls seine Angestellten eine Massenkündigung verabreden, hierin einen wichtigen Grund zur sofortigen Entlastung derselben erblicken und gemäß ß 124a bandeln kann. Diese Frage ist zumeist verneint worden. Das Landgericht Berlin bat allerdings in einer von der Oberinstanz bestätigten Entscheidung aus gesprochen, daß eS einen Grund zu einer sofortigen Enk- laffung bilde, wenn ein Angestellter seine Mitarbeiter veran lasse , eine Summe behufs Festhaltung an einer Streikverab redung zu hinterlegen, weil darin eine Verleitung zur einer Handlung liege, welche wider die Gesetze verstoße (8 123, Nr. 7 der Gewerbe - Ordnung), aber diese Entscheidung vom 10. März 1902 trifft auf die Verleitung zu einer ordnungsmäßigen Kündigung, auf die Verabredung einer all- gemeinen Kündigung im Betriebe, unter Wahrung der gesetz lichen oder vertragsmäßigen Kündigungsfrist nicht zu. Solche Verabredungen zu einer an sich den Gesetzen konform gehenden Handlung sind bislang im gewerblichen Leben nicht als Ent» laffungSgrund angesehen worden. Nun hat daS Kgl. Sächsische OberlandeSgericht Dresden in einer Entscheidung, welche am 18. Oktober 1902 gefällt wurde, eine gegenteilige Stellung eingenommen. Allerdings handelt es sich hier nicht um einen gewerblichen, sondern um einen kaufmännischen Betrieb. Der Fall lag so, daß die Angestellten des fraglichen kaufmännischen Geschäfts sich zusammenschlosten, um vereint von ihrem Prinzipal die Abstellung gewisser Miß- stände im Geschäftsbetriebe, sowie günstigere Kündigungs- und Gehaltsbedingungen zu erlangen. Man mußte sich nun sehr richtig sagen, daß der Prinzipal, sobald er die Rädelssührer der Bewegung entdeckt, diesen den Laufpaß geben würde. Man kam daher auf ein Mittel, sich dagegen zu schützen, und erblickte dasselbe in einer Verabredung dahin, daß, wenn einem gekündigt werde, sofort alle übrigen ihrer seits auch die Stellung aufkündigen sollten. Wie in dem oben erwähnten Berliner Falle war auch hier eine be stimmte Konventionalstrafe festgesetzt worden. Wir wollen auS dem Urteil noch mitteilen, daß die Angestellten die Abstellung der Einmischung der Tochter des Prinzipals in die geschäft lichen Angelegenheiten, eine sechsmonatige Kündigung statt der gesetzlichen und eine Gehaltsaufbesserung begehrten. Nachdem der Prinzipal von der Verabredung Kenntnis er langt hatte, entließ er jeine sämtlichen Angestellten sofort, weil er in diesem Verhalten einen wichtigen Grund zur Entlassung nach Z 70, Abs. 1, bez. 8 72 Nr. 1 des Handels gesetzbuches erblickte. In jenem Berliner Falle war die Frage zu entscheiden, ob derjenige sofort entlassen werden könne, der seine Mit arbeiter, unter Festsetzung einer Konventionalstrafe, zur Ar beitsniederlegung unter gewissen Voraussetzungen verleite und verpflichte, — hier lautete die Frage: Kann der Prinzipal seine Angestellten ohne weitere» entlasten, wenn diese sich verabreden, unter gewissen Voraussetzungen gemeinschaftlich, mit Wahrung der Kündigungsfrist, die Arbeit niederzulegen? Dort ist die Frage auf Grund der Bestimmungen der Gewerbeordnung bejaht worden, hier hat sie das König!. Sachs. OberlandeS gericht aus Grund deS Handelsgesetzbuchs in der angezogenen Entscheidung bejaht. Die entlassenen HandlungSgehülfen er hoben wegen ungerechtfertigter Entlassung Schädenansprüche und sind damit vom OberlandeSgericht abgewiesen worden. Das OberlandeSgericht geht davon auS, daß durch den gleichzeitigen Austritt des gesamten Personal«, wie es hier eventuell geplant war, der Prinzipal im Fortbetriebe seines Geschäftes beeinträchtigt und mehr oder minder geschädigt werde. Darauf