Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.07.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-07-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030714018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903071401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903071401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-07
- Tag1903-07-14
- Monat1903-07
- Jahr1903
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezugs-Preis i» der Ha»pterpeditton oder deren Ausgabe- stelle» abgebolt: vterteljährltch 3.—, bei zweimalig«: täaltcher Z»stell «na t»« Hau« ^l 8.78. Durch dt» Poft bezogen für Deutsch» land u. Oesterreich vierteljährlich ^ll 4.80, für dt« übrig« Länder laut ZettuugrpretSllste. Redaktion und Expedition: JohanntSgaffe 8. Fernsprecher 188 und LLL FUi»1o»podttio«o» r Alfred Hahn, B»chha»dlg„ llutversitätlstr.Ilh L. Lösche, Kathariuenstr. 1^ ». KöutgSpl. 7. Haupt-Filiale Dresden: Marien straß« 84. ' Fernsprecher Amt I Str. 1718. Haupt-Filiale Serlin: Earl Duncker, Herzgl. Bayr. Hesbuchhaudlg, Lützowstraße 10. Fernsprecher An»! VI Nr. 4S0L, Morgen-Ausgabe. MpMer TagMaü Anzeiger. Ämtsölatt -es Königlichen Land- und -es Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, -es Rates nn- -es Volizeiamtes -er Lta-t Leipzig. Anzeigen-Prei- die 6 gespaltene Petitzeile SS Reklamen unter dem Redaktiou-strich («gespalten) 78 H, vor den Famllteunach- richten (S gespalten) 80 Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend hüher. — Gebühren für Nachweisungen «ch Offerteuanuaymr 26 L, (excl. Porto). Extra-Beilagen (gesalzt)^ nur mit aer Morgen »Ausgabe, ohne PostbesvrderunA SO^-, mit Postdesürdernng 7V»—. Äunahmeschloß für Anzeigen: Abend-Ausgab«: Bormittag« 10 Uhr. Morgea-Aa-gaber Nachmittag« 4 Uhr. Anzeigen find stet« an di« Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag« ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi« abend« 7 Uhr. Druck und Berlag von E. Polz ta Leipzig. 97. Jahrgang. Dienstag den 14. Juli 1903, Zur Frage -er Keform -es Sachfischen Landlagswahlrechts gehen unS fast täglich Zuschriften zu, von denen der weit» aus größte Teil sich für eine schleunige Reform aus spricht. Es fehlt aber auch nicht ganz an solchen, die von einem solchen Schritte dringenbab mahnen. Nach, dem wir bereits mehrere Auslassungen der ersteren Art mitgetetlt haben, erachten wir es für unerläßlich zur Klärung der Ansichten auch eine Kundgebung der anderen Art mitzuteilen. Sie lautet: Es scheint, als werde in der nächsten Zeit die Frage der Reform des Sächsischen Landtagswahlrechtes die Gemüter in lebhafter Weise beschäftigen, ja es scheint ein wahres Sturm laufen gegen dieses Wahlrecht bcvorzustehen, an dem sich auch bürgerliche Kreise beteiligen wollen. Unter diesen Umständen möge eS einem einzelnen gestattet sein, hier öffentlich ein un befangenes Wort zur Sache zu äußern. — Es erscheint zunächst recht auffallend, daß man, nachdem man von der sozialdemo kratischen Partei im Wahlkampfe überall in Sachsen besiegt worden ist, rnchts Dringenderes zu tun zu haben glaubt, als die Ge schäfte dieser Partei zu führen. Denn ihr vor allem würde doch die befürwortete Aenderung des Wahlrechts zu gute kam-, men und sie ist in der gegen das jetzige Wahlrecht gerichteten Bewegung der am stärksten treibende Faktor. Bei unbefangener Erwägung wird doch niemand bestreiten können, daß die Urheber der vor sieben Jahren vorgenom menen Aenderung des Landtagswahlrechts, wenn sie sich heute nach einer Rechtfertigung des damals