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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 30.07.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-07-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192507308
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19250730
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19250730
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1925
- Monat1925-07
- Tag1925-07-30
- Monat1925-07
- Jahr1925
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 30.07.1925
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Riesaer H Tageblatt und Aniei(Llbeblatt «nd Ameiaer). und Anzeiger (Meblatt und Aiyeiger). «<«. Dos «KI«, r-M.« «IW, dk -mMchn, v-dm-mW-,«,, >«» der SmtShau-tmannschaft Großenhain, des Amtsgerichts, der Amtsanwaltschaft beim Amtsgerichte und des . Rates der Stadt Riesa, des Finanzamts Riesa und des HanvtzollamtS Meißen. 17S. Donnerstaa, 3V. Juli lOäs, abends. 78. Jahrg. Da» Nies»« raaeblatt reichet«»« jede« 2» abend» '/,6 llhr mit Ausnahme der Sonn» und Festtag«. VezugS-ret», gegen Borau»zahlung, für «men Monat L Aiark 25 Pfennig durch Post oder durch Aoten. Für den Fall de» Eintreten» von ProduktionSvertcuerungen, Erhöhungen der Löhne und Matertalisnpreife behalten wir uns da» Recht der Preiserhöhung und Rachforderung vor. Anzeigen «ilr di« Rümmer de« ArOigabelageS sind bi» S Uhr vormittag» auszugeben und stn >oraus zu bezahlen; ein- Gewähr kür da« Erscheinen an bestimmten Tagen und Plätzen wird nicht übernommen. Grundpreis für in- L>' nuo «rreite ruw Hobe Grunvfchrist.ZeUe (6 Silben 25 Bold.Psenmge. die SU um breit« Reklamezeile iOO Cold-Psennige; zeitraubender und tabellarischer Satz 50°/, Ausschlag. Fest, Tarife. pewiUigt.r Rabat, -rtischr, wenn ^er Üetrag verfällt, o'wck Klage eingezogen werden mug oder der Auftraggeber n Konkurs gerät Zahlung«, und Erfüllungsort: Rieka. Achttägige Unterhaltungsbeilag» Erzähler >.n er Elbe" - s)u> Fall» höhere, Gewalt - -trieg oder sonstige, irgendwelcher Störungen de« Betriebe« der Druckerei, der Lieferanten oder der ÄeförderungSeinrichtungen — hat der Bezieher leine» Anlvruw aus Lieferung oder Nachlieferung der Leitung oder au! Rückzahlung des Bezugspreise«. Rotationsdruck und Verlag: Langer t Winterlich, Riesa. Geschält»stelle: Gaetheftrasi« 50. verantwortlich für Redaktion: Heinrich Uhlemann, Riesa; jitr Anzeigenteil: Wilhelm Dittrich, Riesa. --.- v -nn —7 ' "" Tic Lohn- u»S Kirchensteuer vor Sem Reichstag. Die steuerfreien Abzüge bei Einkommen- und Lohnsteuer. — Widerlicher Skandal und Handgreiflichkeiten. vbz. Berltn, den 20. Juli 1V25. Am NcgierungStische: NeichSslnan,Minister v. Schlicken. Präsident Locbe eröffnet die Sitzung nm 1Nhr20Mtn. Das Haus ist sehr schwach besetzt. Ei» Antrag der Regierungsparteien auf Berlängcrnng res Notetats bis zum 8. August und, falls diese Frist nicht ausreichen sollte, bis zum 81. Oktober wird unter dem Ge lächter der Linken dem Haushaltausschuf; überwiesen. Die zweite Lesung der Stenervorlagen wird darauf fort gesetzt, und zwar bei der Einkommensteuer. Zu gemeinsamer Beratung zufammengefaßt werden die 88 SO (Steuertarif) und 70 (Lohnsteuer). Abg. Dr. Brüning (Ztr.) begründet die neuen Kvmpro- mißvorschläge der Regierungsparteien, die notwendig ge worden sind, da die Beschlüsse des Ausschusses mehrfachem Widerspruch begegnet sind. Ausrcchtcrhalteu wird die Bestimmung, daß die Einkommen steuer nicht festgesetzt wird bei Einahmen vvn weniger als 11V0 Mark im Jahre. Dieser steuersrcic Betrag erhöht sich für die Ehesrau um IM Mark, das erste Kind auch