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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 23.06.1919
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1919-06-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19190623026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1919062302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1919062302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1919
- Monat1919-06
- Tag1919-06-23
- Monat1919-06
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1919 Nr 238 Mon.ag, oen 23 Juni Perlag: Dr. Reindolö L Co., Leipzig Hauptschristletter: Dr. Tverid, Leipzig Bedingungslose NNterzeichKNU Der neue Beschluß der National-- Versammlung Weimar, 23. Juni. In der Heuligen Sitzung der Nattonal- versammlung erklärte Ministerpräsident Bauer, daß, nachdem die Alliierten die bedingte Unterzeichnung abgelehnt und eine Unterzeichnung der Frist abgeschlagen haben, die Neichsregirrung genötigt sei, der Nationalversammlung den Borschlag zu machen: Unterschreiben wir. Er sägte hinzu: Ich darf wohl an nehmen, das; die gestern der ReichSregierung erteilte Vollmacht zu unterzeichnen auch unker den gegenwärtigen Umständen Gel tung haben soll. Nach einigen kurzen Erklärungen der Partei führer stimmte auf Antrag der deulschnationalen Fraktion die Nationalversammlung darüber ab, ob daS gestrige Mandat auch weiterhin gelten soll. Die überwiegende Mehrheit er klärte sich damit einverstanden. Die Regierung wird so fort eine Note nach Versailles melden und den Alliierten den Beschluß der Nationalversamm- lungzur Unterzelch nungdes Friedens mitteilen. * * * Weimar war heute morgen wieder ein politischer Hexenkessel. Die mühsam errungene Klarheit d r letzten Tage war plötzlich verschwunden. Die Siiuation, der die Mehrheitssozialisten hatten anSweichen wollen, und um derentwillen sie das Kompromiß mit den Demokraten in letzter Stunde auSgeschlagen halten, ist nun doch eingelreten. Seit 10 Uhr morgens tagen die Fraktionen, und G.neral Maerckcr sowie Major Gilsa, der Stabschef von RoSke, «Uten geschäslig von Fraktion zu Fraktion und erklärten, daß sämtlich« Offiziere ihre Aemter nieder legen wollten, wenn der Fried« etwa nun mehr ohne die Vorbehalte der Ehrenpunkte unterzeichnet würde. Das Kabinett hat beschlossen, die Verantwortung für die be dingungslose Unterzeichnung des Friedens zu tragen. Ls handelt sich also nur noch darum, eine Mehrheit in der Nationalversamm lung für das unbedingte Votum sicherzafiellen. Bei deu Demokraten werden wahrscheinlich 14 Abgeordnete für die Unterze'chaung stimmen. Etne vorläufig« Abstimmung des Zent kamt ergab Ü3 gegea »ud 14 für die Unterzeichnung. Nachdem das Kabinett haute nachmittag vou ber Nationalver sammlung das Mandat zur Unterzeichnung erhalten and die Not« ab gesandt hat, wird es voraussichtlich se'ne Demission geben, denn die Abstimmung im Zentrum bedeutet ein Mißtrauens votum für die Politik gewisser Zeutrumsmlkglleder des Kabinetts. Auch hak sich der Minlsierpräsidenk Bauer gestern in der Note der artig auf die Bedingtheit der Annahme scstgelegr, dcß er kaum über de» notwendigen Augendl'ek der Unterzeichnung hinaus Ministerpräsident bleiben kann. In Wirklichkeit befinden wir uns bereits in einer Kabinettskrise; da aber nur wenige Slundeu Zeit bleiben für die Unterzeichnung des Vertrages. Hal man davon abgesehen, die Krise noch vor dcm Abend zum AuSt^ag z« bringen und auch von der ur- s sprünglichcn Absicht abgesehen, ein rein sozialistisches Kabinett zu bilden und Zentrum und Dcmckrc'cn bei der Abstimmung sich der Stimme ent halten zu lasten. Da; alte Kabinett wird also die Voll macht erhalten, den Frieden zu unterzeichnen. ES ist natürlich immerhin möglich, wenn auch kcincewcgs wahrscheinNch, daß dir Abstimmung der RaNoncrlvcrsommlung «'ne Ueberraschulig bringen könnte, weil eine Anzahl Abgeordneter abgcre'st sind. Die Note der Entere Eine neue Kabinettskrise. — Wiederholung der Abstimmung. Weimar, 23. I-.ni. (Drahlbericht unseres Weimarer Sonderberichterstatters.) Nach der Aukunft der ab lehnenden Note der Entente trat, wie i n Morgenblult ge meldet, das Kabinett zur Beratung zusammen und faßte u. a. den Beschluß, die Entente um eine Verlängerung der Frist um 48 S t u n d e n za ersuchen. Es w^rde eine Note abgesandt, die dieses Verlangen damit begründet, daß das der Negierung e.teilte Mandat nur für die bedingte Unterzeichnung auSreiche und daß deshalb, um den Frieden nach demokratischen Grundsätzen und unter Berücksichtigung der inneren de tschen Verhältnisse abz »schließen, eine zweite Abstim mung der Nationalversammlung notwendig sei. Auf diese Note ist folgende Antwort einqegangen: Herr Präsident! Die alliierte»» und assoziierten Negierungen Haden dl« Ehre, den Empfang Ihrer Mitleilunq vom 23. Juni zu bestätigen. Nach einer gründlichen Prüfung Ihrer Bitte bedauern sie, daß es ihnen nicht möglich ist. Euer Exzellenz die oorbewilligte Frist zu ver- länger», um sie ihre Entscheidung bezüglich der vorbehaltlosen Unterzeichnung des Vertrages wissen zu lassen. Genehmigen Sie, Herr Präsident usw. gez. Clemenceau. Erzberger bleibt in der deutschen Waffsnttill^ ««dskommfffion Weimar, 23. Iunt. stvrahlberichk.) Erzberger, der das Reichs- sinanzministerlum übernommen hat, wird auch weiterhin die mit der deutschen Waffenstillstandskommission verbundenen Geschäfte leiten. Die in den Gegenvorschlägen angckilnd'gte Kommission, die die Verhandlungen mit der feindlichen Kommission führen wird, soll auch unter der Leitung Erzbergers stehen, sodaß in seinen Händen die Abwicklung deä Friedensschlusses liegen wird. Die Antwort auf die deutschen Rückfragen Versailles, 23. Juni. (DrahtberichtZ Die Antwort der Entente auf die Rückfrage der deutschen Regierung vom 20. Jun» besagt ungefähr folgendes: 1. Die am 10. Juni überreichten 200 Exemplar«, enthaltend alle Veränderungen und Abänderungen, sind alä authentischer Text zu betrachten. 2. Die Erklärungen auf Seite 7 bzw. 42/43 des Memorandums widersprechen einander nicht, vielmehr ergänzen sie einander. Deutsch land wird durch den Eintritt in den Völkerbund der gleichen Wirt- schaftS- und Verkehrsrechte teilhaftig wie die anderen Bun- desmitglieder. 3. Die Alliierten haben immer erklärt, daß Frankreich die ört lichen öffentlichen Schulden und die Schulden der öffentlichen Anstalten m Elsaß-Lothringer» übernehmen wird. Artikel 55 und 255 beziehen sich wieder auf die öffentlichen Schulden deS Reiches und der Bundesstaate»» und enthalten nichts, waS die. französische Schuld übernahme in Elsaß-Lolhringen verneinen würde. 4. Bezüglich der Kommission für Oberschlesien ist kein Widerspruch zwischen Memorandum und Artikel 45 zu entdecken. Das gleiche gilt für die Bestimmungen über Memel. 5. Zur Frage der Abrüstung Helgolands haben die Mi- irrten schon auf Seite 17 des Memorandums ihre Absicht erklärt, eine Kontrollkommission einzuseszen, die bestimmen wird, welche Teile der Befestigungen als Schuh der Küste gegen die Nagearbeit des MeereS erhallen bleiben dürfen. 6. DI« alliierten und assoziierten Mächte betrachten die deutschen Eisenbahnen und Gruben in Echantung als öffent liches Eigentum und haben nie etwas anderes erklärt. Wenn Deutschland aber Privatrechte nachweisen kann, so werden den Inhabern di« Entschädigungsrechtc nach den allgemeinen Prinzipien des Vertrages zugestanden werden <d. h. Deutschland wird die Privatberechtigt en selber entschädigen müssen). Der Gegenwert wird Deutschland aus Enkschädigungskonto gulgebracht. 