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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 30.11.1910
- Erscheinungsdatum
- 1910-11-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191011303
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19101130
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19101130
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1910
- Monat1910-11
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Ämtsölatt des Aales und des Volizeiamtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-Preit chr Zierate au« Leipzig und Umgebung di« Sgelpaltene SO mw breit« Peruzeile A Ts, di« 74 null dretle ReklamezeUe l i»a au«wärt« »V Ts, ReNamen 1.3» ^ss- Inserate v»n Bebdrden 'M amtlichen De,. die 74 Mio breit« Petitzeile 40 T^ Geschäit«anzeiqen mit P aßvorschristrn und » der Abendauigab« >m Preise erhädk Rabatt nach Tarif. Beilagegedübr ä p. Tausend exkl. Postgebühr. 7eiter!eilte Aufträge können nicht zurück gezogen werden. Für da« Erscheinen an bestimmten Tagen und Plätzen wird keine Garantie übernommen. Anzeigen-Annahme: Nugu»u«platz 8, bei sämtlichen Filialen u. ollen Annoncen- Exr-editionen des In» und Autlande«. Haupt-Siltal, Berit»: Karl Diincker. Herzogl. Bayr. Hosdnch. Handlung Lützowstrasse 10. (Telephon VI. Nr. 4M»-. Haupt-giltale Drc-den: -eeitrzb- 4.1 (Telephon 4ijTl,. Nr. 330. Mittwoch, Sen 30. Nooember ISIS 104. Ishrgsng. Das Dilluiyttr. * Der Landeskulturrat behandelte in seiner Sitzung am Dienstag u. a. den Entwurf der Reichsvcrsicherungsordnung und den Er sah eines Reichsmilchgesetzes. lS. d. bcs. Artikel.) * Der Kaiser wohnte am Dienstag der Ein weihung der Technischen Hochschule in Breslau bei. lS. d. des. Art.) * Der Reichstag beendete am Dienstag die erste Lesung des Schissahrtsabgaben- Entwu rfes, nachdem sich verschiedene säch sische Abgeordnete scharf gegen den Ent wurf ausgesprochen hatten, sS. d. bes. Art. u. Reichs togsbericht.) * Der französische Gesetzentwurf zur Unterdrückung der Sabotage sieht Gefäng nisstrafe für Sabotagcvergehen und Dienstverweige rung von Eisenbahnbeamten vor. Zur Beilegung non Streitigkeiten wird ein Schiedsgcrlchts- hos gebildet. sS. Ausl.) * lieber China ist eine Art Kriegszustand verhängt worden. tS. Ausl.) Sie Larüs. Der Würfel ist geworfen. Das Unterhaus ist zum zweiten Male in Jahresfrist aufgelöst. Die bereits in einigen Tagen beginnenden Wahlen sollen darüber Entscheidung bringen, ob England Aristokratie oder Demokratie wird. Denn seine bisherige Form der Olig archie wird es auf keinen Fall behalten, ob die Wahlen konservativ oder liberal ausfallen. Es handelt sich allein darum, ob das non Asquith und Lloyd George gefällte und höchst geschmacklos ausdrücklich so bezeichnete Todesurteil von Henkershand vollstreckt oder das non den Lords selbst beschlossene Harakiri vollzogen werden soll, dessen Ausfertigung die Namen Rosebery und Lansdownc trägt. Roseberys Resolutionen ändern die bis herige Zusammensetzung des Oberhauses. Der Begriff der Erbweisheit soll ausgetilgt werden aus Englands Verfassung. Das künftige Haus der Peers wird aus drei Schichten zu sammengesetzt sein: durch erwählte Vertreter aus der Mitte der hochadligen Geschlechter, durch Erwählte ausgezeichneter Berufsstände und durch Ernannte des Königs. Alle aber, auch die letzte Klaffe, sollen auf eine begrenzte Zahl eingeschränkt werden, so daß dem nicht willigen Hause nicht mehr Gewalt angetan werden darf, wie es jetzt die Liberalen für den Fall ihres Sturzes drohen. Aber