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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 22.08.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-08-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110822014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911082201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911082201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1911
- Monat1911-08
- Tag1911-08-22
- Monat1911-08
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BezugS-Prei- iür Letprta »nd Vorort« dnrch »,s«r« Träger und Ev«dtte»r« 2«al tiallch ins Haus gebracht:«I Vs.»onatl^r.7V«r. rierleliährl. B«i unlrrn Filialen u. La» nahmestellen obaebolt: 7S Vs. moaatl- r^S Vtt. »certrliShrl. Larch »s« P»lt: >nn«rbald Liutschland» und dsr deutschen Kolonie» vierteljährl. ».Li Mt., monatl. l rv Mt. ouslchl. Polrbesrellaeld Ferner in Belgien, Lanemark, den Tonaolcaaren. Italien, Luxemburg, Niederlande. Nor wegen, Lelierrelch - Ungarn, Nutzland, Schweden. Schweix u Spanien. In allen rdrigen Staaten nur dcretl durch dt« Geichältsftell« de» Blatte» erhältlich. Ta» Leipziger Tageblatt erschein« Lmal täglich. Sonn» u. Feiertag» nur morgen». Ülhonnements-Annahme' I«hann!»g»ss« S. tei unseren Tragern, Filialen.Spediteuren und Annahmestellen, sowie Por.ämlern und Bnestragern. N!oraen-rlusgabe. Mipügcr TagcblM s14SS2 sNachtauschlu») A s "?S2 (Nachtanschlnh) 'lüL Handelszenung. -.1.^°,»^,«°-- Amtsktatl des Rates rind -cs Vokizeiamtes der Ltadt Leipzig. 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Dss Wichtigste. * Die nationalliberale Landespartei rn Bayern rechts des Rheins veröffentlicht ein äußerst scharfes Communiquä gegen den Erzbischof von Bettinge r. (Siehe Letzte Dep.) * An Stelle des in den Ruhrstand orrsel- '" mirals von Truppe! wurden Kapitän zur See Meyer-Waldeck zum Gouverneur von Kiautschau ernannt. (S. Dischs. N.) * Ueber die Konkurrenzklausel wird im Reichsjustizamt ein neuer Gesetzentwurf vorbereitet. lS. Dtschs. R.) * Auf den meisten englischen Eisenbahn linien ist der Betrieb wieder aufgenom» men worden. Aus London wird das Fallen der Lebensmittelpreise gemeldet. (S. d. bes. Art.) * Aus zwei belgischen Badeorten werden Zwischenfälle zwischen deutschen und belgischen Badegästen gemeldet. (S. Ausl.) * Die spanische Regierung fordert die Ober hoheit über den Hafen von Jfni (Santa Cruz) vom Sultan von Marokko. (S. d. bes. Art.) * In China ist eine neue weitverzweigte Re- oolutionsbewegung aufgedeckt worden. >(S. d. des. Art.) Die rwrüWesmiger. Zum unendlichsten Male wird eine Ver ständigung Deutschlands und Dänemarks über die nordschleswigsche Frage angekündigt. Die „Preußischen Jahrbücher" haben jüngst eine in diesem Sinne gehaltene und auf einen hohen dänischen Staatsbeamten zurückgeführte Zu schrift gebracht. Weil gleichzeitig die konier- vativ-hosoffiziöse „Berlingske Tidende" und die radikal-kabinettsoffiziöse „Politiken" sich den Artikel angeeignet oder ihn wohlwollend be sprochen haben, wird ihm um so größeres Ge wicht beigelegt, wird womöglich in nächster Zu kunft eine amtliche Erklärung erwartet, durch die sich die dänische Regierung feierlich von allen deutschfeindlichen Agitationen um unsere Nordmark herum lossagen soll. Die Zuverlässigkeit der Meldung voraus gesetzt, mutz man urteilen: es kann nicht schaden, unserer Sache nicht. Die dänische Regierung mutz es ja mit sich selber abmachen, inwieweit sie durch ein derartiges Loyalitätsversprechen für die Zukunft ihre Loyalität in der Ver gangenheit in ein schiefes Licht setzt. Die „nordschleswigsche Frage" an sich oder vielmehr die Nichtexistenz einer solchen Frage ist an sich klar genug. Das nordgermanische Volk mit seinem messerscharfen Verstände hat niemals die franzö sischen Kindlichkeiten mitgemacht, eine freiwillige Rückgabe der eroberten Provinz um der „Völker versöhnung" willen auch nur als Problem auf zustellen. Noch sicherer hatte selbst der einfachste Mann aus dem Volke begriffen, daß Dänemarks Ansprüche mit der bedingungslosen Abtretung der Elbherzogtümer an die siegreichen Groß mächte durch den Wiener Frieden erledigt und auch nicht durch den fünften Artikel des Prager Friedens wieder aufgelebt waren, dieser vielmehr ausschließlich Oesterreich ein Mitbestimmungsrecht über das endliche Schicksal der nördlichsten Bezirke beließ. Wenn 1867 mit Dänemark Verhandlungen über die Ausführung des Artikels angeknüpft sind, so ist fast ein Zuviel an Entgegenkommen be wiesen; daß die Dänen nicht mit beiden Händen zugegriffen, sondern Schwierigkeiten gemacht, insbesondere die geforderten Bürgschaften für die deutsche Minderheit verweigert haben, war ihre ganz eigene Todsünde. Nach dem Oesterreich am 11. Oktober 1878 in die Beseitigung der einst grundlos von ihm ge forderten und ebenso grundlos von Preußen zugestandenen Klausel eingewilligt hatte, war die „Frage" auch zwischen den beiden Vertrags mächten abgetan. Was in der Schwebe blieb, waren einmal den französischen entsprechende Revanchehoff nungen, die sich an mögliche europäische Ge legenheiten anschloffen. Eine sichere Unterlage schienen ihnen die nahen Verwandtschaften des Königshauses mit dem russischen und dem eng lischen Hofe zu geben. Waren doch schon vor den Verschwägerungen diese selben Mächte es gewesen, die 1849 wie 1864 das deutsche Be freiungswerk aufs äußerste erschwert, das erste Mal verhindert hatten! In England trat der Einfluß der Prinzessin von Wales aus verschie denen Gründen, auch wegen ihres ruhigen Temperamentes, zunächst weniger hervor. Desto ungestümer pochte die lebhafte Zarin auf die endliche Eröffnung „ihres kleinen Krieges", und es war wohl zumeist die bessere Einsicht der verantwortlichen Ratgeber des Selbstherrschers in die Tauglichkeit der russischen Machtmittel, die das Schwert schließlich doch in der Scheide festgehalten hat. Nachdem Rußland einen schweren Krieg verloren hat, und auch in England das Jahrzehnt abgelaufen ist, in dem dynastische Wünsche einer gewalt samen Auseinandersetzung auch um nicht un mittelbar englischer Interessen willen hold schienen, dürften die letzten dänischen Hoff nungen zu Grabe getragen sein. Ihr äußeres Wahrzeichen hatte diese Wandlung schon durch das „Ostseeabkommen" vom April 1908 erhalten, mag schließlich dieser Vertrag gleich ähnlichen auch im wirklichen Ernstfälle zerreißbar sein wie das Papier, auf dem er geschrieben steht.' In der Nordmark selbst aber und ihrer dä nischen Nachbarschaft hielten besonders die un geregelten Verhältnisse der „Optanten kinder" lange Zeit die Wunde offen. Nach dem Erwerb Schleswigs war den dänisch sprechenden und dänisch-gesinnten Einwohnern die Wahl ihrer Staatsangehörigkeit anheimge stellt, wie es ähnlich auch bei der Einverleibung Elsaß-Lothringens in das Reichsgebiet geschehen ist. Hier wie dort haben die deutsch-preußi schen Verwaltungen mit ziemlicher Strenge dara. j bestanden, daß die Option effektiv, daß sie mit einer Uebersiedelung in das erwählte Vc verland verbunden werde. Allein der ver- v- ndschaftlichen, Berufs- und gesellschaftlichen Beziehungen zwischen den Abgemanderten und den Zurückgebliebenen waren doch zu starke, als daß eine strenge Sperrung der Grenzen gegen das zurückflutende Dänentum durchgeführt werden konnte, und Perioden strafferer Anziehung der Zügel folgten immer wieder solche weiterherzi ger Auslegung der festgestellten Normen. Schließlich ist — fast überflüssigerweise, da eigentlich Deutschland sein Hausrecht hätte be haupten sollen — ein Vertrag mit der däni schen Regierung über die Regelung dieser Streit frage abgeschloffen. Als er herauskam, wurde uns die endgültige Beilegung der deutsch-dänischen Gegensätzlich keiten angekündigt. Ein Austausch von Besuchen der Staatsoberhäupter sollte das Siegel unter die Aussöhnung setzen. Diese Auffassung war natürlich übertrieben. Die sogenannten freund nachbarlichen Beziehungen waren längst in dem Sinne, den die Diplomatensprache als „Korrekt heit" klassifiziert, hergestellt. Schon ein Jahr nach der Aufhebung des Artikels V hatte König Christian, wie es schien sogar am Vor abende eines drohenden deutsch-russischen Krieges, einen Besuch in Berlin abgestattet. Aber der allerletzte Rest der nationalen Mißvergnllgt- heiten war trotz allem noch nicht aus den leben digen Säften des Volkskörpers ausgeschieden. Darum fehlt uns auch für die allerjüngste Heilsbotschaft noch der Berge überwindende Glaube. Den guten Willen der dänischen Re gierung halten wir in den ihm gebührenden Ehren und sind auch davon entfernt, den Zwang der Verhältnisse als seinen einzigen Bestim mungsgrund zu betrachten. Wir vergessen auch nicht, daß die als eigentliche Trägerin des Revanchegedankens anzusehende Landespartei seit einem halben Dutzend Jahren aus dem Regiments verdrängt ist, und die maßgebenden Kräfte der jetzt herrschenden bäuerlich-demokra tischen Partei die Aussöhnung mit Deutschland schon zu einer Zeit forderten, da das Ministe rium Estrup die Verfassung vergewaltigte, um seine Rüstungspolitik betreiben zu können. Aber es fehlt immer noch eine Kleinigkeit, um den Punkt auf das letzte i des Verständi gungswortes zu setzen: der gute Wille der Nordschleswiger und ihrer Vctterschaften in der Grenzzone. Wir können unsere Ein deutschungsarbeit in der Mark nicht aufgeben, bis die Zahl der dänisch Sprechenden und dänisch Denkenden auch in den nördlichsten Bezirken zur bedeutungslosen Minderheit herabgedrückt ist. Ebensowenig werden die Betroffenen ihren Widerstand, ihre nationale Agitation einstellen. Aber zähe, schwankungsfreie Fort führung des für recht und notwendig er kannten Verfahrens muß zuletzt der stärkeren Kraft zum Siege verhelfen. Zähigkeit gegen Zähigkeit und ruhiges Abwarten jedoch ist die unweigerliche Bedingung eines Erfolges. Man soll die Innerlichkeit des Na tionalgefühles auch am Gegner anerkennen, aber auch der eigenen Sache vertrauen, nicht auf Störrigkeit schelten und nicht abwechselnd nach Verschärfung oder Milderung des „Dünen kurses" rufen, wenn noch durch eine Reihe von Wahlperioden hindurch ein einsamer Dänen- Parteiler das Reichstagsmandat von Haders leben behauptet. Oie Aussichten ües deutschen Kutzenhsnüels. Eilt für die Oekonomie des Ackerbaues der Satz: „Der letzte Scheffel ist der teuerste", so gilt umge kehrt sür die modern« Maschinen-Eroßindustrie der Satz: „Die letzte Elle ist die Klügste." Aus diesem Grunde muß die Industrie besonderen Wert auf den Absatz der letzten Elle, das heißt: auf eine Erweite rung des Achatzmarktcs bis zur Ausnahme einer größtmöglichen Menge von Produkten legen. Wenn durch die vermehrte Massenproduktion die letzte Elle, ö. h. damit zugleich jedes einzelne Stück, billiger wird, dann kann diesem oerbrlligten Fabrikat auch im Aus land selbst wieder ein weiterer Kreis erschlossen wer den. Die letzte Möglichkeit der Produktionssteigerung bietet aber nur die Mitbenutzung des äußeren Mark tes. Erkennen wir die hierin begründete besondere Bedeutung des äußeren Marktes, so werden wir nicht bestreiten können, daß die Zukunft des deutschen Aus fuhrhandels eine noch über den prozentualen An teil der Ausfuhrwerte an der Ge;amtproduktion hinausgehende Pflege erheischt. Wollen wir nun die Zukunftsaussichten des deut schen Außenhandels untersuchen, so werden wir zu scheiden Haven zwischen den verschiedenen Haupt gebieten unserer internationalen Handelsbeziehungen. Diejenigen Gebiete, mit denen Deutschland in reg sten Handelsbeziehungen steht, sind: Großbritannien, Rußland, die Bereinigten Staaten von Nordamerika, Südosteuropa und Süd- und Mittelamerika. Rach diesen Gebieten entfaltete sich der deutsche Handel in den Jahren 1908 und 1909 laut Ausweis des Sta tistischen Jahrbuches für 1910 folgendermaßen (in Millionen Mark): Daran schließen sich an: Einfuhr 1909 1908 Ausfuhr 19W 1908 Größerbritannien 1571 1399 1243 1255 Nußland Ber. Staaten von 1386 964 507 521 Nordamerika 1262 1283 605 508 Cüdosteuropa Süd- und Mittel- 917 912 950 '.«9 awerila 969 916 442 405 Nordwesteuropa 543 493 803 777 Frankreich und Kolonien 517 448 459 440 Fast man den zentraleuropäischen Gürtel von Nordwest bis Südost zusammen, >o zeigt sich da» dieser Landkomplex denjenigen des grössten deutschen Eesamthandels bildet; und es ergeben sich für die jenigen Länder bezw. Ländergruppen, mit denen wir in einem jährlichen Warenaustausch von mehr als je einer Milliarde stehen, folgende Eesamtziffern: 1909 1908 Südostcuropa 1867 Millionen 1850 Millionen Nordwesteuropa 1346 zusammen zen- traleuropäijcher 1270 Gürtel 3213 3120 Erößer-Britannien 2814 2644 Rußland 1893 1485 Vereinigte Staaten 1867 1791 Süd- u. Mittelamerika 1411 ,, 1312 Diese Länder insgesamt stehen demnach im deut- scheu Spezialhanbel des Jahres 1909 mit rund 11,2 Milliarden unter den 15,1 Milliarden der ganzen Ein- und Ausfuhr Deutschlands im Spezialhandcl. Bon den verbleibenden knapp 4 Milliarden entfielen auf Len Gesamthandel mit Frankreich 976 Millionen, mit den drei nordischen Neichen 771 Millionen, mit Italien 577, mit der Schweiz 575, mit den niederlän dischen und belgischen Kolonien 241 Millionen. Alle anderen Länder komchen nur mit verhältnismäßig geringfügigen Beträgen in Frage. Steht in der Statistik unseres Außenhandels unter den einzelnen Ländern Großbritannien seit langem an erster Stelle, so ist es doch gut, daran zu denken, daß England für uns in sehr bedeutendem Umfange nur Zwischenhändler und bei sorgsamer Pflege unse rer direkten überseeischen Handelsbeziehungen viel fach entbehrlicher Zwischenhändler ist. Was die Ber einigten Staaten anbetrifft, so müssen wir uns vor Augen halten, baß diese uns auf der ganzen Welt immer schärfere Konkurrenz zu machen sich anschicken, daß die aus Exporteuren ihrer Rohstoffe mehr und mehr zu Konsumenten derselben und zu Exporteuren von Fertigfabrikaten werden. Insbesondere muß unsere Textilindustrie mit der Tatsache rechnen, daß ihr der amerikanisck>e Markt mehr und mehr ein- geengt wird, Amerika selbst schon fast halb soviel Baumwollwaren erportiert wie importiert, und auch für die Robstosfzufuhr Sorge getragen werden muß, nach Möglichkeit von der fast monopolistischen Stellung Amerikas auf dem Baumwollmarkt. freizukommen und andere Produktiousgcbiete zu entwickeln. Bei dieser Betrachtung des englischen und des amerikanischen Marktes und angesichts der den euro- päischen Exporteuren drohenden Gefahr, gegenüber der amerikanischen und japanischen Konkurrenz auf dem ostasiatischen Markt immer mehr ins Hinter treffen zu kommen, gewinnen die Handelsbeziehungen zu den näher gelegenen Gebieten, insbesondere des zentraleuropäischen Gürtels, wieder an gesteigerter Bedeutung, zumal in« Außenhandel der Mehrzahl unserer Nachbarländer der deutsche Handel an weit aus erster Stelle steht. Sie haben vielfach den deut schen Absatzmarkt für ihren Export schlechtweg nötig und brauchen auch für große Teile ihres Handels mit Uebersee Deutschland als Vermittler nötiger, als wir selbst bsispielsweisc England gebrauchen. In dieser Beziehung sagte kürzlich Dr. Gehrke in einer sehr instruktiven Abhandlung in Conrads Jahrbüchern: „Deutschland ist sozusagen ein Sammelbecken, ein Klärbassin, das den Warenstrom aus Mittel- und Osteuropa zusammenfaßt und ihn erst nach Reinigung, Veredelung weiterleitet und andererseits von Uebersee her Kolonialwaren und industrielle Rohstoffe heran zieht, um mit ihnen vor Ueberlcitung in den Ber- brauch Europas denselben Umwandlungs- und Ber- edclungsprozeß durchzumachen. Es genügen diese Beispiele schon, um zu zeigen, daß mit wenig Aus nahmen alle die Industrien, die gegenwärtig der Stolz Deutschlands sind, frische Lebenskraft und auch für ihre zukünftige Betätigung gute Aussichten be sitzen. Das einzige ist: Sorge tragen, daß sie diese Lebenskraft nicht durch Verlust ihrer Absatzgebiete verlieren!" Zur Ausnutzung dieser Berkehrslage sind wir hin gewiesen auf die Sicherung des europäischen Marktes, die Schaffung eines größeren merkantilen Einflusses auf die uns unmitelbar benachbarten Staaten. Die Möglichkeiten dazu sind uns geboten durch die Aus nutzung besonderer Vorteile, die von der Natur unserem wirtschaftlichen Leben gegeben sind, wie bei spielsweise in Gestalt unseres Naturmonopols in Düngesalz, und weiter durch besondere handelspoli tische Begünstigungen der Nachbarn, beispielsweise durch Borzugsbehandlung der galizischen Erdöl industrie. Ein räumlich sich anschließender außereuroröi c' - Markt, dessen Pflege wir uns dringend angelegen sein lassen müssen, ist Kleinasien und der vordere Teil von Binnenasicn, besonders das Verkehrsgebiet der Dagdadbahn. Wenn die Bahn gebaut ist und die der Gesellschaft verliehenen wichtigen Konzessionen für Bergbau, Schiffahrt, Bodenmelioration usw. aus gebeutet werden, läßt sich mit ziemlicher Sicherheit voraussagen, daß Mesopotamien noch einmal zu hoher Blüte erwachen und sich wieder zum wirtschaft! ick-cn und kulturellen Mittelpunkt von ganz Vorderasicn aufschwingcn wird. Da es jedoch arm an Kohle und Esten ist, wird es sich in der Hauptsache auf die Er zeugung landwirtschaftlicher Produkte — Getreide und, als besonders wichtig für Deutschland, Baum wolle — beschränken mistsen, während es auf die Eui fuhr von Fertigfabrikaten der Großindustrie wohl stets angewiesen sein wird, und zwar besonders der Zweige, deren Ausfuhr Deutschland am meisten am Herzen liegt. Alles in allem weist uns die Sorge um die Siche rung unserer wirtschaftlick?«n Zukunft hin auf eine Zusammenfassung der zwischen der Nordsee einerleits, dem Schwarzen Meer und Mittelmeer sowie dem Per sischen Golf andererseits wirkenden Kräfte, die auch politisch eine besonders wertvolle und sichere Stütz« des Weltfriedens zu bilden berufen erscheinen. Line neue Revolutivns- bewegung in Lhins. Die Verhaftung dreier südchinesischer Revolu tionäre, die einen Bombenanschlag auf den durch jein scharfes Borgelzen beim letzten südchinesischen Aufstand l>ei der Bevölkerung mißliebigen Admiral Li-Ehun geplant hatten, hat zur Aufdeckung einer neuen, weitverzweigten Revolutionsbewe gung geführt. Im Besitz der inzwischen enthaupte ten Attentäter wurden drei Proklamationen beschlagnahmt, die erkennen lasten, wie genau alle Einzelheiten des Nevolutionsplanes bereits ausgc- arbeitet sind. Die „Proklamation an das Volk" er innert an die 4000 Jahre alte chinesische Kultur, die so manchem Angriff standgehalten hat, und führt aus. das; die chinesische Revolution ein vierfaches Ziel verfolgt. Die M a n d s ch u s, die seit 200 Jahren China geknechtet haben, müssen vertrie ben werden. Eine neue Zentralregierung muß an die Spitze des Reiches treten. Die Repu blik mit einem vom Volk erwählten Präsidenten und einer demokratischen Verfassung soll entstehen. Unter Beibehaltung des persönlichen Eigentums wird ein Staatskommunismus angestrebt. Nicht mit einem Schlag, sondern durch eine mehrere Jahre währende staatliche Umgestaltung soll die Republik geschaffen werden. Die „Militärpcriodc" wird dem Sieg der Revolutionäre über die Mandschus folgen. Line Militärregierung hat das Land mit eiserner Hand von allen Mißständen, ungerechten Steuern, drückenden Einrichtungen und veralteten Gebräuchen zu reinigen. Dann wird nach zwei Jahren das Volk einen Vertrag mit der Militärregierung schließen und während der dreijährigen Dauer dieses Vertrages wird die Zivilgewalt mit Unterstützung der Militär gewalt befestigt werden. Dann kommt — fünf Jahre nach der Revolution — die „konstitutionelle Periode". Die Militärregierung wird aufgelöst und China wird „die Republik der Mitte". Die „Proklamation andie Mächte" gibt kurz den Plan, die Mandschus zu vertreiben, bekannt, und führt dann in sechs Artikeln aus: 1) Das chine sisch« Volk wird die zwischen China und den Mächten geschlossenen Verträge respektieren. 2) Das Volk er kennt die finanziellen Verpflichtungen Chinas, die es vor der Revolution eingegangen ist, an. 3) Di« Rechte der Mächte werdrn respektiert werden: Leben und Eigentum der schon vor der Revolution im Lande ansässigen Fremden bleibt beschützt. 4) Das Bolk er kennt dagegen keinerlei finanzielle Verpflichtungen der Mandschuregierung, die diese nach der Revolution abschließcn wird, an. 5) Unterstützen die Mächte die Mandschus beim Widerstand gegen die Revolution, dann werden sie vom Volk als Feind« betrachtet. 6) Waffen und Munition, die den Mandschus gelie fert werden, verfallen der Konfiskation. Die dritte an die Armee gerichtete Proklamation der Revolutionäre betont nach der „A. E. O.", daß olle Chinesen Brüder sind. Bis her war dies nicht der Fall; die chinesischen Soldaten unter den Mandschus bekämpften das chinesische Volk. Die Revolution wird auch hier Wandel schaffen, denn die 4 OVO 000 Mandschus können den 40 000 OVO Chi nesen nicht widerstehen. Das Revolutionskomitc«
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