„das vollkommenste Denkmal der alten Gebräuche und Künste", — vor allem aber ihre Erhaltung, denn bei der Härte der Edelsteine hätten Zeit und Zufall die Bilder, ihre Glätte, Feinheit und Schärfe kaum schädigen können. Indessen scheint noch eine andere Ursache mit im Spiele gewesen zu sein. Ist diese Gunst der Gemmen zufällig in einer Zeit, die sich an den zierlichen Sächelchen der peüw Poesie erfreute und mit den Gesell schaftsbildchen Watteaus, den elfenbeinernen Nymphen van der Werffs, den alten Köpfen Balthasar Denners, den Pastellen der Rosalba umgab? Anfänglich sammelte Lippert ziemlich unkritisch: er nahm eben dank bar, was er bekam; allmählich aber schärfte sich sein Blick für Echtes und Unechtes; er erwarb sich archäologische Kenntnisse und las die Schriftsteller, deren Sprache er sich autodidaktisch erworben hatte. In ein neues Stadium trat sein Unternehmen, seit ihn die Heraus gabe einer kleinen Sammlung von Abdrücken mit einem Verzeich nis (1747) aufden Nutzen dieser Vervielfältigungen aufmerksam gemacht hatte. Mit unermüdlicher Emsigkeit und geschäftsmännischer Umsicht schritt er vorwärts. Er verschaffte sich durch Kredit einen Fonds von sechstausendfünfhundert Talern. Hatte er seine Hilfsmittel ausge nutzt, so veräußerte er sie mit Verlust: der Erlös einer Sammlung von Kupferstichen und Handzeichnungen wurde der Kaufpreis für eine Anzahl Gipsabgüsse. Er arbeitete bei Tage mühselig ums Brot und zur Tilgung seiner Bücherschulden und las des Nachts in ent liehenen Büchern. So kaufte er zum Beispiel die Galerie Giusti- niani für achtzig Taler. Die Gesamtkosten seiner Sammlung be rechnete er auf sechsundzwanzigtausend Taler. Kurz, Lippert hatte etwas von den Eigenschaften, durch die sonst Bürger deutscher Reichsstädte sich ein Vermögen gründeten: eine starrköpfige Zähigkeit, eine kühne, aber sicher schreitende Spekulation. Nach dem Vorbild seiner armen tapferen Mutter, die mittels eines aufgefundenen Rezepts zur Färbung bunten Leders sich durchs Le ben geschlagen hatte, benutzte er einige kleine technische Entdeckungen aus seiner Glaserlehrlingschaft zur Gründung eines Geschäftes, durch das er zwar nicht reich werden sollte (er hat es nie gehofft und wurde es auch nicht), das aber allmählich einen eigenen Handels zweig vorstellte und in seinen Wirkungen einer akademischen Anstalt gleichkam. In diesem Geschäfte war er zugleich Chef, Faktor, Hand- 6o