Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 01.07.1920
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1920-07-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19200701023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1920070102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1920070102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1920
- Monat1920-07
- Tag1920-07-01
- Monat1920-07
- Jahr1920
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
MschE -uo. r«l.rs4si. sowt« jeden »o 7Ubrr Tanz «ltnnr 8<r»v«i>- »dn n. rv»gvo- »ung Weiischüstr» > »«!>»« « u,r jortrag d«S Herr» »er «att» «»6- - l ittelhM lsesstt. r. »u. stbend-ftnsgade 114. Jahrgang -IL-itWrg Amtsblatt Les NatLs rrrrd Les potiAS-Luntes Lsr: SLcvLL I!k. 301 Hauptschriftleiker: Dr. Everth, Leipzig ' Donnerstag, den 1. 3ttli Verlag: Dr. Reinkold L Lo., Leipzig 1920 Der Sturmlauf gegen die Teuerung Die bayrische Bauernschaft für Ermäßigung der LeLensmittelpreise München, 1. Juli. (Eigener Drahtbericht.) Die bayrische Bauernschaft macht mit dem Preisabbau den Anfang. Die Bezirke Altötting und Mühldorf haben be schlossen, weitere Preiserhöhungen nicht mehr mltzumachen. Am Be zirke Straubing lehnten die Milchprcduzenten die MilchpreiS- erhöhung ab. Die bayrische Baocrnschast hat im Verein mit dem Land- wirtjchaftSminister um felgende Richtlinien ausgestellt: Anter keinen Umständen eine Erhöhung der Brot- und Mehrpreise. Wir müssen mit den Getreidepreisen unter den Vorschlägen des Reichsernährungsministeriums bleiben. Wir sind bereit, mit bsm Kartoffelpreis 10 <R unter den Preis deS Reichsernäh- rungsmmistcriums heruntcrzugehen. Wir bitten die bayrische Regie rung, beim Reiche dahin zu wirken, das; der ursprünglich von Bayern vorgeschlagene Höchstsatz von 350 -K (statt 420 -ck) für den Zentner Lebendgewicht Fleisch für das ganze Reich verbindlich gemacht wird. Wir können auch bei Milch um 30—40 Pf. herunlergehen, immer vorausgesetzt. Las; keine Lohnerhöhungen kommen. Die rheinischen Bayern wollen den Kampf Köln, 1. Auli. (Eig. Drahtbericht.) Die Bauernschaft schciüt den Kampf gegen die Städte ansnehmen zu wollen, weiche die Obstcrzeugcr wegen wucherischer Ausbeutung des Pubikums zur Anzeige brachten. Der Bund der Landwirte hat eine Anzahl von Protestschreiben an die behördlichen Stellen gesandt, die in einer überaus stark besuchten Versammlung in dem rheinischen Dorfe Rierten zur Verlesung kamen. Der Kölner Markt soll in Zukunft boykottiert.werden. Man fordert die Bauernschaft auf, ihre Erzeugnisse nach anderen oberrheinischen Orten zu bringen und sich gegen die öffentliche Gewalt aufzulehnen, falls die Stv.atsanwal'- schaft auf den Märkten eingreifen sollte. * * * Frankfurt a. M-, 1. Auli. (Drahtber.) An einer Reihe auswärtiger Blätter wurden die übertriebensten Nachrichten über die Frankfurter öffentlichen Kundgebungen gegen die hohen Lebensmittel preise verbreitet. Man las u. a., daß Kaffeehäuser gestürmt und die Gäste mißhandelt wurden, von Plünderungen und ähnlichem mehr. An Frankfurt weiß man davon nichts. Die hiesigen Blätter halten überein stimmend berichtet, daß die Kundgebungen eindrucksvoll verliefen und es zu ernsten Ausschreitungen nicht gekommen ist. Von Plünderungen und Unruhen, wie in anderen Städten, ist keine Rede. Die hiesige Arbeiter schaft ist gut diszipliniert, und wo sich Anfänge von Ausschreitungen zeigten, schritten sofort die Führer ein und mahnten mit Erfolg zur Besonnenheit. Enthüllungen über den Grenzschmuo^el Duisburg. 