hätten auch die Angestellten ihren Plan gebaut. Sie wollten den Prinzipal dadurch, daß sie ihm solche Nackteile für den Fall seiner Weigerung, ihre Wünsche zu erfüllen, in Aussicht stellten, gefügig machen. DaS OberlandeSgericht ist der Meinung, daß sie sich damit gegen die Pflichttreue verfehlt haben, auf welche daS VertragSverhältni« zwischen ihnen und ihrem Arbeitgeber gegründet ist. Der Angestellte soll die Interessen seines GeschäftSherru wahrnehmeu, aber nicht gegen diese Interessen arbeiten. Es ist eine Untreue im Dienste, wenn sich Angestellte zusammenschließen, um ihrem Arbeitgeber geschäftliche Nachteile zuzukügen, die er nur dadurch abwenden könnte, daß er sich ihrem Wunsch und Willen uuterordnete. Damit würde ei» ganz unnatür liches Verhältnis geschaffen werden. Die Autorität des GeschäftSherru wäre ohne weiteres untergraben und seine Stellung dem Personal gegenüber wäre unhaltbar. Fraglich kann es erscheinen, ob der oben schon erwähnte § 152 der Gewerbe-Ordnung nicht auch in solchem Falle die Handlungsweise der Angestellten schütze. Daß der fragliche Paragraph auch auf das Handelsgewerbe Anwendung erleidet, darüber herrscht kein Streit. Aber daS Königlich Sächsische OberlandeSgericht hat in diesem Paragraph keine Hinderung ge sehen, die sofortige Entlassung der Kläger gutzubeißen, wie auch in jenem Berliner Fall der Rädelsführer nicht al« durch tz 152 gesckützt erachtet worden ist. Der 8 152 der Gewerbe-Ordnung hebt nur die Strafbarkeit solcher Verabredungen und Vereinigungen auf. Er läßt die früher bestehenden gesetzlichen Verbote derselben nicht mehr gelten, aber er spricht iu keiner Weise auS, daß gegen den Angestellten, welcher straflos solche Verabredungen trifft und au solchen Vereinigungen teiluiwmt, nicht wegen seiner Ver fehlungen civilrechtlich vorgegangen werden könne. Nur solche Maßregeln, wie sie z. B. daS preußische Gesetz, betreffend die Verletzungen der Dienstpflichten deS Gesindes und der ländlicken Arbeiter vom 24. April 1854 enthält, sind ausgeschlossen, keineswegs aber die Rechte, welche dem Arbeitgeber daS Recht sonst seinen Angestellten gegenüber einräumt. Man wird nickt fehlgehen, wenn man dies« Ent scheidung, welche hier mit Bezugnahme auf einen kauf- mäonischen Betrieb gefällt worden ist, auch auf gewerbliche Betriebe analog anwendet. Auch der gewerbliche Dienst vertrag, und daS ist das Wesentliche, ist auf Pflichttreue ge gründet, und wer gegen sie sich in gröblicher Weise verfehlt, schafft seinem Arbeitgeber einen „wichtigen Grund" zur Ent- lassung, natürlich unter der in der Gewerbeordnung in 8 124» gegebenen Beschränkung. Deutsches Reich. Berlin, 10. Februar. (Wie gehetzt wird.) Wir dürfen wohl behaupten, daß wir niema«, wenn in der ausländischen Presse, insonderheit der englischen und deranglo-amerikanischen, gegen Deutschland gehetzt wurde, es an einer nachdrücklichen Zurückweisung haben fehlen lassen. Gerade deswegen aber erscheint es uns für die an ständige Presse als eine Pflicht der Ehre und Gerechtig keit, auch dann einzuschreiten, wenn von deutscher Seite in ungerechter und unwahrhastiger Weise gegen das Aus land gehetzt wird. Eine solche Hetzerei schlimmster Art liegt in einem Artikel des Organs der klerikal-agrarischen Aristokratie vom Niederrhein, der „Rheinischen Volks stimme", vor. Unter der Ueberschrift „Amerika freundlich um jeden Preis" schreibt dies Blatt: „Zu der kaiserlichen Tafel, zu welcher Graf Ballestrem eingeladen war, war auch der amerikanische Großschlachtereibesitzer Armour hinzugezogen worden . . . Jetzt ist Herr Armour wieder „zufällig" in Berlin, wo er