getanen Schrittes umsehen, keine schlagendere finden können, als den Ausfall der jetzigen Reichstagswahlen. Jene Maßregel wurde auSgespro- chenermaßen unternommen, um eine Wahl sozialdemokratischer Abgeordneter in den sächsischen Landtag zu verhindern, weil man beim fortschreitenden Wachsen dieser Partei die Bildung einer sozialdemokratischen Mehrheit in der zweiten Kammer und damit den Eintritt eines Stillstands in der verfassungs mäßigen Tätigkeit unseres Landtages voraussehen mußte. Nun, aus den beredten Zahlen der Ergebnisse der jetzigen Reichstagswahl mag man entnehmen, wie nahe wir heute die sem befürchteten Zeitpunkte sein würden, wenn das frühere Landtagswahlrecht bestehen geblieben wäre! Oder meint man etwa, die sozialdemokratischen Stimmen würden in Sachsen ohne die Aenderung des Landtagswahlrechtes nicht zugenommen haben? Sic waren auch vor jener Aenderung in stetem Wach sen begriffen. Selbst das ist zu bestreiten, daß in der Um gestaltung de» Landtagswahlrechts der hauptsächlichste Grund der starken Stimmenzunahme zu suchen sei, welche die Sozial demokratie in Sachsen seit den Reichstagswahlen von 1896 zu verzeichnen hat. Denn eine wirklich tiefgehende Erregung hat die Aenderung des Wahlsystems vor 7 Jahren im sächsischen Volke nicht hervorgerufcn: hätte sie das, so würde die Sozial demokratie diese Aenderung nicht so passiv hingenommen haben, wie sie sie hingenommen hat und hinnehmen mußte. Die hauptsächlichste Ursache jener Zunahme liegt in dem Wachs tum der Industrie und in der starken Zunahme der Zahl industrieller Arbeiter, die vermöge der straffen sozialdemo kratischen Organisation unibdettvon dieser über die Aöbeiterkreise geübten Diktatur mit Notwendigkeit der Sozialdemokratie verfal len — und diese Ursache wird auch in Zukunft in und außerhalb SachsenS weiter wirken, so lange Deutschland wirtschaftlich auf dem jetzigen Wege bleibt und sich immer einseitiger als Industrie staat entwickelt. Aber die einzige Ursache ist das freilich nicht. Denn sozialdemokratische Stimmen sind bei der letzten Reichstags wahl (auch in der Hauptwahl) noch in ganz anderen qlS den in dustriellen Arbeiterkreisen abgegeben worden. Ucbertrifft doch ihre Zahl die gesamte Zahl der in Sachsen zur Zeit in industriellen Be trieben überhaupt beschäftigten männlichen erwachsenen Ar beiter (die der Arbeiter zwischen 16 und 25 Jahren mit ein- geschlossenl). Die Ursache hierfür liegt in dem vorherr schenden Zuge nach links, wie er gegenwärtig über haupt in der Stimmung der Massen liegt, und in der Attrak- tionskraft, die eine starke, organisierte und siegesbewußt vor dringende Partei, wie die sozialdemokratische, naturgemäß ins besondere auf die vielen politisch nicht klar denkenden Elemente äußert. Angesichts dieser Tatsache möchte eS vielleicht an der Zeit sein, auf Kautelen dagegen zu denken, daß nicht unter dem jetzigen Wahlsystem in manchen Wahlkreisen die zweite Wähler klasse der Sozialdemokratie verfalle und Kiefer Partei die ver lorenen LandtagSsihe zurückerobern helfe (man könnte ins Auge fassen, 8 8 des Wahlgesetzes vom 28. März 1896 in einigen Punkten zu modifizieren). Wahrlich aber ist die ganze Lage, wie sie bei den letzten Reichstagswahlen in erschreckender Weise zu Tage getreten ist, nicht dazu angetan, daß politische Parteien, die der Sozialdemokratie als Gegner gegenüberstehen, dieser durch Wahlreformen entgegenzukommen und ihr Tor und Tür zum Landtage zu öffnen suchen. Aus welchem Grunde will man eine Vertretung der Sozial demokratie im