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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.04.1866
- Erscheinungsdatum
- 1866-04-09
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-186604097
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18660409
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18660409
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1866
- Monat1866-04
- Tag1866-04-09
- Monat1866-04
- Jahr1866
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.04.1866
- Autor
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Schüler im Auge, sie will dieselben auch unmittelbar auf das praktische Leben vorbereiten und ihnen eine gewisse Handfertigkeit oder Handgeschicklichkeit mitgeben, die sie später bei Erlernung eines Berufes notwendig brauchen. Während normal entwickelte Knaben pappen, schnitzeln, bauen rc. und sich damit unbewußt für ein Handwerk vorbereiten, sind die schwachsinnigen Kinder oft so un geschickt und unbeholfen, daß sie zu Handarbeiten förmlich ange leitet werden müssen. Sie wissen oft nicht ein Glas anzufassen, ohne es zu zerbrechen, nicht ein Messer anzugreifen, ohne sich zu beschädigen. Ohne diese Geschicklichkeit, die freilich mit der Aus bildung des Geistes Hand in Hand geht, kann kein Meister mit einem Lehrlinge etwas anfangen und die Nachhülfeschule darf sich demnach nicht'begnügen, wenn ihre Schüler etwas besser lesen, schreiben und rechnen lernen, sie muß ihnen auch diese Handfertigkeit mitzugeben versuchen. In vielen Anstalten, wie in Huberiusburg, in Taubstummen- und Blinden-Instituten geschieht dies bereits. Als bestes Mittel dazu sind leichte Flecht-, namentlich Korbmacher arbeiten anerkannt worden. Selbstverständlich kann der Lehrer diese Anweisungen nicht ertheilen, es müßte hierzu eine geeignete Persön lichkeit gewonnen werden, die unter Überwachung von Seiten des Lehrers nach dieser Seite hin zweckentsprechende Hebungen vor nimmt. Natürlich erhalten auch die Mädchen Unterricht in weib lichen Handarbeiten. So wird die Nachhülfeschule der Stadt wohl etliche tausend Thaler jährlich kosten, zumal wenn damit für die Aermeren eine Bewahranstalt verbunden wird; aber dafür wird sie mit Gottes Hülfe brauchbare Menschen erziehen helfen, die anstatt der Ge meinde rur Last zu fallen, sich selbst rechtschaffen ernähren. Frei lich dürfen wir auch nicht das Unmögliche von ihr verlangen, Doctoren wird sie nicht heranbilden können, aber doch wird die Stadt ein Capital anlegen, das gute Zinsen bringen wird. Bei dem bekannten WohlthätigkeitSsinne der Leipziger Bürger steht auch zu erwarten, daß dieser Schule, sobald sie emmal ins Leben ge treten, Legate zufallen werden. Will man aber den Satz zur Geltung bringen: Erst muß in unfern Volks-, Real- und Ge lehrtenschulen alles so beschaffen sein, wie es sein sollte, ehe diese Kinder an die Reihe kommen — so bricht man damit den Stab über alle Humanitätsanstalten, dann wirst man auch einen Stein auf die, welche Taubstummen- und Blindenanstalten ins Leben riefen, zu einer Zeit, wo die allgemeine Volksbildung noch sehr im Argen lag. Selbst heute hatten nach obigem Satze diese An stalten kein Recht vom Staate und von der Gemeinde unterhalten zu werden. Freilich gegen Heinicke, den Begründer des Leipziger LaubstummeninstitutS, hat man sogar von der Kanzel herab ge predigt. Besser und richtiger als obiger Satz ist aber jedenfalls der — das Eine thun und das Andere nicht lasten! — Und — je höher die Ziele der Volksschule steigen, desto mehr muß sie sich gliedern. Wie jede neue Idee ihre Gegner hat, so wird auch die Nach hülseschule solche finden. Das drent der Sache nur, denn im Ge fecht offener Rede klären sich die Meinungen. So ganz neu ist diese Idee aber doch nicht. Schon 1821 sagt Fering im 2. Bande der Psychischen Heilkunde, daß es wünfchenswerth sei für blöd- und schwachsinnige Kinder in großen Städten besondere Unterrichtsanstalten zu errrichten. In neuerer Zeit ist dieselbe Idee gleichzeitig an verschiedenen Orten aufgetaucht, so in Wien, Leipzig, Hannover. Hier in Leipzig hat sich bereits Director Vogel damit herumgettagen. Den letzten Anstoß, der bis jetzt wirkt, gab vr. Korn, aus diesem Gebiete eine anerkannte Autori tät, in einer Sitzung der pädagogischen Gesellschaft, welche diese Idee freudig begrüßte. Im Frühjahr 1864 wurde von Dir. Buln- heim eine von sämmtlichen Directoren der hiesigen* öffentlichen Volksschulen unterschriebene Eingabe dem Rathe überreicht, in welcher um die Errichtung einer solchen Schule nachgesucht wurde, und noch in letzter Zeit haben sämmtliche Directoren theils schrift lich, theils mündlich erklärt, wie dringend wünschenswerth diese Schule sei. Die Veiffammlung in Hannover erklärte sich für diese Idee, das Ministerium hat seme Theilnahme zu erkennen gegeben, unser Rath befördert sie. Als mein Schristchen 1864 erschien, ist es von der Presse außerordentlich günstig beurtheilt worden. Als es in einer Sitzung des hiesigen Lehrervereins besprochen wurde, sprach die Versammlung ihre Befriedigung darüber aus. Auch einzelne achtungswerthe Stimmen auS der Leyrerwelt, wie vr. Panitz (Leipziger Tageblatt) haben sich offen und warm für diese Idee und ihre in meinem Schristchen dargelegte Ausführung ausge sprochen. So kann ich wohl mit Recht sagen, daß diese Ange legenheit in pädagogischen Kreisen großen Anklang gefunden hat und bis jetzt hat noch keiner der hiesigen Lehrer mir gegenüber die Zweckmäßigkeit einer solchen Schule in Abrede gestellt. Leipzig hat den schönen Ruhm, oft auf dem Gebiete der Schule bahnbrechend vorangeschritten zu sein, hoffen wir, eS wird auch jetzt dieser Mission treu bleiben. Heinrich Ernst Stötzner. Sta-Uhreter. Nachdem Theodor Wachtel am 5. April seinen ,, Postillon Von Lonjumeau" unter denselben Ovationen, wie sie chm beim ersten Mal bereitet wurden, hier wiederholt hatte, erschreck er am 7. als Georg Brown in der „weißen Dame" und errang sich auch mit dieser Leistung eine begeisterte Aufnahme Seitens des abermals in ganze» Scyaaren herbelgeströmten Publicum-. Wen die Natur so verschwenderisch mit dem lauteren Gold einer ent zückend schönen Menschenstimme beschenkte wie unseren gefeierten Gast, der ist gleichsam verpflichtet, immer mehr zu geben als an dere Staubgeborene; Wachtel kargt denn auch kemeSwegS mit seinem Reichthum an herrlichen, theils schmelzendweichen, theils keck aufjubelnden Tönen und er macht in stimmlicher Beziehung auS der Rolle so bedeutend viel, wie nur er allein von sämmt- lichen Bühnentenören der Gegenwart im Stande fein dürste. Es ist ein Strom, der unaufhörlich in üppigster Fülle und mit durch sichtigster Klarheit aus der Brust hervorquillt! ueberwältigt von dem Eindruck, den diese imposante Natur begabung auf uns ausübt, vergißt man gern, daß sie vielleicht nicht in jedem Moment sich in so künstlerischer Form und Art bethätigt, als es am Ende menschenmöglich wäre. Kleine Verstöße gegen die Technik, flüchtige Differenzen mit dem Orchester — was wollen sie sagen gegen die bewundernswerthe, bezaubernde Totalität der Wachtelschen Gesangsleistungen? Auch wirst des Gastes Spiel, welches sich überall als Product eines höchst beachtenSwerthen, frisch und lebendig auffaffenden, instinctmäßig das Rechte und Schöne treffenden dramatischen Talentes auswerst, noch ein beträchtliches Gewicht zu seinen Gunsten in die Wagschale der Beurtheilung. Sein Georg Brown war ganz der leichtblütige, tapfere, lustige und galante junge Krieger, der im Buche steht. Gewiß nur allseitig freudig wird die Nachricht ausgenommen werden, daß Hr. Wachtel hier noch einige Male auftrttt, man sagt z. B. in „Martha", hoffentlich aber auch in einer großen Oper, wie „Teil", „Huge notten^ u. f. w. Dann geht er nach Hamburg, wo er bisher noch nicht gastirte. Man kann sich denken, mit welcher Spannung man ihn also dort erwartet. Die übrige Aufführung der „weißen Dame" haben wir erst neulich besprochen. Die nochmalige Einkehr des Herrn Matthias (Dikson) ermöglichte sie. Sehr Brave- leistete diesmal neben Wachtel Frl. Karg als Anna; das Duett der Beiden im 2. Act war ein Hochgenuß. Frl. Suvannh, sollte man meinen, könnte die Jenny noch effectvoller und brillanter hinstellen. Frau Gün- ther-Bachmann erhielt für den wirklich liebenswürdigen Vor trag ihres Spinnliedes, wie immer, rauschenden Beifall. Herr Hertz sch (Gaveston) vortrefflich. vr. Emil Kneschke. OeffenUiche Gerichtssitzung. Leipzig, 7. April. Friedrich Wilhelm Iurke aus Brandis, ein wegen EigenthumSvergehen wiederholt, selbst mit Zuchthaus bestrafter Schuhmacher au- BrandiS, wurde anfangs Decbr. v. I. wegen Widerfetzlichkeit und gewaltsamer Selbstbefreiung in Haft genommen, weil er an einem vorausgegangenen Sonntag Abend lm Gasthof zu Kämmerei bei Brandis ein so ungebührliches Be tragen an den Tag gelegt hatte, daß ein dortiger Beifrohn ihn ru arretiren sich veranlaßt sah. Iurke hatte sich jedoch ferner Fest nehmung durch mannichfache gegen den Amtsdiener gerichtete Tät lichkeiten zu entziehen gewußt. Bei der deshalb gegen chn ange- stellten Untersuchung kam noch zur Sprache, daß der Bezüchtigte m der Nacht vom 23. zum 24. August v. I. aus einem Gatten in Klinga verschiedene Wäschstücke im Werthe von zusammen 4 Thlr. 4 Ngr. 5 Pf. sich angeeignet hatte, die er hinter dem betreffenden Gattenzaun gefunden haben wollte, so wie daß er am Morgen des 24. August vor Sonnenaufgang in einem Gute zu Staudnitz in demselben Augenblicke bettoffen worden war, als er eine An zahl auf 8 Ngr. geschätzte Gurken zum Zwecke der Aneignung bei Seite gelegt hatte. Das erste Verbrechen suchte der Angeklagte durch Trunkenheit zu entschuldigen, wegen der beiden anderen ließ er sich theils zu Zugeständnissen, thnls zu Angaben herbei, welche au ferner Schuld ernen gegründeten Zweifel nicht aufkommen ließen. Er wurde heute dem Anträge des Herrn Staatsanwalt Löwe gemäß, un geachtet der von Herrn Rechtsanwalt Hofrach Kleinschmidt geführ ten gewandten Vertheidigung, von dem königl. Gerichtshöfe, wel chem Herr GerichtSrath Vieweg präsiditte, wegen Widersetzlichkeit, Selbstbefreiung, einfachen und Gattendiebstahl- zu einer einjährigen ArbertshauSsttafe. von welcher man jedoch einen Monat wegen der mehrmonatigen Untersuchungshaft als verbüßt ansah, verurcheilt. Verschiedenes. f- Leipzig, 8. April. Wie in Nr. 89 dies. Bl. mitgetheilt worden, hat daS kgl.^Lchs. Ministerium de- CultuS und öffent lichen Unterrichts dre Errichtung eines Pädagogischen Semi nars av der hiesigen Universität beschlossen und, waS sich fast von selbst versteht, für die oberste Leitung desselben den ordent lichen Professor der Pädagogik und Didaktik m der Hochschule, vr. MasiuS, bestimmt, während auS Rücksicht ans die Studenten der Philologie und die für diese zu veranstaltenden praktischen Hebungen der als Philolog und Schulmann rühmlichst bewährte Rector der Thomasschule, Prvf. vr. Eckstein, zum Mitdirector
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