mit seinem Freunde Goldberger die neue „Deutsch-ameri kanische Handelskammer" in Berlin begründet hat. Ebenso „zufällig" hat Herr Armour mit dem Geh. Regierungsrat Le- wald Freundschaft geschloßen, welcher bekanntlich im Auftrage des Kaisers in Nordamerika die Beteiligung Deutschlands an der Weltausstellung zu St. Louis vorbereitet hat ... Unter dem Einflüße dieser Liebe und Freundschaft atmenden Stimmung erscheint denn Herr Armour wiederum als Gast im kaiserlichen Schlosse. Wir wißen uns gar nicht vor Lieben.würdigkeit und Ergebenheit vor Nordamerika zu lassen; der schlaue Aankee aber lacht und in der Venezuelafrage ist er noch obendrein brutal!" Darauf ist zu erwidern: erstens, der hier in Rede stehende Herr Armour ist weder selbst der bekannte Groß- schlächteretbesitzer dieses Namens, noch auch nur mit diesem verwandt; er hat mit ihm nichts gemein, als den Namen; zweitens, Herr Armour kennt Herrn Gold berger nicht; drittens, Herr Armour hat den Geheimrat Lewald nie gesehen; viertens, Herr Armour hat mit der deutsch-amerikanischen Handelskammer und deren Be gründung nie etwas zu tun gehabt. Der Schreiber dieser Zeilen ist persönlich mit Herrn Armour bekannt und macht sich ein Vergnügen daraus, nicht weil dieser ameri kanische Herr ein reicher Mann ist, sondern weil er trotz seines Reichstums durchaus bescheiden und liebens würdig, kurz, ein Gentleman ist. Daß -er Kaiser und Prinz Heinrich einen solchen Mann ihres Verkehrs wür- dtgen, wirb man weder ihnen verübeln, noch „amerika freundlich um jeden Preis" finden können. Wäre Herr Armour nicht Nordamerikaner, sondern Franzose oder Norweger, so würden die hohen Herren sicherlich ebenso gern mit ihm verkehren. Wir würden auf den „Kall Armour" nicht eingegangen sein, wenn er ganz allein stünde. Das ist aber leider nicht der Fall — wir er innern nur an den ein vollständiges Seitenstück hierzu bildenden »Fall Houston St. Chamberlain". Als vor etwa Jahresfrist die Nachricht durch die Blätter ging, daß der Kaiser mit dem englischen Schriftsteller Houston St. Chamberlain verkehre und dessen historisch- philosophisch« Auffassungen schätze, entrüstete» sich etliche Leute darüber, daß der Kaiser mit dem Sohne des in Deutschland so mißliebigen ervgltschen Kolonialministers Umgang vflege. «S dann festgeftellt wurde, daß Chamberlain weder der Sohn, noch sonst ein Verwandter des englischen Ministers ist, genügte einem Blatte auch das noch nicht. Dies Blatt stellte die groteske Behaup tung auf, daß der Kaiser die Empfindungen des deutschen Volkes verletze, wenn er mit einem Manne, der einen so verhaßten Namen trage, verkehre. Wie borniert und lächerlich eine derartige Forderung ist, schien dem Blatte nicht recht klar zu sein. Wir sehen ganz davon ab, daß dem Monarchen eine derartige Beschnüffelung und AuS- spionierung seiner persönlichen Beziehungen in hohem Maße widerwärtig sein muß; wir wollen nur darauf Hin weisen, welchen Eindruck derartige Verirrungen ander wärts machen müßen. Wir Deutschen waren nie über mäßig beliebt im Auslande und sind es auch heute noch nicht; wir besitzen nicht die bestrickende Liebenswürdigkeit des Franzosen, die Grazie des Italieners, die zwar er bitternde, aber in anderer Weise doch wieder imponie rende rücksichtslose Dreistigkeit des Briten. Wir brauchten uns trotzdem nicht gedrückt zu fühlen, denn, so durften wir sagen, wo findet Ihr bei anderen Nationen deutsche Wahrheitsliebe und deutschen Gerechtigkeitssinn? Wenn die Fälle Armour und Chamberlain sich häufen, wenn wir uns einem sinnlosen und würdelosen Chauvi nismus ergeben, so wird man uns auch diese