1. Auli. (Eig. Drahtbericht.) Der Leiter Les Landespolizeiamtes Ministerialdirektor Dr. F a l ck - Berlin sprach in einer Versammlung der Polizeibcamt n über die Aufgabe der Polizei bei der Sicher st ellung -er Volksversorgung. Er führte aus, daß der ganze Wirtschaftsplan während ter Kriegszeit zu einem großen Teile nur auf dem Papier gestanden habe als Beruhi- gungsmittel für das Volk. An der holländischen Grenze habe ein Schmuggel in einem bisher nicht erreichten Umfange cingeseht. Gewaltige Schiebungen seien mit Wissen der preußischen und süddeutschen Regierungen erst wieder in jüngster Zeit vorgenommen worden. An der holländischen Grenze würden Transporte von 16 Pfer den unter Bedeckung von Banden mit Karabinern und Handgranaten sowie Patrouillen von über 40 Radfahrern über die Grenze gebracht. Die dortigen Beamten seien überzeugt, daß ihnen in Berlin ent. gegengearbeitet werde und dort Beschwerden gar nicht mehr gehört würden. DLMschnatZsnLlLr Amrsg auf Aufhebung der ZmanqsrvrrLfchast Berlin, 1. Auli. (Drahtberlcht.) Die deutschnationale Fraktion des Reichstages hat im Reichstage einen Antrag eingebracht, die Regierung zu ersuchen, die öffentliche Bewirtschaftung von > Lebensmitteln, mit Ausnahme von Brotgereide und Milch, unver- , züglich aufzu heben und Maßnahmen zu treffen, um durch die > Steigerung der Brotgetreide- und Milcherzeugung die rasche Beseitigung > der gesamten öffentlichen Bewirtschaftung zu ermöglichen. Ferner bean tragt sie, um das Verderben erheblicher Teile der Ernte zu verhüten, und um die Volksernährung sicherzustellen, unverzüglich eine Verordnung zu erlassen, durch die Arbeitseinstellungen nd Aussperrungen in landwirt schaftlichen Betrieben, insbesondere während der Saat- und Erntezeit, vor Anruf der Entscheidung des zuständigen Schlichkungsausschusses verboten werden und terroristischen Ausschreitungen jeder Art mit aller Ent schiedenheit entgegengetreten wird. Die Vorbereitungen für Spa Abreise der deutschen Delegierten am Sonnabend. — Zwei Denk schriften und ern Gutachten über Deutschlands Wirtschaftslage. Berlin, 1. Auli. (Drahtbericht unserer Berliner Schriftleilung.) Aus den Kreisen der Delegation für Spa wird mitgeteilt, daß die Verhandlungsführer, Sachverständigen, Sekretäre und Pressevertreter insgesamt nicht über 50 Köpfe zählen werden. Nach dem bisher vorliegenden Kabinettsbeschlnß wird die Konferenz vom Reichskanzler F ehrend ach und vom Rcichsminister des Aeuszcrn Simons besucht werden. Vermutlich werden aber auch die Reichs minister-W i r t h, Scholz und Hermes daran teilnchmen; ferner noch 25 höhere Beamte, deren Nanien morgen mitgeteilt werden. D'e Abreise der deutschen Delegation nach Spa wird Sonnabend abend mit einem Sonder zuge erfolgen. Es sind, wie bereits mitgeteilt, insgesamt nur sechs deutsche Pressevertreter nach Spa zugelassen (davon einer als Ver treter illustrierter Blätter). Diese Beschränkung ist von belgischer Seite wegen Raummangels auferlegt worden. Damit wird die deutsche Presse in ihrer zahlenmäßigen Vertretung erheblich hinter der Entente presse zurückstehen, die aus England, Frankreich, Alalien und Amerika Sondervertreter entsendet, zum Teil aber auch noch ihre Berliner Ver treter nach Spa beordert hat. Der Berichterstattung aus Spa stehen aber auch noch technische Schwierigkeiten entgegen. Spa hat zwor aus der Zeit der Waffenstillstandsverhandlvngen sehr gute (deutsche) tele graphische und telephonische Anlagen, aber ob ein direkter Anschluß nach Berlin verfügbar sein wird, ist hier noch nicht bekannt. Mit Sicherheit kagn die Delegation vorläufig nur auf die Benutzung eines Fernschreibers rechnen, der aber allein schon durch den amtlichen Dienst überlastet sein wird. Die Frage nach der Dauer der Konferenz ist noch ganz offen. Erfolgt keine Verständigung über eine Verhandlungsgrundlage, so wird sie nach