816. Antr a g. Eingegangen am 28. April 1928. Die Hauptversammlung des Ärztlichen Bezirksvereins von Chemnitz am 8. Februar d. I. hat in der Frage der Schwangerschaftsunterbrechung einen Beschluß gefaßt, der eine schwere Schädigung der minderbemittelten Bevölkerung in sich schließt. Der Beschluß besagt, daß zur „Feststellung der ärztlichen Begründung für eine Schwanger schaftsunterbrechung, außer in den Fällen schwerster Lebensgefahr, die vorherige Beratung mit wenigstens einem zweiten Arzt erforderlich" sein soll. Der Ärztliche Bezirksverein soll eine Anzahl von Ärzten bestimmen, aus welcher der beratende Arzt zu wählen ist. Dieser Beschluß engt nicht nur die Verantwortlichkeit des einzelnen Arztes ein, sondern birgt auch die Gefahr in sich, daß bei der Feststellung, ob eine Schwangerschaftsunter brechung notwendig ist, nach den einseitigen Gesichtspunkten einer Arzteorganisation ent schieden wird und daß die Frauen der ärmeren Volksschichten bei unberechtigter Abweisung den Kurpfuschern in die Hände fallen. Die Aufgaben der Ärztlichen Bezirksvereine sind im § 4 der Nrzteordnung vom 15. August 1904 geregelt. Der Ärztliche Bezirksverein von Chemnitz fördert mit seinem Beschluß nicht die öffentliche Gesundheitspflege und stellt offenbar die Sonderinteressen der Ärzteschaft über die Interessen der Allgemeinheit. Der Landtag wolle daher beschließen: die Regierung zu ersuchen, 1. die Aufhebung des Beschlusses des Ärztliche« Bezirksvereins Chemnitz sowie aus anderen Bezirken vorliegende ähnliche Beschlüsse sofort zu verfügen; 2. dem Landtage baldigst eine Vorlage, betreffend Änderung der Arzteord- nung, insbesondere in bezng aus die Aufgaben der Ärztlichen Bezirksvereine zu unterbreiten. Dresden, den 27. April 1928. Arzt und 30 Mitglieder der Sozialdemokratischen Landtagsfraktion. r,n»<Nae 1828. (LeilLxe ru VerkavZIuoxeo 6ss LLedkisekeQ I^an6lLxs.) 212