Lichter. Aber auch sie rechneten auf die Sinne, auf den ersten An blick und von fern: der Seele sagten sie nichts. Die Oberflächlichkeit dieser schon im Verfall begriffenen Summe von Darstellungsmitteln wurde nun bei Oeser, infolge seines flüch tigen Wesens, vollends zum schattenhaft Unbestimmten. Dies Ne- bulistische ging durch alle Teile seiner Kunst, Kontour, Charakteristik, Ausdruck, Beleuchtung, Kolorit. „Seine besten und ausgeführte- sten Arbeiten", sagen die Propyläen, „haben noch zuviel Schwe bendes, Unbestimmtes, zu leichten Sinn und halb aufgelöste Ge stalten." In seinen Köpfen fand Chodowiecki großen Sinn, aber keine Physiognomie, nichts Individuelles; es sei nur Gedanke eines Gesichtes; seine Männer erschienen Goethe meist wie Lazzaroni. Hier ist eine Hand, die auch etwa eine Fischflosse vorstellen könnte; ein neugeborenes Kind gleicht einer geöffneten Auster; braune Schatten- fiecke sollen für Augen gelten. „Sein Kolorit", sagtWinckelmann, „ist nicht reif genug"; ein hellgrauer und grünlicher Ton war ihm zur Manier geworden; er herrschte in Fleisch, Luft und Wolken; die dunkeln Fleischtöne waren violett, die stärksten braunrot. Oeser Hane einen Ueberfluß von Gedanken und Motiven, aber kein Künstler hat sich eine naivere Vernachlässigung dessen erlaubt, was dein Gedanken Körper gibt. Einige seiner Zeichnungen können als der zunächst an das Nichts grenzende Grad von Abbreviatur der Erscheinung bezeichnet werden. Rumohr nannte ihn deshalb „den grauenhaftesten und leichenähnlichsten Manieristen". Oeser selbst sagte, Sachsen habe ihn als Maler verdorben. Er fürchte sich, gesteht er, die Welt mit mittelmäßigen Gemälden zu beschwe ren: die Kunst, in Oel zu malen, habe er noch nicht gefunden (176z). Er wünschte keine Aufträge: so unzufrieden war er mit sich, daß er seine Versuche gar nicht mehr sehen mochte und noch weniger ande ren zeigen. In drei Jahren solle alles fertig sein, versicherte er Cho dowiecki; aber dieser zweifelte sehr daran, weil er noch gar nichts Fertiges von ihm gesehen habe. Und doch war die Oelmalerci sein Lieblingszweig, der auch seine Hauptwerke, die Gemälde aus dem Neuen Testamente in der Nikolaikirche zu Leipzig, angehören. Aber ihm war nicht wohl bei allen Werken, die Bestimmtheit und Voll endung verlangen. Obwohl ersichin allen Gattungen und Spielarten der bildendenKün- ste versuchte: in keiner einzigen brachte er es zurBeherrscbung derTecb- mk. Die Einen, wie Casanova, schrieben dies seinem Wanderleben