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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.01.1877
- Erscheinungsdatum
- 1877-01-13
- Sprache
- German
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187701134
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18770113
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18770113
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1877
- Monat1877-01
- Tag1877-01-13
- Monat1877-01
- Jahr1877
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.01.1877
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L30 Alpdruck d« fortschrittlichen Bevormundung von der Stadt ahgewänt ist. In diesem Ginne de» grüßen wir das Resultat der hiesigen Wahlen Irackig. denn es kauu der Beginn gesunden neuen politische» Lebens werden. Ein anderer Bericht auS Berlin lautet: Der ungeahnte Ausfall der Berliner Reichstagswahlen bat die Berliner Wählerschaft geradezu consternirt uud vollständig außer Fassung gebracht und sie vermag eS heute noch gar nicht, da- Ungeheuer- lrche dieses AuSganges sich in ihrem Kopse zurecht zu legen. Um die Bedeutung dieser Wahlen uud die Panik der Fortschrittspartei erklärlich zu machen, sei daraus hingewiesen. daß Berlin von Ulteich her die unveflrittene Domaine der Fort schrittspartei gewesen, in welcher bisher noch keine Parte, gewagt hatte, auch nur einen Achtungs erfolg zu erstreben. Die Koryphäen deS Berliner Fortschritts aber wiegten sich so siegeSstcher in dem Bewußtsein ihrer unbestrittenen Macht, daß sie gegen die einfachsten Grundsätze der politischen Klugheit vollständig blind wurden uud es auch gar nicht der Mühe für Werth hielten, die Lärmtrommel der Agitation einigermaßen ver ständig zu rühren. Jetzt ist nun endlich ein- mal Bresche geschossen in diese Alleinherr schaft der Fortschrittspartei in Berlin, selbst die nationalliberale Partei hat bei diesem ihrem ersten Anlaus bewiesen, daß sie nicht ein zusam- meugewürfelteS Häuflein ist, dem mau übermüthig nach empfangenen Liebesdiensten Backenstreiche und Fußtritte »ppliciren darf, sondern eine Partei, mit der man in anständiger Weise zu rechnen hat. Tatsächlich ist für den seltsamen Ausfall der Wahlen in Berlin Niemand verantwortlich zu mache», als die Fortschrittspartei allein, resp. die Herre» de- fortschrittlichen Centralwahlcomitä, die i» ihrer siegeSgewisien Ueberhebung blind gegen alle politischen und taktischen Fehler waren, die in so reichem Maße der Wahl unmittelbar voran- ainaen. Mag man über den Abschluß der Justizgesetze denken wie man will, so viel ist gewiß, daß man nach den Schmäb ungen und Verleumdungen, die von fortschrittlicher Seite gegen die besten Männer der nationallibe ralen Partei geschleudert wurden, einem ehren haften nativnalliberalen Wähler nicht zumuthen konnte, fürder noch für fortschrittliche Wahlen in Berlin einzutreten, uud in den Reihen der Fort schrittspartei ist jetzt auch kaum noch ein Zweifel darüber, daß dieses Hinwersen deS Fehdehand schuh- ein nicht gut zu machender politischer Fehler war. Ein Kehler, vom fortschrittlichen Standpunkte aus, war ferner die Ausstellung de alten Abg. vr Eberty im vierten Wahlkreise, und e- ist kaum begreiflich, wie da« CentralwahlcomitL angesichts der überaus rührigen socialdemokrati- scheu