— 19 — genannt. Ein solcher Ansatz bestand zwar aus demselben Stoffe, aus welchem die Tunika verfertigt war, enthielt aber eine Menge kleiner, zierlicher Falten und glich daher den Falbeln an den modernen Damen röcken. Er wurde stets mit besonderer Sorgfalt ausgestattet und nament lich von den Vornehmen auf das Prächtigste geschmückt. Die Schleppen der Frauen aus den niederen Ständen waren gewöhnlich mit einem schlichten Goldstreifen umsäumt, während die Schleppen der Frauen höherer Stände mit einem breiten Purpurrande verbrämt und häufig noch mit echten Perlen, denen der kostbare, doppelt gefärbte Purpur als vortreffliche Unterlage diente, verziert waren. Zuweilen wurde auch die ganze Schleppe mit fein ausgeschlagenen, gediegenen Goldblättchen, welche die Gestalt von Sternen, Ringen u. s. w. hatten, Ubersäet und geschmückt. Da nun der reich decorirte Ansatz der Stola oder der äusseren Tunika eine so bedeutende Länge hatte, dass er ungefähr eine halbe Elle über die Ftisse hinausragte, so musste das ganze Gewand auf- gescliürzt werden. Man zog dasselbe daher sehr geschickt durch ein weisses, schmuckloses Gurtband so weit hinauf, dass es die Fuss- spitzen sehen liess und bei dem Gehen nicht mehr hinderlich wurde. Hierdurch bildete sich um die Hüften ein schöner, bauschender Ueber- liang, den man zum Tragen und Aufbewahren von allerlei kleinen Gegen ständen, deren man sich öfter bedienen musste, benutzte. An der vollständigen Stola erkannte man bei den Römern die ehrbaren, verheiratlicten Frauen. Trug eine Frau die Schleppe grundsätzlich nicht, so zeigte sie damit, dass sie jenen Frauen nicht beigezählt sein wolle. Ihre äussere Tunika ging dann nur etwas über die Kniee hinab, und an der Stelle des angehefteten Ansatzes, dieses Abzeichens der Matronen, glänzte der Schmuck der Fiisse, beste hend aus prachtvollen, schlangenfürinigen, goldenen Spiralen, locker hängenden Fussbändern, goldenen Kettchen, Spangen mit Edelsteinen und anderem, Aufsehen erregenden, kostbaren Geschmeide. Wenn die römischen Frauen die Wohnung verliessen, so trugen sie über den beiden beschriebenen Kleidungsstücken, der inneren Tunika und der Stola, die Palla, ein sehr langes Gewand, welches der Toga der Männer und dem Himation der Griechinnen entsprach. Der Stoff, aus welchem die Palla angefertigt wurde, war Wolle oder Seide. Sie war gewöhnlich weiss und nur während der Trauer trug man sie schwarz. Das Umwerfen der Palla erforderte eine besondere Fertigkeit, man sah namentlich auf grosse Eleganz des Faltenwurfs. (Blatt 2, Fig. 1.) Da man die Stecknadel (1), das moderne Befestigungsmittel, dessen sich unsere Damen so vielfach bedienen, gar nicht kannte, so hing Alles von den Kunstgriffen, womit die Palla umgelegt und von dein Anstande, mit welchem sie gehandhabt wurde, ab. Man liess die 2*