KÖNIG PHAETON AM NACHTHIMMEL EIN LICHTER STREIF, Zwi schen zwei helleren Punkten ein matt beleuchteter Steg: die Milchstraße nennen die Menschen ihn und einen schönen Mythos ersannen sie, sein mildes Dämmern zu erklären. Doch die Mythen auch, die herrlichsten selbst, blühen ab, wenn ihrer Wurzel nicht neues Erdreich aufgeschüttet wird. Und weil der dunstende Herbst, der nach klarem Tag die Nebel emporscheucht, nachdenklich stimmt und weil uns neuerlich anbefohlen ward, rückwärts schreitend den Weg der Geschichte nun abzuwandeln, deshalb vielleicht kam mir in den Sinn, dem Mythos der Milchstraße nachzugrübeln und, an losen Fabeln alter Sänger vorbei, zu dem Sehnen mich hinzufühlen, das erst den Mythos gebar. Im Sagenlande, das man Arkadien nicht heißen darf, weil es von unruhigem Wünschen mächtig erschüttert war, hatte König Merops geherrscht, ein freundlicher Mann mit güti gem Blick und ein Herr, der die Zeichen der Zeit wohl er kannte. In einem verblätterten Buch hatte er gelesen, der Tag sei nah, wo aus den güldenen Kronen man Goldtalei prägen werde, mit dem Bildnis einer neuen Prinzessin, die den seltsamen Namen Demokratia empfangen solle. Und da er buchgläubig war und holder Schwachheit geneigt, sah er mit mildem Mißtrauen immer die Krone an und ihrem mystischen Winken lächelte er in Wehmut. Nicht zu maje stätischen Gletschern flatterte sein Ehrgeiz; sein Gottes- gnadentum, von dem beschränktere Ahnen das Heil er wartet hatten, schlug er gering an und heischte für Reden und Handeln eben nur das Maß der Achtung, dessen Reden und Handeln auch würdig waren und das kein Verständiger dem Haupt des Volkes weigern durfte. Übrigens verschloß er sich keinem guten Rat, wußte klug hinter klügere zu ver schwinden und prunkte und prahlte nie mit einer Detail kenntnis, die er nach dem Gang seiner Erziehung und in der prächtig dekorierten Enge seines Palasterlebnisses doch nicht erworben haben konnte. Er war ein guter König in schlim- 6 89