und neuer Theatergeschichte, hellenischer oder gallischer: schwerere Sünde wirst Du auf den berüchtigsten Seiten nicht finden. Und so floriert der deutsche Geist seinem . . „Den laß aus dem Spiel, Liebster; und übertreibe die Red nerei nicht gar so fürchterlich. Die Hunderte, Tausende mei netwegen, die hierher kommen, wie nach Monte Carlo zum Karneval, nach Hamburg zum Derby, nach Kiel zur Regatta, sind nicht die Wahrer deutschen Geistes und deutscher Kunst. Gluck und Weber würden schnöderen Unfug über leben. Und dem Volke ist die Schaustätte dieser Festspiele abgesperrt. Kennst Du Nekrassows Gedicht ,Vor der Ehren pforte? ,In Rauschstunden des Sklaventaumels strömt die Menge herbei . . .’ Wo Du nicht seufzen hörst, wimmelt kein Volk.“ FRANKFURT Fahnen, Girlanden, Teppiche. Der Schmuck ist hier üppi ger als in der Stadt der Staatspensionäre. Zwischen weißen Obelisken mit Goldstuck eine Feststraße für den Kaiser, der täglich mit Frau und Kindern aus dem Taunusschloß her überkommt. Morgens und nachmittags hört er am Main Männerchöre, abends am Kochbrunnen Paradeopern; in Frankfurt Hegar, Brambach, Meßner, Kienzl, in Wiesbaden Weber, Boildieu, Gluck, Meyerbeer. Vierunddreißig Män nergesangvereine kämpfen um eine Goldkette, den vor acht Jahren vom Kaiser gestifteten Wanderpreis. Jeder Verein darf einen selbst gewählten, muß einen sechs Wochen vor her von der Jury bestimmten Chor singen; dann folgt ein engerer Wettbewerb: die als die leistungsfähigsten erkann ten Vereine müssen einen Chor vortragen, zu dessen Ein übung ihnen nur eine Stunde Zeit gelassen ist. Kein Konzert also, geladenen Gästen zur Kurzweil, sondern eine Schluß prüfung, die lehren soll, welche Sängerschar nach vierjähri gem Kursus schwierige Aufgaben am besten und schnell sten bewältigen kann. Neun Sachverständige sollen mit Stim menmehrheit entscheiden. Der Kaiser sitzt als Patron, nicht als Examinator, in seiner Loge. Weil er morgens von Wies-