um IM Mark, das zweite um 180 Mark, das dritte um 360 Mark, daS vierte und jedes folgende um je 450 Mark. Kinder im Alter vvn mehr als 18 Jahren, die Einkünfte beziehen, werden nicht gerechnet. Vom Einkommen sind für die Festsetzung der Einkom mensteuer folgende Beträge im Jahre abzuzichen: 1) 6M Mark als steuerfreier Einkommensteil, sofern das Einkommen 10 000 Mark nicht übersteigt. -) sür die Ehefrau und jedes minderjährige Kind je 8 Prozent des über 600 Mark hinausgehenden Einkom mens, jedoch mindestens für die Ehefrau 100 Mark, für das erste Kind ebenfalls IM Marr, für daS zweite 180 Mark, für das dritte 360 Mark, für das vierte und jedes folgende je 450 Mark und höchstens je 540 Mark für die Ehefrau und jedes Kind, insgesamt nicht mehr als 8600 Mark. Nom Arbeitslohn bleiben für den Arbeitnehmer 600 Rark jährlich als steuerfreier Lohnbetrag, 180 Mark zur Abgeltung der Werbungskosten und 180 Mark zur Abgel tung der Sonberleistungen. Auster diesem steuerfreien Exi stenzminimum von 060 Mark jährlich oder 80 Mark monät- üch bleiben vom Steuerabzug befreit für die Ehefrau und jedes minderjährige Kind je 10 Prozent des Arbeitslohnes, )cr über das Existenzminimum hinausgeht. Mindestens sollen das sein für die Ehefrau monatlich 10 Mark, für das erste Kind ebenfalls 10 Mark, für das zweite 20 Mark, für das dritte 40 Mark, für das vierte und jedes folgende 50 Mark monatlich. Abg. Bogel lSoz.) bezeichnet die Vorschläge der Regie- cugsparteien als AuSflutz eines bösen Gewissens und als kurzsichtiges Ablenkungsmanöver. Die Lohnsteuer habe lange Zeit allein ein Viertel der gesamten Neichseinnahmen erbracht. Das sei ein großes Unrecht an den werktätigen Massen gewesen. Man wolle den sozialdemokratischen An- irag auf Erhöhung des steuerfreien Existenzminimums vvn 80 Mark auf IM Mark zu Fall bringen. Abg. Koenen (Komm.) nennt die Lohnsteuer ein Ver brechen an der Arbeiterschaft und fordert ihre Beseitigung. Die Lohnsteuer habe in den letzten 2 Monaten 60 Millionen mehr ergeben als veranschlagt war. Wenn Herr Brüning dieses Lohnsteuersystem noch als sozial hinstelle, so sei das schlimmste Demagogie, eine schamlose Frechheit. (Ordnungs- ruf.) Abg. Schneider-Berlin (Dem.) weist darauf hin. Laß »an von der Steuerreform eine Vereinfachung erwartet habe. Davon habe man sich aber immer weiter entfernt, und schließlich jetzt mit dem Kompromißantrage den Gipfel Zer Kompliziertheit erreicht. Es sei ganz unmöglich, Saß diese komplizierten Bestimmungen aufrecht erhalten werden können. Die namentlichen Abstimmungen werden zurückgestellt, da im Saale nur wenige Abgeordnete anwesend sind. Im weiteren Verlauf der Verhandlungen protestiert Abg. Höllei« (Komm.) gegen die Abwesenheit der mei- iten Abgeordneten.. Gr kündigt entschlossene Opposition an. sie mit allen Mitteln durchgeführt werden soll. Auf das Fertenbedürfnis vieler Abgeordneter werde keine Rücksicht genommen werden. Die Kommunisten würben als Steuer- iinb Zollopposition ihre Pflicht bis znm Ende erfüllen, selbst wenn sie Labet zusammenbrechen sollten (Lachen rechts). StaatSsekretSr Popitz hebt hervor, baß wir aus ftnan- Kellen Gründen leider manche sozialpolitischen Erwägungen zurückstellen müssen. Mr können nicht dieselben Rücksichten nehmen wie di« reichen Länder, England unL Amerika. Der Redner bittet, dem Kompromihautrag »uzustimmea, da die Anträge der Opposition zur Lohnsteuer einen Ausfall von vielen hundert Millionen Mark bedeuten würben. Abg. Hertz (Soz.) wirft der Regierung Kurzsichtigkeit vor. Die neuen Vorschläge bei der Lohnsteuer stellen die Steuerpflichtigen mit