wenigen Tagen zu Ende sein. Einem Berliner Mittagsblatt zu folge kann keine Rede davon sein, daß von feiten der deutschen Verband- lungsführer sogleich ein serkig ausgearbeiteles Entschädigungsprogramm, ein fest abgegrenzter deutscher Gegenvorschlag, wie ihn die Entente zeitungen zu erwarten scheinen, gemacht werden kann. Die deutschen Vertreter hoffen, daß sie nach dem Austausch der beiderseitigen An erkennungen zunächst Gelegenheit haben werden, ihr Ziffern - malert al vorzulegen, das den unmöglichen Anforderungen des Frie densvertrages die in Deutschland gegebenen Wirtschafts- und Arbeits bedürfnisse und Lebensnolwendigkeiten enkgegengestellt. Aus diesem Ziffernmaterial der nach deutschen Schätzungen von den Kriegsgegnern erlittenen Schäden und des deutschen NLaterialbedarfS usw. ergeben sich gewisse Folgerungen. Gelingt es die Gegenseite zu bestimmen, das Zlffernmaterial und die Folgerungen daraus in Erwägung zu ziehen, so dürste sich die Konferenz in Kommissionen auflösen, wobei gewisse Ma terien von den Verhandlungen vielleicht ganz abgezweigt werden, wie z. B. die rein finanziellen Fragen, die ja auch nach der Absicht der Entente erst nachher in Brüssel einer gesonderten gemeinsamen Be ratung unterzogen weiden sollen. Die deutsche Friedensdelegation in Poris hat, wie wir erfahren, heute der Friedenskonferenz Zwei amtliche Denk- schrlften übergeben, die gleichzeitig auch den alliierten Regierungen in London, Parts, Rom und Brüssel übergeben worden sind. Die e r'ft e Denkschrift behandelt die Zahlungsfähigkeit Deutschlands für die W i cderqutmachung, die andere stellt im einzelnen bar, inwieweit Deutschland schon jetzt seine Steuerquellen angespannt hoi. A« der Begleilnote wird kurz darauf hingewlesen, daß Deutschland zur Erfüllung der-' ngeheuren Leistungen ans dem Friedens vertrage wesentlich geringere Quellen ;ur Verfügng sieben als vor dem Kriege. Die deutsch« Regierung betrachtet es als ihre Pflicht, diese schwierige Situation rückhaltlos klarzulegen, um völlige Klarheit über den gegenwärtigen Stand der wirtschaftlichen Verhältnisse und der Steuerbelastung des Reiches zu schaffen. Die Erörterungen über die zu treffenden praktischen Maßnahmen zur Durchführung der wirt schaftlichen und finanziellen Bestimmungen des Friedensvertrages werden den mündlichen Besprechungen in Spa vorbehalten. Mit einer zweiten Note ist gleichzeitig ein sehr ausführliches Gutachten von 22 im deutschen Wirtschaftsleben an hervorragender Stelle stehenden Männern überreicht worden. Das Gutachten, das auf Ersuchen der Re'chsrcgierung erstattet ist. soll ein möglichst umfassendes Bild der wirtschaftlichen Gesamtlage Deutschlands, "seiner Leistungsfähigkeit und der Möglichkeit seiner Kräftigung geben. Belgiens Forderung: 10 Milliarden Rotterdam, 1. Auli. (Drahtbericht.) Der Brüsseler Korrespondent Les „Nieuwe Rotterdamsche Courant' erfährt von zuverlässiger Seite, daß Belgien alsMindestentschädigung die Summe von 10 Milliarden Franken fordern werde Poris, 1. Auli. (Drahtbericht.) „Havas" meldet aus London: Austen Chamberlain wird, weil ihn die Erörterung über dis Finanzgesetze in London festhälk, nicht zur Konferenz nach Brüssel reisen. Er wird durch den Minister ohne Portefeuille Sir Laming Evans erseht. * * * Paris, 1. Auli. (Drahtbericht) An der Finanzkommission der Kammer erklärte gestern der Kolonialminister Sarraut auf eine An frage, die Regierung gedenke daS Mandat über Kamerun in eine Annexion zu verwandeln. Drei Abkommen mit der Tschechoslowakei Praq, 1. Auli. (Drahtbericht.) Auf Grund der Beratungen der zwischenstaatlichen Kommission, die von der tschecho-slowakischen und der deutschen Regierung eingesetzt worden war, sind vorläufig unter Vorbehast drei Abkommen getroffen worden, und Mvar 1. ein Wirtschaftsabkommen, 2. ein Vertrag bekr. die Staatsbürgerschaft und 3. ein Abkommen über di. Durchführung des Art. 297 (Liquidation) des Friedensverkrages von Versailles. Die Karrdidatenaufftelluny für die amerikanische Präsidentschastswahl Son Franzisko, 1. Auli. (Eig. Drahtber.) Der hier zusammen getretene demokratische Konvent wählte Senator Glaß zum Vorsitzenden des GeschäftsordnungSausscbuIkes und Senator Robinson zum ständigen Vorsitzenden des demokratischen Konvents. Beide sind hervorragende Mitglieder von Verwaltungsbehörden. Hierauf wurde der Unterausschuß ernannt, der das Wa hl p r o g ra m m entwerfen soll. Seine Mitglieder sind fast alle treue Anhänger der Regierung. Aus diesen Ernennungen, und besonders aus dem Ausschlüße Bryans aus dem Mahlorogrammausfchuß, schließt man darauf, daß die Männer drs gegenwärtigen Regimes auf dem Konvent entscheidenden Einfluß haben. Der Unterausschuß für das Wahlprogramm beschäftigte sich u. o. auch mit dem Verbot alkoholischer Getränk«. Der Präsident verlangte aber, daß man nun endlich zu der Ernennung von Kandidaten übergeben solle. Der erste Kandidat, der genannt wurde, war Senator Oven aus Oklahoma, doch qeht die Meinung vielfach dahin, daß MacAdoo Aussicht habe, als endgültiger Kandidat ausgestellt* zu werden. Grotzpolerrs Ende? Die polnische Presse teilt mit, daß der Termin der Volks- , abstimmung in ZipS und Arva auf den 2. Juli und in Masuren und Lrmeland auf den 15- Juli festgesetzt worden ist. Bei der Abstimmung wird es von der größten Bedeutung sein, welche An ziehungskraft die innere Lage beider Staaten haben wird und was, praktisch genommen, Deutschland und Polen ihren Bewoh nern zu bieten haben. Dem Deutschen Reiche geht es sicherlich nicht gut, und der unsinnige sogenannte .Friedensoertrag" be lastet unsere wirtschaftliche Zukunft aufs schwerste — wie aber sicht cs in Polen aus, wie sind die Aussichten der jungen Repu blik, die die „Times' ironisch .einen Staat für eine Saison" ge nannt haben? . . Seit Wochen gibt es eine M i n i st e r k r i s i s, aus der die 13 Parteien und Klubs des Landtags nur schwer einen Ausweg finden dürften. Die stärksten Parteien haben gründlich abge wirtschaftet, und besonders die chauvinistischen Nationaldemo- krcftcn haben durch ihre unsinnige Ostpolitik jedes Vertrauen im Lande verloren. Die Sozialisten, die sogenannte P. P. S., gewinnen immer mehr an Einfluß und sollen auch jetzt in -er neuen Regierung Witos hervorragend vertreten sein. Mer die polnischen Verhältnisse einigermaßen kennt, weiß, daß diese Tat sache .Bände spricht". Das städtische Proletariat wird nun zur Macht zugelassen, nachdem es bisher im vollen Sinne des Wortes ein Paria der Gesellschaft war, nachdem es keinerlei Arbeitsschutz und 'Versicherungen, keinerlei politische Rechte und Geltungs möglichkeiten gehabt hat. In keinem Lande sind die sozialen Gegensätze so scharf, so sehr auf einen Konflikt zugespitzt. Jetzt kommt noch dazu, daß die Industrie gelähmt, die Arbeitslosigkeit erschreckend ist und das arbeitslose Landproletariat — allein 8 Millionen Morgen Land sind in diesem Jahre unbestellt ge blieben! — in die Städte abwandert. Polen, das nach I. M. Keynes boshafter Bemerkung keinerlei Gewerbe außer den Iudenhehen hat, ist daher nicht imstande, diesem Chaos der Ar beitslosigkeit zu steuern. Die nationalchauvinistischen, scharf antisozialen Kreise der Magnaten und des Bürgertums hielten seit der Entstehung der jungen Republik ihre Zeit für gekommen und haben sich um die Lage des tatsächlich verelendeten polnischen Proletariats nie ge kümmert. Die Gewinnung Oberschlesiens, der Kampf gegen das Deutschtum und die größenwahnsinnige Ausdehnung auf der Ukraine und Rußlands Kosten beschäftigte diese ebenso phantasie reichen wie unpraktischen Politiker vollauf. Es wurde unausge setzt gerüstet, gelärmt und in Gedanken Millionen von Weiß russen, Litauern, Ukrainern, Juden, Deutsche und Russen annek tiert — bis Polen wiederum, wie in den früheren Zeilen vor dem langsamen Ende der glorreichen, aber bettelarmen Republik an den Abgrund geführt war. Heute haben die bisherigen Regenten Polens, die Padcrewski, Pilsudski und Palck, cs erreicht, daß Polen in Italien, England, Amerika keine Freunde mehr hat, daß Rußland, Deutschland und Litauen, d. h. alle Grcnznachbarn, seine Gegner sind und nur noch Frankreich als Freund und Bun desgenosse gelten kann. Im Innern durch Parteienhader zer rissen, durch maßlose Teuerung, Seuchen, Unruhen und immer währende Streiks gehemmt, mit einem Defizit von 12 Milliarden in den letzten neun Budgekmonaken und einer Riescnschuld ans Ausland belastet, mit einem siegreichen Feinde, mit dem die eige nen Bolschewisten sympathisieren, an den Grenzen — so steht Polen nun da. Was aber soll werden, wenn die Front, ge- schwächt durch den weißrussischen Aufstand im Rücken, zusammen» bricht? Werden die Polen imstande sein, dann auch nur die eigentlich polnischen Gebiete, Kongrcßpolen und Westgalizien vor einer Invasion durch die Bolschewisten zu schützen? Man wird dies bezweifeln müssen. Die Nachrichten über den polnischen Bolschewis mus klingen bedrohlich. Englische Blätter, so .Daily Herald' vom 22. Mai, melden unter anderem, daß sich in den polnischen Wäldern Banden gebildet haben, sogenannte .schwarze Armeen', die Brücken und Eisenbahnen überfallen und systematisch zer stören Die Banden greifen auch die Garnisonen in den Städten an. Das Krakauer Blatt .Illustr. Kurjer Codzienny" schreibt z. B. am 6. Juni: „Die Agenten Lenins sind in Warschau wieder am Werk. Der Streik der Bäcker und die Ankündigung eines Eiscnbahnerstreiks sind alles Symptome von Machenschaften bol schewistischer Agitatoren. Für Warschau und vielleicht für ganz Polen ist wieder ein kritischer Augenblick eingetreten, der um so wichtiger ist, als jede dem Staate und dem Volke feindliche Be wegung unsere Aktion an der Front schädigen kann, wo eine Entscheidung bcvorsteht." — Diesem kritischen Augenblick widmet der ^Kurjer Warszawski' einen Artikel von W. L. Rabski. .In Warschau herrscht wieder Unruhe. Es wird das Gerücht von einem beabsichtigten militärischen Anschlag auf die Regierung und den Staat verbreitet. Der Katilinarismus wagt sich wieder auf die Straße. Wochenlang hat er sich bewaffnet, mit Sowjetrubeln um sich geworfen und geredet. -Das alles geschah straflos. Ein Streik jagte den andern. Die Löhne der Arbeiter erreichten phantastische Höhen. Die Industrie weinte über dieses Absurdum, aber sie kapitulierte. Die Regierung erklärte, .daß der Staat zu grunde gehen wird', aber auch sie kapitulierte. Nur der bolsche wistische Kakilina lochte und sandte geheime Telegramme nach Petersburg: .Alles gut.' Als man sich zu bemerken erlaubte, daß .Polen platzen' wird, da niemand solche verrückte Arbeiter löhne aushclten könne, wurde mit Lachen geantwortet, so möge es platzen. Monatelang dauerte diese Verdummung der pol nischen Arbeiter. Monatelang wurde der Acker für die bolsche wistische Saal gemessen und gedüngt. Die Städte und die Dörfer wurden vernichtet. Das Volk wußte darum und fragte: Wo ist die Regierung?' Die Antwort hieraus dürfte nicht schwer fallen: Die Regie rung leitete den imperialistischen Eroberungskrieg, um die Grcn-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite