Riesa, Strehla und deren Umgegend. Wochcnschrist zur Belehrung und Unterhaltung. 32. " Freitag, den 19. April 18R) Ein kühnes Wagstück.- ^Beschluß.) Auf den 20., 21. oder 22. Febr. war der Lag der Ausführung festgesetzt. Ein Wagen hielt an allen drei Tagen unweit des Dorfes Asperg in Sicht der Festung; Waffen und alles nöthige hatte Rösler geschickt in einen Schlafpelz verbor gen, in welchem er gewöhnlich spazieren ging. Seine Frau kam hinauf, um ihn zu besuchen und zu melden, „daß es geschehen müsse"; aber eine gewisse Arngstlichkcit und Eilfertigkeit in ihrem Wesen mochte Verdacht erregt haben; kurz, als Rösler seinen' Spaziergang mit dem Unteroffizier antrat, zog dieser das Seitengewehr und ersuchte ihn, sich nicht von seiner Seite zu entfernen. Bald darauf erschien aber auch ein entschlossener und ge wandter Freund, der das Unternehmen von Au ßen zu leiten übernommen hatte, und gab daS Zeichen, es sei heute unmöglich. Aber weder die junge Frau, noch der entschlossene Freund verloren den Muth. Schon am andern Tage waren drei kräftige und gewandte Männer gewonnen, die aber nicht für Geld, sondern aus Ueberzeugung mit wirkten. - In einer furchtbar stürmischen Nacht wurden zwei Leitern fünf Viertelstunden weit vom Asperg entwendet, auf den Berg getragen und in den Graben geschafft; der entsetzliche Sturm hielt alle Schildwachen in ihren Häuschen und machte alles unhörbar; aber das Mondlicht gestattete doch den Männern, die die Leitern trugen, zu recögnosci- ren und sogar zur Probe die Trennungsmauer selbst zu ersteigen; dann verbargen sie die Letter dicht unter der hohen Trennungsmauer, wo sie von oben Niemand sehen konnte. Auch das Wetter am Morgen war günstig, d. h. Mimisch und reg» nerisch, so daß keine überflüssigen Spaziergänger innen und außen zu besorgen waren. RöSler war di« letzten Tage und auch -den Morgen des LS. wieder so unwohl gewesen, daß er faß keine Speis« zu sich nehmen konnte. Um E auf 11 Uhr wurde ihm der Besuch sei ner Frau gemeldet; er machte seine Waffen zu recht und steckte sie zur Hand und ging ganz wie gewöhnlich in die Stube des Aussehers', um deu Besuch zu empfangen. Sie könnte ihm nur rasch in's Ohr flüstern, daß Alles bereit sei und daß er den gefährlichen Gang sofort antreten solle- sobald der Freund draußen das Schnupftuch heu' rausziehe. Vergeblich drang er in die hochherzig« Fran, wieder fortzugehen, weil man sie zuerst rn Verdacht haben, und verhaften würde. Standhaft erklärte sie, sie könne hier oben noch nützlich sein; und in der That war es auch nur ihre Anwesen heit und ihr öfteres Erscheinen an Thür und Fen ster, welche den begleitenden Unteroffizier von je dem Argwohn abbrachten, warum wohl Rösler nicht mit ihm und seinem Mitgefangenen auf« und abspazierte, sondern sich stets in der Nähe des Hauses und der Bastion aufhielt. Die mu- thige Frau erklärte ihrem Manne noch: „Es ist- besser, ich fitze, als Du." Rösler täuschte indeß den Argwohn des Ge fangenwärters, indem er hinauSging und sein« Frau laut bat, sic möge es ihm nicht übel neh men, wenn er wegen seines Unwohlseins erst eist« halbe Stunde die frische Luft genieße, ehe er mit ihr Pfändern könne. Kaum war er draußen und Unteroffizier und Schildwache hatten den Rücken gewandt, so glaubte er düs' verabredete Zeichen zu sehen, er öfftlete die nur verriegelte Gartenthüre stürmte die Treppe hinab, riegelte die Thüre des gewölbten Gange« aus, eilte durch den Gang, den Graben uM die Treppe hinauf zum Pavillon und sgh — kein« Leiter! Seine Kurzsichtigkeit hatte ihn das Le chen falsch verstehen lassen! — Unverweilt sthtmft er zurück, und oben trat ihm die Schildwache M