sächsischen Landtage? In ihrer Ausschließung liegt jedenfalls keine Ungerechtigkeit. Die Voraussetzung der Ausübung eines Landtagsmandats ist die Anerkennung der Landesverfassung und de» Königtums; da« kommt in dem Tide, den jeder Abgeordnete beim Eintritt in die Kammer zu leisten hat, unzweifelhaft zum Ausdruck. Denn durch ihn wird ver sprochen, das unzertrennliche Wohl des König« und des Vaterlandes allenthalben zu beobachten. Wie ist die Er füllung dieses Eides denkbar auf feiten solcher, die bei jeder Ge legenheit sich in demonstrativer Weise für Republikaner er« VLrrnL Dt« »m» Landtag, gewählten Sozialdemokraten haben den Eid geleistet, aber sie erklärten offen, daß er für sie nicht mehr sei als ein leeres Wort. Schon das sollte Grund genug sein, die Wahl von Sozialdemokraten zu verhindern, denn eS liegt hierin ein Höhn auf die Verfassung und aus den Landtag. Hofft man im Ernste von der Mitwirkung der Sozialdemokratie eine Förderung der Arbeiten des Landtag», überhaupt irgend welchen positiven Nutzen für das Land? Ihre Abgeordneten werden die Tribüne des Landtag» nur zu agi tatorischen Reden benutzen, die zum Hause hinaus gehalten wer den, ebenso wie dies früher geschehen ist. Wer das vergessen hat und die Herren Kaden, Hofmann und Genoffen gern wieder im Landtage sehen möchte, der mag sich nur die Mühe nehmen, in den stenographischen Berichten der zweiten Kammer einige beliebige Verhandlungen aus der Zett vor 1896 durchzulesen. Und wie — auf diese Frage muß doch klare Antwort von denjenigen Nationalliberalen gefordert werden, die jetzt einer Aenderung deS Wahlrechts das Wort reden — wie wollen diese sich mit der Eventualität abfinden, daß die Sozialdemo kratie, wenn einmal ihr Wiedereintritt in den Landtag er möglicht worden ist, in diesem die Majorität erlangt? Wie denkt man dieser Gefahr, die vor 7 Jahren auch von der nationalliberalen Partei anerkannt worden ist und mitderen Zustimmung zur Aenderung deS Wahlrechts geführt hat, in Zukunft zu begegnen? Wie man sich die Wahlreform denkt, die angestrebt werden soll, darüber haben sich die Dresdner Nationalliberalen nicht ausgesprochen — e» sind auch in der Presse bisher keine greifbaren Vorschläge hervorgetreten. Wir meinen, die Haupt- und Kernfrage ist doch die, ob das Wahlrecht so eingerichtet werden soll, daß es den Sozialdemokraten die Möglichkeit eröffnet, wieder in den Landtag einzutreten — alles andere steht in zweiter Linie. Wer diese Frage bejaht, der ist auch verpflichtet, zu sagen, wie er sich zu der andern Mög lichkeit stellt, daß aus den sozialdemokratischen Abgeordneten sich eine Mehrheit bildet, und wie er glaubt, daß mit einer solchen Mehrheit regiert werden könne. ES scheint fast, als ob die liberalen Kreise, die jetzt gegen das Landtagswahlrecht mobil machen, sich mit der Hoffnung trügen, ein Wahlrecht,-u finden, da« zwar die erste Möglichkeit bietet, zugleich aber die zweite verhindert. Wir fürchten, daß es unfern Wahlrechts künstlern, soviel sie sich abmühen mögen, nicht gelingen wird, ein Wahlsystem zu finden, das dieses Problem löst. Denn eS ist doch gar nicht abzusehen, wie man verhindern will, daß die Sozialdemokratie, wenn sie einmal in einigen Wahlkreisen siegt, nicht auch in mehreren und nicht auch in der Mehrheit aller Kreise siegt. Auf jeden Fall — so lange nicht die Lösung dieses Problems überzeugend nachgewiesen ist — bildet die Aenderung deS jetzigen Wahlrechts einen Sprung ins Dunkle, den mit-umachen allen bürgerlichen Parteien die politische Klugheit und die