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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 04.09.1905
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-09-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19050904020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1905090402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1905090402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1905
- Monat1905-09
- Tag1905-09-04
- Monat1905-09
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FinanzielleAnzeiaen.GejchäftSaazeigen unter Text oder an besonderer Stell» nach Taris. Für va» Erscheinen an bestimmten Tagen u. Plätzen wird keine Garantie übernommen. Anzeigen und Extrabeilagen nur in der Morgen Ausgabe Schluß der Annahme nachmittag« 4 Uhr. Anzrigen-An nähme: Augustuspkatz 8, Ecke IvhanniSgasj«. DieEzpedilion ist Wochentag« unnnlerlrochen gevffnet von früh 8 bi» abend» 7 Uhr Filial Expedition: Berlin. L'ützowstr. IO . - Dresden, Marienstr 34. Druck und Perlag von E Potz m Leipzig (Inh. l)r. P., R. » A Rlinkhardt). Herausgeber: l)r. Viktor Klinkhardt. Nr. M. Montag 4. September l905. Ost. Jahrgang. va» Aichkigrte vom Lage. * Ein Eisen bah nun glück hat sich, wie wir heute morgen durch Extrablatt bekannt gegeben haben, Sonnabeud nacht 12 Uhr auf dem Bahnhof iu Suhl ereignet. Zwei ran gierende Lokomotiven stießen zusammen. Dabei wurde dem Maschinenführer Kieseidach aus Eisenach der Brustkasten eingedrückt, so daß er sofort tot war. Ein Heizer erlitt neben anderen Berletzungen mehrere lebensgefährliche Arm- unv Rippenbrüche. Ein HülsSzug aus Meiningen war bald zur Stelle, um den Schaden wieder auSzubessern. Der gelötete Kiejelbach ist Familienvater. * In Reichenbach (Schlesien) beschloß «ine Versamm lung der Mitglieder deS TextilverdaudeS, daß heute der Ausstand m der mechanischen Weberei von Cohn Ge brüder beginnen soll. Der Vorstand des hessischen Städtetag» beschloß eine Eingabe um Aufhebung der Grenzsperre zur Beseitigung der Fleijchnot. * Da» Ultimatum Frankreichs an Marokko läuft am 5. September ab; Frankreich stellt noch andere Forderungen, darunter die Ueberreichung einer Entschuldigung und die Regelung früher gestellter Forderungen. * Beim Bombenattentat in Barcelona sollen 60 Personen verletzt worden sein. (S. Ausland.) * JnAdrianopel wurden 7000 Gebäude ein Raub der Flammen. (S. Vermischtes.) Selgircker Kriek. f. Brüssel, Anfang September. Die Festlichkeiten, die zur Erinnerung an die vor 75 Jahren erfolgte LoSreißuug von den Niederlanden im Lause der Sommermonate veranstaltet wurden, und deren lang« Reihe noch immer nicht beendet ist, haben in Belgien einen beispiellosen Jubel und Trubel hervorgeruftn. Nu« ver- rauicht der Freudenlärm allmählich, und mau beginnt in weiten Kreisen der Bevölkerung sich ernster mit den wichtigen Kragen zu befassen, die in der nächsten Zeit zur Beratung und Erledigung kommen werden. Die verschiedenen Parteien recken und strecken sich bereits und prüfen ihre Kräfte für den in der bevorstehenden Saison auözusechtenden Wahlkampf. Die Liberalen ter gemäßigten wie der schärferen Tonart wollen im Bunde mit den Sozia listen — unter Wahrung ihrer Parteigrundsätze — die klerikale Partei, die mehr al» 2 Jahrzehnte am Ruder ist, uni jeden Preis stürzen. Jedenfalls wird e» einen er bitterten Kampf geben, der voraussichtlich die Macht der Opposition stärken oder zum mindesten ihr Ansehen noch weiter beben wird. Zum Siege kann ihr wohl nnr ein glück licher Zufall verhelfen. Ein solcher kann sich leicht bei der Beratung über die geplanten großen BefestigungS- und Hafenerweite, rungsarbeilen von Antwerpen einttellen, deren Kosten auf über 300 Millionen Frank» veranschlagt sind. In dieser Sache nehmen die Klerikalen eine taktisch unkluge Haltung em, wofür sie freilich dir Entschuldigung oder Erklärung vor bringen, daß sie klug und patriotisch handeln. Sie sind ent schiedene Gegner der Ausführung moderner Befestigungen, weil es nach ihrer Ansicht um jeden Frank, den man dafür ausgeben würde, schade wär«: Belgien sei al» neutraler Staat anerkannt, folglich gegen Invasionen und Eroberung geschützt; überdies würde die Eifersucht der Staaten nicht zu lasten, daß die Integrität Belgien» irgendwie angrtastet werde, und diese Eifersucht sei da» billigste und wirksamste Ver- teidigungömittel, da» sich Belgien wünschen könne: schließlich genüge auch die kleine belgische Armee nicht, so große Festungs werke entsprechend ru verteidigen, und die von liberaler Seite befürwortete Einführung der allgemeinen Wehr- pflicht wäre «in« überflüssige Belastung de« Staatssäckel», gleichzeitig eine durch nicht« gerechtsertlgte Belästigung der Bürger. Diese Argumentation und die darauf gegründete Haltung der Klerikalen bilden den schwächsten Punkt ihrer Position; e« herrscht in Belgien augenblicklich eine der all- gemeinen Wehrpflicht und der Errichtung «ine» verläßlichen Bollwerks günstige Stimmung, und leicht kann sich diese Stimmung in einen Sturm verwandeln, der da» klerikale Regime zu Falle bringt. König Leopold, der e» sonst selten an der ihm von der Verfassung vorgeschriebenen Zurückhaltung fehlen laß», tritt in der Antwerpener Frage bei jeder sich darbieteavrn Ge legenheit energisch mit seiner Meinung hervor, die dahin geht, daß die Befestigung der Stadt unbedingt notwendig sei. Diese Stellungnahme deS Herrschers erregt Befremden und Beunruhigung; mau sagt sich, daß irgend woher dem Staate Belgien Gesahr drohen müsse, wovon König Leopold offenbar Kenntnis hat. Und da selbst feine bösesten Feinde im Lande ihm Klugheit, Um- und Vorsicht iu Dingen, die da- Gemeinwohl betreffen, nicht ad- sprechen können — er hatte e» nicht erst nötig, vor kurzem ausdrücklich hervorzuheben, daß er »n dieser Sache kein« per- lönlichen Wünsche habe, sondern bloS da» Interest« de- Baterlande« im Auge hab« — so beeinflußt di« Haltung, die der König offen einnimmt, selbst manchen seiner schärfsten Gegner, und unter diesem Gesichtspunkt arbeitet Leodold II., durch den Wer», den man seinen Ansichten beimiß», indirekt an der Beseitigung der Klerikalen mi». Da» könnte für diese gefährlich werden, wenn sie sich nicht rechtzeitig zu der An sicht bekehren, daß «ine starke Unterstützung vou Anträgen notwendig sei. Iu deu Räumen der Deputiertenkammer hat der XXlll. Kongreß der interparlamentarische» Union unter dem Vorsitz de« Minister- «ernaert feine Sitzunaen abgehalt«,. Während Italien, Ungarn, England, di« B«r» ewigten Staaten vou Nordamerika, R« Niederlande, Rumänien m»d Dänemark sehr st«r vertrete» wäre», wäh«»» ««- Deutschlaud bl-s d« ««ich-tas-ar-eordmtea «ckhoff, Fehr bach, Goldschmidt, Schüler und Schwarze anwesend waren, hatte Oesterreich dioS 4 Teilnehmer entsandt. Die Deutschen stehen demgemäß den Bestrebungen der Union sehr skeptisch gegenüber. Bon all den Punkten, welche die Tagesordnung enthielt, war der von der noidamerikanischen Gruppe unter Leitung deS angesehenen Publizisten und Politikers Richard Bartholdt eingebrachte Antrag aus Einsetzung eines intcr- nationalen, aus Senat und Kammer bestehenden Parlaments am wichtigsten. Jeder Staat entsendet in den Senat zwei Mitglieder, in die Kammer eine seinem internationalen Handel entsprechende Anzahl von Mitgliedern; jedes Mit glied gehört dem Parlament 8 Jahre lang au und hat eine Stimme. Die Heere der vertretenen Staats stehen zur Ver- sügung bei der Durchführung der von dem Schiedsgericht im Haag getroffenen endgültigen Entscheidungen. Zu der nervösen Stimmung, die in Belgien infolge der bevorstehenden potiuschenKämpfe herrscht, gesellt sich der Unwille darüber, daß von England aus auf» Neue eine Zeitungsfehde gegen die angebliche grausame Behandlung der Eingeborenen im Kongostaat begonnen wurde. Die belgische Presse hat den Kampf ausgenommen und läßt es an scharfen Entgeg nungen und Gegenbeweisen nicht fehlen, allein sie erachtet den Streit für lästig und hauptsächlich für nutzlos. Keines falls trägt der Angriff zur Erhöhung de» Ansehen» und der Beliebtheit der Engländer in Belgien bei. ver flieäe. Letzte Agitationen. Der Finanzagent Kaneko soll Aeußerungen getan haben, die wegen ihrer Umgehung der Wahrheit Beachtung ver dienen: .Japan» Politik in Ostasien wird niemals zu einem Zusammenstöße mit Amerika oder einer europäischen Nation führen. Ihre Erzeugnisse wie die unserer Industrie haben zu wenig gemeinsam dazu. An ein Ringen um die politische oder auch nur wirtschaftliche Vorherrschaft m Ostasien denken wir gar nicht: Wir wollen mit allen Nauonen Hand in Hand und freundschaftlich aus der Grundlage einer Politik der offenen Tür gemeinsam arbeiten. Eine gelbe Gefahr ist ein leerer Wahn; China kann durch irgend eine einzelne Nation gar nicht assimilier» werden, China und Japan von derselben Raffe bevölkert sind, s -- fehlt doch beiden jede Sympathie für einander. Die Amerikaner hatten sehr unrecht, die Hankau-Eisenbahn wieder abzutreten. Der Verlust dieser Hochstraße ist kaum wieder gut zu machen. Er erfolgte gegen meinen dringenden Rat. Wa» an meiner Mission hier geheimnisvoll er scheinen konnte, werke ich vielleicht schon bald aufllären können. Ich hoffe, daß mit diesem Kriege auch unser letzter Krieg überhaupt zum Abschlüsse gekommen ist." Aus Paris wird gemeldet: Graf Cassini, der ehemalige Botschafter Rußlands io Washington, künftig in Madrid, widmete in einem Privatgespräche der hervorragenden Aktion Wittes uneingeschränkte Anerkennung. Calsini erblickt in Witte den für Rußland» Zukunft wichtigsten Staatsmann. politische Lagerrchau. Lekpzts, 4. September. Zentrum un- Kolonialpoltttk. Bor kurzem hat das rheinische Zentrumsorgan, die .Köln. Bolksz." einen Artikel über die Systemlosigkeit in der deutschen Kolonialpolitik gebracht. Dieser Vorwurf der Systemlosigkeit ist freilich nicht ganz von der Hand zu westen. Aber gerade das Zentrum hat wenig Recht hier Vorwürfe zu erheben. Denn auf di« zweideutige und un zuverlässige Haltung de» Zentrums in kolonialpolitischen Fragen konnte von nationalUberalen Abgeordneten wiederholt hingtwiesen werden. So geschah e» m gründlicher Weise vor drei Jahren aus dem Parteitage zu Eisenach durch den damaligen Abgeordneten Prof. Dr. Haffe. Er erinnerte u. a. daran, wie im Jahre 1902 gleichzeitig drei verschiedene koloniale Vorlagen an den Reichstag gingen. Sie betrafen die Forderung für Kiautschau, die Usambara-Bahn und die sogenannte ostafrikanische Bahn Dar-eS-Salaam-Mrogoro. Abstriche wnrden vom Zentrum bei Kiautschau unter dem Vorwande gemacht, hierdurch besser die Eisenbahn politik in Ostafrika zu ermöglichen. Dann kam man später zur Usambara - Bahn; zu aller Uederraschung er folgte aber durch daS Zentrum hauptsächlich die Ablehnung mit der merkwürdigen Begründung, daß man diese Abstriche vornehmen wolle, weil man damit in die Lage zu kommen hoffe, dann zur ostafrikanischcn Bahn Stellung zu nehmen, und als diese endlich kam, wurde sie trotz der fester Zu sicherung im Seniorenkonvent nicht erledigt, sondern vom Zentrum immer wieder dilatorisch behandelt. Besonder« glor reich für die Zuverlässigkeit de« Zentrum« verlief die Ab- stimmung über die Usambara-Eiienbahn; e« lag dazu ein Antrag Arendt vor, der ein Kompromiß vorfchlug, um wenigstens einen Teil der Usambara-Bahn zu ermöglichen. E» war eigentlich eine Verständigung zwischen den Fraktionen über diesen Antrag erfolg» , aber siehe da: er siel mit 98 gegen 120 Stimmen. Während die 'Nationalliberalen sämt lich dafür gestimmt hatten, stimmten von den die anwesenden ZentrumSmitgliedern, 50 dagegen und nur 1, Prinz Arenberg, dafür. Später wurde allerdings die Fortsetzung der Usam bara-Bahn bewilligt. Und auf diese Bewilligung setzt die „Köln. BolkSztg." den größten Stolz die Vorgeschichte davon erzählt sie ihren Lesern nicht. Für die Bcmühun.en, welche der Abg. Prinz Arenberg in den letzten Jahren aus- wand, um da« Zeinrum zur Bewilligung vou Kolonial- fvideruagen zu bewegen, zollen wir ihm gern Anerkennung. Aber wie sähe die Kolonialfreundlichkeit de» Zentrum« viel leicht ohne die Wirksamkeit de» Prinz Arenberg an» ? Und wie soll eise Regierung „systematisch* * Vorgehen, wenn sie bei jedem Schntt von der „ausschlaggebenden" Partei vehmdert wird, wenn ihre Kolonial-Borlagen sofort bei dr» Erscheinen in Grund und Boden kritisiert werden, « schließlich üv besten Kalle eia« solch« dilatorische vchaadl»»- M ersah«», di« all« Kritt« laßwl«-»- Na» stellt di« „Ksla. Volksztg." gar da« Z«»tr»» als den Förderer der Kolonialbeweguug Mit weitgehrndem Blick und die Naiionalliberateu als Gegner einer großzügigen Kolouialpolilik dar! Daß sie mit ihrer Behauptung gläubige Leier für oiese alberne Anichnlviguug finde», hält die „Köln. VollSztg." wohl leihst jur gänzlich ausge schlossen ; die Finte, den Spieß umzukebren und die National liberalen al« Hemmschuh und Feinde einer prakiifchen Kolvnialpolitik zu denunzieren, ist doch nur der Ausdruck gänzlicher Hlllfiosigkeit gegenüber der unumstößlichen Tatsache, daß bas Zentrum von jeher den Maßnahmen groß zügiger Kolonialpolitik gewöhnlich den zäheste» Widerstand oder hinschleppenoe Behandlung entgegengesetzt bat. Wie bei anderen Bahne» m Afrika, so zetert auch jetzt schon daö Zeulrum über den Plan einer allseitig als Not wendig erkannten Bahnstrecke Lüderitzbuchl-Äubub-Ket- mannsboop. DaS Zeutrum wird schließlich auch diese Bahn bewilligen, aber unter welchen ausreibenden parlamen tarischen Kämpfen und unter welchen Zeitverlusten, obwohl gerade für den Bau dieser Strecke die dringendste Eile No» lut! All' diese kurzen ReminiScenzen ergebe» wohl den Be weis, daß daö Zentrum nicht die kolonialfreundliche Partei ist, als die eS sich vor der Bevölkerung auSgibt, vor allem aber, daß e» das Zentrum war, das durch seine Ver schleppungstaktik bauptsächlich die Schuld an jener Systrm- losigteir trägt, über die e« sich jetzt beklagt und für die «S nun die Regierung und die Nationalliberalen verantwortlich machen möchte. V»u Arian «1 KlUaul. Au» Pari« wird uns geschrieben: Da der Feldzug de» Herrn Saint-Rens Tarllandier für den verhafteten Algerier nicht gerade triftig motiviert ist, bemüht sich der Journalist Herr du TailliS, die NechtSbasis nachträglich zu schaffen; denn Frankreich ist gewillt, diese Ge legenheit zur Entichädigung für alle Einbußen an den Maghzen sich nicht entgehen zu lassen. Der Schutzanspruch ist wackelig, da Napoleon III. in einigen Senatsbeschlüsfen sich energisch geweigert hat, Muselmännern, die au« Algerien flohen und sich der französischen Herrichast entzogen, feine Protektion zu schenken. Der älteste französische Titel gegenüber eingeborenen Marokkanern findet sich in einem vom 28. Mai »767 vom Grafen Breugnon gezeichneten Vertrat, der alle Bediensteten der Konsuln, Sekretäre, Dolmetscher, Makler für steuerfrei erklärt, und worin cü heißt: „Ferner werden die fran zösischen Konsuln den Vortritt und de» Vorzug vor den Kon suln der andere» Nationen haben." Im Jahre 1863 wurde der verwirrte Zustand durch einen neuen Vertrag geordnet, der erklärte, die Protektion sei nur individuell und zeitlich. Zwischen dem eingeborenen Personal der Gesandten und Konsuln und dem Personal der franzvsitchen Händler wurde ein genauer Unterschied gemacht. Diese Normen wurden aus andere europäische Staate» und auf die Union übertragen. Der Maghzen sorgte aber mals für eine Verwirrung, zu der auch die Ri ¬ valität Spaniens mit mehr begünstigten Regierungen mitwirkte. Die Madrider Konferenz von 1880 hat oen ausgesprochenen Zweck gehabt, die Verhältnisse der Protektion auf „clos kusos Üxos vl. umtormv^ zu bringen. Die Bedeutung des Schutzrechts ist, daß der Beschützte der lokalen Jurisdiktion entrissen wird; von der Ackersteuer und der Postgebühr ist er nicht befreit. Die Willkür, die so ermöglicht ist, wollte der Maghzen verhindern, indem er IahreSlisten forderte und die Ver günstigung auf zwei Angestellte von Engroösirmen und für außerordentliche Fälle auf zwölf Protegierte beschränkte. Die Legationen haben sich darum nicht gekümmert; eS ist be zeichnend, daß der Titel eines deutschen Schützlings von den Marokkanern letzt sehr begehrt wird. Auf der Konferenz von l880 halte der Graf Solms-Sonnewalde den französischen Admiral Iaurb» unterstütz», gemäß einer In struktion Bismarck«, „daß Deutschland kein Interesse in Marokko habe." veukschrs ^eicv. Leipzig, 4. September. * Die Engländer in Danzig. Ueber den Verlauf des gestrigen TageS, daS von der Kaufmannschaft den englischen Gästen bereitet« Gastmahl und die dabei gehaltenen Reden wird heute Nähere« auö Danzig gemeldet. Am Vormittag nahmen die engliscben Admirale, zahlreiche Offiziere und Mannschaftsoepuialionen am GotteSdicust der hiesigen englischen Kirche teil. Nachmittag« waren mehrere lausend Mann der englischen Flotle beurlaub». Die eng lischen Offiziere besichtigten die Sehenswürdigkeiten der Stadt und deren Umgebung. Abend« lO Uhr begann in der prächtig erleuchteten Halle de« Ariuöhosc« da« von der Stabt Danzig und der Kaufmannschaft gegebene Festmahl zu Ehren der englischen Offiziere, von denen unter Führung der Admirale etwa 50 erschienen waren. An 9 Tafeln nabmen etwa 150 ausschließlich geladene Personen Platz. Gleich nach der Er öffnung der Tafel erhob sich Avmiral Wilson und brachte in englischer Sprache einen Toast auf Kaiser Wilhelm au». Oberbürgermeister Eblers toastete hierauf aus König Eduard. In einem weiteren Trinkspruch führt« Oberbürgermeister Ehler» au»: „Wir haben unS hier versammelt in veralten Artushalle, um nach altehrwürdiger, gastfreundlicher Art die Herren zu begrüßen, die als Deputation der britischen Kanalflotle hierher gekommen sind. Ich hoffe, daß die werten Gaste nachher sagen werden, eS ist gut sein im Danziger ArtnShoj und daß wir hier häufiger zusammenkomnrc» möge». Ich habe gefunden, daß viel Un beil in ver Welt wohl daher komm», baß man fick nicht ver steht, weil man zu wenig zusammenkomm». Ich will hier nicht auf die auswärtige Politik emgeben, aber wenn behauptet wird, Engländer und Deutsche müßten gut befreundet sein, weil sie blutsverwandt sind, so bin ich der Ansicht, daß Vir nicht genügt, sondern daß beide Nationen sich zusammen finden müssen in gemeinsamer Kulturarbeit, welch« di« beide» Nationen schon so oft zusammen geführt hat. Ich könnt« lang« sprach«» über Shakespeare- B«d«»t»ug für Da»tschla»v u»d erinnert, daß di« erste u»d beste Biographie Gaeth«- i» England enchienen ist und ich könnte noch an viele große Geister der beite» Naliomu crinmru. Der Ober bürgermeister schloß mir einem dr-isache» Hock aus tie Gäste von der euglischc» Flotte. — I» seiner Er- widcruug nahm Admiial W-sto» ans die Auefubluirgen Ehler« über die gute» englische» Beziehungen in der Vergangenheit Bezug und sagte weiter: „Ich gedenke der guten Ausnahme, di: va« Kaualgeichwader üb rall ge sunden bat und hoffe mit Ihnen, vaß weitere 43t» Jahre >n Frieden cahingehen mögen. Dir Stadl Danzig unv ibre Bürgerschaft Hipp, Hipp, Hurra!" — Das Fest verlies bei Vein kameravschasttichcii Verkehr zwischen deu englischen unv deutschen Offizieren in der angeregtesten Stimmung. Um Mitternacht gingen die Festtkilliehmer auoeinander. * Neber deu Umfang der Fleischteuerung geben die Vier- teljahrskeste der Neichsstatistik eine bemerkenswerte Aus kunft. Es werden dort die Preise nachgewiesen. wie sie sich in dem zweiten Vierteljahr der Jahre 1898 bis 1905 gestaltet haben. Greist man die Preise von Berlin, Dresden, Köln und Frankfurt a. M. heraus, so kostetete an diesen vier «roßen Märkte» im Durchschnitt der Monate April bis Juni ein Doppelzentner Schlachtgewicht: im.>tahllft«u Lxlchlchntii Ml. d.i^en u»r. di, Sietaermi, Pro-. Dchscn, vollfleischige l45',2 12,8 , junge 135.8 10.1 Färsen und Kühe U3Z 126.8 11L Kälber 1AI Rindvieh, durchschnittl. iL2,7 11.6 Schweine, vollfleischige 102,3 133,1 30,1 M Hammel, jüngere 125,7 146,4 16,5 Allerdings ergibt sich aus den Tabellen der Reichsstatistik, daß auch das Rindvieh in den Nachbarländern im Preise gestiegen ist. Was aber die Schweine betrifft, so ist es recht auffällig, daß zwar die beigcgebene Statistik des Aus landes die Preise in Wien und Pest, wo sich ebenfalls eine Steigerung bemerkbar gemacht hat, angeben, daß aber über die Preise für russische Schweine, auf die es für Deutschland ganz wefentiich ankommt, garnichts gesagt ist. — Die große Protest Versammlung der Fleischermeistcr aus dem ganzen Deutschen Reiche ist auf Mittwoch, den 6. September, festgesetzt. Wie wir früher bereits mitteilten, haben sämtliche Gastwirtsvereinigungen Deutschlands, darunter vor allem auch der von Leipzig aus geleitete Bund deutscher Gastwirte, Petitionen an die Reichs regierung, den preußischen LandwirtschaftSminister und den Handelsminister Moller gerichtet. Dieser hat jetzt eine Deputation von Gastwirten empfangen. Er gab dabei als Grund der Fleischteuerung die durch den vorjährigen Futter- mangel veranlaßte Verminderung des Viehstandes an und riet den Gastwirten zur Selbsthülfe durch Erhöhung der Sperscnpreise s!s. Eine Segnung der öster- reichlichen Grenze wäre wegen der in Oesterreich und Un garn herrschenden Seuchen nicht angängig, auch werde durch Beseitigung der Grenzsperre ein plötzlicher Preissturz her- deigefüort werden, der die Landwirtschaft zu schwer schädigen würde f.'s. Die jetzt von ollen Seiten eingehenden Petitionen würden aber der Regierung Veranlassung §eben, den Ur sachen der Fleischteuerung auf das sorgfältigste nachru- torschen. Auch der Landwirtschaftsminister v. Podbielski hat die Deputation empfangen. Ueber den Verlaus dieicr Audienz fehlen noch nähere Berichte. * Textilarbeiter»«»--»«». Da« osfizielle Organ de» Textilarbciterverband« „Der Textilarbeiter" erscheint in Cbemnitz, während der Sitz de« Zentralvorstande« sich in Berlin befindet. E« besteht nun die Absick», diese beiden an einem Orte zu vereinigen, und e» machen sick starke Tendenzen geltend, den Zenträlvorstand nach Chemnitz zu verlegen, weil in dem Chemnitzer Bezirk 2 k 500 Arbeiter der Textilbranche beschäftigt sind, während der ganze norddeutscke Verband deren nur 125 000 zählt. In Berlin vertritt man hiergegen die Ansicht, dort ein Zentrum für die ganze deutsche Gewerkschaftsbewegung zu schaffen. Vertin, 4. September. * Die Besteuerung der Stngeöorcnen in Deutsch-Neu guinea, die schon seit einiger Zeit geplant war, soll, w e man der „Tägl. Rundsch." aus Herbert-Höh« schreibt, dem nächst zur Einführung gelangen. Der GouvernementSrat, der sich mit der Angelegenheit kürzlich beschäftigte, hat den Betrag von 5 -4k auf das Jahr für den männlichen arbeits fähige» Eingeborenen als angemessen bezricknet. Tie Heranziehung der Eingeborenen zu Zwangsarbeiten soll dazu soribesrehen, allerdings mit gewissen Eimckränkuugcn. Zur Eintreibung der Steuer ist die nötige Organisation schon ge« lchasfen worden. Die von den verschiedenen Neg'.eruugS- staiioucn erreichbaren Gebiete und uack volkstümlichen und natürlichen Grenzen in Distrikte, eingcteilt worden und mir einem oder mehreren einflußreichen Häuptlingen an der Loitze. Ein iolcher farbiger , OrlSvorsieher" wird mit gewissen Rechten und Pflichten zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung uns Schlichtung von geringen Streitfällen innerhalb feines Macht- bereiche« betraut und erhält als Abzeichen seiner Würde einen schwarzen Stab mit silbernem Knaus und eine Mütze mit dec Adlerkoiarde. Cs werden ihm auch zwei „Läufer ', faibize Poli zisten, zur Seite gegeben als Unicrorganc. Die Häuptlinge samt ihren Polizisten will da« Gouvernement in Bewegung fetz?n. io- bald die Eingeborenen in größerem Maßstade zu öffentlichen Leistungen herangezogen werden sollen. Di« „Tägl. Rundschau" empfiehl», da e» sich bei der Besteuerung um eine neue Einrichtung bandel», „mit größter Vorsicht vorzugebe», um nicht Verwicklungen berauf- zubeschwören, die für die Entwicklung de» Ganzen ver- yängniSvoll werden könnten. Denn augenblicklich stehen un» gar nicht die Machtmittel zn Gebote, Unruhen größeren Umfang« zu bewältigen." Jedenfalls kann der jüngste Aul- stand in Dcutsch-Ostasrika. der nach Aussage Sachverständig r zu einem nicht geringen Teile auch durch Vic Einsühnmg r.r Kopfsteuer verursacht worden in, eine gute Warnung »e.n * Vorschläge zm Erhaltung -es -eutsche» VrfitzfiaudrS In her Lftmark, die vielfach Zustimmung gesunden haben, macht die Bromberger „Ostdeutsche Rundschau": „Va5 nützt eS", schreibt sie, „daß die AnsiedlungSkommission große Suter zerteilt an Leut« au» Sachsen und dem Westen, wen« diese ihre eigene Zukunft all« Lag« a» unsere» allein- gefefsrnen Bauern vor Augen sehen, wenn ßr all« La-« seh«», »i* der etnaeborru, Bauer, der doch Wirtschaft in» Klima aena» kennt. La« nnd Hof ve^ assen nach!,,, Es >«-gt «tch^
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