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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.04.1854
- Erscheinungsdatum
- 1854-04-05
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-185404055
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18540405
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18540405
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1854
- Monat1854-04
- Tag1854-04-05
- Monat1854-04
- Jahr1854
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.04.1854
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1078 Ordnung zerstören und dem Willen Gottes widerstreben; die in nere sittliche Gleichheit aber, nach welcher die Armen die Seligen sind, wird sicherer erreicht, wo jeder Claffe das ihr Zukommende gewährt und die Erziehung und der Unterricht den einmal gege benen Verhältnissen entsprechend eingerichtet wird. Daß dabei Geister za Grunde gehen, fürchte man nicht ; der die Haare auf unserm Haupte gezählt hat und ohne dessen Willen kein Sperling vom Dache fällt, wacht über die Geister und giebt ihnen Kraft, daß sie durch alle Hindernisse des äußern Lebens, wie das Schneeglöckchen durch daS Eis deS Winters sich hindurcharbeiten und gerade im Kampfe und durch ihn sich um so tüchtiger entwickeln. Nur menschliche Kurzsichtigkeit oder Dünkelhaftigkeit kann überhaupt fürchten, daß Geister zu Grunde gehen könnten unter der Mißgunst des äußern Glücks. Weit näher liegt die Gefahr der Ueberbildung, der Veranlassung zur Unzufriedenheit mit Stand und Verhält nissen. Dazu aber wird eine Vereinigung der Armen und Reichen in einer und derselben Schule so recht methodisch Mitwirken und dadurch einer der bedenklichsten Richtungen unserer Zeit dienen. Man erziehe den Armen — denn Erziehung thut ihm mehr Noch, als Unterricht — in Einfachheit zur Einfalt, in Luthers Sinne, zur Zufriedenheit, zur Arbeitsamkeit, zum Selbstvertrauen und zum Gottvertrauen, das Keinen, auch nicht den Aermsten, zu Schanden werden läßt; man lehre ihn in der Schule durch Wort und Bei spiel das Gesetz achten, den König ehren, das Vaterland lieben; man mache die Armenschule noch mehr, als jede andere, zur Kin derkirche, weil die Armenkinder leider nur zu oft vom Besuche des öffentlichen Gottesdienstes abgehalten werden durch das unglück selige Vorurtheil, es verlange der Sonntag und die Kirche einen andern Anzug, einen bessern Rock —; das aber läßt sich Alles nur dann mit Glück thun und erreichen, wenn daS Armenkind die Hauptperson in seiner Schule ist, nicht aber die lästige, unwill kommene, von Lehrern und Mitschülern im besten Falle nur mit mitleidigen Blicken angesehene Nebensache, wie cs in jenen Misch schulen der Fall ist und sein muß, die Allen Alles sein und den Menschen ohne Berücksichtigung der Verhältnisse, die doch täglich und stündlich auf ihn einwirken, erziehen wollen. Das ist deS Verfassers durch langjährige Erfahrung gewon nene und festbegründete Ueberzeugung und Ansicht, und er freut sich, darin mit Herrn Prof. Lange übereinzustimmen. Mögen nun Andersdenkende ihre Meinung dagegen geltend machen »ine ir» et 8tu6io zum Besten der guten, heiligen Sache der öffent lichen Erziehung für die höchsten Zwecke der Menschheit und des Vaterlandes, damit durch Rede und Gegenrede die Wahrheit zur rechten, klaren Erscheinung komme. Allen, den Armen wie den Reichen zur Freude und zum Heile! Hauptprüfung am Lonservalorium der Musik. Eine abermalige öffentliche Hauptprüfung der Zöglinge unserer Musikschule fand am 3. April im Saale deS Gewandhauses statt und hatte zu Gegenständen: Eompositionsleistungen, Vortrag von Kammermusik und Chorgesang. Nach der von sämmtlichen Schülern und Schülerinnen unter Leitung des Herrn Musikdirektor Richter recht brav und sicher ausgeführten zweichörigen Motette von I. S. Bach: „Ich lasse Dich nicht, Du segnest mich denn" rc. hörten wir den ersten Satz und das Scherzo aus einem Quartett für Streichinstrumente von Herrn Otto Dessoff aus Leipzig, vorgetragen von den Herren Siegfried Jacobi aus Hamburg, Bruno Wollenhaupt aus New-Pork, Gustav Härtel aus Leipzig und Paul Lorberg aus Berlin. Der junge Componist hat bereit- einige Male Proben seines Talentes in den Conserva- toriums-Prüfungen abgelegt und was wir damals über seine Musik sagten, gilt im Allgemeinen auch von diesem Quartett. Es fehlt Herrn Dessoff nicht an gefälligen Melodien ; wenn diese auch nicht immer ursprünglich und hochbedeutend sind, so sind sie doch mit formellem Geschick verwendet und ausgebeutet; die Werke des strebsamen jungen Musikers machen daher, so weit wir sie kennen, einen ganz angenehmen Eindruck, so daß die beiden Quartettsätze einen verdienten, aufmunternden Beifall fanden. — Von einem anderen Quartett für Streichinstrumente von Herrn Nicolai von Wilm aus Riga — vorgetragen von den Herren Härtel, Ja cobs, August Kellner auS Berlin und Carl Toelle aus Sondershausen — wurden zwei Sätze zu Anfang deS zweiten Thelkes vorgeführt. Es war diese Composition entschieden die beste! in dieser Prüfung. Ein sehr beachtenswertheS Talmt, geleitet von ! einem ernsten künstlerischen Wollen und gestützt auf die Resultate fleißiger Studien, trat uns hier entgegen. Der Einfluß Beethovens auf den jungen Componisten kann bei einem Erstlingswerk nicht als Vorwurf gelten; auch tritt derselbe hier nicht so stark hervor, wie bei den meisten übrigen Compositionsversuchen dieses Abends die Einflüsse anderer Meister. Möge Herr v. Wilm auf dem betretenen Wege weitergehen, er wird dann ohne Zweifel bei seiner unverkennbaren Begabung und seinem ernsten Ltreben ein schönes Ziel erreichen. — An Werken größerer Form kamen außer den genannten noch zwei Sätze aus einem Trio für Pianoforte, Violine und Violoncell von Herrn Otto Singer aus Lora, der erste Satz eines Trio's für dieselben Instrumente von Herrn O. Kretzschmar aus Wilsdruff und ein Sonaten-Satz, componirt und vorgetragen von Herrn Otto Singer zu Gehör. Das erstere Trio — gespielt vom Componisten und den Herren Wollenhaupt und Hermann Brinkmann aus Hagen — verräth Fleiß, tüchtiges Streben und Talent; doch scheint cs dem Componisten noch an dem Maße von Klarheit und Beherrschung der geistigen Mittel zu fehlen, welches unerläßlich für ungehemmtere Gestaltungen ist. Das äußere Gewand, in welchem das Trio, eben so wie die Sonate auftritt, ist glänzend, entspricht jedoch nicht immer dem Inhalte, der, abgesehen von nicht wenigen Reminiscenzen und Gemeinplätzen, auch in seiner Totalität nicht bedeutend genug für den vielen äußeren Prunk erschien. Beim Vortrag der beiden Compositionsversuche zeigte sich Herr Singer als gewandter und tüchtig gebildeter Pianist. — Der erste Satz des Trio's von Herrn O. Kretzschmar — vor getragen von dem Componisten und den Herren Jacobi und Brinkmann — ist ein freundliches und melodiöses Musikstück, das mit Geschick und Geschmack ausgefübrt ist. Als Pianist be kundete Herr Kretzschmar einen schönen Anschlag, eine respektable Fertigkeit und Geschmack im Vortrage. Die Ausführung aller der besprochenen Werke war im Ganzen recht lobenswerth. — Für Pianoforte solo hörten wir außer dem bereits erwähnten Sonatensatze von Herrn O. Singer drei Canons, componirt und vorgetragen von Herrn Friedrich Baumfelder aus Dresden. Diese Musikstücke waren ansprechend, sehr hübsch gefaßt und wurden recht brav von dem Componisten gespielt. — Zwei Lieder von Herm Franz v. Holstein auS Braunschweig — „Nun die Schatten dunkeln", ged. von Geibel, und „Ich fahre dahin", ged. von O. Roquette — bewährten ein beachtenSwerthes Talent und sprachen, besonders das letztere, allgemein an. Eine Schülerin de- Conser- vatoriums — wenn wir nicht irren Frl. Louise Koch — trug diese Lieder entsprechend vor. — Außer der an der Spitze der Aup führung stehenden Motette von S. Bach kamen an Chorgesang-- leistungen zu Gehör: die Motette für weibliche Stimmen, ge schrieben für die Nonnen auf 'Hioita 6e Skonti in Rom, von Mendelssohn, und am Schluffe der Prüfung Uarja für achtstimmigen Chor von demselben Meister. Auch diese Werke wurden gut ausgeführt; besonders hervorstechend erschien unS das kleine Tenorsolo im das ein junger, uns unbekannter Sänger mit sehr angenehmer Stimme, reiner Intonation und mit Verstä'ndniß sang. — Auch das Ergebniß dieser Prüfung war ein sehr befriedigende- und gereichte den Direktoren, den Lehrern und den in derselben vorgeführten Schülern der Musikschule zur Ehre. — Stodttheater. Leipzig, den 3. April. In dem Birch-Pfeiffer'schen be kannten Stücke „Stadt und Land" traten heute als Maler Reinhard Herr Burggraf aus B?rlin, und als Lorle Frau Häser, vom Großherzögl. Hoftheater zu Oldenburg, alS Gäste auf. Letztere führte ihre Rolle ausgezeichnet durch und ward zwei Mal gerufen; das Spiel deS Ersteren oagegen ward lau ausge nommen, und scheint derselbe auch nicht der gestellten Aufgabe gewachsen zu sein. Sonst wollen wir unS auf die bereits in diesem Blatte gegebene Beurtheilung der Leistungen des Genannten be ziehen, und nur noch bemerken, daß wir nicht glauben können, e- würde Herr Burggraf auf unserer Bühne günstige Erfolge zu erstreben im Stande sein. Frau Eicke zeigte aufs Neue, daß sie eine vortreffliche Künstlerin ist. Da- Publicum weiß die- aber auch, und erkannte dies heute durch stürmischen Hervorruf an. Alle übrige Mitwirkende thaten da- Ihrige zum Gelingen de- ' Ganzen, vorzugsweise Fräulein Liebich. A.
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