Pflicht der Selbsterhaltung verbieten sollte. Es scheint, als ob der treibende Gedanke bei denen, die der Aenderung des Landtag-Wahlrechte» jetzt da» Wort reden — soweit sie nicht ganze oder halbe Sozialdemokraten sind — der wäre, daß durch diese Aenderung bestehende Unzufriedenheit beseitigt, dadurch der Sozialdemokratie Boden entzogen und bei künftigen Rcichstagswahlen eine Minderung der für diese Partei abgegebenen Stimmen herbeigeführt werden solle. Keine Erwartung kann eitler sein. Niemals wird es gelingen, eine im VorwärtSdringen begriffene politische Strömung durch Konzes sionen zu schwächen. Die sächsische Sozialdemokratie hat jetzt die Eroberung des Landtagswahlrechts als ihr nächstes Ziel prokla miert und würde, wenn sie mit Hülfe der bürgerlichen Kreise diese» Ziel erreichen sollte, dies als einen neuen Sieg ebenso wie den Ausfall der jetzigen ReichStagZwahlen feiern. Sie würde nach solchem Siege stärker dastehen als zuvor, und jene, oben bezeichnete Attraktionskraft würde wachsen. Hier tut Festigkeit im Versagen not, zähes Festhalten an dem, waS man noch in Händen hat. Man weist auf das bedrohliche Anwachsen der sozialdemokratischen Sitze im Reichstage hin. Gewiß! Darin liegt eine ernste Gefahr und eS wird früher oder später der Zeitpunkt kommen, wo alle, denen da» deutsche Reich lieb ist und die nicht den Umsturz wollen, sich in der Erkenntnis vereinigen werden: so geht eS nicht weiter! jetzt muß Abhülfe geschaffen werden. Wie solche Abhülfe geschehen kann, ge schehen muß — das ist hier nicht zu erörtern. Aber das ist gewiß, daß es von dem höchsten Werte sein wird, daß die Ein zellandtage, die man dabet notwendig brauchen wird, vom Gifte der Sozialdemokratie frei sind! In Sachsen ist das Gott Lob noch der Fall. Möge man deshalb den Mut und die Entschiedenheit haben, wenigsten« diesen Vorteil unter allen Umständen festzuhalten. Möge man in der Aufregung über den Ausfall der Reichstagswahlen nicht die Besonnenheit verlieren und sich nicht dazu verleiten lassen, die Gefahr der Lage, in der wir uns befinden, durch politische Fehler zu er höhen! ' vr. R. H. Mit dem Herrn Verfasser stimmen wir darin überein, daß der Einfluß der vor 7 Jahren vorgenommenen Aenderung des sächsischen Wahlrechts auf den Ausfall der letzten ReichStagswahlen nicht überschätzt werden darf. Jedenfalls ist es jener Einfluß nicht allein, ja nicht einmal vorwiegend gewesen, was diesen Ausfall herbei geführt hat. Unsere Erfahrungen haben uns aber auch gelehrt, daß jene Aenderung dazu beigetragen hat, die Mißstimmung im Lande, die ihren Ausdruck am 16. und vielleicht noch mehr am 28. Juni fand, zu nähren. Es ist nicht die Sozialdemokratie allein, die das jetzt geltende Wahlrecht um so mehr Haffen gelernt hat, je mehr eS seine Wirkung zeigt, sondern es sind auch — und da« ist die Hauptsache — weite bürgerliche Kreise, die sich durch dieses Wahlrecht „entrechtet" fühlen und deshalb bei den ReichStag-wahlen ihrem Grolle Luft gemacht und sich tm Abfttmmeq auf radikalste Weise eine Güte getan haben. Und diese Kreise von dem durch die Aenderung des Wahlrechts erzeugten Mißmute zu befreien, ist der alleinige, aber überaus wichtige Zweck der geforderten Reform. Niemand wird so töricht sein, die Sozial demokratie durch eine neue Reform „versöhnen" zu wollen. Und wenn man das allgemeine gleiche direkte und geheime Wahlrecht in Sachsen einführte, würde die Sozialdemokratie nach nichts anderem trachten, als nach Eroberung sämtlicher Sitze in der Zweiten Kammer. Auch jene