Auch nach oben hin war der ionische Chiton öfter verlängert, so dass seine beiden Bestandtheile — Vorder- und Hinterblatt — von der Schulter aus wie zwei Tücher über Brust und Rücken bis zu den Hüften hinabfielen. Dieser Ueberschlag, dessen Saum mit dem Ende des darunter liegenden Faltenbausches oder Schurzes bogenförmig parallel lief, wurde von den Griechinnen Diploidion genannt. (Blatt 2, Fig. 3 und 4.) Die Zipfel des Diploidion oder mantelartigen Umschlags reichten auf der linken Seite des Körpers zuweilen bis auf die Knöchel, so dass hier durch das herabfiiessende Gewand ein Faltenwurf hervorgebracht wurde, der sehr geeignet war, den feinen Schönheitssinn und die hohe Anmuth der griechischen Frauen zu zeigen. Die einander kaum berüh renden, senkrechten Säume der beiden Zipfel waren häufig mit einem Purpurstreifen geschmückt, dessen wellenförmige Bewegung bei dem Faltenspiel derselben einen unbeschreiblichen Reiz erzeugte. Um die Mannigfaltigkeit der Formen noch zu vergrössern, wurden die Zipfel des Gewandes mit Bommeln, Kügelchen oder anderen entsprechenden Schmuckmitteln beschwert. Unter dem Chiton trugen die Frauen zuweilen noch ein sehr feines, fast durchsichtiges Gewand, welches ebenfalls wie ein Hemde ange fertigt war. Als Obergewand hatten die griechischen Frauen ein Hima- tion, welches von dem der Männer im Ganzen wenig verschieden war, weshalb dieses Kleidungsstück auch beiden Geschlechtern einen gemein samen Gebrauch gestattete. Bei dem Umlegen des Himation verfuhren die Frauen wie die Männei, nur bezweckten sie dabei einen reicheren Faltenwurf und eine möglichst vollständige Umhüllung um Hals und Brust; wie denn über haupt die^ Griechinnen in ihrem Zartgefühl und züchtigem Sinn, sobald sie den Körper bekleideten, viel strenger dabei verfuhren, als unsere festlich geschmückten, oft nichts weniger, als keusch verhüllten jungen Damen nachahmungswürdig finden möchten. Das Himation wurde von den griechischen Frauen gewöhnlich auch als Schleier benutzt, indem sie es von hinten her über den Scheitel zogen. Der eigentliche Schleier bildete einen abgesonderten Theil ihres Putzes. Von den Jungfrauen wurde das Himation nur selten getragen; diese Tracht blieb vielmehr ein Vorrecht der verkeiratlieten Frauen, welche dies Kleidungsstück als einen nothwendigen Theil ihres voll ständigen Anzuges betrachteten. (Blatt 1, Fig. 2.) §. 12. Die römischen Männerkleider. Die Kleidungsstücke der römischen Männer und Frauen waren den