Agitation in der dortigen Webergegend auch nur hoffen konnte, dem altehrwürdigen, braven, aber vollständig ausgedienten Eberty zum Siege zu verhelfen. Bei dieser Candidatur ist eS kein Wunder, daß der Eigarrenmacher Fritsche eine Majorität von ca 2800 Stimmen erhalten konnte. Mindesten« cbenso fehlerhaft war die Candidatur de« Herrn 1)r. BankS in dem mit am meisten gefährdeten sechsten Wahlkreise, und dort ist der Fortschritts partei allerdings ack oeulos demonstrirt worden, daß man die Unterstützung der nationalliberalen Partei nicht leichtfertig verscherzen darf Wenn e- der letzteren gelang, Herrn v. Forckenbeck im zweiten Wahlkreise sogar die relativ« Majorität zu verschaffen uud denselben im ersten Wahlkreise zur engeren Wahl zu bringen, so dürfte sich die Partei diesen überraschenden Erfolg, der aus die fernere Gestaltung des politischen Leben- in Berlin ohne Zweifel von Einfluß sein wird, kaum wieder unbenutzt entreißen lassen DaS Wahlresultat in Berlin hat also einzig und allein die Fort schritt-Partei selbst zu verantworten. Der Abg Löwe ist au- der Fortschritt-Partei, welcher er im Abgeordnetenhaus« bekanntlich noch angehörte, nunmehr definitiv au-getreten. Die „Post" schreibt: Die Berliner Fortschrittspartei ist von der social- demokratischen Partei aus dem nächsten Reichstage ver- vrSuat worden. DaS ist das große Resultat des in. Januar'. In dem letzten Reichstag« waren sämmt- liche Berliner Vertreter Fortschr,ttSleute Ln dem gestrigen Wahltage ist, wenn den unten mitgethrilteu Berichten, woran wir kaum zweifeln dürfen, Stauben »u schenken ist, von Sechsen Einer übrig geblieben. Das rst daS Resultat der sünfzebniährigea Herrschaft der Fortschrittspartei vou Berlin. Bürger Berlins! Wir fragen Luch, ob Ihr diele Thatsache leugnen könnt und ob sie Euch nicht die Schamröthe ins Gesicht jagt ? Nach den Leistungen der fortschrittlichen Presse bezüglich der Jnstizgesetze würden wir nicht überrascht sein, von ihr morgen zu hören, daß di« Nationalliberalen resp. die Eousrrvativen, welche di« „Boss. Ztg." die Güte hat stets als Reacttouairezu bezeichnen, an bcesemResultate schuld seren. Wir wollen schon beute möglichst nachdrücklich diese Insinuation zuriickweisen. Die Fortschrittspartei hat behauptet, iu Berlin unerschütterlich fest zu stehen und keines andern Menschen Hülfe zu bedürfen. Sie hat di« Nativnalliberalen — von uns gar nicht zu sprechen — mit Fußtritten regalirt und mit jedem Schmutz be warfen. Nie ist ihr bis diesen Augenblick der Gedanke auch nur ausgedämmert. daß sie der Hüls« dieser Leute bedürfen könnte, um sich eines Feindes zu erwehren, ver heute schon stärker ist als sie selbst und em Herkules in der Wiege. Unsere eigene Stimme, lediglich erhoben in dem vaterländischen Jater-.sse, in dem Wunsche, einen veraünstiaen Fortschritt unserem Vaterland« zu sichern, ,st verhaut an der Zähigkeit, mit welcher unsere Berliner Mitbürger sesthalten an diesen falschen Propheten, die unter dem Vorgeben, allein d,r Sacb« der Freiheit und de« Rechtes zu vertreten. ,«d«n Andersdenkenden der uiedrigsten Motiv« beschuldigen. Wir hoffen, daß der l». Jauuar, ei» ewig denkwürdiger Tag iu unserer Geschichte, hier eiue Besserung hervorbrmgen wird. Wenn dir Berliner Fortschrittspartei eiue Ahnung von de» »ahrm Stande der Dinge gehabt hätte, so hätte ste. statt der gauzeu Einwohnerschaft sh« Eaodidature» tuclufiv« de« Herrn Bank« zu octroyirrn, die Hüls« dieser Reacttouatrr erbeten, uud e« wäre dauu «Aich gewesen, iu der Hauptstadt de« Reich«« «wen Wahle» herbeizuführe», al« solch«, welche mcht dloS ein allgemeine- Jubelg«schrei unserer Feind« Hervorrufe» werde», so oder» uuS zu« Gespött« derselben mache». Die „Post" schreibt ferner: Al- im Sommer vorigen Jahre- der Setzerstreik die Berliner Zeitung-Verleger und Druckerei-Priucipale in die schwerste Verlegenheit setzte, da ertönte von allen Seiten der Klageschrei, daß e- unter den obwaltenden Verhältnissen für die Mehrzahl dieser Männer unmöglich sei zu existiren, wenn die Schriftsetzer ihre Forderungen durchsetzten. In dem Vereine der Verleger, dessen Präsident der Eigentümer der „Bost Ztg ", Herr Stadt- gerichtSrath Lessing, war, war dieser der Erste und in den entscheidenden Tagen der Einzige, welcher die Einstimmigkeit seiner Collegen brach und schließlich mit seinem socialdemokratischen Setzer personal pactirte. In der heißesten Sitzung jener schweren Zeit hat er da- höhnische Wort in die Versau,mlung von Collegen geworfen: Gott sei Dank, wir können eS bezahlen! Die Social demokraten haben gestern einen glänzenden Sieg über die Fortschrittspartei davongetragen, deren Repräsentant Herr Lessing wenigsten- äußerlich ist. So schreitet die Nemesi« einher! Bei den vielfach nothwendig gewordenen Stich wahlen zwischen den Socialisten und den ver schiedenen Nuancen der Ordnung-Parteien werden die letzteren doch wohl Zusammenhalten. In Breslau hat der Ausschuß de- Wahlvereins der Nationalliberalen beschlossen, bei der engeren Wahl zwischen Hän el und dem Socialdemokraten Kraecker den Ersteren zu unterstützen. Bei der engeren Wahl zwischen LaSker und dem Social demokraten Bäthke wird seiten- der Fortschritts partei voraussichtlich Lasker unterstützt werden. Wir reihen hieran, im Anschluß an die gestrigen Mittheilungen, die bisher bekannt gewordenen Wahlergebnisse auS dem Reiche (die sächsischen bringen wir im Nachtrag). In Berlin sind 2 Socialdemokruten ge wählt: Fritzsche im 4., Hasenclcver im 6 Wahl kreise, wo die Fortschrittler Eberty und Banks unterlegen sind. Im 1. Wahlkreise sticht der nationale Candidat v. Forckenbeck mit dem Fort schrittler Hirsch, im 2. sticht ebenfalls Forckenbeck mit dem Fortschrittler Klotz, im dritten dagegen per Fortschrittler Herz mit dem Socialisten Rackow. Rur in Einem, dem 5 Wahlkreise, hat die Fortschritt-Partei mit Duncker gcsiegt. Hamburg, 3. Wahlkreis. Wolfson (nat.) gewählt. Straßburg i. E. Nack den vorläufigen Er mittelungen wird für den Straßburger LandkreiS North (Autonomist), welchem der bisherige Ab geordnete v. Schauenburg alS Gegenkandidat gegenüberstand, als gewäblt angesehen' Zabern Redacteur SckneeganS (Autonomist) gegen den Candidaten der Protestpartei gewählt. Hagenau. Bürgermeister Nestel (Autonomist) siegte gegenüber Hartmann (ultram.). Im Wahlkreise MolSheim-Erstein erhielt der Candidat der elsäster autonomischen Partei, Bürgermeister vr. Rack von Benfelb, 7566, der ultramontane Gegenkandidat 3316 Stimmen. Posen. Stadt: Rittergutsbesitzer v. Turnow (Pole) gewählt. Hagen. Richter (Fortschr.) erhielt 5276 St.. Commerzienrath Meckel auS Elberfeld (nat.-lib.) 4960 St. Also engere Wahl. Osnabrück Landrath v. Gerlack (cors.) gewählt. Danzig. LandeSdirector Rickert (nat.-lib.) erbielt 4304 St, Prälat Landmesser (Eentr.) 3422 St, Kaufmann StesienS (Fortschr ) 2903 St. Also Stichwahl zwischen Rickert und Landmesser. Halle a. S Wahl von Spielberg (Fortschritt) gesichert. Dortmund. Die vervollständigte Zählung ergab für Berger 11,566 St.; Schröder (Lipp- stadt) erhielt 7058, Tölcke 3521. Richter 379 St. An der definitiven Wahl Berger'S wird durch die roch fehlenden Wahlergebnisse auS 3 Bezirken Nicht- geändert. Solingen. Assessor a. D. Jung in Köln (nat.-lib ) 6212, Moritz RittinghauS in Köln (Arbeitercandibat) 6123, von Schorlemer-Alst (ultramont.) 4729 St. Stichwahl nothwendig. Im schlesischen Wablk eise Waldenburg erhielt Fürst Pleß (deutsche ReichSpartei) 6891, Zimmerer Kapell (Socialvemokrat) 3168, vr. Max Hi,sch (Fortschr.) 1813, KreiSrichter Kletschke (nat-lib) 1651, vr. Hager (ullramontan) 1451 St., also engere Wahl nothwendig. Saarbrücken. Pfaehler (lib.) erhielt 6900, Schneider (conserv ) 3400 St. Fulda Gutsbesitzer Herrlein zu Margarethen- haun (Centrum) wiedergewählt. Crefeld vr. August Reichenfperger (ultram ) mit 9467 St. gegen Seiffardt (4542) gewählt Im Stadtkreise Crefeld erbielt Reichenfperger 5437, Seiffardt 4002 Stimmen. Iserlohn. Im Wahlkreise Altena-Iserlohn erhielt Overweg (nat -lib.) 5308, Kreutz (Fortschr ) 5000, v. Schorlemer-Alst (ultram.) 3214, Tölcke (Socialdem.) 1180 St. Zwischen den beiden ersteren demnach Stichwahl erforderlich, ebenso im Wahlkreise Lennep-Mettmann zwischen Techow (nat.-lib), der 8291 und Andorf (Sociald), der 3648 Stimmen erhielt WormS. Im Wahlkreise WormS Heppen heim-Wimpfen Hevl (nat -lib.) dem ultramon tanen Eandidaten v Biegeleben gegenüber wieder gewählt. Mainz. Im hiesigen Wahlkreise siegte Oechsner (lib) gegen Moufang. Braunschwerg. In der Stadt Braunschweig erhielt HandelSgerichtSdirector Bode (nat-lib.) 5123 St., Bracke (SocialdemJ 6113 St.; in den «eisten andern Orten deS Wahlkreise- Braun, schweig-Blaaken bürg erhielt Bode die Majorität, so daß seine Wahl gesichert zu fein scheint. Im Wahlkreise Helmstedt - Wolsenbüttel erhielten Finanzrath Käuzen (uat -lib.) uud im Wahlkreise Holzminden - Gandersheim Hüttcndirector Koch Arat.-Ub.) eine so bedeutende Majorität gegen Bracke, daß ihre Wahl unzweifelhaft erscheint. Stuttgart. Im 1. Wahlkreise (Stadt und Amt Stuttgart): Hölder <nat-lib ), im 3. (Besigheim) Huber wiedergewählt Nürnberg. Rach genauerer Zählung erhielt Frankenburger (Fortschr ) 10,015, Grillenberger (Socialdem) 10,065 Stimmen, also Stichwahl erforderlich. Kaiserslautern, vr. Ziun wiedergewählt. Weimar. KreiSgerichtSr«th Krieger (nat- liberal) gewählt. Eisenach, vr zur. Sommer (nat-liberal) wiedergewählt. Gotha. In der Stadt Gotha erhielt Bock (Soc -Dem.) die Majorität, doch fehlen die Nach richten auS den Landbezirken noch * 'Leimig, 12. Januar. Bon guter Hand geht un- die Mittheilung zu, daß ein hiesiger Wähler, der alS eifriger Anhänger der konservativen artei bekannt ist, sich entschieden für die Wahl änel'S auSsprach und denselben, seiner eigenen rklärung zufolge, auch gewählt hat. Aus die Frage, wie er Die- mit seinem konservativen Ge wissen vereinigen