Dem Befudier des baltifchen Paftors war es auf gefallen, daß diefer beim Sprechen der Segensworte, die mit erhobenen Händen gefprochen werden, die linke Hand nicht hoch brachte; fie „fchien wie von einem Krampf nach der Erde niedergehalten“. Die Finger krümmten {ich dabei, „wie wenn fie an einer Waffe fpielten“. Im Gefpräch „unter dem nächtlichen Himmel“ hörte der Befudier vom Paftor diefe Erklärung: „Ich dachte nicht, daß es den Fremden fo deutlich wird. Ich kann die Finger nicht mehr hoch bringen. Denn in diefer Hand habe ich damals immer den Revolver gehalten, wenn ich am Altar ftand: Der Herr fegne euch und be hüte euch. Schießt ihr Hunde; aber ich werde auch fchießen. Der Herr laffe fein Angeficht leuchten über euch ...! Ich habe auch einen Revolver. Während jener Monate habe ich mir keine Gedanken dabei gemacht“. (Gemeint find jene Kampfmonate, in denen aufrühre- rifcher lettifcher Pöbel die Deutfchen fortwährend mit Erfchießen bedrohte.) „Solange man handeln kann und muß, fcheint das Dunkel, das über uns liegt, heller Tag. Ich habe auch nicht fchießen müffen ...; es genügte, daß ich meinen Revolver über die Schreibtifchkante hob. Aber als es wieder ruhig wurde bei uns, ... da begann es ... Am Weihnachtsfeft merkte ich, daß ich die Finke nicht mehr hochbrachte. Ich verfchwieg meinen Schreck fogar meiner Frau und übte den Morgen bis zum Gottesdienfl in der verriegelten Stube ... Aber in der Kirche am Altar wollte es nicht gehen. — Sie willen, daß unfere Religion die Liebe ift. Aber fragte ich Gott, wozu haft du dann den Böfen die Macht gegeben? Und ift es nicht Dein Wille, daß ich Deutfcher bin? Du haft mich deutfch unter die Letten geftellt. Ich mußte Deutlcher fein, wenn fie das Deutfche verboten. Auch habe ich nur Ordnung und Zucht verteidigt, wie Du es felbft geboten haft. —