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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 20.12.1924
- Erscheinungsdatum
- 1924-12-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192412206
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19241220
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19241220
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1924
- Monat1924-12
- Tag1924-12-20
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«ild«-°»..DurchdlePosiinD«itt<». MM ^^MMU M M MM Anreiaen»kei« ' b»r die ««,a»t'<Giad,.u. Post-) «»Naae: »rinder kurier »land monallia, 3.50 Mk DU UU U M^^U H-M U U M M MM MM «»SkIgeNH»reiS. Die 12ac>palicnc 2t mw beeile Bc cll.Ub.crlr Ausland «i Mk. eiiiicvI.Borlo. ^ri-vc n! iäal mora L WL L » M M E M M M M M. > ,we,und,want>», Piennig. Faauiicimincio.» voii -t-r>v.ilc» Höü.Gcwali lchUeiu üriülluna aus Schr«itl ,GeslbSl,s,i.,Druckerei V V M d V V ,echS Plenntg. - MelegenbeiiSanz. Lieuengelucbc. Reklame- Leiviig. FobaniuSaasse 8 <Fernspr.Onsgcspr.Sammel.Nr.: 70811. zeilen. Ravauc u«w nacb Tartt. Mr romb.Aunr. mil N.L.Z. Sonder- Ferngelpr. 1708S-1.0S2) ebenda u. in allen Filialen Anzeigen- und Bedingungen. Platz- u. Tatenvorscbri«,. unvervindl. «rMllunason u Abonnemenl-Annatzme: aucv nimml iedeS Postamt Bestellungen an. Gerichtsstand Leipzig (AnttSger. Leipzig» Postscheck-Kto. Leipzig 3004. La» L«l»sla«r raaeblatt e«tbS« di« amttieb«« UerareutMach»«,«» »«» V«ll»«U>rSNdi»«» L*t»si« irr- Leip,tger Schriilieiiung: Zobannisgasse 8 (Fernsprecher 70811) tisri 20 Oe-Sinker 1924 ^dner Sa^>Il>eimng ^schwitz, Schillerstr. 35 «Ferns^^^^ 118 I»1lD0. Oir. <S0/ Berliner Scvriitirnung ttowstr 21 <Fernspr.DSnboff36OO-3k03) aen Hallesche Schrtstlettung Marttnstrake 17 lFenilprrcher8588) »a». Der Eksolg -er NMMgWllhleil Von ««ns Delbrüvlc. Man hört vielfach die Aeußerung, die Auflösung l es Reichstages sei überflüssig gewesen, da die Par teien so ziemlich in derselben Stärke wiedergekommen und nur durch den Wahlkampf die Gegensätze zwischen ihnen verschärft und dadurch eine Regierungsbildung erschwert worden sei. Diese Auffassung ist nicht zu treffend. Allerdings ist der Spalt der Volkspartei auf der einen und dem Zentrum und der Demokra tischen Partei auf der anderen Seite durch den Wahl kampf vergrößert worden. Aber auch ohne diese Ver größerung war der Wille, sich von der Linken zu trennen, in der Deutschen Volkspartei so stark, daß die Konstellation in.dreser Beziehung durch den Wahlkampf nicht wesentlich beeinflußt worden ist. Umgekehrt aber haben die Neuwahlen eine sehr wich tige Verbesserung der Lage gebracht vermöge der Niederlage der beiden extremen Par teien, des völligen Zusammenbruchs der Völkischen und des starken Rückgangs der Kommunisten. Dabei ist die Verschiebung in den Stimmenverhältnissen im Reichstag selbst nicht das wichtigste. Das wich - tigste sehe ich vielmehr in der Wirkung nach außen. Deutschland wird noch immer trotz seiner vollendeten Machtlosigkeit von den anderen Völkern mit Argwohn betrachtet. Wie groß die deutsche Machtlosigkeit ist, hat soeben der General Graf Mont- gelas in wahrhaft erschütternder Weise in den ..Europäischen Gesprächen" ^Deutsche Verlagsnnstalt, Etuttgar'. Dezcmberhest 1924) durgelegk. Noch auf Generationen ist Deutschland schlechterdings unfähig, an einen Wasfengang mit irgend einem seiner Nach barn zu denken. Was man aber drüben fürchtet, ist ein Ausbruch des Fanatismus. in dem sich Bolschewis mus und Nationalismus verschmelzen könnten; auch in Rußland ist ja der Bolschewismus zugleich natio nalistisch. Der Argwohn, daß eine ähnlich.- Ver bindung in Deutschland zur Herrschaft gelangen könnte, ist nunmehr durch die Neichsragswahl, bei der gerade diese beiden Richtungen am schlechtesten gefahren sind, stark abgedämpft. Parteien, die in offenbarem Rückgang begriffen sind, kann man nicht mehr fürchten. Das wirkt auch weiter auf die Nachbarparteien. Die Deutschnationalen brauchen nicht mehr aus Rücksicht auf Wähler-Stimmen und Wähler-Abwanderungen der völkischen Demagogie so viel Zugeständnisse zu machen und ebenso die Sozial demokraten den Kommunisten. Ich denke, das ist ein sehr wesentlicher Gewinn, mag nun das nächste und das übernächste Ministerium zusammengesetzt fein wie cs will. Auch nach innen wird diese Rcichstagswahl Wirkungen ansüben, die viel bedeutsamer sind, als das direkte Ergebnis. Die Zukunft Deutschlands wird nicht zum wenigsten davon abhängen, wie schnell und wie sehr sich die s o z i a l d e m o k r a t i s ch e P a r t e i von der marxistischen Doktrin loslöst und zu einer überlegten Realpolitik übergeht. Diese Bewegung war ja bereits vor dem Kriege im Gang, ist durch den Krieg und die Revolution teils gefördert, teils auf gehalten worden, und es kommt viel darauf an, in welchem Tempo es weitergeht. Der praktische Aus druck der marxistischen Doktrin ist die Parole des K l a s se n k a m p f e s, die Vorstellung, daß das mo derne Wirtschaftsleben eine natürliche Spaltung zwischen Arbeiterschaft und Kapitalisten mit sich bringe, die notwendig das ganze politische Leben be- herrsche. Diese Lehre ist schon wesentlich erweicht durch die Betrachtungen, wer eigentlich zur „Ar beiterklasse" gehöre. Der Doktrin nach sind eigentlich nur gemeint die Arbeiter der industriellen und landwirtschaftlichen Großbetriebe. Man fand die Formel der „Hand- und Kopfarbeiter", was den Be griff der Arbeiterklasse sehr ausdehnte, namentlich auch in die Kreise der Kleinbesitzer, Krämer und An gestellten hinein. Kopfarbeiter aber sind schließlich auch die Großindustriellen: wer war ein fleißigerer Kopfarbeiter als Stinnes? Die letzten Wahlen brachten nun die Gefahr, daß durch Proklamierung des Bürgerblocks der komplementäre Begriff der Arbeiterklasse von neuem belebt wurde. Zweifellos haben ja aus mannigfachen Gründen auch viele Ar beiter für di? Deutschnationalen oder für die Volks partei gestimmt, und alle diese Stimmen legen Zeug nis ab gegen den Glauben an das alleinseligmachende Prinzip des Klassenkampses. Noch viel wichtiger ist aber doch, daß zwei orga nisierte Parteien sich der Parole des Bürger blocks versagt haben, das Zentrum und die Deutsch, demokratische Partei. Die letz tere Partei hat in diesem Wahlkampf als ein Glied der Linken an der Seite der Sozialdemokratie ge kochten. Das wird ihr hier und da Schaden getan haben, hat aber den für alle Zeit unschätzbaren Vor teil gebracht, daß kein ehrlicher Sozialdemokrat mehr das alte Schlagwort von der „einen reaktionären Masse" aller Nicht-Sozialdemokraten wiederholen kann Ich wage nicht zu sagen, daß es mit der Pa role des Klassenkampfes definitiv zu Ende sei. Eine Partei kommt von Doktrinen , die jahrzehntelang gc- predigt und den Massen eingchämmert worden sind, so leicht nicht los, und die Kommunisten werden da für sorgen, daß man nicht etwa stillschweigend über die Schwierigkeit hinweggleitet. Immer wieder wer den sie die Massen darauf Hinweisen, daß die hent'ge Sozialdemokratie die heiligen Prinzipien der Vor fahren verleugne und sie deshalb für Vcrrärer er klären. Aber Doktrinen, so mächtig sie sind, kommen fchließlich doch nicht auf gegen Tatsachen. Seit fünf Jahren haben wir einen sozialdemokratischen Reichspräsidenten, der bald diese, bald jene Partei auffordert, ein Kabinett zu bilden; in Preußen und vielen anderen Staaten sitzt die Sozialdemokratische Nie WemMW bis Zaum vertagt Jas Kabinett Marr bleibt ooriäulig im Amte Berlin. 1». Dezember. Der Reichskanzler berichtete heute vormittaa dem Reichsprästventen über leine acstriaen Besprechungen mit ven Parteiführern, Vie ergeben haben, vatz Vie Frak tionen an ihren Beschlüssen festhalten uns vahcr zur Zeit Vie Bilvung einer Mehrheitsregierung unmöglich erscheint. Der Reichspräsivent unv ver Reichskanzler kamen bei Vieser Lachlagc vahin überein, vast Vie Neubilvung ver Re gierung bis kurz vor Zusammentritt ves Reichstages hinausgeschoben wirv unv vast Vas bisherige Kabinett bis vahin Vie Geschäfte weiterführt. Ter Reichskanzler hielt heute mittag eine Ministerbesprechung ab, in der er über die Lage Bericht erstattete. Tie Minister traten den Ausführungen des Reichs« kanzlers bei und erklärten sich bereit, die Geschäfte weiter zu führen. Oie Pause n Berlin, 10. Dezember. Die Bemühungen des Kanzlers Marx um die Bildung einer neuen Regierung sind heute also provisorisch eingestellt worden. Damit ist in der Entwicklung der neuesten Kabinettskrise eine P a u s e eingetreten, die bis etwa zum 5. Januar dauern soll. Wie sie sich dann lösen soll, ist heute noch ebenso ungewiß wie gestern, oder besser: ebenso unwahrscheinlich wie gestern ist, daß dann ein neues Kabinett Marx vor den Reichstag tritt. Wie dieses Kabinett parlamentarisch unterbaut sein wird, soll sich in den nun bevorstehenden Feiertagen, von denen man eine allgemeine Entspannung und auch innerliche Ucberwindung des Wahlkampfes er wartet, allmählich Herausstellen. Vermutlich aber wird es in weniger enger Bindung zu den Parteien stehen als seine Vorgänger, und vor allem versuchen, durch das Gewicht der in ihm vereinigten Persönlichkeiten und des von ihm vertretenen Programms das Vertrauen des Reichstages zu gewinnen. Von der Gefahr des Abgleitens dieses parteipolitisch nicht festgelegten Kabinetts in die Katastrophen, in denen das auf ähnlichem Grundriß aufgebaute Kabinett Cuno endete, würde es durch die be währte Führerschaft des Kanzlers Marx bewahrt bleiben. Vor allem darf man aber auch nicht vergessen, daß sich bis zum 5. Januar die außenpolitische Lage des Reiches so zugcspitzt haben wird, daß der Druck schließlich auch die heute noch in der Deutschen Volkspartei so lebhaften Widerstände gegen ein neues Mittelkabinett überwinden dürfte. Was die außenpolitische Lage selbst ongeht, so verhehlt man sich auch hier nicht, daß sie sich durch die jüngsten Erklärungen Curzons über die Räumung der Kölner Zone sehr un liebsam kompliziert hat, und zwar emp findet man es hier besonders peinlich, daß an scheinend wieder einmal von der Gegenseite über vertraglich festgelcgte Rechte Deutschlands hinweg Entscheidungen getroffen worden sind, die die deutschen Lebensintercssen tief berühren; man glaubt sich einem Rückfall in die früher üblichen Verkehrsarmen des Diktats gcgenüberzusehen, denn es ist bisher keinerlei Anfrage an Deutsch land gelangt, wie das Reich sich zu einer Ver längerung der Okkupation Kölns stellen würde und welche Kompensationen etwa dafür zu er warten wären, eine Anfrage, deren Beantwor tung sich Deutschland sicherlich nicht entzogen hätte. Einer vernünftigen Aussprache über den gesamten Komplex der Räumungsfrage hätte sich die Rsichsregierung sicherlich nicht entzogen. Um so schwerer trifft es sie, und mit ihr alle verständigungsbereiten Kreise in Deutschland, daß man sich offenbar hinter dem Rücken Deutschlands darüber geeinigt hat, Köln nicht zu räumen. Die Begründung für die ver zog e r t e R ü u m u n g Kölns ist übri gens höchst fadenscheinig. Wenn der Bericht der interalliierten Kontrollkommissionen bisher nicht fertig wurde, so liegt das Verschulden daran doch kaum an Deutschland. Außerdem wäre das eine rein technische Angelegenheit, von der man offizielle Entscheidungen nicht abhängig machen dürfte. Liegen aber materielle Gründe für die Anschuldigung vor, daß Deutschland seinen Entwasfnungsverpflichtungen nicht nach gekommen ist, so müßte man verlangen, daß die Alliierten sich nicht einfach hinter der bequemen Phrase „Obstruktion" verschanzen, sondern ein gehend und konkret jene Fülle schildern, in denen die Kontrollkommissionen auf vermeintliche deutsche Obstruktion gestoßen sind. Allerdings erwächst nun wohl auch der deutschen Regierung, obschon sie sich in Demission befindet, überhaupt die Pflicht, den Alliierten gegenüber unver züglich auf Klarheit zu dringen; die Rede Curzons dürfte genügend Veranlassung dazu geben. Mtttt ZmnM in NemMer Hamburg, IS. Dezember. Bei vem Neubau ves Allgemeinen Bau- unv Sparvereins für Neumünster nnv Umgebung in Neumünster ereignete sich ein schweres Bauunglttck. Der Rohbau unv vaS Dachqerüst ves vritten Stockwerks waren so weit vorgeschritten, vast Vie Richtfeier ttattsinvcn sollte. Ein paar Ltunvcn vorher — es bcsanvcn sich noch Itt Hanvwcrker auf Vem Neubau — stürzte ein Flügel ves grosten Gebäuves mit Vonnerähnlichem Getöse in sich zusammen. Sicht Personen wur- ven unter vcn Trümmern begraben. Die Bergnng ver Toten unv Verletzten ge staltete sich überaus schwierig, va eine groste Branvmauer ebenfalls einzustttrzen vrohte. Die schwankenve Mauer wurve vurch Vie Feuerwehr zum Einstürzen ge bracht. Nach langen Bemühungen gelang cs, einen Maurer unv einen Zimmermann als Leichen zu bergen. Bier weitere Leute wurven in schwerverletztem Zustanve in Vas Krankenhaus eingeliefert. Die Ursache ves Unglücks konnte noch nicht fcstgestellt werven. Partei mit anderen Parteien zusammen in der Re gierung, und fast noch mehr als das alles bedeutet der eben ausgefochtene Wahlkampf. Denn das Zu sammenwirken in der Regierung kann als ein Not behelf dargestellt werden. Daß aber das Zentrum und die Deutschdcmokratische Partei sich beim Wahl kampf der Parole des Bürgerblocks versagt haben, darin log eine prinzipielle Entscheidung. Man hat dem Gedanken des Bürgcrblocks auch den Gedanken der „nationalen Politik" im Gegensatz zu der internationalen Einstellung der Sozialdemokratie unterlegen wollen. Gewiß gibt es diesen Gegensatz. Auch in der Behandlung der Kriegs- schnldfragc ist die Linke erst ganz allmählich auf den rechten Weg gelangt. Aber in der Forderung des Tages, w'e sic heute an die auswärtige deutsche Politik gestellt wird, kommen wir mit dem nationalen Gedanken nicht aus. Deutschland muß sich notwendig auch der Hilf-'n bedienen, die die internatio nale Gedankenwelt bietet. Die Nationen der Kulturwelt bilden bei aller Besonderheit doch eine große Einheit, und das alte Deutschland vor dem Weltkriege hat schwer dadurch gesündigt, daß es den Geboten dieser Einheit vielfach in Gesinnung und Taten widerstrebte." Sogar Treitschke hat zu weilen darüber geklagt, daß der kosmopolitische Ge danke bei uns zu sehr zurückgctrcten sei. (Dergl. die Vorrede zur Sammlung meiner Kriegsaufsätzc „Krieg und Politik" 1914—1918.) Der Tradition nach muß inan jetzt erwarten, daß die internationale Tendenz in der Linken sich für die Führung der deutschen Politik cpinstig verwerten läßt. Ohne die Bundes genossenschaft und die Pflege des kosmopolitischen Gedankens gibt es für Deutschland keine nationale Politik mehr. Wieviel auf diesem Boden und mit diesen Mitteln zu erreichen ist, läßt sich nicht prinzipiell bestimmen. Es wird von der Geschicklich keit des Außenministers abhängen, und da ist allerdings mein Vertrauen nicht sehr groß. MMteil liir Mm«» M Srm Hannover, 19. Dezember. Zm Haarmannprozest wurve heute um Nil Uhr Vas Urteil aesättt. Haar« mann wurve wegen Morves in 24 Zäl« len 24 mal zum Tove verurteilt. Zn vrei Zöllen wurve Haarmann wegen Morves freigesprochen. Grans wurve wegen Anstiftung zum Morve in einem Zalle zum Tove unv wegen Beihilfe in einm anvern Zalle zu 12 Zähren Zuchthaus verurteilt. Beivcn Angeklagten werven Vie bürgerlichen Ehrenrechte vauernv ab gesprochen. Urteilsbegrünvung Seite 5. M der MMm Die Parteien sind sich vor Weihnachten nicht mehr einig geworden, deshalb ist die Regierungsbildung über das Fest hinaus auf di« ersten Tage des Januar vertagt worden. Während die Recktsblätter sonst eine länger« Krise als Anschauungsmaterial für die Unfähigkeit des Parlamentarismus verwandten, sind sie diesmal auffallend still. Der Acrger-darüber, daß die Bildung des Bürgcrblocks mißlttngsN ist, hat ihnen di? Sprache verschlagen. Es wär? nun grund falsch, wenn die Republikaner über die Verschleppung der Regierungsbildung lamentieren Hürden. Ge wiß, es ist wenig erfreulich, daß wir gegenwärtig ohne offizielle Regierung sind, aber lieber ein paar Tage auf ein der Rcichstagswahl entsprechendes Kabinett warten, als jetzt sofort eine Recktsrcgie- rung zu haben. Denn das ist doch der große Ge winn der letzten Verhandlungstage: Der Bürgerblock und sein? Regierung ist ein für allemal erledigt. Das bedeutet schon etwas. Auch sonst hat die Kris« klare Scheidungen bewirkt- wobei als besonders wertvoll die rückhaltlose Erklärung des Zentrums für die Republik hervorsticht. Diese Fest stellung ist ebenfalls schon einige Tag« des Wartens wert, womit noch nicht gesaat sein soll, daß die Ver zögerung notwendig war. Wir sind nach wie vor der Meinung, daß dies ganze Gerede von dem Bürgerblock dem Wahlresultat zu widerläuft, also vollkommen unnötig war. Die Initiative zur Regie rungsbildung hätte vom ersten Tage an von den republikanischen Parteien nusgehen müssen. Der einfache, in politischen Dingen unverdorbene Mensch wird von Anfang an in der Großen Koa lition, die einzig gegebene Lösung gesehen haben, d. h. die Scheidung des Volkes in die große Gruppe der Arbcits- und Verantwortungsfreudigen und in die kleine Gruppe der Quertreiber und Wirrköpfe. Die politisch? Parteitaktik, die es in den letzten Tagen fertiggebracht, diese Volks- Koalition unmöglich zu machen, wird im Land nicht verstanden. Die Parteien waren diesmal ge zwungen, Farbe zu bekennen. Der Oeffentlichteik ist also Gelegenheit geboten, das wahre Wesen der Par teien, vor allem der sogenannten Polksparteien ken nen zu lernen. Für die Kurzsichtigen einige Fingerzeige: Die Deutsche Volkspartei folgert, daß der Hauptbeweggrund für die Stellungnahme des Zen trums gegen den Rechtsblock die Ausschreitungen der ' dcutschnationalen Wahlagitation gewesen sei. Allein diese Meinung wirft ein bezeichnendes Licht auf die innere Verfassung dieser Partei. Was sagt man aber dazu wenn Stresemnnns Parteiblatt, die „Zeit", ihr Unverständnis über den Zentrumsbeschluß offen aus spricht mit dem naiven Bemerken: „Rückblicke und Erinnerungen an die Vorgänge während des Wahl kampfes dürften doch jetzt für die Haltung einer großen Fraktion nicht mehr ausschlaggebend sein!" Hier wird mit wenigen Worten das unwahrhaftige Wesen der „nationalen Realpolitik" bloßgelegt. Vor den Wahlen werden die Wähler beschwatzt, um worben, in den Himmel qehoben, nach den Wahlen pfe'ft man aus alle Versprechungen, schaut nur auf eigene Vorteile, schachert um Ministersessel. Welche Verhöhnung des souveränen Volks- willens! Daß diese Anschauung in den Rechts kreisen allgemein geteilt wird, geht aus der gesamten Haltung ihrer Presse hervor. Leipzigs reaktionäres Organ machte davon kein? Ausnahme, nur versuchte es, allerdings sehr plump, die Iudasrolle den Demo kraten Auzuschieben, es verstand auch, rechtzeitig ab- zubremsen, als das Wetter in Berlin umschlug und alle Rechtsblockpläne verregneten. Die Krise brachte also bisher die restlose Be seitigung des Rechtsblocksgedankens und die Klarheit in der Einstellung der einzelnen Parteien und Grup pen. Sie zeigte ferner in deutlichstem Lichte die Be langlosigkeit der Iwergparteien. Nun fehlt nur noch, daß die republikanischen Parteien ihren Sieg vom 7. Dezember jetzt in Berlin voll ausnutzen, end lich zufassen und eine Regierung aus ihrer Mitte bilden, die ein« Gewähr für die gesicherte Entwick lung unserer Geschick« bietet. Die Mehrheit des Boltes rechnet darauf!
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