des Gewandes die edlen Verhältnisse des Körpers zur An schauung bringen zu wollen. Aber auch einem solchen Vorhaben ent sprechen die betreffenden Kleider nicht, denn an der Stelle edler Körper formen machen sich nur die Reifen eines Stahlgestelles bemerkbar. §. 17. Der Reifrock, dieser merkwürdige Theil der Frauengarderobe, welcher in der jetzigen Zeit seinen „dritten Rundgang um die Welt“ vollendet hat, verdankt seinen Ursprung, so wie auch seine erste „Auf erstehung“ dem Bestreben, die masslosestcn Ausladungen der Gewand formen zu erzielen und auch dem billigen Wunsche, eine Erleichterung der Gewänder, welche den Körper nach Vorschrift der Mode in unglaub licher Fülle umgaben, zu bewirken. Als nämlich in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts die erstaun lich umfangreiche Tracht der Landsknechte einzuschrumpfen begann und die Männer anfingen, statt der flatternden und bauschenden Jacken und Pluderhosen, dicke, festgestopfte Kissen und Puffen um die meisten Theile des Körpers zu legen, da beeilten sich denn auch die Damen, dem Gebote der neuen Mode Folge zu leisten. Die Glieder des Körpers wurden bei ihnen mit ähnlichen Wülsten umpolstert. Nur an einer Stelle ihres Körpers gestattete die strenge Mode eine Abweichung, eine Befreiung von der widerlichen Werg-Verschanzung, nämlich an den Hüften, indem sie für diese Theile den aufgebläheten, leichteren Reif- rock erfand. Der Reifrock hatte in seiner ursprünglichen Gestalt eine grosse Aehnlichkeit mit einer Tonne, welcher der Boden fehlt. Er sprang von der Taille, wie ein Fassdeckel, in wagerechter Richtung vor und fiel sodann, plötzlich umbiegend, senkrecht auf die Fusse hinab. Das zweite Auftreten des Reifrocks geschah in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts. Seine Ausdehnung war anfangs eine höchst bescheidene. Der leichte Stoff des weiten, zierlich besetzten Kleides floss in vielen Falten über denselben hinab. Er verlieh in der Zu sammenstellung mit der gleichzeitigen langen, dünnen Taille, den hohen Hackenschuhen, den kostbaren Spitzen, dem einfachen Radmantel und dem gepuderten anliegenden Haar der ganzen Erscheinung etwas Unge zwungenes, Jugendliches. Es ist aber eine oft beobachtete Thatsache, dass die Mode, wie von einer unsichtbaren Macht dazu genöthigt, stets über das natürliche Mass und Verhältniss der menschlichen Gestalt hinaus zu gehen sucht. Ihre wunderbare Kraft tritt an irgend einem Theile der Bekleidung in Thätigkeit, erweitert oder ver-