Qualitäten, auf die wir stolz sein durften, absprechen. -r- Berlin, 10. Februar. (Die polnischen Kan didaturen in Oberschlesien.) Die national- polnischen Kandidaturen für Oberschlesien sind nunmehr festgeftellt; es werden Bewerber in den Wahlkreisen Beuthen, Gleiwitz, Kattowitz, Ratibor, Koset, Pietz und Kreutzburg um die Siegespalmen ringen. Mithin stellen die Polen eigene Bewerber in sieben von den zwölf ober schlesischen Wahlkreisen auf, von denen sechs zur Zeit dem Zentrum gehören. Berücksichtigt man, daß zwei wettere Wahlkreise, nämlich Oppeln und Neustadt, zur Zeit von Männern besetzt sind, die zwar nominell dem Zentrum angehören, sich aber tatsächlich vollständig als Polen fühlen, so wollen die Nationalpolen also nur in drei ober schlesischen Wahlkreisen die deutschen Zentrumsabgeord neten nicht bekämpfen. Am interessantesten ist die Auf stellung einer eigenen polnischen Kandidatur in dem Wahl kreise Gleiwitz, der gegenwärtig von dem Reichstags präsidenten Grafen Ballestrem vertreten wird. Daß ihm ernsthaft zu Leibe gegangen werden soll, ergibt sich schon daraus, daß vom 1. März ab in Gleiwitz eine neue großpolnische Zeitung erscheinen wird, deren Hauptzweck es sein soll, -en Grafen zu bekämpfen. Die Polen haben also -em Retchstagsprästdenten sein be kanntes Wort, daß den großpolnischen Agitatoren auf das Maul geklopft werden müsse, nicht vergeßen, obwohl das Zentrum diesem Werke keineswegs Folge geleistet hat. Der Haß der Großpolen, speziell gegen den Grafen Balle strem, geht auch aus der Aeußerung der in Oppeln er scheinenden grotzpolnischen Zeitung „Gazeta Opolska" her vor, das Zentrum solle den Grafen in einem deutschen Wahlkreise aufstellen, wenn eS ihn als Abgeordneten bei zubehalten wünsche, „aber Graf Rallestrem will nicht — und das Volk will ihn nicht". Nächst dem Glei- witzer Kreise sind von besonderem Interesse die Wahlkreise Beuthen und Kattowitz, die ohnehin wegen der großen Anhängerschaft der Sozialdemokratie in diesen Kreisen für das Zentrum sehr gefährdet sind. In den andern hier erwähnten Kreisen hat sich das Zentrum — bezw. in Kreutzburg-Rosenberg die von dem Zentrum unterstützte konservative Partei — bisher stets mit großer Mehrheit behauptet. Damit aber soll nicht gesagt werden, daß in diesen Wahlkreisen die polnischen Kandidaturen von vorn herein aussichtslos seien. Bislang haben eben die Polen in diesen Kreisen ihre Kräfte noch nicht erprobt, und be rücksichtigt man, wie überraschende Erfolge sie in Neustadt (Oberschl.) und Oppeln, die früher ebenfalls im un bestrittenen Besitze des Zentrums waren, gegen die offi ziellen ZcntrumSkandidaten erzielt habxn, so erscheint es erst recht als möglich, daß dem Zentrum ähnliche Uebcr- raschungen in Pleß, Kosel usw. blühen. Die Nassenstatistik spricht durchaus für die Möglichkeit derartiger unlieb samer Ueberraschungen. Die Bevölkerung Oberschlesienß gehört zu 60 Prozent der polnischen Raße an. Da von den verbleibenden 40 Prozent der Bevölkerung 9Z4 Pro zent evangelischer und 1Z4 Prozent jüdischer Konfession sind, so verbleiben nur knapp 30 Prozent deutscher Katho liken gegenüber den 60 Prozent polnischer Katholiken. Die Polen sind den deutschen Zentrumsanhängern also um das Doppelte überlegen. Würden also alle Polen der nationalpolnischen Fahne folgen, so stünde eS von vorn herein verzweifelt nm die Sache des Zentrums. Nun wird freilich ein erheblicher Teil der Polen auS alter Gewohn heit und unter dem Einflüsse der Geistlichkeit auch diesmal dem Zentrum tren bleiben, aber daß die nationalpolnische Sache rapid an Anhängern gewonnen hat, geht schon