mehr Kindern schlechter als bisher. AIS über die Auslegung de» KompromttzantrageS zur Lohnsteuer Meinungsverschiedenheiten entstehen, und «in handschriftlicher Antrag -er Regierungsparteien eingeht, um die Unklarheiten zu behebe», gibt «S eine lebhafte Szene, da die Sozialdemokraten und Kommunisten gegen diese GesetzeSmaLeret protestieren. Die Demokraten per. langen Rückverweisung dieser Paragraphen an den Aus schuß, während die Kommunisten die Sitzung auf eine halbe Stunde vertagen wollen. Schließlich wird die Abstimmung über die Lohnsteuer weiter ausgesetzt. Der Steuertarif in 8 50 wird nach den Kompromißanträgen angenommen. Sozialdemokratische Anträge auf Erhöhung der Beträge für Frauen und Kinder werden mit 222 gegen 170 Stimmen abgelehnt. Nach 8 54 beträgt die Einkommensteuer für die ersten 8000 Mark des Einkommens 10 Prozent, für die weiteren 4000 Mark 12)4 Prozent, für die weiteren 4000 Mark 15 Prozcnt, für die weiteren 4000 Mark 20 Prozent, für die weiteren 8000 Mark 25 Prozent, für die weiteren 18 000 Mark 30 Prozent, für die weiteren 34 000 Mark 35 Prozent und für die weiteren Beträge des Einkommens 40 Prozent. Abg. Egerftedt (Soz.) schlägt eine andere Staffel vor, die bei den höheren Einkommen schärfer zufaßt. Die Kompromißvorschläge werden ageuommeu. Abg. Neubauer (Komm.) beantragt Osseuleguug der Steucrlisten. Er macht dann der Landwirtschaft den Bor wurf der Steuerhinterziehung und weist besonders auf ein Rundschreiben einer landwirtschaftlichen Organisation in Ostpreußen hin, in dem die Landwirte aufgcfordert wurden, um Stundung einzukommen. Als der Redner von ,/Steuer- drückebcrgern" spricht und dabei mit beiden Händen nach der Rechten weist, rügt das Vizepräsident Gras und bittet den Redner, seine Handbewegungen nicht gegen Mitglieder des Hauses zu richten. Neubauer entgegnet, daß er doch nicht mit den Händen nach hinten sprechen könne und macht ent sprechende Armbcwegnngen. Als Abg. Höllei» (Komm.) dem Präsidenten znruft: Jeder blamiert sich, so gut er kann! erhält er einen Ord nungsruf. Der kommunistische Antrag wird daraus abgelehnt. Abg. Fran Arning (Soz.) beantragt, bei Heimarbeite rinnen den Steuerabzug überhaupt z» Unterlasten. Ein Negierungsvertrcter erklärt, Laß danrit das ganze Steuersystem durchbrochen würde. Abg. Frau Behm lTnat.) mehrt sich dagegen, daß man den Stand der Heimarbeiterinnen durchaus znm fünften Stande im Volke machen wolle. Die Gesundung der Heim arbeit hänge von der Erhöhung der Löhne ab, nicht von der Herabsetzung der Steuern. Tie Menschen sollten doch stolz sein darauf, wenn sie soviel verdienen, daß sie Steuern zahlen können. (Lautes Gelächter links.) Sie hoffe, Laß für die Heimarbeit noch etwas erreicht werden könne. Staatssekretär Popitz warnt vor einer gesetzmäßigen Festlegung in dieser Beziehung. Vielleicht lasse sich bis zur dritten Lesung noch eine neue Formulierung finden, sonst könnten in den Ansftthrnngsbcstimmnngen bestimmte Richt linien gegeben werden. Abg. ttubc (Völk.) empfiehlt, Loch alles politische Bei werk bei dieser Frage wegzulassen. Abg. Höllein (Konrur.) ruft ihm daraus zu: Großmaul! und erhält einen Ord nungsruf. Abg. Dr. Hertz (Soz.) begrüßt das Entgegenkommen der Negierung und zieht den sozialdemokratischen Antrag bis zur dritten Lesung zurück. Es folgt dann die Beratung der Bestimmuiigen, Lie unter anderen die Veranlagung zur Kirchensteuer behandeln. Abg. Schreck (Soz.) wendet sich Lagegen, daß der Staat der Kirche Hilfsdienst leistet. Abg. Vierath (Komm.) bezeichnet die Bestimmung über die Kirchensteuer als das Ungeheuerlichste, was