7. Die Ententemächte beabsichtigen einen Monat nach Inkraftsetzung des Vertrages Deutschland die Liste jener Personen vorzulegen, die gemäß Artikel 228 an die Entente auszullefern sind. 8. Die Entenkemächte haben nicht dl« Absicht, der Entschädigungs kommission das Recht zu geben, die Mitteilung von Fabrikations geheimnissen und andere vertrauliche Aufzeichnungen zu verlangen. Der Vertrag gibt der Kommission auch keine Exekutivgewalt in Deutsch land und kein Recht zur Einmischung la dte Leltung und Ueberwachung des deutschen Schulwesens. 9. Aus Seile 34 des Memorandums lst keine bestimmte Art der Entschädigungstilgung festgelegt. Deutschland hat das Recht erkalten, binnen vier Monaten nach Unterzeichnung selbst erst Vor- schlüge zur Prüfung durch die Entente zu nnlerb»e«ten, um die Arbeit de» Entschädigungskommission schneller zu gestalten, dl« Untersuchung zu verkürzen und die Entscheidung zu beschleunigen. 10. Die Musterungen auf Seile 36 des Memorandums über dle Versorgu-g Deutschlands mit Lebensmitteln und Rohstoffen kann nicht als festes Versprechen angesehen werden, denn eS ist dort ausdrücklich die Rücksicht auf da- eigene, durch die deutschen An griffe geschädigte WIrkschaflSIcben Vorbehalten. Das Memorandum druckt nur die Absi >t der Entrnle aus, die Wiederbelebung der deut schen Wirtschaft so sehr wle möglich zu erleichlern. 11. In den Bestimmungen über die GeldauSfuhr der Reichs bank sind keine Widersprüche zu finden. 12. Dle Ententemächte werden gegen solche Liquidatoren deutschen Eigentums im feindlichen Ausland, denen Deutschland unreelles oder bet.ügerilches Gebaren Nachweisen kann, nach den eigenen Landesgesetzen Strafverfolgungen einlelten. Die gegebenen Aufklärungen werben in einem Protokoll ausgenommen, das dem Vertrag angehängt wird. Dieses Protokoll ist der Antwort der Entente beigefügt. Es enthält die Punkte 5, 6, 7, 8, 0 und 12 in positiver Fassung. Herr v. Haniel zum Bevollmächtigten ernannt Versailles, 23. Joni. (Drahlberichl.) Die deutsche Neichs- regerung Hal in eincr vom Reichspräsidenten Ebert onkerschriebenen and vom neuen Mln stcrprästdcnten Bauer gegengezelchneten Note den Gesandten o. Haniel, der zarzeit die deutsche Delegation in D r- sailles vcrtrill. die Vollmachten öbsrkragen, Verhandlungen über den Abschluß deS Friedens zn führen, linier- schriften zu geben und Unterschriften in Empfang zu nehmen. Obgleich in d eser Role noch nichls von der Unterzeichnung dcs FriedenSverlragcs gesagt wird, läßt sich annehmen, daß auch diese schwere Aufgabe Herrn v. Haniel übertragen werden wird. Eine neue Delegation soll also nicht gewählt werden. Versailles, 23. Juni. sDrahtbcrichk.) Gesandter von Hamcl hat im Auftrage des Neichsmintstcriums am Sonntag dem Vorsitzenden der Friedenskonferenz Clemenceau vier Noten zustellcn lasten: l. eine Note, in der Clemenceau die Zusammensetzung der neuen Reichsregierung milaeteiii wird, 2. eine No!s, in der das Ergeb nis der Abstimmung der Nationalversammlung vom Sonntag bekannlgegeben w cd, 3. eine Note, in der Herrn Clemenceau zur Kenntnis gegeben wird, daß Gesandter non Haniel bevoll mächtigt ist, die Antwort der Reichsregierung auf die Note des Präsidenten der Friedenskonferenz vom 16. Juni zu übergeben, Erklä rungen abzugeben, Gegenerklärungen entgegenzunehmen und Verhand lungen zu führen, 4. die in obiger dr'tier Note erwähnte Antwort der Reichsregiernng auf die Note des Präsidenten der Frie denskonferenz vom 16. Juni. Diese letzte Note ist die Erklärung der deutschen Regierung zur Frage der Annahme der Friedensbedingungsn der alliierten und assoziierten Regierungen. Rücktritt des preußischen Kabinetts? Berlin, 23. Juni. (Drahtberichk.) Die Frage, ob das preußische Kabinett zurückkreten wird, ist noch nicht geklärt. Es kann jedoch kein Zweifel darüber bestehen, daß das preußische Etaatsministe- rtum einige Veränderungen