Dresdner Nachrichten : 20.07.1868
- Erscheinungsdatum
- 1868-07-20
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-186807200
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- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18680720
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1868
- Monat1868-07
- Tag1868-07-20
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- Dresdner Nachrichten : 20.07.1868
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LresDe», den 20 Juli. — Nachfolgendes wird uns als ungeschminkte Wahrheit zur Aufnahme empfohlen: Dresden ist, so zu sagen, als Kunst stadt bekannt und daß Jeden hier der Kunstgenüsse viele gebo ten werden, wissen besonders die Fremden zu rühmen. Aber nicht blcs den Fremdm, nein, auch dem Einheimischen sind sie geboten und Mancher wird sogar oft gegen seinen Willen ge zwungen, Theilnehmer an Produktionen der Kunst zu sein. So geht es z. B. jetzt den Anwohnern des Turnplatzes auf der Schützengasse. Seit längerer Zeit werden allabendlich auf dem Turnplätze Trommelconzerte aufgeführt und wer sich nur an nähernd einen Begriff davon machen kann, welch hohen G.nuß es gewährt, 2—3 Stunden ununterbrochen die herrlichen nicht aufhören wollenden Wirbel, zwischendurch mit kräftigen Auf schlagen auf die Trommel vermischt, zu hören, der wird bedau ern nicht auch Anwohner des Turnplatzes zu sein. Um nun diesen Kunstgenuß auch weitern Kreisen zugänglich zu machen, werden hierdurch alle kunstsinnigen Bewohner Dresdens, insbe sondere der Herr Polizeiinspector des Bezirks, sowie die sonsti gen Behörden, ergebenst eingeladen, Abends zwischen 7 —jlO Uhr sich in der Nähe des Turnplatzes einzufinden, um diese prächtigen Conzerte bewundern zu können. Um Abwechselung in die Sache zu bringen, werden auch von Zeit zu Zeit Uebungsconzerte auf der Trompete gegeben, wo dann aller dings, wenn der betreffende Trompeter zufällig auörutscht, die Hunde durch Heulen das Conzert vervollständigen. Wer also Liebhaber von Kunstgenüssen ist, eile Abends den Turnplatz zu erreichen, dort kann man hören, auch ohne zu sehen! — Zur Extrafahrt nach Tirol wird gerüstet und das durch Geucke's Expreß-Bureau zu beziehende Programm giebt außer den nothwendigen Notizen noch viele, gewiß willkommene Mittheilungen. Dem Vernehmen nach nehmen auch Damen an der Reise Theil, was um so eher geht, da die Reisetour hier und da gemessene Auscnthaltspunkte bietet. Tirol, den mächtigsten und interessantesten Theil der Ostalpen umfassend, ist zunächst der Schweiz das großartigste und schönste Gcbirgs- land Europas und es ist kein Wunder, wenn sich in unfern Tagen die Wanderlust uvtir allen Alpenländern Tirol zum Ziel ausersehen hat. Nur verbissene Schweizerenlhusiastcn, heißt es in Amthors „Tirolführer" oder halbe Sachkenner wer den bestreiten wollen, daß Tirol sich neben die Schweiz stellen kann. Zwar concentrirt die Schweiz an manchen Stellen, z. B. im Berner Oberland, mehr Schönheiten aul einem Punkt, sie birgt mehr größere Seen, ermöglicht mit höherem Comfort zu reisen, als Tirol; dagegen ist es nicht Jedermanns Ge schmack, sich durch Ueberladung mit allzu rasch aufeinander fol genden Genuss, n erster Qualität förmlich zu betäuben, Schön heiten, die man in Tirol in nahezu gleicher Art haben kann, mit doppeltem Geld zu bezahlen, sich zum Zweck einer wahren Naturprellerei von Pfadfindern, Brückenlegern, Schalmeitutern, Pistolen und Kanonenabfeurern u. s. w. in der schamlosesten Weise abzehnten und durch solche und andere ekelhaste Mensch- üchkeiten den reinen Naturgenuß, zu dessen Erlangung man hergereist, trüben zu lassen. In der großen Mannigfaltigkeit der Thalbildung aber ist Tirol der Schweiz weit überlegen! Die Schweiz hat z B kein Inn- und kein Etsch-, kein Ziller- und kein Oetzthal; schon die Landkarte thut dies zur Eaidenz dar. Auch hat die Schweiz Südtirol nichts an dre Seite zu setzen mit seinen Dolomiten, seiner Brentagruppe, seinem Sar- kathal u. s w. Und die Brennerbahn, dieser Wunderbau des I!) Jahrhunderts, auf der man in wenigen Minuten vorn unmittelbaren Anschauen polarer zu hesperischer Scenerie ge langen kann! Lasse sich daher Niemand — bei aller Aner kennung der Schweiz, die eine eben so eigenartige Schönheit ist wie Tirol — abhalten, auch das Land Tirol zu bereisen und ihm gleiches Recht mit der bisher leider zu viel bevorzugten Schweiz einzuräumen! Gute Menschen werden ihn empfangen, verhungern wird er auch nicht, denn die Tiroler lieben gewiß und wahrhaftig einen guten Tisch und sind keine „Heufresser", und seine Casse wird sich, unter Erreichung gleichen Ziels, sehr wohl dabei befinden! Nur eine Gefahr wird er laufen: Tirol thut eS nämlich dem an, der es mit offenem Auge und vollem Herzen sieht und würdigt, und unauslöschliche Sehnsucht nach erneuertem Genuß seiner Schönheit wird dem so in seinen ZruberkreiS Gebannten im Herzen wohnen! — Am 16, 17. und 18. August wird in Dresden der Congreß sächsischer Gewerbevereine tagen. Gegenstände der Besprechung werden sein: Reform des Volksschulwesens, Wahl eines VereinsorganeS, Centralffation der sächs. Gewerbvereine, Wiedereinführung des H Groschen Briefportos auf eine Ent fernung biö zu 5 Meilen Durchführung voller Gewerbfreiheit, da» Lehrlingswesen, Fähigkeitsnachweis im Handwerk, Beschrän kung des Hausirhandcls, Regelung der Papiergeldfrage, Steuer freiheit aller Sendungen vom ZolloereinSauslande, welche unter 1 Pfd. wiegen, und Verschonung derselben mit zollamtlicher Behandlung, Herabsetzung oder Aufhebung des Wählbarkeilt - Census für die Handelskammern, Herbeiführung einer Gleich mäßigkeit hinsichtlich der Feiertage im norddeutschen Bundesge biete, beziehentlich Verlegung einiger derselben auf die Sonntage, Reform der Gewerbegerichte, Gründung eines Gewerbemuseums, Verlegung des SonntagSschulunterrichtS auf die Abendstunden der Wochentage mit Ausnahme des Sonnabends. — Das unglückliche Beginnen, an nicht abgesteckten Plä tzen in der Elbe zu baden, forderte gestern Morgen abermals ein jugendliches Opfer. Der Laufbursche eines hiesigen Schuh macher Geschäfts, Namens Herzog, ging mit einem Kameraden unterhalb des Walvschlößchend baden, kam in ein sogenanntes Drehloch, wußte sich nicht mehr zu erhalten und verschwand nack erschütterndem langanhaltenden Hilferuf spurlos in den Wellen. — Der häufige Mißbrauch, der mit den norddeutschen Postanweisungs Formularen dadurch getrieben wird, daß die selben zu allen möglichen anderen, nur nicht postalischen Zwecken verwendet werden, soll die Post Verwaltung veranlaßt haben, nach Ablauf eines noch nicht näher bestimmten Termins die Formulare nur noch mit darauf geklebten Freimarken, die be zahlt werden müssen, dem Publikum auszuhändigen. Diese Postanweisungs-Formulare werden dann jedenfalls zum Nenn werts der Freimarken verkauft, ein Umstand, der die Wcige- rung der Postoerwallung, Francocouverts zum Nennwerth zu verkaufen, tiefflich illustrirt. (B B.-Z.> — In der Umgegend von Altenberg erzählt man sich eine tragikomische Aneedole, deren Heldin eine als couragirt und resolut bekannte Frau ist, die von ihrem ersten Manne eine ansehnliche Mühle ererbt hat. Es versteht sich, daß die noch junge Wittwe von Freiern umdrängt war, denen sie jedoch bald das Wiederkommen verleidete. Nur Einer hielt aus und bot der Prinzeß Turandot mannhaft die Spitze. Diese erklärte denn auch, ihm sich selbst und ihre schöne Mühle über liefern zu wollen, wenn er die Bedingung einginge, falls es ihr bei dem neuen Gebieter nicht behagte und ihr eine etwaige Trennung beliebte, sie mit täglich 3 Thlr. und freier Woh nung auszuhalten. Ueberzeugt, daß diese Eoentualität niemals eintreten könne, bewilligte der auf die mit 14,0L0 Thlr. ab geschabte Mühle Lüsterne Alles und es ging eine Zeit lang gut. Neuerdings nun war die Donna Diana plötzlich ver schwunden, man sagt, ohne zwingende Veranlassung, und hat sich separirt. Mit Entschiedenhe t verlangt sie nun ihre täg lichen 3 Thlr. und Wohnung. Der Mann wäre ruinirt, wenn sie es durchsetzte. Man sicht einem Scandal - Prozeß ent gegen. (P. A^ — Herr Stabstrompeter Böhme concertirt heute im Schillergarlen zu Blasewitz und morgen in der Eisenbahn Restauration Kötzschenbroda. — Am Sonnabend Abend gegen halb 7 Uhr wurde die Leiche des hier verstorbenen Herzogl. Sächs. Coburgschen Me- dicinalraths vr. TrinkS unter großem Leichenconduct und Glockengeläuts nach dem Leipziger Bahnhofe geschafft, von wo der Sarg nach Leipzig ging, um dort bestartet zu werden. — Der Kriegsmrnister von Fabrice hat sich vorgestern aas seine in Preußen gelegene Besitzung begeben und wird den Rest seines Urlaubs in einem Scebade zubringen. — Nach dem „l!u I. i>n." h-rrscht in den Laboratorien des Kriegeministeriums jetzt hier eine außerordentliche Thätig- keit. Täglich werden 60,« 00 Stück Parronen fertig; zur An fertigung derselben bedient man sich d>r Frauen, welche für täglich 10 Ngr. arbeiten. — An Stelle des verstorbenen Professor Oi. Zeis hat der Stadtrath den LOpziger Unioersitäls,!rofeffor 1)r. Bruno Schmidt ins Auge gefaßt. Derselbe soll nicht abgeneigt sein, unter gewissen Bedingungen den Ruf anzuaeh»un, doch sind die Verhandlungen noch nicht bis zum vollen Abschluß gediehen. — Die neueste Nummer der Leipziger Jllustrirten Zei tung bringt das wohlgetroffme Portrait des sächsischen Mi nisters der Finanzen und auswärtigen Angelegenheiten, Frh. von Friesen. Während die Treffähnlichkeit von Portraits sonst nicht gerade die starke Seite der Jllustrirten Zeitung ist und noch neulich das Portrait I. K. H der Frau Krnnprinzessin ohne Namensnennung nicht zu erkennen g wesen wäre, so ent spricht diesmal das genannte Tilelportrait allen künstlerischen Ansprüchen. — Daß die Anwendung warmer Sandbäder bei gewissen Körperleiden doch von recht günstigem Erfolge sein muß, dafür scheint uns die Thalsache zu sprechen, daß, wie uns mitgetheilt wird, in der auf hiesiger Falkcnstraße befindlichen Heilanstalt des Herrn 0> Flemming, welche erst seit dem Juni 1865 be steht, am 16. d. Nt. bereits das 70« Oste Sandbad gegeben worden ist. Möge diese Anstalt sarlfahren, auch ferner zur Beseitigung und Linderung menschlicher Leiden beizutragen. — In OelSnitz hatte man bei dem Winden von Krän zen und Girlanden zum Schmücken der Häuser für die Durch I reise des Königs auch die giftigen rothen Beeren deS söge- z nannten wilden Hollunders mit verwendet. Ein Knabe von ö Jahren hrt solche Beeren gegessen und ist trotz aller ar r- lichen Hilfe an Bergiftung gestorben. Kleine Wochenschau. Nun legt sich die Berliner Theaterpolizei auch noch auf die Orthographie und paßt auf, ob der Schauspieler sia, einer richtigen Aussprache befleißige. Das wäre an sich recxr lobenswerth, wenn nicht der Urian der Denunciation dahinter stäke. Ein Berliner Komiker hatte das Wort , Knackwurst" auszusprechen, ließ aber das „c" hinweg, so daß eine Knak wurst herauskam. Da nun der bekannte Erdumdrehungleugner Pastor Knak sich ebenfalls ohne „c" schreibt, so bezog der auf passende Polizeimann die Knakwmst auf den frommen Mann und der Komiker mußte sein defraudirteS „c" mit einem Tha- ler berappen. Man ersieht aber hieraus, auf welch schwin delnder Höhe der Intelligenz die Berliner Theaterpolizei ange langt ist. Diese Intelligenz und sprachliche Aufmerksamkeit wäre übrigens manchem deutschen Schulmonarchen zu wünschen, der es ruhig mit anhört, wenn sich seine bildungfähige Eleven - schüft im haarsträubendsten Deutsch ergehen läßt. .Ihr Diener, meine Hen'n, Leine A osel sind keine .Barr'»', .«eine .Barr'n' sind keine ttepfel, -l- «Wurst hat zwei .Zapsel' Solches Deutsch läßt inan sich ausnahmsweise in der niederen Komik gefallen ; aber in jeder deutschen Schul- und Lehranstalt sollte möglichst auf eine reine Aussprache gehalten werden, das würde mehr Nutzen bringen, als dre orthographische Acuratesse der Berliner Theaterpolizei. Auf dem Wiener Schützenfestplatze stehen dermalen nicht weniger denn 22,000 Teller aufgestapelt. Wer beim Festbanket selbst nicht mit essen kann, hat für wenige Kreuzer wenigstens das Vergnügen, sich die leeren Teller anzusehen. Die Leckerbissen kann er sich bei einiger lebhaften Phantasie darauf denken. Die Auswahl auf dieser ideellen Speisekarre steht ihm vollkommen frei, ist unbeschränkt und kostet nichts. Von der beabsichtigten Wiener Schützenfesttrommel- censur scheint man nachträglich Abstand genommen zu Habei . Wie heißt, Trommelcensur? fragt der Leser. Diese projectirn Trommelcensur ist ein höchst origineller Wiener Gedanke, von dem es schade, daß er nrcht zur Ausführung kommen wird. E v müßte einen Heidenhumor abgegeben haben. Nun weiß der Leser so viel wie zuvor und ist nur neugieriger geworden. Der Sachverhalt ist dieser: da das Fcstcomitä sich nicht ganz der Besorgniß Milchtagen konnte, daß beiin großen Festessen, wenn der Wein die Zungen gelöst auch manches wenn auch wahre, doch nicht absolut zum Schützenfest nothwendige Wort gesprochen werden dürfte, z. B. gegen den heiligen Papa in Rom oder gegen den Einsiedler in Varzin in Pommerland rc rc., so sollte em Trommlercorps in der Nähe der Nednerbühne aufmarschi- ren und den geehrten Sprecher, so ihm etwa das Gelüst an käme, mißliebig auszulatschen, niedertrommeln, so daß der ge ehrte Sp.echer alle Throne Europas niederstürzen kann, eS schadet nichts, weil man den furchtbaren Hochverrath wegen der Tambours nicht hört. Diese Trommelcensur erinnert, da sich die Extreme be- rühren, an einen hochtragischen und an »inen hochkomischen Moment in der Weltgeschichte und außerdem noch an die ehe- malige Erfurter Doctorpromotion. Als der gute, unglückliche Ludwig der Sechszehnte auf dem Blutgerüst stand und zum Volke sprechen wollte, ließ der barbarische Bierbrauer Santerre, dazumal Commandant der Pariser Nationalgarde, ebenfalls die Trommeln rühren, damit die Worte des Königs nicht ver standen würden. Dies war der hochtragische Moment. Ein hochkomischer Moment aber war es, als vor einigen Jahr.n ein Landsland bei einem Festessen, wo er einen Toast aus bringen wollte, nicht niedergetrommelt, sondern niederg ebravo' c wurde. Dieses Riesenbravo ging bei: „Meine Herren!" las und hörte nicht auf, bis sich geehrter Sprecher, ohne sich seiner Toastbärde entledigen zu können, wieder niedergesetzt hatte Wenn Letzteres nicht geschehen wäre, braoo'te tue Tischgesell schaft wahrscheinlich heute noch. Der Toast ging auf diese Weise rettungslos für die Nachwelt verloren. Letzterer Fall steht übckgen« auf dem Gebiete prilamentarischer Zweckrsierei nicht vereinzelt da. Auf ähnliche Weise konnte unlängst beim Kieler ZoÜparlainentSzweösissen der dasige Unioersitälsrector mit seinem Toaste eben «alle nicht in die 'Wochen kommen. Aber nicht bloS übertrommelt und überbravo't kann die ,umschliche Stimme werden, auch übertrompetet und überpaukt Das lehrt uns der einstige Erfurter Doctorexamev Alle, die Nichts gelernt, aber Geld hatten und gern Doctor genannt werden wollten, ließen sich in Erfurt examiniren. Da ging die Sache also her: der Herr Examinator stellte tie Frage aber ehe noch der Examinand den Mund zur Antwort öffnen konnte, fiel ein im Saale befindliches Orchester mit Trompeten und Pauken ein. Nun konnte der Herr Candidat chinesisch
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