daraus hervor, daß immer wieder neue nationalpolnische Zeitungen gegründet werden, die doch auf einen gewißen Leserkreis von vornherein müßen rechnen können. Wir halten eS nicht für ausgeschlossen, daß das obcrschlesischc Zentrum, statt auf die nationalpolnische Herausforderung mit dem Aufpflanzen der nationaldentschcn Flagge zu ant worten, den Versuch machen wird, in einzelnen Wahl kreisen durch die Ausstellung von Kandidaten polnischer Abstammung die Wucht des polnischen Ansturmes abzu schwächen. * Berlin, 10. Februar. (Neue Kanonen?) Von mili tärischer Seite ist in der letzten Zeit die wichtige Frage einer Umgestaltung unsere« Feldartilleriematerials eingebend behandelt worden. Vielfach sprachen stck die Artikel dafür auS, daß ein Robrrücklausgesckütz eingefübrt werden muffe, weniger war man überzeugt von der Notwendigkeit, daS Geschütz mit Schutzschilden nach französischem Muster zu versehen. Unter diesen Verhältnissen ist eS sehr bedeutsam, daß das „Militär- Wochenblatt" einer länger» Darlegung Raum gewährt, die ,n andern Ergebnissen kommt. S,e wird jedenfalls lebhafte Antworten Hervorrufen. Wir geben nur die zusammengefaßteo Ausführungen wieder: 1) Der etwa« größeren Feuergeschwindigkeit der Geschütze mit Rohrrücklauf gegenüber denjenigen mit Lafettenrücklauf kam, bei der gewaltigen Feuerkraft auch der letztere» »ine taktisch entscheidende Bedeutung nicht beige meße» werbe«. Dt» Ln«h»e von Rohrrücklausgrschütze» ist t« Interesse erleichterter ve- dienung zwar erwünscht aber »ar dann zu empfehle», wenn hier durch das Gewicht de« gesamten SyftrmS, ftu besonderen auch de« abgeprotztrn Geschütze« und die Schnelligkeit der Stellung, nähme, nicht in unzulässiger Weise beeinflußt werde«, veun die ttriegsbrauchbarkeit der Einrichtung keinen berechtigten Zweifeln mehr unterliegea kann. 2) Die Annahme von Schilde« ist »nr da»» gutzecheißeu, wem, sie nicht zu einem taktisch unzulässige» Lafettengewtcht führt. Man hüte sich vor UrberschStzen der von den Schilde» gewährten Deckung selbst gegen Schrapnell-Bz.-Fever, namentlich, wen« man ihnen im Interesse der GervichtSersparni« so kleine Abmessungen glaubt geben zu müssen, wie wir sie beim französischen Matrrial finden. 3) Dir Aufstellung der MunttlouShinterwage« dicht neben den feuernden Geschützen ist eine Maßnahme, di« zu ernsten Be denken Veranlassung gibt. Der herabgesetzten Wirkung d«S Schrapoell- Bz.-Feuer« gegen die hinter dem MunitionSwageu befindlichen Kauouiere steht die erhöhte Wirkung von Volltreffern gegen di« Runitiou-Vagen aus dir Feuertätigkeit der gesamten Batterie entgegen. Jedenfalls wird eS nicht zu verantworte» sei», MuatttouSwage« mit Brisanz granaten in di« Feuerliute der Geschütz« zu bring«». Lin einziger feindlicher Volltreffer kann eine derartig „geschützte" Batterie außer Gefecht setzen l 4) Einscheidend für deu Ausfall de« Artilleriekampfes bleibt bei der Wirkuug der ueuzeitigeu Geschütz« auch gegen Schildbotterien vor allem die Schnelligkeit mit txr di« erstem di» Fen«rtätigk«it wesentlich vermindernde Wirkung «iusetzt. Auöschlaggebead hierfür sind Verhältnisse, dir von der Deckung der Batteriebesetzmig, wie sie da« französische Material bietet, unabhängig sind. 5) So nützlich ein „vickeunt oovaulsal« mitunter wirke» mag, so schädlich kann dieser Mahnruf werden, wenn er — wie so ost in der vorliegenden Frage — zur Unzeit »«» nicht hinreichend unterrichteter Seite au-gesprocheu wird, um so schädlicher, je nach drucksvoller und bestechender sein« Begründung sich darstellt. (-) Berlin, 10. Februar. (Telegramm.) Der Kaiser stattete gestern nachmittag in Potsdam der bei dem Prinzen Emanuel Salm-Salm wohnenden Erzhrttogio Isabella von Oesterreich-Ungarn einen Besuch ab. Die Katfert» besuchte gestern mit der Prinzessin Heinrich vou Preußen die Erz- Herzogin Friedrich in Potsdam uud vauach die Kaiserin Augusta-Stiftung. (-) Berlin, 10. Februar. (Telegramm.) Äm Reichs justizamt trat beute die vom Staatssekretär 0r. Rieberdiog einberufene Konferenz zur Reform Ser Strafprozetzortzuung zusammen. Die Verhandlungen werde« vertraulich geführt. — Prinz uud Prinzessin Heinrich von Preußen werden heute abend einer Eiuladung deS großbritannischen Botschafters zum Diner entsprechen. — Reichstagskandidaturen. In einer am Sonntag abgehaltenen Versammlung der Vertrauens männer der konservativen Partei des Wahlkreises Bitterfeld - Delitzsch wurde Grubenbesitzer Bauermeister - Deutsche Grube bei Bitter feld als Reichstagskandidat aufgestellt. Die sozial demokratische Partei ist schon seit längerer Zeit unablässig mit Wahlvorbereitungen beschäftigt. Sie hat als ihren Kandidaten -en Redakteur A. Weißmann- Halle ausgestellt. — In der P f a l z ist die Wahlkampagne schon allseitig eröffnet. In allen sechs Rcichstagswahlkreifen scheinen sich die Bündler von den Nationalliberalen trennen zu wollen; in vier Wahlkreisen hat man bereits, obwohl die Gegner fast gleich stark sind, von Seiten der Bundesleitung, die zur Zeit in den Händen der „Ertremen" liegt, den National- liberalen den Kampf angekündigt. — Aus Kurhessen wird berichtet: Einer der interessantesten Reichstagswahl kreise wird in Kurhessen der Wahlkreis Hersfeld- Rotenburg-Hünfeld sein. Die Nationalliberalen haben den ehemaligenLegationsrat Freiherrn v. Gckard- stein, die Konservativen den Landrat Tuercke - Roten burg, die Antisemiten den bisherigen Abgeordneten Werner, das Zentrum den Forstrat Kaute aufgestellt. Der Bund der Landwirte hat sich für Unterstützung des bisherigen Abgeordneten Werner erklärt, der nationale NcichSwahlverein Rotenburg für die Kandidatur Tuercke (konservativ) entschieden. — Aus Naumburg wird uns berichtet, daß eine dort abgehaltene Versammlung nationalliberaler Vertrauensmänner und Ob männer des Wahlkreises Naumburg-Weißen fels - Z c i tz den Rittergutsbesitzer Dippc-Plotha, der den Wahlkreis bereits im Landtage vertritt, ein stimmig zum Kandidaten für den Reichstag erwählt und anfgcstellt hat. Dippe ist nach den voraufgegangenen Ab machungen als gemeinsamer Kandidat der Ordnungs parteien zu betrachten. — Für den Wahlkreis Schwerin-Wismar wurde Regterungvrat vr. Drösch er als Kandidat der Konservativen und des Bundes der Landwirte ausgestellt. — In Lippe-Det mold kandidiert für die Sozialdemokratie Konsumver walter Becker, für die freisinnige Volkspartei der bis herige Reichstagsabgcordnete Meier-Job st. Die vor einem Jahre gegründete „Lippischc liberale Bolkspartei", welche unter Zugrundelegung des freisinnigen Pro gramms die sozialen Fragen in den Vordergrund stellt, Hat vr. Neumann-Hofer als Kandidaten auf gestellt. — In Norden-Emden-Leer haben die Nationalliberalen und Freisinnigen be schlossen, sich auf einen gemeinschaftlichen Kan didaten zu vereinigen. — Für Görlitz-La uban ist als Kompromißkandidat der National liberalen und Konservativen Handelskammer präsident Kommerzienrat W i lh e lm y-Görlitz in Aus sicht genommeu. Der seitherige 71fährige freisinnige Reichstagsabgcordnete Lüders bat über eine noch malige Kandidatur bis jetzt keine Erklärung abgegeben. — Die „Freis. Ztg." will wißen, daß die National liberalen diesmal in Berlin im ersten und zweite«
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