bürgerlichen Theoretiker, die für die Ein führung des für den Reichstag geltenden Wahlrechts in den Einzelstaaten schwärmen, wird man durch eine Reform unseres jetzigen Landtagswahlrechts nicht befrie digen. Aber die Zahl dieser Theoretiker ist verschwindend klein gegen die Zahl jener Mißgestimmten, denen ledig lich der rein plutokratische Charakter unseres Landtags wahlrechts anstößig ist. In der Tat glauben diese Mißgestimmten, und mit ihnen viele von denen, denen jetzt ein weit größerer Ein fluß als früher auf die Zusammensetzung der Zweiten Kammer eingeräumt ist, es müsse sich ein Wahlrecht finden lassen, baö genügende Sicherheit gegen ein bedrohliches Anwachsen der Zahl sozialdemokratischer Landtags mandate bietet, zugleich aber auch den gerechtfertigten Ansprüchen der mit Bildung mehr als mit Besitz aus gestatteten bürgerlichen Wählerkreise Rechnung trägt. Und der Versuch, ein solches Wahlrecht zu finden, muß gemacht werden, wenn nicht die Zahl der „Mitläufer" der Sozialdemokratie noch mehr anschwellen soll. Mit dem bloßen Rufe nach einer Reform unsere» Landtagswahlrechts kommt man aber dem Ziele einer brauchbaren und ihren Zweck erfüllenden Reform nicht näher. Gerufen ist nachgerade genug, ja übergenug. ES ist höchste Zett, daß eine Anzahl tüchtiger, mit den Land tagswahlrechten der deutschen Ginzelstaaten verrrauter Männer aus allen Teilen Sachsens und aus allen bürger lichen Parteien zusammentritt und einen Reformentwurf ausarbcitet, der dann zur öffentlichen Diskussion gestellt wird. Auch der Herr Verfasser der vorstehenden Zu schrift wird sich hoffentlich nicht vergebens bitten lassen, an den Beratungen teilzunehmen. Glaubt er dann, daß der Entwurf besser als unser vor sieben Jahren ab- geändertes und besser zugleich als das heute geltende Wahlrecht sei, so wird er eS auch an seinem Eintreten für den Entwurf nicht fehlen laffen. Deutsches Reich. U Berlin, 18. Juli. (Weibliche Eisenbahnbeamte.) Der preußische Minister der öffentlichen Arbeiten hat nach Einsicht eingeforderter Berichte der Direktionen zur Herbei führung eines einheitlichen Verfahrens bestimmt, daß bei der Annahme weiblicher Personen für den Fahrkartenausgabe-, den Telegraphen- und Fernsprcchdienst, sowie den Güterab- fertigungSdienst und bei ihrer späteren Uebernahme in da- diätarische Staatsbeamtenverhältnis, wie schon kurz erwähnt, überall dieselben Grundsätze zu beachten sind, u. z. sind die« folgende: 1) Die geforderte gute Schulbildung, Schreibgewandtheit und deutliche Handschrift sind vor der Annahme durch eine Vorprüfung nachzuweisen, die sich auf nachstehende Gegenstände zu erstrecken hat: Anfertigung eine« kurze» deutsche» Aufsätze» nach einem gegebenen Thema, Schreiben in deutsche» und lateinischen Buchstaben nach Vorsage«, Rechnen in den vier Grundarten mit gewöhnlichen und Dezimalbrüchen, Geographie Deutschlands und der benachbarten Lander, Verkehrsgeographie deS Verwaltungsbezirke«. Soweit die Bewerberin durch ihr» Zeugnisse «ine höher« Schulbildung, als dir der Volksschule uachweist, bleibt eS dem Ermessen der Königliche» Eisenbahndirektiouen überlasst», von der Abnahme der Vorprüfung abzufeheu. 