erfahren wird. Wie man hört, soll auch der preußische Ministerpräsident Hirsch die Ab sicht haben, von seinem Amte zurückzutrelen. Die Entscheidung, ob das Gesamkministcrium demissioniert oder nur einige Mitglieder der preußischen Regierung ausscheiden, wird voraussichtlich heute fallen. Dle Fraktionen der preußischen Lan desversammlung hielten gestern Fraktionssitzungen ab. Jur Versenkung der deutschen Kriegsschiffe Konteradmiral Reuter übernimm! öl« Berankwortunq ' Amsterdam, 23. Juni. sDrahtbericht.) Das Nentersche Bureau meldet aus London: Es verlautet, daß der Konteradmiral von Reuter die volle Verantwortung für die Versenkung der deutschen Schlachtschiffe übernimmt, und zwar aus Grund eines von dem früheren deutschen Kaiser im Jahre 1814 gegebe nen Befehls, daß die Schiffe niemals in Feindesland fallen dürften. Berlin, 23. Juni. sDrahtbericht.) Einer Haager Meldung deS «B. T.' zufolge weiß man in England noch gar nicht, wieviel Schiffe versenkt worden sind. Es steht fest, daß dte englische Admiralität alles tun wird, um die Sache möglichst zu vertuschen. Jedoch wird es ohne Zweifel einen großen Skandal in England geben. Anderseits werden manche Leute aufatmen, daß nun ein Zankapfel zwischen den Alliierten auf diese einfache Weise verschwunden ist. vorausgesetzt, daß tatsächlich ziemlich die ganze Leulsche Flotte auf dem Meeresgrund« liegt. Die Unterzeichnung Von vr. Johannes Iunck. Es ist nicht leicht, heule die rechten Worke zu finden. Einem vaterländisch empfindlichen Herzen ist in den letzten Tagen fast zu viel zugcw.uket worden. Am liebsten möchte man daS Haupt beugen und schweigen. Die Oual ist auch noch nicht zu Ende. Sckon die kurze Meldung, daß die Entente den letzten Wunsch der deutschen Regierung abgelchnl hat, weist aus den un^ venöynlichcn Starrsinn der Gegner hin. Und demnächst wird man noch den Hohn der Pariser Presse, der .Times' und ihrer Schwestern gleicher Sorte, hinunterschlucken müssen. Den Hohn darüber, daß das Deutschland, auf dessen Lippen soeben noch ein stolzes .Unerträglich und Unannehmbar' schwebte, nun so plötzlich doch noch nachgegebcn hat. Wozu dieser Lärm? werden sie drüben spöttisch fragen. Das Schlimmste ist, daß solche Frage der Feinde nicht ganz unberechtigt sein wird. Zwischen der Haltung der ab- aekrelenen deutschen Regierung und der der neuen ist eine Brücks schwer zu schlagen. Vor allem aber läßt sich nicht leugnen, daß die so tapfere Haltung der Friedensgesandtschaft in Versailles, dieses deutschen Ausienposlcns, nicht vereinbar ist mit der Stimmung, die sie in der Heimat vorsanü. Wenigstens uns persönlich hat nichts tieferen Eindruck gemacht, als die Einmütigkeit jener Männer, die aus so ganz verschiedenen Lagern stammten und sich doch ohne Ausnahme zu einem Nein zutammengefuuden kalten. Neben den Vertretern des auswärtigen Dienstes standen dort Landsberg und Giesberls, also Angehörige gerade der Parteien, die den Kern der Unkerzeicknungsmehrheit von Weimar gebildet haben: der Sozial demokratie und des Zentrums. Ihnen zur Seite Pazifisten, wie Schücking, also solche, deren Pazifismus wicht erst von heute, sondern aus einer Zeit stammt, wo es noch etwas kostete, sich dazu zu bekennen. Und endlich auch die Leute aus dem großen Wirt-« schaflsleben, die hanseatischen Bankiers und Reeder, die doch den Wert internolionoler Beziehungen zu würdiaon wissen, und denen gerade deswegen ein besonderes Maß von Glauben zukam, wenn sie versicherten: dieser Friedensvertraq bedeutet das Todesurteil über Deutschlands Weltstellung, auch seine wirtschaftliche. Es sei gewiß nicht gering geschätzt, was die deutschen Fric^cnsunterhän->- ler noch in letzter Stunde erreicht haben: die Volksabstimmung für Oberschlesien und die Durchkreuzung der französischen Hinterlist hinsichtlich des