die Resolutionen Lansdownes brechen auch dem bis auf die Möglichkeit eines Peer-Schubes bislang unbedingt konservativen Eigenwillen der Ersten Kammer das Rückgrat. Denn sie eröffnen beim Widerstreit beider Häuser eine Kaffe dem „Referendum", der Be rufung an die direkte Gesetzgebung durch das Volk. Lord Lansdowne will mit dem Kalbe der Schweizer Demokratie pflügen. Der Gedanke ist gar nicht schlecht. Es ist bemerkenswert, daß gleichzeitig auch in Deutsch land die Frage eines einzuführenden Referen dums angeschnitten wird. Nicht allein in Lede- bours Rede vom Sonnabend, sondern auch von nichtsozialdemokratischer Seite. Freilich mutz die Schweizer Einrichtung als sehr einseitig be zeichnet werden, da sie dem Schweizer Volke bloß ein Veto gegen parlamentarisch beschlossene Neuerungen gibt, die zum Beispiel von Lans downe für England vorgeschlagene Form aber eine positive subsidiäre Volksgesetzgebung bei parlamentarisch gescheiterten Anträgen ein führen will. Man wird nicht leugnen dürfen, daß die Lords im politischen Schachspiel sich glänzend verteidigen. Ihre Gegenvorschläge haben viel mehr demokratische Gerechtigkeit als die „Veto- Bill" der Regierung, als deren Eesetzesregel der Guillotinierung des einen Faktors der Legislative durch den anderen. Der Wahl ausfall muh ja nun bald zeigen, ob sie richtig gerechnet hat, als sie die Verhandlungen brüsk abbrach, als sie den tatsächlich sehr entgegen kommenden Lords mit bitterstem Hohne ein „zu spät!" entgegenschleuderte, ob sie wirklich sicher ist, mit den „Bauern" ihre Partie z» gewinnen. Schließlich aber steht noch in verdeckter Stellung der „König". Man darf, sollten die Wahlen für Asquith und Lloyd George ent scheiden, doppelt gespannt harren, ob König Georg die Garantien so bestimmt bereits übernommen hat, wie Mr. Asquith sich den Anschein gibt: auch für den Fall, daß die neue Mehrheit ebenso winzig, ebensowenig rein englisch ausfällt wie die bisherige. Denn wenn die Arbeiterpartei von vierzig Mann ihre Drohung eines Abfalles wahr macht, dann kann nach den heutigen Zifferverhältnissen die aus 275 Liberale gestützte Regierung bloß mit Hilfe der 82Irländer die Opposition der 27llUnio- nisten überwältigen. Bei den Wahlen aber entscheiden in England die relativen Mehr heiten, jo daß die Sozialisten schon durch Auf stellung von Sonderkandidaten es in der Hand haben, zahlreiche liberale Bewerber zu Fall zu bringen. Das größte Fragezeichen aber steht hinter dem Könige. Wie König Eduard sich entschieden haben würde, hat jetzt bloß noch geschichtliches Interesse und wird schwerlich aufgeklärt werden, da er nicht der Mann war, seine Trümpfe vor der Zeit irgendwen zu zeigen. Sein Nach folger ist ein völlig unbeschriebenes Blatt für die Oeffentlühkeit, die noch nicht einmal erraten hat, ob sein Herz im Lager der Konservativen oder der Liberalen weilt. Daß für letztere Annahme keine große Wahrscheinlichkeit spricht, liegt auf der Hand. Weigert er sich aber des Gewaltschrittes, durch einige llOO neue Peers den Widerstand der 375 zu zerschmettern, dann muß eben Mr. Asquith mit seinem Kabinett trotz zweier Wahlsiege zurücktret«», muß sein intimer Gegner Balfour die Wählermassen zum dritten Male an die Urne berufen. Jedes andere Mittel gegen einen mit den Lords ver bündeten König hieße — Revolution. Doch das sind spätere Sorgen. Die nächste Frage wird uns ja nun bald beantwortet werden: ist Asquith seiner Scharen dieses Mal sicher trotz oller Wahlnnlust der Weihnachtswochen'.' Gegen üie Schiklahrtsadgaden. Der „Sachsentag", auf den man für die Beratung des Schiffabrtsabgabenentwurfs im Reichstag mit Sicherheit rechnen konnte, zeigte am Dienstag die aus unserem Königreich entsandten Volksboten von der äußersten Rechten bis zur äußersten Linken in vollendeter Einmütigkeit. Während sich noch in den düsteren Tagen des Streites um die Erbschafts steuer die sächsischen Konservativen in verlegenes Schweigen hüllten und darauf verzichteten, ihren, durch „besondere Verhältnisse" begründeten, ab lehnenden Standpunkt im Reichstag zu vertreten, fand ihr Sprecher, der Abgeordnete Dr. Wagner, der zugleich als Sachwalter der übrigen sächsischen Vertreter der Rechten auftrat, diesmal recht kräftige Worte für das Nein der sächsischen Konservativen. Als Vertreter der Sozialdemokraten verkündete der Abgeordnete Stolle die gleiche Ansicht in der Sprache seiner Partei, und der fortschrittliche Abgeordnete Günther-Plauen beschloß nicht un wirksam den Reigen der Redner aus Sachsen. Aber das Glänzendste und Tiefste, was im ganzen Streit um die Schiffahrtsabgaben und vornehmlich gegen ihre Einführung gesagt worden ist, war die Rede des Leipziger Abgeordneten Dr. Junck. Seine Kritik bezog sich nicht nur auf die sachlichen Gründe gegen die Abgaben überhaupt, sie richtete sich auch gegen die technischen Unzulänglichkeiten des Ent- wurss und vor allen Dingen gegen die rechtlichen Anomalien, die sich aus einer glatten Genehmigung dieses Meisterwerkes des Herrn Peters durch den Reichstag ergeben würden. Dor allen Dingen zeichnete sich aber seine Rede durch einen warmen unitarischen Ton aus, der in unserer Zeit, in der sich partikularische Gedanken lauter denn je Geltung zu verschaffen suchen, besonders wohltuend berührte. Der Schlüssigkeit der Darlegungen dieses sach kundigen Mannes konnten sich auch die bedingten und unbedingten Anhänger der Vorlage nicht ent ziehen und es wäre nur zu wünschen, daß die Kritik so durchschlagenden Erfolg hatte, daß der in sich widerspruchsvolle und an Unklarheiten außer ordentlich reiche Entwurf de« Herrn Peter« in der Versinkung verschwände. O Ueber den Verlauf der Sitzung selbst erhalten wir von unserem Berliner Mitarbeiter folgende» Stimmungsbild: ck. Berlin, 2st. November. lPrivattel.) Der Reichstag löst sich bei der Beratung der Schiffahrtsabgaben in sein« landschaftlichen Be standteile auf. Da« Froktionmband zerspringt, nicht gc- würdigem, die gemeinsame Heimat hält fest. Namentlich ist es der Gegensatz der Sachfen und der Württem berger, der heute in die Erscheinung tritt. Die sächsischen Mitglieder der Rechten haben sich zu einem Zweckverband zusammengeschlossen, oder soll man lieber sagen einem Annstromverband, zu dessen Wortführer sie den konservativen Dr. Wagner machten. Er gab eine ablehnende Erklärung ab, die stellenweise sich zu ringer Schärfe zuspitzte. In „ fast salbungsvollem Ton fügt der Vertreter von Zwickau, Stolle (Soz.), dem Nein, das gestern der Mannheimer Frank aussprach, das Nein der säch sischen Sozialdemokraten hinzu. Dann erhob sich der Abgeordnete Leipzigs. Dr. Junck, um vom Platze aus eine Kritik der Re gierungsvorlage zu geben, die nach so viel gegnerischer Rede last durchweg Neues bot und vom Haus mit besonderer Aufmerksamkeit angchort wurde. Er er örterte eine Reihe wichtiger Fragen, prüfte, wie die Regierungsvorlage sich dazu stelle und kam meistens zu einem vernichtenden Urteil. Junck hat wirklich gelesen, was in der Vorlage steht, und hat dabei gesunden, daß vieles nicht darin steht, einiges aber, was man gern mit voller Gründlichkeit behandelt gesehen hätte, an „verschwiegenem Orte" versteckt ist. Ein großzügiger Ausbau der deutschen Wasserstraßen unter Leitung des Reichs - wer würde sich nicht dafür begeistern, und auch Abg. Dr. Junck wäre ge neigt, dem zuzustimmen, aber das Reich, so ungefähr führt er aus, will ja den Plan gar nicht selbst in die Hand nehmen. Es zieht sich vielmehr zurück und überläßt die Angelegenheit zwischenstaatlichen Strombauverbänden. Was für Institutionen sind das vom rechtlichen Standpunkt? Man hat sie Gesellschaften genannt und Junck fügt hinzu m. b. H. und übersetzt das in diesem Falle: „mit beschei denen Hoffnungen". Ohne Verträge zwischen den an den Strömen beteiligten Bundesstaaten können die Strombauverbände gar nicht entstehen und funktio nieren, und wenn man auch glauben darf, daß die Bundesstaaten sich im allgemeinen schon zuaesagt haben, welche Verträge sie miteinander abschließen wollen, so ist doch die Lage staatsrechtlich nichts weniger als einwandfrei. Wie im Innern des Reichs die Diplomatenkunst der auswärtigen Minister spielen muß, so auch in den Verhandlungen mit Oesterreich-Ungarn und den Niederlanden, denen die Abgaben schmackhaft gemacht werden sollen. Hier ist wieder die Gefahr, daß diese Länder aufKosten der oeutschenSchiffer bevorzugt werden, alsoVorsicht. Die Vorlage läßt alle diestz Dinzze im dunkeln. Sie läßt der Regierung auch die Freiheit, die Schiffahrtsabgaben auf dem einen Strom in Kraft treten zu lassen, während der andere Strom noch frei bleibt, was zu einer uner träglichen Verschiebung des Verkehrs führen würde. Das Technische ist so ungeklärt, wie das Rechtliche. Von technischer Seite wird bestritten, daß man dem Oberlauf der Elbe überhaupt auf die vorgesehene Tiefe zu bringen vermöge: die ganze Vorlage hat darüber nur 6 Zeilen. Sie hat auch keine gründlichen Berechnungen über die Erträgnisse der Abgaben, so daß auch hier alles in der Lust schwebt. Auch das, was dem Leipziger Wirt schaftsgebiet geboten wird, erweckt das Mißtrauen. Daß die Kanalisation der Saale bald kommen werde, glaubt Junck nicht. Es scheint nachdemWortlaut des Entwurfs nicht ausgeschlossen, daß auf der kana lisierten Saale in Halle eine Stufe gemacht werden soll und die Schiffe dort zum Umladen gezwungen werden sollen, wovon Halle den Vorteil hätte, nicht Leipzig. Die Gefahr, daß der Güterverkehr von den Strömen auf die Eisenbahnen übergehe, ist hier, wie überhaupt im ganzen deutschen Wirtschaftsgebiet vorhanden. Der Redner schafft den Regierungsvertretcrn viel Arbeit. Ministerialdirektor Peters macht sich emsig Notizen, die Bundesratsbevollmächtigten hören ange spannt zu, und man hat das Gefühl, dag eigentlich keiner eine Antwort auf die von Junck gestellten ernsten Fragen weiß. Um so dankbarer quittiert das Haus für die außerordentlich gründliche, sachliche Rede, die von Anfang bis zu Ende fesselte. Der Abg. Wölzl, der gestrige Redner der Nationalliberalen, aber in diesem Falle als Bayer anders interessiert, sitzt un mittelbar hinter dem Redner und wird, so hoffen wir, seinem Fraktionsgenossen nichts nachtragen. In ähnliche Lage setzt heute Abg. Haußmann den Abg. Kämpff, der gestern tapfer gegen die Schiffahrtsabgaben gefochten hat. Haußmann zügelte sein Temperament heute ein wenig. Er ist als Württemberger mehr Freund wie Feind der Vor lage, will aber die Gegner des Gesetzes in den Reihen seiner Fraktion nicht verletzen. Ein anderer Württemberger, der nationalliberale Abg. Wetzel, äußerte sich noch günstig zu der Vor lage. Daß Dr. Hahn lKons.) den Grundgedanken des Entwurfs über den Schellenkönig pries, braucht nicht näher oargelegt werden. In Gerstenberger erhob sich noch ein bayrisches Mitglied des Zentrums, das um des Maines willen gern etwas zu- standebringen möchte. Den Schluß machte der Abg. Günther-Plauen (Fortschr. Vpt.), der zu lehr später Stunde seinen ahlehnenden Standpunkt darlegte. Dann aber machte ein Schlußantrag der ersten Lesung ein Ende und die Vorlage ging an eine Kommission von 28 Mitgliedern. Vie Einweihung üer technischen Hochschule in Sreslsu. Am Dienstaavormittag begab sich der Kaiser von Oppeln nach Breslau, um dort der Ein weihung der neuen Technischen Hochschule beizu wohnen. Während der Fahrt nahm er den Dor- trag des Ministers der Landwirtschaft von Schorlemer-Lieser entgegen. Nach der An kunst in Breslau, oie vormittags 11 Uhr 25 Min. erfolgt«, fuhr der Kaiser vom Bahnhof im offenen Automobil über die neue Kaiserbrücke nach der Tech nischen Hochschule. Der ganze Weg war von Men schenmassen dicht umsäumt, di« dem Kaiser begeisterte Huldigungen dardrachten. In Begleitung de, Kaisers befanden sich außer den Herren des Gefolges der Herzog von Ratibor und Oberpräsident Günthe r. Vor dem Gebäude der Hochschule, die von einem Walde von Flaggenmasten umgeben ist, stand eine Ehrenkompanie des Grenadicrregimenls „König Friedrich Wilhelm l!I." 12. Schlesisches» Nr. 11. Kultusminister Trott zu Solz und der Direktor der Technischen Hochschule Schenk emp singen den Kaiser und geleiteten ihn durch das Spa lier der Studierenden zur provisorischen Aula. Hier hatten sich versammelt: der Lehrkörper der Hochschule, die Chargierten der Studentenschaft der Hochschule und Ser Universität in Wichs, mit Fahne»; ferner Herzog Ernst Günther zu Schleswig- Holstein, Minister Sydorv, die Fürsten Henckel von Donnersmarck und Hatzfcldt, Fürstbischof Kopp, der kommandierende General v. Woyrsch, der Erbauer der Hochschule Baurat Dr. Burgemeister, der Direktor im Kultusministerium Dr. Naumann u. a. Gesang eröffnete die Feier. Dann betrat der Kaiser das Rednerpult und verlas die Weiherede, deren Wortlaut wir be reits im Depeschenteile der gestrigen Abendnummer mitgeteilt haben. Rach dem Kaiser ergriff der Kultusminister v. Trott zu Solz das Wort zu folgender Ansprache: Euere Kaiserliche und Königliche Majestät bitte ich alleruntertänigst, den ehrfurchtsvollen Dank der Unlerrichtsverwalkung dafür Allergnädig» entgegennehmcn zu wollen^ daß Euere Majestät ge ruht haben, AUerböchstselbst die Weihe dieser neue» Technischen Hochschule zu vollziehen und ihr ein Königliches Geleitwort auf den Weg zu geben. Euere Majestät haben bei der Weihe der Technischen Hoch schule in Danzig es als eine Ihrer vornehmsten landesherrlichen Pflichten bezeichnet, für die Vcr breitung und Vertiefung der technischen Wissenschaften einzutreten und auf eine Vermehrung der Technischen Hochschulen hinzuwirken. Dieser von Euerer Majestät auch heute so warm betonten Allerhöchsten Stellungnahme ist es vor allem zu danken, daß nach verhältnismäßig kurzer Zeit eine weitere Technische Hochschule errichtet wer den konnte. Und daß Euere Majestät ihre Errichtung hier in Breslau anordneten, das werden die Schlesier in tiefster Dankbarkeit als einen neuen Beweis der landesväterlichcn Fürsorge der Hohenzollern empfinden, üie sie zuerst in den Tage» Friedrichs des Großen rennen lernen durften. Als der große König nach Beendigung des Sieben jährigen Krieges sich in tatenreicher Friedensarbeit anschickte, die Wunden, welche der Krieg seinem Staate geschlagen hatte, zu heilen, wandte er seine Aufmerksamkeit namentlich auch auf Schielten. Mit scharfem Blick erkannte er, daß dieses Land mit seinen reichen Bodenschätzen und seiner arbeitsamen Bevölkerung in besonderem Maße die Kraft in sich barg, an der Erstarkung des erschütterten Staates mitzuwirken. Diese Kraft zu lösen, den entmutigten Unternehmungsgeist wieder wachzu rufen und ihm die Wege zu neuem gewinnbringenden Schaffen zu weisen, war das Ziel des Königs. Zn wunderbarer Weise war seinem Wirken auch hier der Erfolg beschicken. Unter seiner Regierung ist üer Grund gelegt zu dem heute so mächtig entwickelten Kohlenbergbau Ober-Schlesiens, dem er durch Subventionen, durch Einfuhrverbote und Förderung der kohlenvcrorauchenden Gewerbe den Absatz sicherte. „Die Werke sind nicht dazu da, um e w i g B o m b e n zu gießen", meinte der König und wandte sich mit Nachdruck gegen das alte Vorurteil der mangelnden Festigkeit des schlesischen Eisens, überwand es unü öffnete so der Gewinnung und Verarbei tung der einheimischen Erze die Bahn zu ihren mächtigen Fortschritten. Aber auch da, wo in der schlesischen Spinnerei und Weberei sich heut« Tausende von fleißigen Händen regen, wird man des großen Königs und seines Ausspruches nicht ver gessen: „Das Leinen- und Tuchgewerbe ist für Schlesien fast ebensoviel wert, wie Peru für den König von Spanien." Hiervon ausgehend, hat er seine schöpferische Kraft daran gesetzt, auch diesen Industrien frisches Leben zuzuführen, was in dem Maße gelang, daß ihnen noch bei seinen Lebzeiten ein achtunggebietender Platz auf dem Weltmarkt ein geräumt werden mußte. Auf dem Grunde, den Friedrich der Große, unter stützt von dem erprobten Rate seiner Minister von Heinitz und von Reden, vor anderthalb Jahr hunderten hier legte, haben die nachfolgenden Ge schlechter beharrlich weitergebaut. Mit bercch tigtem Stolze blickt Schlesien, blickt das Vaterland auf die Grosstaten, die das Talent des Ingenieurs im Verein mit kühnem Unternehmunasgeiste und der unermüdlichen Arbeitskraft eines fleißigen Volkes in diesem reichgeseanetcn Lande vollbracht hat. Heute mit der Errichtung der Technischen Hoch schule in Breslau stehen wir vor einem neuen verheißungsvollen Abschnitt dieser glücklichen industriellen Entwickelung. Soll die schlesische Industrie sich im wirtschaftliche» Wettstreit auch fernerhin kräftig behaupten, so kommt es nicht zuletzt auch darauf an, den langen Nachwuchs dieser Provinz mehr als bisher zur Mitarbeit h e r a n z u z i e h e n und in ernster wissenschaftlicher Schulung für die großen Aufgaben auszurüsten, die sich gerade in diesem Lande, bedingt durch die Eigen art seiner Naturkraste und Bodenschätze, der Schaffenskraft des Ingenieurs darbiete». Den strebsamen Söhnen Schlesiens öffnet darum diese Hoch schule der Technik vor allem ihre Pforten. Nicht minder soll die Hochschule aber auch der schaffen den Industrie des Landes eine stets bereite Hel ferin und Beraterin sein. Unaufhaltsam mit Ric,en schritten schreitet in unseren Tage» die technische Wissenschaft aller Zweige voran. Will der Ingenieur, der Unternehmer das Höchste schaffen, kann er den dauernden Zusamcmnhang mit der technischen Wissen schaft nicht mehr entbehren. Sie weist ihm neue Lstegc für seine Arbeit, regt zu Versuchen und Verbesserungen an und stellt, was n« in stiller For scherarbeit ans Licht bringt, freudig in den Dienst der Allgemeinheit.
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