2) Innerhalb der sechSmouatigen Probezeit ist di« Dienst, anfängerin, soweit angängig, nicht nar für den Dienstzweig, für den sie angenommen ist, sonder» auch tunlichst für die andere» Dienstzweige, t» denen weibliche Personen beschäftigt werden können, auSzubildr», um ihr« Lerweudbarkeit in de» verschiede»«» Dienst- zweigen zn ermöglichen. Eine Verlängerung der Probezeit tritt dadurch uicht ein. 3) Nach Beendigung der Probezeit hat der JnspektionSvorstand oder sein Vertreter sich durch ein« Prüfung die Ueberzeugung zu verschaffen, ob di« Dienstansäogerin die für ihren Dienstzweig er- forderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse besitzt. Ist sie für mehrer« Dieustzweige ausgebildet, ha» sich die Prüfung auch auf diese zu erstrecke». Da« Ergebnis der Prüfung ist zu den Akten festzustellen. Auf Grund de« Berichts de« Dienstvorsteher« über Füh- runa und Leistungen, de» Ergebnisse« der Prüfung und einer Aeußeruug de« JnspektionSvorstandeS beschließt die Königliche Eiseubahndirektion über die Beibehaltung der Dienstanfängerin. Im übrigen heben die Berichte übereinstimmend hervor, daß die weiblichen Bediensteten sich zu den Dienstverrichtungen, in denen sie beschäftigt werden, in jeder Weise eignen, und daß ihre Leistungen überall befriedigt Haden. * Berlin, 13. Juli. (Berufliche Gliederung der Kulturvölker.) Bezüglich der beruflichen Gliederung der Kulturvölker ergibt sich nach dem „Statistischen Jahrbuch für das Deutsche Reich 1903". da» soeben herauSqekommen tst, folgende« Bild: In Deutschland gehören der Land- und Forstwirtschaft an 8,3 Millionen erwerbstätige Personen (37,8 Prozent der gessmten erwerbstätigen Bevölkerung, der Industrie »ad dem Bergbau ebenfalls nahe au 8.3 Millionen (37,4 Proz.), dem Handel und Verkehr 2.3 Millionen (10,6 Proz.), der Armee und Marine 631 000 Personen (2,8 Proz.), sonstigen öffentlichen Berufen 800 000 Personen (3,6 Pro;.). Häusliche Dienstboten zählt vaS Reich etwa 1,4 Millionen (6,1 Proz.). Von den übrigen Kulturstaaten der Erbe interessiert in erster Linie daS pro zentuale Verhältnis der in Landwirtschaft, Industrie und Handel tätigen BolkSkreise. Diese« Verhältnis stellt sich ab gerundet in Prozenten der erwerbstätigen Gesamtbevölkerung folgendermaßen: Landwirtschaft Industrie Oesterreich .... 38 37 Ungarn .... 64 22 Italien ..... .... 57 28 Schweiz .... 37 4l Frankreich .... England und Wales . .... 44 34 .... 10 57 Schottland . . . .... 14 K8 Irland .... 44 31 Großbritannien. . . .... 1k K4 Bereinigte Staaten .... 36 24 Handel 11 6 4 11 9 11 10 8 10 16 Was die Erwerbstätigkeit der Frauen anlangt, so ergeben sich folgende BergleichSzahlen: In den Bereinigten Staaten sind 14,3 Proz. Frauen nn Erwerbsleben tätig, im Deutschen Reich 25 Proz., in England 27 Pro». In anderen Ländern sind die Frauen durch die wirtschaftlichen Verhält nisse in erheblich stärkerem Maße gezwungen, mit für den Familienunterhalt zu sorgen. So sind in Italien 40 und in Oesterreich 47 Proz. der gesamten weiblichen Bevölkerung erwerbstätig. * Berli«, 12. Infi. (EinkommenSverhält- nifse der Berliner Aerzte und Anwälte.) Die „Mediz. Reform" hat eine recht bemerkenswerte stati stische Untersuchung über die EinkommenSverhältniffe der Aerzte und der RechtSmnvälte, also -er hauptsächlichsten unter den sogenannten „freien" Verufsklassen der aka- dcmisch Gebildeten, aufgestellt. Hier ergeben sich die nach, folgend mitgeteilten Vergleichsziffern: „Von den Aerzten Berlins hatten nn Jahre 1902 durch Prax'iS und Vermögen ein Gesamteinkommen von unter 3000 «L 30,9 Prozent. Von den Berliner Rechts anwälten hatten nur 10 Prozent eine so geringe Be rufseinnahme ohne Hinzurechnung des Vermögens. Eine Gcsamtcinnahme von 3000—5000 die immer noch ein un genügendes Einkommen darstellt, hatten von den Berliner Aerzten 17,3 Prozent, während von den Rechtsanwäl ten nur 12 Prozent eine Berufseinnahme in