könne, antwortete er treuherzig: „Hänel ist nicht unser Mann; aber lieber alS ein Nationalliberaler ist er unS doch. JnderNoth frißt der Teufel Fliegen!" (Letztere Aeuße- rung citiren wir wörtlich.) An der geringen Stimmenzahl, die für Hänel abgesallen ist, haben demnach auch Conservative ihr Theil. Wie viel bleibt da noch für die Fortschrittspartei übrig? * Leipzig, 12. Januar. (Wahlepisoden.) Ein sehr traurige- Zeugniß für die politische Reife hiesiger Wähler ist die Thatsache, daß in mehreren Wahlbezirken Zettel «gegeben wurden, diemitderNamenSunterschrift deS Wähler- Versehen, also ungültig waren. Diese Stimmen gingen, wie unS zufällig bekannt wird, leider nicht der socialistischen, sondern der nationalen Partei verloren (AebnlicheS wild auch auS Berlin ge meldet). — Ein Wähler, der beim Betreten de- WahUocalS mit der üblichen Anrede begrüßt wurde: „Wir bitten um den Namen!" antwortete ganz fidel: „Stephani!" — Ein Socialdemokrat, der mit der Mütze auf dem Kopfe inS Zimmer trat, blieb auf die wieter holte Frage: „Ihr Name?" ganz störrisch und behielt dabei immer die Mütze auf; man glaubte einen Taubstummen vor sich zu haben. Erst als man dre sanftesten Töne an- scblug und ihn höslichst bat, doch seinen Namen zu sagen, erhielt der Mann die Sprache wieder. — Ein Liberaler trifft einen Conservativen auf der Straße. „Wohin so eilig?" — „Zur Wahl!" — „Wen wählen Sie?" — „Hänel! Wissen Sie vielleicht dessen Wahllocal?" * Leipzig, 12. Januar. Herr Eugen Richter hat bekanntlich in Abrede gestellt, daß sein Ge sinnungsgenosse Hänel von nationalliberaler Seite über die bezüglich der Justizgesetze gepfloge nen Compromißverbandlungen seiner Zeit auf dem Laufenden erhalten worden sei Wir haben bereit- bemerkt, daß von durchaus dazu competenter Seite versichert wird. vr. Hänel sei durch vr. LaSker über den Fortgang der Com- promißverhandlurgen fortwährend auf dem Lau fenden erhalten worden. Bekanntlich waren eS die Abgg. Lipke und WavichS, welche die von Herrn Richter bestrittene Mitteilung gemacht batten DaS fortschrittliche „Berl. Taaebl." bemerkt nuu zu der Richter'schcn Kundgebung: „Wenn in dieser Darstellung eine Anklage gegen die Nationalliberalen liegen soll, so finden wir doch, daß diese Anklage einer verunglückten Ent schuldigung der Herren Hänel und Richter wegen ihre- der Fraktion gegenüber beobachteten Still schweigens zum Verwechseln ähnlich steht. Hätten sie rechtzeitig Lärm geschlagen, so hätte daS Com- promiß vielleicht noch hintertrieben werden können — diesen Eindruck wird Jedermann gewinnen, der die Richter'sche Erklärung unbefangen liest, tzni b'exeuse, s'aecirse." * Leipzig, 12. Januar. In der Sitzung des ReichStags vom 15. December v. I. war von dem Abg. Liebknecht bei Gelegenheit seiner Aeußerungen über die angebliche Verletzung des Briefgeheimnisse- ein Brief auS Ratingen dom 4. Januar v I. verlesen worden, welcher die Beschlagnahme eine« im August 1874 in Ratingen zur Post gelieferten Briefes an Wilhelm Zengerlv in Düsseldorf zum Gegenstände hatte. In Betreff diese- Briefes ist, wie die vom General Postamt angestellten Ermittelungen er geben haben, und wie jetzt der „ReichSanz." meldet, s. Z. in vollständig gesetzmäßiger Weise verfahren worden, indem der Untersuchungs richter die Beschlagnahme de« Briese- ange ordnet und persönlich auSgeführt hat. * Miltmeida, 11. Januar. Sie können sich denken, welche Freude unter den Liberalen da- Ergebniß der Wahl im hiesigen Kreise erregt hat. Trotz der ganz enormen Agitation der Socialisten. trotz der — gelinde gesagt — kind lichen Geaencandidatur Schaffrat'S ist in unserm Wahlkreise den Socialisten da« Feld, da- sie hier feit dem Bestehen de- Reichstage- behauptete», abgestritten, der communistifche Schwätzer Bahl- telch beseitigt und unser Genfel gewählt worden. Hoch Kaiser unb Reich! — AuS demselben Wahlkreise geht unS folgende- Schreiben zu: „Ein sich „wahrhaft reichStreu und wahrhaft liberal" nennendes NahlcomitL hat es bei der Reichstagswahl als» glücklich dahin ge bracht, aus feinen noch in zwölfter Stunde auf gestellten C andidaten Herrn Justizrath vr. Schaff - rath wenig über 280 Stimmen im ganzen XV. Wahlkreise zu vereinigen. Erfreulick» ist es hierbei, bemerken zu können, daß nicht der Fort schritt-Verein diese zur Posse gewordene dritte Candidatur unterstützte, dieselbe vielmehr nur vou einigen heißbllttigen Mitgliedern jene- Berrins auf eigene Verantwortung in Scene ge setzt wurde. Nur dem gesunden Sinn der Mehr zahl und der regen Beteiligung unserer Bevölke- runa ist da- errungene günstige Resultat zu ver danken " T Dresden, ll. Januar Das Ergebniß der Wahl für DreSden-Altftadt ist doch ein weit bessere-, al- man glaubte Daß natürlich der Candidat der Socialdemokraten die Mehrzahl der Stimmen erlangen würde, war nicht zu be zweifeln, nachdem sich die anderen Partei«, ihm oder seiner Partei gegenüber nicht auf einen Candidaten beschränkt, sondern drei aufgestellt hatte» So stand zu befürchten, daß d-r von den Socialisten erwählte Herr durchkommen werde. Es ist ander- gekommen, und e- steht DreSden eine Stichwahl bevor zwischen Bebel und Mayhoff, der 4374 Stimmen bekommen, während Käuffer, der Erwäblte der Conservativen, mit 3965 Stimmen auS dem Kampfe hervorgeht. Der bisherige Vertreter, der FortschrittSmanu Minckwitz, hat 2026 Stimmen erhalten. Bebel besitzt 6935 Glaubensgenossen. In gewisser Be ziehung ist dieses Wahlresultat alS ein Triumph für die reichStreue Partei und für DreSde« selbst zu bezeichnen und wohl geeignet, Hoffnungen für die Zukunft zu erwecken. Von keinem der aus gestellten vier Candidaten ist wohl bö-williger Weise Mehr gesagt worden alS vou Mayhoff. Die gewöhnliche ÄedenSart, daß er kein im Wahl bezirke geborener Mann sei, wird ziemlich überall einem auswärtig Domicilirenden in ähnlichen Verhältnissen vorgehalten; hier wurde sie aber bi« zum Ueberdruß gebraucht. Auf die Schmähun gen, deren sich die „DreSdn. Nachr." bedienten, um dem reich-treuen Manne Stimmen abwendig zu macken, wollen wir nicht weiter eingeheu, fou- decn nur, da die Stichwahl nöthig geworden, ba ll mahnen, daß e- gilt, einem Manne de- be- onnenen Fortschrittes oder einem Umstürzler die Stimme zu geben. An den Wählern, die für Käuffer und Mmckwitz gestimmt haben, wird eS nun liegen, ob d,e Ehre Dres dens gerettet wird. Bei der Stichwahl er scheinen die Socialdemokraten in annähnnder Stärke wie bei erster Wahl, von den übrigen Parteien bleiben viele Wähler zurück. Jetzt gilt eS zu zeigen, ob DreSden-Altstadt gewillt ist, einem Manne die Stimme zu geben, der in richtiger Würdigung der Verhältnisse für das deutsche Reich, für Sachsen eintritt und der für König Albert nur Worte der höchsten Anerkennung Hut und namentlich seine Verdienste al- Feldherr von 1870/7 l bervorbebt, oder ob der Verherrlich« der Comniune. „Bebel, Drechslermeister in Leipzig", wie auf den Wahlzetteln zu lesen, der Vertreter der Stadt Dresden sein soll. — Die Wahl ist dock wahrlich leicht. Wer eS wirklich gut und ehrlich meint, der wird bei der Stichwahl die Stimme für Mayhoff abgeben. — Die „DreSdn. Ztg." sagt: DaS Wabl- comitL für Wahl des vr. Mayhoff hatte in seiner Sitzung vom 7. Januar beschlossen, fär den Kall, daß der conservative oder fortschrittliche Candidat zur Stichwahl mit Bebel gelangen würde, die Candidatur de- reich-treuen' Candidaten mit allen Kräften zu unterstützen. Wir erinnern zugleich daran, daß vor drei Jahren, al- eS zur Stich wahl zwischen einem socialdemokratischen und einem fortschrittlichen Candidaten kam, die Nativnalliberalen keinen Augenblick zögerten, dem Letzteren ihre Stimme zu geben. Jetzt lautet die Parole: Bebel oder Mayhoff! Wieder droht die Gefahr, daß ein Socialdemokrat al- Vertreter der Bürgerschaft von Altstadt-Dre-den im Reichs tag auitrilt Werden die-mal die Conservativen ur.o Fortschrittler angesichts dieser Gefahr ihre Stimmen bei der Stichwahl auf den einzigen Candidaten vereinigen, der neben Bebel Au-sickt hat, gewählt zu werden, nämlich auf vr. Mayhoff? Wir hoffen und erwarten e- zuversichtlich, um so mehr, al- auch da- bisher bekannte Wahlergebniß in Neustadt-Dre-den dazu an- gethan ist, den Wählern Dresden- ein Bild von der Stärke de- socialistischen Elements in der Hauptstadt zu geben. Conservative. Nationalliberale »nd Fortschrittler sind dort für den Generalstaatsanwalt vr. v Schwarze aus getreten, die Socialdemokraten haben in letzter Stunde Liebknecht aufgestellt, und da- Stimmen - verhältniß steht im Stadtbezirk Neustadt-Dresde« : Liebknecht 2482 und v. Schwarze 2353. Für die Candidatur v. Schwarze'- bleibt nur die immerhin sehr begründete Hoffnung, daß die zum VI. Wahlkreis gehörigen Landbezirke einen Aus schlag geben werden, der ihm dock eine Majorität sichert Woher kommen aber diese social-demo kratischen Majoritäten? Wir verdanken sie der Lauheit und Lässigkeit vieler Bürger bei der Wahl. In Altstadt-Dresden sind, wie oben be merkt. im Ganzen nur 17,308 Stimmen abge geben worden. Die an 7000 socialdemokratischen unter denselben repräsentiren die volle Stärke der Partei in Altstadt-Dresden. Wohl Jeder, der Socialdemokrat ist, hat sich an der Wahlurne eingcfunden. Die für Bebel abgegebene Stim menzahl kann bei der Stichwahl keine erhebliche Steigerung erfahren. Mayhoff aber kann mit mehr alS 10,000 Stimmen Majorität gewählt werden — DaS Ergebniß der ReichStagSwahl ist ein vortrefflicher Gradmesser für die Beurtei lung des politischen Einflusses der „Dresdner Nachrichten". Die „Nachrichten" können sich allerdings das Verdienst zuschreiben, für die Verstärkung der Stimmen für den social demokratischen Candidaten Bebel durch ibren berühmten Artikel mit dem fehlenden Schlußsatz das Ihrige beigetragen zu haben, der in ihrer darauf folgenden Herzensangst empfohlene con-
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