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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 21.06.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-06-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110621019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911062101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911062101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1911
- Monat1911-06
- Tag1911-06-21
- Monat1911-06
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Oss Wichtigste. - Der Kaiser wohnte am Dienstag der inter nationalen Segelwettfahrt des Norddeutschen Regattavereins auf der Unterelbe bei. (S. Disch. R. und Letzte Dep.) * Die Gerüchte von einer bevorstehenden Re form der Fahrkarten st euer werden offiziös dementiert. (S. Dtsch. R.) * Das preußische Herrenhaus nahm am Dienstag das Feuerbestattungsgesetz mit 90 gegen 84 Stimmen an. (S. bes. Art. und Sitzungs bericht.) * Der deutsch-amerikanische Natio nalbund in New Pork veröffentlicht einen Auf ruf zur Unterstützung des deutsch-amerikanischen Schiedsvertrages. (S. bes. Art.) * In Oesterreich begannen am Dienstag die Stichwahlen zum Reichsrat. (S. bes. Art.) * In Glasgow kam es aus Anlaß des See leutestreiks zu Unruhen. (S. bes. Art.) Mrgermshn. Mit riesigem Tamtam, bei dem es an chau vinistischen Untertönen nicht gebrach, ist wochen lang der vom Pariser „Journal" eingeleitete westeuropäische Rundflug der sensations lüsternen Welt angekündigt worden. Mit Un geheuern Erwartungen richtete das durch diesen Presselärm fast betäubte Frankreich seine Blicke nach dem Pariser Flugplatz, dem Ausgangspunkt des in seinen Ausmaßen wahnwitzigen Wett fliegens. Mit furchtbarer Eindringlichkeit hämmert das Ergebnis des ersten Flugtags den vom Flugtaumel Ergriffenen die ernsteMahnung zu stillerem, bescheidenerem, vorsichtigerem Wir ken in die Gehirne. 41 der ausgezeichnetsten Flieger waren in Paris aufgestiegen, nur 8 erreichten Lüttich als erstes Ziel, 5 gelangten bis zur ersten Etappenstation Reims, 15 blieben gar auf der Strecke zwischen Paris und Reims liegen, einer ist schwer verletzt und drei mußten das kühne Wagnis mit dem Tode bezahlen. Es ist hohe Zeit, daß die Franzosen zur Selbst besinnung kommen, daß sie Selbstbescheidung üben lernen, denn die Versuche und Fahrten in dem tückischen Gebiet der Luft, die jenseits der Vogesen unternommen worden sind, rechtfertigen wahrhaftig nicht den Ton überschwenglicher Ueberheblichkeit, mit dem sich Frankreich als unerreichtes Vorbild in der Aviatik selbstgefällig pries. Hier wird in gewisser Beziehung ein Wort, das Shakespeare Heinrich IV. sprechen läßt, zur traurigen, anklagenden Wahrheit: „Die Größe, die du suchst, wird dich erdrücken." So sehr im ersten Augenblick der schauer licken, sich überstürzenden Meldungen reges, inniges Mitgefühl mit den beklagenswerten Opfern überwiegt, so wenig darf man sich durch gefühlsmäßigen Erwägungen den Blick für die nüchternen Tatsachen trüben lassen, so wenig darf man übersehen, daß neben Einzelfaktoren die Allgemeinheit an derartigen erschütternden Unfällen mitschuldig ist. Wenn wagemutige Forscher auf wissenschaftlichem oder technischem Gebiet ihren Erkenntniseifer mit ihrem Leben bezahlen müssen, kann gegen niemand eine anklagende Stimme erhoben werden. Wenn aber Versuche in einer noch reich lich jungen und dazu kaum erprobten Tech nik durch planmäßige Wiederholungen vor breitester Oeffentlichkeit den Charakter sport licher Veranstaltungen annehmen, wenn tech nische Fortschritte wie das Flugzeug zu Reklame zwecken ausgebeutet werden, wenn die Teilnahme am Wettbewerb durch Aussicht auf klingenden Gewinn verlockender gemacht wird, wenn endlich die Ansprüche an die Leistungen dieser jungen Technik ins Unermeßliche gesteigert werden,, dann haben gesund empfindende Menschen das Recht nicht nur, sondern auch die Pflicht, vor derlei Waghalsigkeiten nachdrücklich zu warnen, und unnachsichtlich anzuklagen, falls dabei ein Unglück geschieht. Drei junge, lachende Menschenleben sind am ersten Tag des westeuropäischen Rundfluges auf die gräßlichste Art vernichtet worden. Der ganz besonders tragische Tod des auf dem Flug plätze von Jssy-les-Moulineaux bei lebendigem Mittwoch» üen 21. Juni ISN. Leibe verbrannten Leutnants Princeteau ist im französischen Senat zum Eegenstaud einer Interpellation gemacht worden, weil man ein zusehen beginnt, daß eine Beteiligung franzö sischer Offiziere an derartigen gefährlichen Sport unternehmungen nicht im Interesse der Armee liegt. Aber es ist die seltsame Tatsache zu konsta tieren, daß auch französische Regierungskreise vom Fliegerwahn befangen sind, denn das erwartete Verbot ist ausgeblieben. Die Teil nahme von Offizieren an dem vorm Jahre vom „Matin" veranstalteten Rundflug durch Ostfrankreich, der eine Strecke an der deutschen Grenze entlang führte, hat sogar ausdrücklich die Billigung der Negierung und zwar mit einer reichlich chauvinistischen Begrün dung gefunden. Man habe es für richtig ge halten, daß sich die „fliegenden" Offiziere an der Grenze zeigten, und auch gegen wärtig sei es nötig, zu beweisen, daß Offiziere ebensogut zu fliegen verständen wie Zivilisten. In dieser Begründung liegt eine völlige Verkennung des Zwecks der militärischen Flüge, die doch ganz anderen Dingen dienen sollen, als die Neklamewettfahrten des „Journal". Anstatt zu bremsen, scheint die französische Regierung aufzumuntern, und auch die schrecklichen Unfälle veranlassen sie nicht zu der eigentlich doch gebotenen Zurückhaltung und Einschränkung. Mögen für diese Haltung viel leicht nationalistische Motive bestimmend ge wesen sein, so hätte doch eine wohlmeinende Warnung, die allgemein menschlichen Gründen ihren Ursprung verdankte, das Prestige der französischen Offiziere als ausgezeichneter Flieger nicht mindern können. Aber der „Fliegerwahn" der grumte uatiou scheint solche Möglichkeiten aus zuschatten. Wir in Deutschland werden uns jedenfalls die erschreckenden Lehren, die vom Pariser Flug platz kommen, eine ernste Mahnung sein lassen. Die Erkenntnis der Unzulänglichkeit der neuen Kunst mag uns vor unwahrhaftiger Ueber- schätzung ebensosehr bewahren wie vor tollkühner Ueberspannung der Ansprüche an die Flieger. Oss Muerdeltsttungsgeletz vorm Serrenhsule. (Stimmungsbild aus dem preußischen H^rrenhause.) 4°. Berlin, 20. Juni. (Eig. Drahtmeld.) Wieder einmal ziehen die preußischen Peers die politische Au,mertsamleit auf sich. Es ist ja dem preußischen Bürgertum nicht leicht, das Herrenhaus als ein getreues Spiegelbild der autoritären Kräfte Les Volkslebens anzusehen, aber anderseits ist es ihm auch schwer gemacht, von diesem Hause der Herren ganz schlecht zu denken, denn es birgt einige Kapa zitäten, zu denen das Bürgertum mir großer Achtung aufsieht, und die nach der ganzen Struktur unserer politischen Verhältnisse wenig Aussicht gehabt hätten, je auf andere Weise als durch den Willen des Königs in eine parlamentarische Vertretung zu gelangen. Die Beratung des Feuerbestattungs gesetzes hat heute zahlreiche Mitglieder des Hauses und auch nicht wenig Tribünenbesucher nach dem Palast an der Leipziger Straße geführt. Der Blick der Zuschauer schweift nach unten zu den wissenschaft lichen Leuchten Wagner, Schmoller, Waldeyer, den Fürsten Wied, Lychnowski, Salm, den aktiven und inaktiven Staatsmännern Graf Eulenburg, Lisco und dem wackeren Ehrenpräsidenten des jüngsten Wohnungskongresses Grafen Posadowsky. den spär lichen Industriekapitänen und den mehr oder weniger feudalen anderen Herren. In Len Regierungsplätzen ist das charakteristische Haupt des Ministers des Innern v. Dallwitz sichtbar, der schon in Anhalt die Feuerbestattung durchgeführt hat. Weiter das bartumrahmte Antlitz des Justizministers B e s e l e r, und auch der Inhaber des wenig bekannten, aber nicht unbedeutsamen Amtes eines Ünterflaatssekretärs im Staatsministerium, o. Eisenhardt-Rothe, ist erschienen. Ungewöhnlich laut geht es in dem Hause zu, als der Oberbürgermeister von Halle, Rioe, den Bericht der Kommission über das Feuerbestattungsgesetz er stattet. Der präsidierende Herr v. Manteuffel, der die Last des Dienstes der Provinz Brandenburg von sich geschüttelt hat, vermahnt das Haus ernstlich, und Rive fügt auf seine Weise noch ein kräftiges „Silentium!" hinzu. Da glätten sich südlich die Wogen der Unterhaltung, und das Haus hört nun mehr bis zum Schluß dem mit leiser Stimme vor getragenen Berichte höflich zu. Dieser Bericht ist groß angelegt. Die einzelnen Seiten des Problems werden von neuem vorgenommen. Alles ist vom Standpunkt der Mehrheit der Kommission aus gesagt, die dem Plenum ans Herz legt, die Zustimmung zu dem Entwurf in der Fassung des Abgeordneten hauses zu geben. Ein Bravo von Freunden der Feuerbestattung schließt den Bericht ab. Dann tritt an Stelle des bürgerlichen Bürgermeisters ein Offizier in blauem Ulanenrock: kein anderer als General- feldn orschall Graf Häseler. Gesund und frisch, so zeigt sich der alte Kriegsmann, während er mit Augenglas und Aufzeichnungen hinter dem Pult hantiert. Nach wenig Worten weiß man, daß -r geger die Vorlage spricht. Er sieht in der Feuer- bestanung keinen Fortschritt, sondern den Ausfluß einer rückläufigen Bewegung, die über dir christliche Z.it hinaus zurückgeht. Also als Bekämpier des Fortschritte will auch dieser Redner nictn gelten. Er lob: den Kirchhof, schildert seine Bedeutung für dir Leroitcruna. für die Familie, die Fürsorge für die Erabblumen, und in Gedanken vergegenwärtigt man sich den märkischen Gutshof des Redners, von dem nicht allzu weit auch ein märkischer Friedhof, wie Fcnrane ihn verherrlicht hat, zu finden sein mag Wer wird diese Anhänglichkeit Rückstand nennen? Man hörr achtungsvoll zu und vernimmt dann die offenbar absichtlich gewählte Schlußwendung: Wir werden auf das Metzer Schlachtfeld geführt, wo die deutschen Krieger noch heute ruhen, wie sie van ihren Kam« reden gebettet sind, unter dem Zeichen Les Kreuzes. Soll es dahin kommen, daß einst ueca.siea ein Scheiterhaufen liegt und <-in Gedenkstein ohne Kreuz verkündet, hier seien die Krieger, die für ihr Vaterland gefallen seien, verbrannt worden? Man folgt auch dieser sich an das Gemüt wendenden Darlegung, um Loch alsbald deren Unhaltbarkeit zu erkennen, denn die Welt hat genug Helden gesehen, deren Leben auf dem Scheiterhaufen zerstört wurde. Non allgemeiner Feuerbestattung sind wir außerdem weit entfernt. Der Minister v. Dallwitz selbst erwidert dem General. Seine Stimme dringt leise durch den Saal. Er gibt sich nicht mit Formalitäten ab, sondern hält sich an die Sache. Der Vorredner irre, wenn er glaube, daß der Bestand der Kirchhöfe durch das Ge setz in Frage gestellt sei. In einigen wohlgesügten trefflichen Sätzen wird dann die Freiheit der Ent schließung auch bei der Verfügung über die sterbliche Hülle proklamiert und dem Staate ausdrücklich Lie Aufgabe abgestritten, sich einzumischen, wo doch nichts geschehe, was durch Gesetz oder durch christlichen Glauben verboten sei. Wir glauben, als all gemeinen Grundsatz herauszuhören: Wenn ein Ein greifen des Staats nicht nötig ist, ist es besser, die im Volke schlummernden Kräfte gewähren zu lassen. Nun wird man sehen, ob der Minister diesen Grund satz durchführen wird, nicht nur für die Toten, sondern auch für die Lebenden. Dem Minister des Innern tritt nicht gleich der jenige der Justiz, wohl aber ein anderer höherer Ver treter des Rechts, der Kanzler des Königreiches Preußen Dr. v P l e b w e an die Seite. Auch jein« Wort sind in ihrer Abgemessenheit und Mäßigung eindrucksvoll. Kein Dogma und kein Programm einer Partei stehe, so meint er. der fakultativen Feuerbestattung entgegen. Das Recht aber, das van menschlichen Gesetzgebern geschrieben wird, habe sich den menschlichen Bedürfnissen anzupassen. Zu den aufmerksamsten Zuhörern hatte bis dahin ein Herr mit mächtigem Haupte gehört, in dessen weißem Haar die Tonsur eine Lücke gerissen hat: der Erzbischof Fischer von Köln. Nun besteigt er die Tribüne. An ihm kehrt die Gebärde wieder, die wir vom Erzbischof Kopp kennen, den wie heut« nicht bemerken: er faltet die Hände vor sich auf dem Pult; sein Organ ist zugleich leise und doch ver ständlich. Er sieht in der Vorlage eine Konzession, sogar eine schwächliche. Christliche Sitten sieht er gesährdet. Durch wen? Durch den christlichen Staat. Während von anderer Seite darauf hingcwiesen war, daß auch innerhalb der katholischen Kirche Stimmen sich zugunsten der Duldung der Feuerbestattung er hoben hätten, kennt er nur den starren Standpunkt der Kirchenregierung, wonach kein Geistlicher an einer Feuerbestattung teilnehmen darf. Lautem Wider spruch begegnet sein Kassandraruf, daß die Partei richtungen, die an den Fundamenten des Staates und der Kirche rütclten, anschwellen. Weit milder, aber doch die christliche Sitte ebenso energisch betonend, zeigte sich der protestantische Ober- hofpredigcr Dryander. Graf Porck v. Warten burg dagegen, der sich neulich im Kampfe gegen klerikale Uobergriffe als Bekenner bewährt hat, emp fiehlt das Kesech unter dem Gesichtspunkt der Dul dung, ebenso Professor Wagner, der für seine Person der Feuerbestattung abgeneigt bleibt. Weiter Professor Waldeyer, der zugleich die Hygiene vertritt, während Graf Droste-Vischering, Graf Strachwitz und der Vorsitzende der evan gelischen Generalsynode Graf Ziethen arff die andere Seite treten. Graf Oppersdorfs, der in der allgemeinen Aussprache nicht zu Worte kommt, weiß sich bei 8 1 einzuschmiegen und spricht ebenfalls dagegen, aber, um ein von ihm früher einmal an gewandtes Zitat zu brauchen: „Ein großer Aufwand unnütz ward vertan." In der namentlichen Abstimmung wird der grund legende erste Paragraph mit 92 gegen 86 Stimmen angenommen. Damit ist frei lich nicht die große Mehrheit erreicht, die sich in der Kommission für das Gesetz gefunden hat, aber die Endmirkung ist die gleiche. Auch die weiteren Para- graphen werden unter Ablehnung aller Nbänderunas- anträg; in der Fassung des Abgeordnetenhauses an genommen. Die Schlußabstimmung ergibt auf jeder Seite 2 Stimmen weniger 90 gegen 8l. Da mit ist diese narlamentarische Aktion abgeschlossen. Preußen hat langsam und zögernd den Schritt nach getan, in dem ibm andere deutsche Staaten voran gegangen sind. Das ist alles. s. Aonkeren; üer ZentraMeUe ltic Volks mohltatrrt. llg. Ellletfeld, 19. Juni. Die Zentralstelle für Nolkswoblsahrt hat am heutigen Montag in der Stadthalle in Elberfeld unter Vorsitz des Staatsministers v. Möller ihre 5. Konferenz eröffnet. Der einzige Gegenstand der Beratung ist das Lehrlingswesen und die Berufe, erziehung des gewerblichen Nachwuchses. Im engsten Zusammenhang damit stand die Frage, die in der der heutigen Tagung vorausgegangenen 5. Iugendpflegerkonferenz der Zentralstelle erörtert wurde, nämlich die Frage der Jugendpflege und deren Zusammenhang mtt den los. Zshrgang. kommunalen Verwaltungen und die Frage des Kriegs spieles im Dienste der Jugendpflege für die schul» entlassene gewerblich tätige Jugend. Ueber die Jugendpflege und die kommunalen Verwaltungen sprach Bürgermeister Maß-Gorlitz. Er sprach sich für eine unpolitische Ausbildung der Jugenh und lür eine möglichst weitgehende Mitwirkung derGemeinh-n aus: als einzige Richtung der Jugendpflege forderte er Treue zu Kaiser und Reich. Dr. Reimers- Halle würdigte die Bedeutung der aus England nach dem Vurenkriege zu uns herübergekommenen Kriegsspiele, die aber rein deutschen Ursprunges seien und für die die Jugend außerordentlich leicht zu begeistern fei. DieKonferenz der Zentralstelle fürDolks- wohlfahrt selbst wurde vom Staatsminister v. Möller eröffnet, der auf die Wichtigkeit und ungeheuer große Bedeutung des Verhandlungsgegen standes hinwies. Hierauf begrüßte Geh. Obcr- regierungsrat Koch -Berlin die Konferenz im Namen des Staatssekretärs des Innern und Wirkt. Geh. Oberregierungsrat Regierungspräsident Dr. Kruse- Düsseldorf im Namen der Düsseldorfer Regierung. Aus dem der Konferenz vorgelegten Jahres bericht geht hervor, daß der Zentralstelle für Volks wohlfahrt gegenwärtig 36 Reichs- und Staatsbehörden, 91 andere Behörden, kommunale Verbände, 50 Hand werks-, Handels-, Gewerbe- und Landwirtschaftskam mern, 147 Vereine und 307 Firmen und private Mit glieder angehören. Hierauf wurde in die Erledigung der Tagesordnung eingetreten. Das Thema der Tagung lautete: Das Lehrlingsweien und die Berufserziehung des gewerblichen Nach wuchses. Als Grundlage der Erörterung diente eine von Dr. Altenrath-Berlin verfaßte umfassende Darstellung der gegenwärtigen Verhältnisse auf dem Gebiete des Lehrlingswesens in Handwerk, Industrie und Handel. Die Konferenz nahm zunächst ein Referat des Landesgewerberats Dr. Kühn-Berlin über die Grundfragen der Berusserziehung und des Lehrlingswesens entgegen, woran sich drei Berichte schlossen. Ueber das Lehrlingswesen im Handwerk berichtete Dr. Wilden-DUsseldorf. Er stellte für das Lehrlingswesen im Handwerk u. a. folgende Grundsätze aus: Als Lehrlinge sollen nur solche Per sonen angenommen werden, die die -erforderlichen Schulkenntnisse besitzen und nicht Krankheiten, körper liche oder geistige Gebrechen an sich haben, die sie für das betreffende Gewerbe untauglich machen. Es empfiehlt sich deshalb schon bei der Lehrstellenver- .mittlung die Mitwirkung eines Arztes, der hierzu sein Gutachten adgibt. Die durch den Lehrvertrag festzustellende Dauer der Lehr eit muß ausgiebig, mindestens auf 3 Jahre bemessen werden, eine Lehrzeit von 4 Jahren ist anzustreben. Den Lehrlingen ist eine angemessene En Schädigung zu gewähren, entweder Kost und Wohnung, unter Um ständen auch Kleidung oder ein Eeldlohn teils aus ertteherischen Gründen, teils um den Eltern hierdurch die Möglichkeit zu geben, ihre Kinder einem gelernten Berufe zuzuführen. Die Beschäftigung des Lehrlings mit seinem Gewerbe nicht in Zusammenhang stehenden Arbeiten ist verboten. Die Fortbildungsschule kann nur eine Ergänzung, nicht ein Ersatz der Meisterlehre zur Vermittlung theoretischer Fachkennt nisse sein. Eine elwaige praktische Unterweisung in sogenannten Lehrwertstätten ist nur für solche Arbeitsverrichtungen angebracht, die ru erlernen die Werrstätte keine oder nicht ausreichende Gelegen heit bietet. Marineoberbaurat Krell-Kiel schilderte die Er fahrungen, die die Kaiserliche Werft mit der Lehr lingsausbildung gemacht hat, und sprach den Wunsch aus, daß die Industrie in stärkerem Maße als bisher dazu übergehen möchte, Lehrlinge auszubilden, da die Leistung der deutschen Industrie gerade auf den Leistungen dieser angelernten Arbeiter beruhe. Scharfe Gegensätze traten hervor bei der Behand lung der Lehrlingsausbildung im Handel. Hier griffen Vertreter fast aller Handlungsgehilfen organisationen in die Debatte ein und betonten mit mehr oder minder großer Entschiedenheit im Gegen satz zum Referenten Professor Dr. Behrend-Mann- heim die schweren Mißstände, die gerade auf diesem Gebiete bestehen. Sie forderten gesetzgeberische Maßnahmen gegen die Lehrlingszüchterei in der Richtung, daß eine Skala aufgestellt werden müsse, auf Grund deren die Betriebe nur eine be stimmte Anzahl von Lehrlingen ausbilden dürfen, und nur solche Firmen, die in das Handelsregister eingetragen sind. Von den Vertreterinnen der weiblichen Handlungsgehilfinnenorganisationen wurde bedauert, daß die Referenten sich ausschließ lich auf die Frage der Ausbildung der männlichen Lehrlinge beschränkten. Staatsminister v. Möller erwiderte, daß es bei dem großen Umfange des Stoffes nicht möglich ge wesen ist, auch noch diese Frage in die Erörterung einzubezieben, und versprach, es auf einer der nächsten Konferenzen zu tun. Zum Schlüsse besprach Dr.W olf, Halle die Bedeutung der Lehrstellenvermitt lung, wofür er besonders die Jnnungsaüsschüsse als geeignete Stellen bezeichnete. Dann schilderte Diplom ingenieur Frölich-Düsseldorf das Lehrlingswesen in der Industrie. Die Ausbildung der Lehrlinge in der Industrie müsse gleichfalls handwerksmäßig vor sich gehen. Auch die Industrie verlangt von den Facharbeitern eine genaue Kenntnis der einschlägigen Facharbeiten, sowie eine gewisse Geschicklichkeit. Die Industrie hat nicht nur die moralische Pflicht, sondern auch ein lebhaftes eigenes Jntetesse an der Ausbildung des Nachwuchses ihrer Facharbcitcrschast. An diesen Bericht knüpfte sich eine mehrstündige umfangreiche Ausjpr ache. Sie ergab im wesent lichen eine Uedereinstimmung über die Erfahrungen, die man mit der Lehrlingsausbildung in der In- dustrie und im Handwerk gemacht hat. Meinung«» Verschiedenheiten ergaben sich nur über nebensächliche Punkte. Damit schloß die Aussprache, die nunmehr als Grundlage bienen soll für die weitere Behand lung dieser Frage in den Fachabteilungen der Zentralstelle.
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