Saargebiekes. Aber trotz dieser Zugeständnisse sind die Männer aus Versailles schließlich doch zurückgekehrt mit einem Unerträglich und Unannehmbar. Sie haben ja auch zum größten Teile die richtige Folgerung hieraus gezogen und einen Eintritt in die neue Regierung abgelchnt. Auch wir möchten übrigens nicht versäumen, namentlich ihrem Führer, dem Grafen Brockdorff- Rantzau, für sein Auftreten noch einmal zu danken. Die Worte, die er in Versailles gesprochen Hal, haben dem deutschen Emp finden wohlgetan und eine letzte Genugtuung verschafft. Mög« dieser Mann dem deutschen Staaksleben nicht für immer ver» loren sein! Ueber alles dies ist dle deutsche Nationalversammlung mit einer erdrückenden Mehrheit hiaweggegongeu. Wir zögern keinen Augenblick, persönlich auSzusorecken: zu unserem tiefen nationalen Schmerze. Und dem gequälten Herzen entringt sich ein Wunsch. Möchte wenigstens eines erspart bleiben: die Auslieferung der Nlänner, dle, mögen sie auch geirrt haben, dock ihr Bestes für daS Vaterland eingesetzt haben. Zwar hat, wie schon bemerkt, dis Entente auf die Note der deutschen Regierung, in der die Bereit schaft zur Unterzeichnung unter Vorbehalt ausgesprochen war, be reits abschläglich geantwortet. Mir hoffen aber, daß sich diese Ablehnung nur auf dos deutsche Ersuchen bezieht, daß der Frie densvertrag innerhalb von zwei Jahren einer Nachprüfung durch den Völkerbund unterbreitet werden möchte. Nur für diesen Zu satz hatte die deutsche Regierung beantragt, daß er als wesentlicher Bestandteil des Vertrages angesehen we»de. Die Erklärung der deutschen Regierung, die sich gegen die Verpflichtung zur Aus lieferung richtet, hat, so viel wir zu erkennen glauben, einen ande ren Sinn. Nämlich den Sinn, daß Deutschland zwar unterschreibe, aber die Erfüllung dieser Verpflichtung von vornherein als unmöglich bezeichne und ablehne. Es ist abzuwarken, welche Folge rung die Entente hieraus ziehen wird. Sollte es nicht doch im Lager der Entente verständige und anständige Männer genug geben, die diesen Vorbehalt zugestehen? Und zwar Männer, die dann zu ihrem Worte auch halten, und nicht wie jener Wilson bei dem geringsten Widerstand sofort Umfallen. Aber selbst wenn dem deutschen Volk das letzte und bitterste, die Auslieferung seiner Helden, erspart werden sollte: der Rest, der übrig bleibt, ist furcht bar genug. Fast möchte man die beneiden, die ihr Leben auf dem Felde der Ehre lasten dursten. Einer sagte uns: Einst habe er dem Schicksal gedankt, als er im feindlichen Granatfeuer wie durch ein Wunder verschont geblieben sei; heule zweifle er, ob er Grünt» zu diesem Danke gehabt habe. Trotz alledem hoffen wir. Laß es dl« Empfindung wei tester Kreise wiedergibt, wenn ausgesprochen wird: gerade di« nationale Trauer sollte verbieten, diejenigen Volksgenossen, deren Ueberzeugung sie zu einer anderen Entschließung gezwungen hat, deswegen unerbittlich zu befehden oder gar zu beschimpfen. Di« Erklärung der verbundenen Rechtsparteien vom 20. Juni war nie t frei hiervon. Es ist ein Unrecht, dem gemarterten deutschen Volke in dieser Stunde ins Gesicht zu schleudern, es gebe seine Ehre preis. Darum sei dem Grafen Posadowsky gedankt, daß er gestern andere Töne gefunden hat. Sein Wort von der Auferstehung — es braucht ja nicht im engsten konfessionellen Sinne verstanden zu werden — war ein gutes Wort. Tiefer ist wohl noch daS Goethisch«, in dieser Zeit so oft wiederholte: Stirb und Werde. Um so mehr bedauern wir die von der Deulschnationalen Parket als solcher angekündigte Ausschlachtung der Weimarer Abstim mung. Kein Wort wäre scharf genug, um solche Gesinnung zn brandmarken. Wle guten Deutschen sollten sich heute In dem Be streben vereinigen, daS tief gebeugte Vaterlanb wieder aufzn»
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