gleicher Höhe hatten. Zu den ganz niedrigen und ungenügenden Einkommen bis zu 5000 liefern also die Rechtsanwälte bedeutend ge ringere Prozentsätze als die Aerzte in Berlin. Das Verhält nis wird aber umgekehrt, sobald wir in die höheren Einnahmen, über 5000 hinaufsteigen. Ueber ein Gesamteinkommen von 5000—10 000 verfügen tn Berlin nur 27,8 Prozent der Aerzte, während von den Rechtsanwälten 50 Prozent eine gleich hohe Einnahme lediglich aus ihrem Berufe hatten. Bei Einkommen von 10 000—15 000 ist das Verhältnis der Aerzte zu den Rechtsanwälten 7,5:12 Prozent." Ist hiernach das berufliche Einkommen der Rechtsan- walte allein in allen Stufen schon bedeutend höher, als das gesamte Einkommen der Aerzte, so wird dieses Ver hältnis zu Ungunsten der letzteren noch sehr viel weiter verschoben, wenn wir ergänzen- hinzufügen, baß bei -en zum Vergleiche gesetzten Einnahmen der Anwälte deren Einnahmen aus wirtschaftlichen Betrieben, aus dem Privatvermögen und aus Notariatsgeschüften gar nicht mit eingerechnet sind. Und was dies bedeutet, wird man leicht ermeßen können, wenn wir aufklärend hinzufügen, daß Über ein Fünftel der Berliner Rechtsanwälte, genau 22 Prozent, Notare sind. G Berlin, 13. Juli. (Telegramm.) Der „NeichSanz." meldet die Verleidung deS Verdienstordens der preußische» Kron« an den bisherigen Oberpräsidenten von Schlesien, Herzog zu Drachenberg, ferner die Verleihung des Charakters eines Geheimen RegierungSratS an Professor Paul Gueßseldt. — Ueber die deutschen Konsuln, unsere amtlichen Vertreter im Auslande, ist schon viel geklagt worden. Ge- nützt hat eS bis jetzt wenig oder nichts. In ihrer letzten Nummer bringen die „Alld. Bl." wieder einmal eine Zu- schrift auS England, der folgendes zu entnehmen ist: . Seit über 30 Jahren mit englischen Verhältnissen be kannt, 3 Jahre in englischen Kolonien und etwa 23 Jahre dauernd wohnhaft tu Glasgow, hab« ich oft Gelegenheit gehabt, ta deutsche konsulatSverhältniss« Einsicht zu bekommen. Für Berufs- Konsuln tst da- Feld auch in den größeren Städten wohl zu klein und würden Wahl-Konsuln vollständig ge nügen, wenn — die Regierung nur die Konsular-Vorschriften, worin es heißt, daß Deutsche stets Einheimischen und Naturalisierten vorgrzogea werden sollen, besser und dem drutschen Jnlerrsse ent sprechend befolgte. Ein Deutscher, der sich im ftemden Land naturalisieren läßt — mag der angegebene Grund noch so schöa lauten —, bekundet durch diese» Akt nur, daß er kei» Deutscher mehr sein will. In ihm passenden Fälle» ist er «in sich vor drängender Deutscher, z. B. bei Gelegenheits-Adressen, Depeschen, oder bei «oweseahett unserer Kriegsschiffe usw., und ta «»deren Fällen, wo gerade da« wahre deutsche I»ter«ffe vertrete» Werde» sollte, ist er sicht zu finde» und ist durch sein« Naturalisation Ein heimischer. Eine Statistik der Wahlkonsoln in Großbritannien wt« auch tn anderen Ländern würde sehr interessant sein, den» in Groß britannien, mit Ausaahm« von Loodo», wird, glaube ich, kein einziger deutsch»: Wahlkousnl zu finden sei», sonder» nur solche, di« sich habe» naturalisiere» lasse», n»L Einheimische. Bet solche» «er- dältniffen kaon es nicht auSblriben, daß deutche Interessen diesen Herren nur in zweiter Linie nahe liegen, »nd da» kann nnserem Vaterland« nichts nützen, soader» n»r et» Hemmnis sei»." (2 Kiel, 13. Juli. (Telegramm.) Gegen das Urteil de« OberkriegSgericht« in Sachen Hühner legte heute auch der Gerichtsherr Admiral v. Köster Revision ei».
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite