Dresdner Nachrichten : 21.10.1873
- Erscheinungsdatum
- 1873-10-21
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-187310219
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18731021
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18731021
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1873
- Monat1873-10
- Tag1873-10-21
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- Dresdner Nachrichten : 21.10.1873
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FürdaS Feuilleton: Lacket« Dresden» Dienstag» Li. Oktober 1873 Politische». Zahllos sind die Schilderungen» ohne Grenzen die Anecdoten, die sich an den Besuch der Weltausstellung durch die Kaiser Wilhelm und Franz Joseph knüpfen. Wäre doch der Polizeipräsident Ber lin», Herrn. Madai, nicht am Abend vor der Ankunft seines kai serlichen Herrn von Wien abgereist! Er hätte dann gesehen, wie sich die Bevölkerung einer Großstadt bei festlichen Schaustellungen be nimmt, ohne in Janhageladen, Pöbelexcesse zu excellirenl Gedrückter gefüllt als zur Besuchszeit des persischen Schah und des italienischen König» waren alle Gänge der Rotunde, der Transepte, Galerien und die Avenuen, welche die beiden Kaiser zu passiren hatten. Die entlegenen Theile der Weltausstellung blieben um so menschenleerer, die vrelfrequentirten Restaurants verödeten. Die ächten und nach gemachten Neger ließen den Jndianerwigwam im Stich, um in ihren schneeweißen Jacken von hohen Prellsteinen herab den mächtigen Massa au» Preußen zu sehen; die Kopten aus dem Khedivepalast, die gelbbeburnußten Araber, die schmutziggrauen Beduinm, die schlitzäugigen Japanesen, die Reliquienkrämr« aus Bethlehem, die Talmi-Türkinnen aus dem cvrvlo orioutals, die drall-züchtigen Schweizerinnen au» dem Züricher Kaffeehause, die rothhemdigen russischen Kellner, die schwedischen Maiden und die steirischen Diarnderln — kurz, all' das bunte Völkchen aus aller Herren Län der mischte sich in die Zehntausende Zuschauer, die auf der dreistün digen Wanderung der Kaiser eine hin- und herfluthende Mcnschen- kette bildeten. Selbstverständlich konnte sich Kaiser Wilhelm nicht sehr den Details der Ausstellung widmen; cS war ihm mehr um eine Gewinnung des Totaleindruckes zu thun, als er die Rotunde, die russische, österreichische und egyptische Abtheilung durcheilte. Den Khedivepalast hat er sehr eingehend besichtigt, der Sattelung und dem Vorreiten der Kameele durch die bcschlappschuhten Egyptcr be sondere Aufmerksamkeit gewidmet. Bei einzelnen Juwelieren hat er sich sehr genau nach dem Preise einzelner Schmucke erkundigt, aber Alles — viel zu theuer gefunden. Wer soll das bei den schlechten Zeilen bezahlen? war seine stete Frage, worauf ein Wiener Juwc lier die paffende Gegenfrage stellte: Wenn Ew. Majestät schon über schlechte Zeiten klagen, was sollen denn wir dazu sagen? Wir sind gespannt darauf, ob die französischen Aussteller, wenn Kaiser Wil helm ihre Transepte durchgeht, ihre lächerliche Drohung wahr machen und ihre Etalagen verhängen werden. Zuzutrauen wäre ihnen diese Demonstration schon; haben sie doch neulich, als des Kaisers Töch terlein, die an den bairischen Prinzen Leopold verheirathete Erzher zogin Gisela, die französischen Broncen besichtigte, wegen der bai rischen Uniform des Prinzen auf Fragen nicht geantwortet, sondern ihren Kram abgestäubt und ähnliche Ungezogenheiten sich zu schulden kommen lassen. „I bitt', iS der Bismarck nit bo?" Diese Frage wurde wäh rend des NundgangeS der Kaiser viel aufgeworfen. „Na, i schau'n halt nimmer", war die Antwort. Bismarck, der nämlich nicht selbst «inen Ausstellungsgegenstand abgeben, sondern von den ausgestell te» Gegenständen etwas lernen wollte, langte, als die Kaiser bereits die Ausstellung verlassen hatten, in Civil mit dem Grafen Andraffy am Südportal an und besichtigte, von der Neugier wenig belästigt, lene herrlichen Räume. Die Weltausstellung selbst wird nunmehr vefinniv am 2. November Nachmittags 5 Uhr feierlich mit den letz ten langgezogencn Tönen des Nebelhornes geschlossen. Die „Neue freie Presse" in Wien, die allerdings seit einigen Monaten völlig in preußischem Fahrwasser segelt, bezeichnet die in vielen deutschen Zeitungen zu lesende Meldung, Blcichröder in Ber lin habe sie, die „Neue freie Presse", angekauft, als eine ganz ge meine perfide Lüge. Der verhängnißvolle Zeitpunct, an dem das französische Volk zwischen Republik und Monarchie entscheiden soll, rückt mit raschen Schritten näher. Unerträglich ist der jetzige Zustand für alle Par teien, am unerträglichsten für den HandclSstand und die Gcwerb- treibenden Frankreichs geworden. Alle Geschäfte liegen in Paris unter dem Drucke des Ungewissen. Eine Entscheidung, so oder so, wird als willkommene Befreiung von dem Alpe der Ungewißheit be grüßt. Man giebt ziemlich allgemein der Republik nur noch einen Credit von 14 Tagen, dann wird sich die republikanische Partei, nach einem giftigen Ausdrucke Gambetta's, darein ergeben, „die monarchische Kröte zu verdauen". Mit dieser Ergebung der Repu blikaner in ihr Schicksal geht das Zetern der Ultramontanen gegen die Epistel Kaiser Wilhelm's Hand in Hand. Das „UniverS" läßt seinen Brander gegen den König Wilhelm vom Stapel; aber eS ist mehr Qualm als Flamme. König Wilhelm, llagt Veuillot, werde durch seine Verfolgungen gegen die katholische Religion seinen Thron untergraben; der Papst habe ihn gewarnt; der Papst werde sein Wort nicht zurücknchmen, trotz alledem aber Gott bitten, Barm herzigkeit mit ihm zu haben, und beten, daß er das Uebel, welches er angestiftet, wieder gut machen solle. Nach diesen abgenutzten kle rikalen Gemeinplätzen »ersteigt Veuillot sich zu der armseligen Phrase, König Wilhelm ahme Garibaldi, den Regierungen der Schweiz, Portugals und Südamerikas nach, und man habe kaum geglaubt, daß er sich solche Muster wählen werde und daß ihn der Ruhm der Garibaldi, Juarcz u. s. w. nicht schlafen lasse. Schließ lich zeigt Veuillot an, daß, wenn es nicht bald anders werde, so — „giebt e» nichts Schöneres mehr auf der Welt, als in den Katakom ben mit dem Papste zu sein, barfuß wie er, und ihn zum Mittler bei unserem Herrn Jesu Christi zu haben, der Gott ist". Vom deutschen Reiche ist zu melden, daß in der kurzcnSpanne Zelt, während deren sich Bismarck in Berlin aufhielt, ehe er über Leipzig nach Regensburg ging, um zum deutschen Kaiser zu stoßen, die Frage des Präsidiums des preußischen Staatsministeriums so Put wie geregelt worden sein soll. Roon beharrt auf seinem Rück tritt von diesem Posten. Bismarck, der deutsche Reichs-, soll nun noch preußischer Staatskanzler werden. Er wird formell mit der Leitung der Geschäfte des preußischen Staatsministeriums betraut, für die Uebernahme des Details der Präsidialgeschäft« soll ein Vice Ministerpräsident ernannt werden. Wäre eS nicht richtiger, einen Minister Vicepräsidenten zu ernennen? Sind etwa die preußischen Minister nur Spielbälle ln der Hand eines Anderen, sirch sie blo» Viceminister? Locale» uud Sächsische». — Das amtliche Bülletin über das Befinden des Königs von gestern lautet: „Pillnitz, Montag, 20. Oktober, früh ^8 Uhr. Se. Majestät der König haben eine sehr unruhige Nacht verbracht. Der Schlaf war durch größere Athemnoth und durch Delirien ge stört; letztere sowie die Beängstigung dauern auch jetzt noch fort. Fieber ist nicht vorhanden, die Pulsfrequenz aber beträchtlich ver mehrt. vr. Fiedler, vr. Ullrich, vr. Brauer." Wir können dem noch hinzufügen, baß der Zustand Sr. Maj. in maßgebenden Kreisen gestern Abend als ein fast hoffnungsloser betrachtet wurde. In der kath. Hofkirche finden di« üblichen Gebete für den König statt. — Herr von Zehmen hat, noch bevor er zum diesmaligen Präsidenten der 1. Kammer ernannt worden war, eine neue Land tagsordnung ausgearbeitet und dieselbe den Mitgliedern beider Kammern als gedrucktes Manuskript zugehen lassen. Dieser Ent wurf entfernt sich nicht allzusehr von der jetzigen Landtagsordnung und geht nicht so weit wie die in der 2. Kammer geltenden Normativ- Bestimmungen. Herrn von Zehmen erscheint eS bester, jede Kam mer richte ihre Geschäfts-Ordnung nach ihren Bedürfnissen ein. — Vom Landtage. (Das Budget. Fortsetz.) Das Justiz ministerium erfordert einen Aufwand von 1 Million (225,000 Thlr. mehr). Hier begegnen wir zum ersten Male der Erhöhung eines Ministergehalts und zwar soll dieselbe von 6500 auf 7200 Thlr. erfolgen. Die früher eingezogene Function eines AbtheilungS- directors wird vorgeschlagen, wieder ins Leben zu rufen. Dieser Posten soll mit einem Gehalte von 4000 Thlr. ausgestattet werden. Neben den Gehalten der 6 Vortragenden Räthe, zusammen 16,900 Thlr., «erden für Hilfsarbeiter 2000 Thlr. neu gefordert, da einer der Räthe (jetzt Geh. Rath Held) den größten Theil des Jahres in Berlin beim Bundesrathe thätig ist. In der Justizministerialkanzlei soll ein fünfter Secretär(900 Thlr. Gehalt) und ein Kassirer (1500Thlr.) neu angestellt werden, ebenso einKanzlist und einBote. Hingegen soll die Anzahl der Mitglieder der Prüfungskommission für die jungen Ju risten beträchtlich reducirt werden. 13 Examinatoren — das hat zu einer ungleichen Beurtheilung der Candidaten geführt. Di« Ge neralstaatSanwattschaft erfordert 7000 Thl»., da« Obonppoilotion«- gericht nebst Kanzlei 68,800 Thlr. (10,380 Thlr. mehr). Das Ge halt des Präsidenten soll sich von 4460 auf 5000 Thlr., das der beiden Vicepräsidenten auf 3600 und 3300 Thlr., das der 16 Räthe auf 43,500 Thlr. erhöhen. Die 4 AppellationSgcrichte zu Bautzen, Dresden, Leipzig und Zwickau erfordern einen Aufwand von 116,000 Thlr. gegen 30,000 Thlr. mehr). Die Präsidenten erhalten Ge halte von 4000 Thlr., die 20 Räthe Gehalte zwischen 2000—2500 Thlr. Neu erscheint bei dem Dresdner und Zwickauer Appellgericht je ein (transitorischer) Hilfsarbeiter, wegen Geschäftsüberhäufung der Gerichte. Die unterste Justizinstanz (Bezirksgerichte und Staats anwaltschaften) werden zunächst erhalten durch die baar eingehenden Gebühren unHStrafgelder, die zusammen 1,217,000 Thlr. (60,000 mehr) auSmachen. Trotzdem hat der Staat noch einen Zuschuß von 577,300 Thlr. (176,300 Thlr. mehr) zu leisten. Die 15 Bezirks gerichtsdirectoren erhalten durchschnittlich Gehalte von 2250 Thlr., die 108 BezirkSgerichtSräthe durchschnittlich 1700 Thlr. (im Minimum 1400 Thlr.), die 21 Staatsanwälte 1800 Thlr. (im Minimum 1500 Thlr.), die 5 staatsamvaltschaftlichen Gehilfen 1000 Thlr., die 114 Gerichtsamtleute 1700 Thlr. (im Minimum 1400 Thlr.), 63 Assessoren durchschnittlich 1150 Thlr.; von 450Referen daren sollen je 100 erhalten 1000, 900, 800, 770 und 660 Thlr., je 50 aber 600, 550 und 500 Thlr., endlich 50 Hilssrefercndare je 350 Thlr. Die Anmeldungen junger Juristen zu Hilfsreferendar- stcllen hat sich wieder einigermaßen vermehrt, doch sind immer noch 30 Stellen der Art unbesetzt. Die Dienstbezüge von 290 Kassen beamten sollen betragen 113,000 Thlr. Eine neue Garantieclassi fication wird den Ständen voraeschlagcn, die von 5- auf 900 Thlr. um je 100 Thlr. steigt bis zu 5, von5—10,10—15,15—25 und endlich über 25 Dienstjahre. Die Gehalte der 628 Expedienten sollen betragen für je 100 derselben 800, 700,600,500 Thlr., für 125 derselben 450 und für 103 Hilfsexpedienten 360 Thlr. Die Zahl der Expedienten ist jetzt um 45 überschritten. 21 Arrcsthaus- inspectoren sollen erhalten durchschnittlich 800 Thlr. nebst freier Wohnung und Heizung, 113 Wacht- und Botenmeister durchschnitt lich 600 Thlr., zum größten Theil mit freier Wohnung, 63 Boten, Hausmänner u. s. w. 450 Thlr., zum Theil mit freier Wohnung und Heizung. Die Dienergehilfen erheischen 120,000 Thlr. und zwar so, daß der Gehalt von 5 zu -Jahren steigt von 300 auf 325, 350, 375 und 400 Thlr. Der Expeditionsaufwand beträgt bei den Untergerichten 187,000 Thlr. Der ganze Etat der Unter gerichte wird sich jedoch etwas verändern, wenn am 1.Oktober 1874 in Folge der Trennung der Justiz von der Verwaltung die Ein ziehung von 12 kleineren Gerichtsämtern bevorsteht. (Forts, folgt.) — Wie die„Spen.Ztg." berichtet, hat die sächsische Regierung dem Fürsten Bismarck für die Reise nach Wien einen Salonwagen zur Disposition gestellt. Der berühmte eigene Salonwagen des Für sten ist durch die Radstellung auf der Strecke von Rcichcnhall nach Eger nicht zu benutzen gewesen. Ein sächsischer Beamter war mit dem sächsischen Salonwagen in Berlin erschienen, den der Fürst mit Dank annahm. — Wie man sich erzählt, wäre in einer neueren Sitzung der obersten Mcdicinalbchörde das Gutachten erfolgt: Es sei nicht wünschenswerth, daß die noch vorhandenen Promenaden der inneren Stadt resp. die daranstoßendcn Gärten einem Ringstraßenproject geopfert würden. In wie fern der Ausspruch authentisch, wissen wir nicht. Wenn es sich darum handelte, die allerdings sehr gesund heitsfördernden grünen Bäume und Rasenflächen einfach zu pflastern und mit enganstehenden Häusern zu bebauen, so müßte man der Ansicht beipflichten. Wenn aber die vorhandenen Alleen auf das Doppelte verbreitert und als Fahr-, Reit- und Promenadenfußwege eingerichtet und die Anzahl der Bäume ebenfalls verdoppelt würde, so würde Dresden nur gesünder und verkehrsbequemer aus dieser Veränderung hervorgehen: die Rückseiten der Häuser der Waisen haus-, Johannis- und Amalienstraße würdm ihre feuchten, dumpfen " intergärtchen los, würdm über kurz oder lang schöne einträgliche iewölbe aufweisen, und möchte die neue Ringpromenade noch so breit angelegt werden,so bliebe doch auch auf der gegenüberliegmden Seite viel Platz zu schönen Neubauten. Das erliegt keinem Zwei fel: die jetzigen Gärtchen sind alle feucht und ungesund. Neue, weitere und einheitliche Anlagm würden auch vom sanitären Ge sichtspunkt segensreich sein. — Der schon seit längerer Zeit projectirte Bau der böh mischen Kirche soll nun wirklich noch in diesem Herbste in An- enommen werden. Sie wird nach dm Entwürfen und unter der Oberleitung de» Baumeister» Altmdorff aus Leipzig, auf dem Grundstücke des Neid'schen GestiftS in der Nähe der Wasserstraße 6 (Antonstadt) erbaut, gänzlich von Sandstein, im frllhgothischen Styl, mit massiven Gewölben, ebensolchen Emporen u. s. w. und soll ca. 1000 Sitzplätze enthalten. Nach einer uns vorliegenden Photo graphie wird es ein einfache» aber edles, in schönen Verhältnissen emporstrebendes Gebäude, welches dem dortigen Stadttheil sicher zur Zierde gereichen wird. — Der seit gestern in unseren Straßen pulsirende Jahrmarkt hat allerdings lange noch nicht die originelle Physiognomie einer Messe, wie z. B. von Leipzig rc.; er ist noch zu klein, zu unbedeutend, und für den Charakter einer Stadt wie Dresden fast antiquirt. Je doch — der liebe, gute Jahrmarkt ist aber einmal da, und so muffen wir dmn einfach dm ganzm Lärm rc., welchen er mitbringt, wohl oder übel hinnchmen. Gestern Mittag und in dm Nachmittags stunden warm bei heiterem Wetter die Straßen der Altstadt wieder ungemein belebt u«ü> besucht. So viel wir durch eigne Anschauung wahrnehmen konnten, wurde viel gekauft und namentlich in dm Leihen der Schuhmacher herrschte ein buntes Treiben. Jetzt heißt es beiden guten Landbewohnern vorsorglich für die Gebrüder Füße zu wirken, und das thaten sie denn auch durch bedeutende Einkäufe von Stiefeln und Schuhwerk aller Art, welches, kräftig geschmiert, gegen Schnee und Nässe schützen soll. Der jetzig« ist wohl überhaupt der bedeutendste Markt im Iah«, da viel al« Generaleinkauf für dxn Winter begehrt wird. Dgß man Vieles davon zu jeder Zeit hier ebenso billig haben kann, stört nicht; die guten Hausfrauen sind es einmal gewöhnt „auf dem Jahrmarkt einzukaufen" und die Gewohnheit nennt der Mensch bekanntlich seine Amme. Einer außerordentlich starken Frequenz, vielleicht der stärksten, erfreuen sich wieder di« Lebensmittel und die geistigm Getränke. Von allen Seiten lockt oder verscheucht die bekannt« süße Jahrmarktsmusik, Leierkasten und Ziehharmonika und durch das Genurre, Geschrei und Geblase hindurch verfolgm die Tausend Unkauflustigen ihrm dor nenvollen Pfad, glücklich, wenn sie nicht von einer Kiste, einemKasten einer Latte oder ein sonstiges Jahrmarktsstück gestoßen werdm. — In letzter Woche hatte der land- und forstwirthschaftliche Verein von Pulsnitz eine Ausstellung von in dortiger Gegmd pro- ducirten land- und forstwirthschaftlichen Erzeugnissen arrangirt, die sehr interessant war und ungemein angesprochen hat. Es gab wirk lich SehenSwerthes, trotzdem die Ausstellung eine plötzliche war und um deswillen die ausgestellten Früchte und Thiere nicht extra für die Ausstellung gezogen bcz. gezüchtet worden sind. Ausgestellt warm die verschiedensten Kartoffelsorten, von der Bisquitkartoffe' bis zur großen Bismarckkartoffel; ungeheure Kohlrüben, Möhren, Krauthäuptc, deren Köpfe an den des biblischen Riesen Goliath er innerten , Kürbise, 50 Pfund schwer, Schnäpse und Liqucure, eine Anzahl seltener Baumpflanzen und junge Bäumchen, Butter gesal zene und ungesalzene, Käse vom ganz gemeinen Querael- bis zum rundlichen kümmclgeschwärzten Ziegenkäse, ein ganzes Sortiment französischer Kaninchen, Tauben, vom Indianer bis zur Briestaube, Hühner undHähne, Meerschweinchen, landwirthschaftlicheMaschinen, Ketten und Kettenhunde, Mistgabeln und Pfefferkuchen, künstlich« Düngemittel, Waagen und Gewichte, die verschiedensten Obstsorten und landwirthschaftliche Jagdkalender rc. rc., kurz und gut etwas von Allem und für Jedermann etwas SehenSwerthes. In Blasewitz ist in der SonntagSnacht, wahrscheinlich durch Tanzbodendifferenzen verursacht, ein schlimmer Anschlag erfolgt. Der Conducteur Baldauf, ein übrigens ordnungsliebender, pflichttreuer Beamter, ward auf dem Schillerplatze, während er mit zwei Kame raden ruhig seines Weges ging, von einem wahrscheinlich ihm auf gelauert habenden Individuum erkannt, überfallen und mit einem Instrument, das ein Stock mit daran befindlicher großer Bleikugel (sogenannter Todtjchläger) gewesen ist, derart über den Köpf ge schlagen, daß man zunächst das Schlimmste befürchtete. Er ward in seine Wohnlmg geschafft. Ueber Motive und Hergang der Anfalls wird man wohl Näheres rrfahren. — Vorgestern ^4 Uhr ist, gemäß seiner vorhergegangenen Bekanntmachungen, in Leipzig vom „Pfaffendorfer Hofe" aus, der Aeronaut Herr Sivcl aus Paris mit seinem großen Ballon, dem „Coloß" aufgestiegcn. 120,000 Cubikfuß Gas haben in den über Etagen hohen Ballon hineingcfüllt werden müssen, ehe er dienst fähig ward. Tausend und Abertausend sollen dem interessanten Schauspiel der Füllung und des AufstcigcnS beigewohnt haben. Außer Herrn Sivel sind 6 Personen mitgefahrcn und zwar die Herren vr. für. Broda, Literat Lconhardt (Berichterstatter des Leipziger Tageblattes), Kühn, ot»3. Kunze, Reussing und ein nicht genannter Herr au» Attenberg. Der Ballon stieg in der Richtung nach Osten auf und ist um 5 Uhr in Belgershainer Flur bei Grimma glücklich niedergegangen, nachdem er eine Höhe von 6000 Fuß erreicht hatte.
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