man in der Republik gegen die Arbeiter unternehme. Im Zeichen des Kreuzes habe man versucht, bas Zentrum und die anderen christlichen Pfaffen für den neuen groben Steuerraub zu ködern. Die Anhäufung der Schätze in der Kirche sei ein Luxus (Unruhe bcini Zentrum). Wozu sei es nötig, beim Abendmahl den Wein aus goldenem Kelch zu triukcn? (Psni- Nufe und große Unruhe im Zentrum und rechts.) Vize präsident Gräf bittet den Redner, die Gefühle eines großen Teiles der Mitglieder Les Hauses zu schonen.) Vierath fährt fort: Wenn es der Kirche so auf das Geld ankomme, daun möge man doch einfach Entree nehmen. (Große Unruhe im Zentrum und rechts.) Als der Redner weiter schwere Be schuldigungen gegen die Kirche und gegen die Geistlichen aus sprach, entsteht im Zentrum und rechts steigende Unruhe und Erregung. Besonders der Abg. Esser gibt seiner Empörung durch heftige Zwischenrufe Ausdruck. Es kommt z« einem wüste» Skandal und zu Handgreiflich keiten. Der Vizepräsident vertagt Lie Sitzung auf eine Viertel stunde. Nach Wiedereröffnung der Sitzung teilte Vizepräsident Gräf mit, der Aeltestenrat habe sich mit den letzten Vorgängen beschäftigt. Nach dieser Besprechung sehe er sich genötigt, den Abg. Jadafch, weil er einen tätlichen Angriff gegen eine» Abgeordneten versucht habe, für die Dauer dieser Sitzung auszuschließcn. (Gelächter bei den Ko mm »misten.) Da der Abgeordnete Jadafch den Saal schon vorher verlassen habe, sei dieser Punkt erledigt. Die Kommunisten rufen erregt: Nein! Er ist noch nicht erledigt! Sie müssen Leu Abg. Esser zur Ordnung rufen, der uns „Bande" genannt hat. Vizepräsident Gräf: Ich habe keine Veranlassung Len Ab geordneten Esser zur Ordnung zu rufcu. (Großer Lärm bei de« Kommunist«»».) Der von dem Abg. Esser gebrauchte Aus- druck ist durch die Provokationen der anderen Seite vrran- laßt worden. Diese Erklärung wird von oen Kommunisten und vielen Sozialdemokraten mit Protestrusen beantwortet. Tic kommunistischen Abgeordneten Koenen und Ncddcrmeicr rufen zum Zentrum hinüber Saubande! Räuberbande! Vizepräsident Gräf ruft die beiden Abgeordneten zur Ordnung, woraus die Kommunisten rufen, er mütze daun auch den Abg. Esier zur Ordnung rufen. Ter Abg. Vierath will hieraus wieder zum Rednerpult gehen, um seine Rede zu beenden. Vizepräsident Gräf: Ter Abg. Vierath hatte seine Rede beendet. (Lauter Widerspruch bei den Kommunisten.) Ich nehme nicht an, daß eS dem Wun sche der Mehrheit entspricht, den Abg. Vierath weiter sprechen zu lassen. (Lärmende Protcstrufe und Rufe zur Geschäfts ordnung seitens der Kommunisten und vieler Sozialdemo kraten beantworten diese Erklärung des Präsidenten. Der Lärm steigert sich noch, als der Vizepräsident Gräs erklärt: Ich erteile das Wort zur Geschäftsordnung nicht. In dem allgemeinen Lärm fordert Vizepräsident Gräf dann diejenigen Abgeordneten, die die Fortsetzung der Rede deS Abg. Vierath wünschen auf, sich von den Plätzen zu er- heben. Eine Beteiligung an dieser Abstimmung war nicht zu bemerken. Während die Kommunisten dauernd das Wort zur Geschäftsordnung verlangen, begibt sich der sozialdemo kratische Abg. Müller-Franken zur» Vizevräsidenien Gräs. Er spricht mit ihm. Vizepräsident Gräs unterbricht daraus unter tosendem Lärm die Sitzung wiederum auf zehn Mi«. Um 0,45 Uhr eröffnet Vizepräsident Gräs wiederum die Sitzung und stellt fest, daß er irrtümlich der Ansicht gewesen sei, daß der Abg. Vierath feine Rede beendet habe. Er habe sich inzwischen überzeugt, baß daS nicht der Fall gewesen sei. Er erteilt ihm daher bas Wort zur Beendigung seiner Rede. Abg. Vierath (Komm.) erklärt, daß ibn die letzten Vor« gänge au den Afsenprozeß in Tennessee erinnerten. Die Kompromißbeschlüsse zur Kirchensteuer werben dann angenommen. Ferner wird bestimmt, daß, wenn in einem Laude, i» dem eine Kirchensteuer in Form von Zuschlägen zur Ein kommensteuer erhoben wird, die Landesregierung nicht recht zeitig Pauschalbeträge hierfür sestictzt, der Finanzministcr ermächtigt sein soll, nach Benehmen mit der beteiligten Kör perschaft, die Festsetzung mit Zustimmung des ReichsrateS vorzunehmen. Tas Einkommenstenergesetz wird i« zweiter Lesung er ledigt. Die internationale KohlenkrifiS. Schon seil Monaten kriselt es im Kohlenbergbau. Tie Schwierigkeiten im Ruhrgebiet, die dnrch die Besetzung noch verschärft worden waren, stehen keineswegs vereinzel! La. Vielmehr hört man gerade aus England bereits seil länge rer Zeit die lebhaftesten Klagen darüber, Laß der Kohlen- bergbau nicht mehr rentabel sei. Zur Zeit sollen von 610 größeren Kohlengruben Englands 407 mit Verlust betrie ben werden und nur 203 aus dem Verkauf ihrer Erzeug» nisse die Selbstkosten decken. Angeblich würde sich, wenn die Tinge so weiter gehen, der jährliche Betriebsverlust der Gruben von Süd-WaleS ans etwa 20 Millionen Goldmark, der schottischen Gruben und der Gruben von Nordengland aus je 61L bis 7 Millionen Goldmark stellen. Tie Ursache der Krisis ist darin zu suchen, daß der gegenwärtigen schlechten Wirtschaftskonjunktur eine Ueberproduktron an Kohlen gegenübersteht, die nicht dnrch Heiurksctzung der Kohlenpreise erleichtert werden kann, da die Verringerung der Bergarbeiterlöhne nicht möglich ist. Tie englischen Bergarbeiter befinden sich ja sogar gegenwärtig im schärf sten Konflikt mir den Bergwerksbesiyern, und eö droht ein allgemeiner Streik. Nach den neuesten Nachrichten aus London soll nun die englische Regierung zugcsagt haben, den Konflikt dadurch zu beseitigen, daß sic den Grubenbe sitzern große unverzinsliche Darlehen zur Verfügung stellt, um ihnen Las Uebsrsteheu der Krtsenzcit zu ermöglichen. Eine solche Handlungsweise würde aber nicht nur für die inneren Verhältnine Englands, sondern auch für die ge samte europäische Kohlenmirtschast von größter Bedeutung werden. Die Unterstützung ans öffentlichen Mitteln würde es der englischen Kohlenindustrie ermöglichen, ihre Pro dukte billiger auf den Weltmarkt zu werfen und den ande ren kohleerzeugenden Ländern eine gefährliche Konkurrenz zu machen. In das Freihandelsprinzip, das freilich in Eng land schon vielfach durchlöchert ist, paßt eine solche Maß. nähme ganz gewiß nicht hinein. Inzwischen hat in Paris der Vollzugsausschuß des Internationalen Bergarbeitcrverbandcs getagt und sich in langen, aber nicht gerade sehr verbindlichen Entschließungen au» die Seite der englischen Kohlenarbeiter gestellt. Er wirb gewiß froh sei», wenn daS englische Kabinett ihm die Durchführung seiner Drohungen erspart. Uns interessiert deshalb mehr der Fortgang der Besprechungen, die im Retchsarbeitsministerium wegen der Linderung der Kohlen- krisiS im Ruhrgebiet stattftnden. Auch hier wirb, wenn man die sozialen Schäden einschränken will, nichts anderes übrig bleiben, als den Bergwerksbesttzern finanziell ent gegen zu kommen, zum mindesten auf dem Gebiete der steuerlichen und sozialen Lasten. Ferner sollte die Reichs bahn erneut die Frage der Herabsetzung der Tarife für Kohle prüfen. Dte französische Regierung wird dann auch schwerlich auf ihrem bisherigen, sehr ablehnenden Stand« punkt gegenüber Len Bergarbeitern deS SaapgebtetS v«, harren können.
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