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Dresdner Nachrichten : 17.10.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-10-17
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-189710179
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18971017
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18971017
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Unvollständig: S. 21-22 fehlen.
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1897
- Monat1897-10
- Tag1897-10-17
- Monat1897-10
- Jahr1897
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 17.10.1897
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glieder der Konferenz, von denen mehrere durch besonder- ein- gebende Unterhaltungen ausgezeichnet wurden. Die Kaiserin lieb sich durch Gebeimrala Köhler eine Anzahl von Lepraforschern vor- sirllen. Die hohe grau äußerte ihre besondere Befriedigung darüber, bah die Thätigkeit der Konferenz einer der deutschen Be völkerung etwa drohenden Gefahr wirksam entgegen trete. Nachdem Erfrischungen brrun,gereicht waren, begaben sich die Herren nach der Station Wtlduark zurück, um sich wieder mitlrlS SonderzugS nach Berlin zu vegrbrn. zu richten, baldigst eine Amnestirung der wegen HaberseldtreibenS verurtheilten Oberländer bei der Krone in Vorschlag zu bringen." Dieser Antrag, schreibt die „M A Ztg", ist bisher wie ein be- chrideneS Veilchen unbeachtet geblieben, in Wahrheit ist er aber wohl das stärkste Stück, welches sich die Sozialdemokraten bisher in einem monarchischen Staate geleistet haben, und erfordert dämm auch die schärfste Brandmarkung. Das höchste und schönste und zugleich freieste Recht der Krone, das Begnadigungsrecht, soll durch diesen Antrag angetastet werden: denn er bejweckt ja, daß die Kammer indirekt den Träger des Rechts in dessen Ausübung beeinflusse und aus ihn einen Zwang ausübe. Noch leben wir aber in einer Monarchie, in der ein solcher Versuch mit Entrüst ung zurückzuweisen ist. Der Antrag enthüll aber unausgesprochen noch einen weiteren Angriff gegen eine grundlegende Staats einrichtung. nämlich gegen die Unabhängigkeit der Gerichte, deren Unparteilichkeit angezwetfelt wird: denn aus ihm geht hervor, dab seine Urheber die in den Habeierprozessen erlassenen Urthelle für ungerecht halten. Wir hoffen aus das Entschiedenste, dab dem Unterfangen der Sozialdemokraten vom Ministertisch wie von den beiden großen Fraktionen die einzig richtige Antwort zu Thcil werde. Sie kann nur in einer ebenso kurzen wie energischen Ab- aber nicht ln sachlichen Erörterungen bestehen. Jedem steht es zu, die Gnade seines Landesherrn anzurufen, der Kompetenz der Kammer aber und der Beeinflussung durch sie ist dieses hehre Recht der Krone entrückt. lieber den Parteitag der deutschsozialen Reformpartei s chreibt die »Schief. Ztg.": »Wenn die Ersolge riner Partei durch stolze Worte erstritte» werden könnten, hätten die Deutschsozialen begründete Aussicht, bei den nächsten Wahlen glänzende Triumphe zu feiem. Das geistige Defizit des letzten Parteitags derselben legt ober den Schluß nahe, daß der bereits begonnene Nieder gang der Partei in Zukunft noch augenfälliger hervortreten wird. Die in Nordhaujen abgegebenen Erklärungen zur Arbeiterfrage lasten es als Anmaßung erscheinen, daß die Antisemiten (richtiger die Reformer) den um die Ausrechtcrhallung und Sicherung der staatlichen Autorität besorgten Parteien sich als gesinnungs- verwandt an die Seite stellen wollen. DieReden über Koalitions- Pflicht und Arbeiterorganiiation mit ihren gröblichen Ausfällen aus Kapitalisten und Arbeitgeber trugen einen so ausgeprägt sozialdemokratischen Stempel, daß die Deutschsozialen rn der Grupvirung unserer Parteien für die Zukunft weit nach links ein gestellt werden müsse». Auf die Dauer kann eine Partei nicht festen Bestand haben, die von ihren vielen Berührungspunkten mit der Rechten und den konservativen Elementen redet und den radikalsten Anträgen der sozialen wie der bürgerlichen Demokratie ihre Zustimmung ertheilt. Ehemals predigte der Antisemitismus (richtiger die Resormpartei) den Kreuzzug gegen die wachsende Macht des Judenthums überhaupt und gegen den silbischen Kapitalismus insbesondere, heute richtet er seine Angriffe gegen die Kavitalisten schlechtweg. Nicht nur dir schlimmen Auswüchse unserer Gesellschastsordnuna sollen beseitigt werden, sondern eine neue Ordnung wird von ihm angestrebt, in der alle Arbeiter zu einer gewaltigen Schlachtlinie gegen ihre bisherigen Brotgeber formirt werden sollen. Solche Tendenzen sind lediglich geeignet, die Absplitterung des Parteibestandcs der Antisemiten (Reformer) an die schon bestehenden radikalen Parteien zu befördern. Die Wahlen von 1898 werden für die Deutschsozialen ein harter Prüf stein sein.' Die Vertrauensmännerversammlung des Bundes der Land- wlrthe für Hannover bat den ehemaligen nationalliberalen Ab geordneten Schoos einstimmig zum Provinzialvorsitzenden wieder- gewühlt und ihm ebenfalls einstimmig ein Auerkennungsvotum dafür gegeben, weil er im preußischen Abgeordnetcnhause bei der Abstimmung über das Vereinsgeseh sich dem Parteizwany nicht unterworfen hat. (Schoos hatte sur das Vereinsgesetz gestimmt.» In der letzten Versammlung des Vereins zur Forderung des Deutschthums m den Ostmarken erzählte Herr von Tiedemann- Seekeim, er habe im Juni eine dreistündige Unterredung mit dem Fürsten Bismarck in Fricdrichsruh gehabt. Der Fürst habe ihn mit dem Gruße an die Deutschen in der Ostmark entlasse»; .Haltet zusammen, vergebt Alles, was Euch trennt, aber vergebt nie, daß Ihr wie vor dem Feinde steht!" Im »Hamb. Korr." erzählt rin Berliner Mitarbeiter, daß Fürst Bismarck bei dem ersten Auftreten der Absicht, eine besondere .Hoftracht einzusühren, das preußische Staatsministerinm veranlaßt habe, gegen diesen Plan Vorstellungen zu erheben, mit der Be gründung, daß es den bewährten Traditionen des Preußischen Königshauses widerspreche, ein besonderes von der allgemeinen Volkstracht abweichendes Hoskieid einzusühren. Man erkenne hieraus, wie sehr Fürst Bismarck die Bedeutung auch rein äußer licher Momente sur die VolkSstimmung zu würoigen wußte, ob wohl der Plan der Einsührung einer besonderen Hostracht ganz außerhalb der staatlichen Sphäre lag. Der Berliner Mitarbeiter des »Hamb. Korr " zieht aus jenem Vorgang den Schluß, daß die Verantwortlichen Berather der Krone berufen sind, auch'gegen über anderen Aeußerlichkeiten, welche an sich außer dem Bereich der Regierung liegen, ans die politische Seite der Sache hin- zuweiicn und ans die politischen Folgen ausmerksam zu machen. Das Mahnwort Miguel's »Beuge vor" sei auch hier durchaus am Platze. Den Antrag auf Aufhebung des Majestütsbeleldigungs- paragraphen werden, wie verlautet, die Sozialdemokraten in Folge der Verurtheilung dcS Redakteurs des »Hamburger Echo" wegen Beleidigung des belgischen Königs und wegen der durch das Reichsgericht bestätigten Verurtheilung Liebknecht's bei Beginn der Reichstags-Session erneuern. Nach der »B. B.-Ztg." hat sich in der Sitzung des Kronraths völlige Uebereinstimmung in Bezug auf die Mllitärstrafprozeß- Ordnung ergeben. Eine Abstimmung findet im Kronralh niemals statt, diese soll vielmehr in der alsbald anzuberaumenden Sitzung des StaalsministeriumS erfolgen und zugleich die definitive Fest legung der preußischen Stimmen für den Bundesrath, für dessen Plenarsitzung in der nächsten Woche der AuSschußbenchl über die Mililärstiafprozeßordnung aus die Tagesordnung gesetzt werden soll. Zur Beseitigung der ueberschwemmungsschäden sind dem Ober- Präsidenten von Schlesien Fürsten Hatzfeldt nochmals 500,000 Mk. Staarsgelder vom Ministerium übenviesen worden. An den Fürsten Bismarck hat der in Hamburg versammelte Ausschuß der Deutschen Tnrnerschaft folgendes Telegramm gesandt: »Dem treuesten, an Leib und Seele gefestigten deutschen Manne, der seinem Volke das höchste Gut, ein Vaterland, gegeben, Gruß und Dank und heiße Wünsche für noch langes Leben und für Hüten seines Werkes. Wir geloben allezeit treu zu bleiben I Der in Hamburg versammelte Ausschuß der Deutschen Turnerschaft." Hierauf traf folgende Antwort ein: »Verbindlichsten Dank und Gut Heil. v. Bismarck." Die Bezugsvereinigung der deutschen Landwirthe hat, nachdem nunmehr seit dem Beitritt des Schlesischen und Trier'schen Bauernvereins alle großen EinkausSorgantsattonen dem Syndikat angehörcn, in Berlin einen Ausschuß von zehn Mitgliedern ge bildet. Zum geschästsleitenden Vorsitzenden wurde der Geh- Ober- regierungsrath HaaS-Offenbach vom Allgemeinen Genossenschafts verband gewählt. Feiner gehören u. A. dem Ausschuß an das Mitglied des Reichstags Dr. Schultz-Lupitz von der Landwirth- Jn Slgmarlngen fand gestem die feierliche Enthüllung des von dem Fürsten von Hohenzollern errichteten Denkmals Kaller Wilhelms I. statt. In Niederlahnstein sprangen Abends zwei eben zugereiste fremde Mädchen in den Rhein. Die Leichen sind »och nicht ge sunden. Die Ursache vieler Selbstmorde ist nicht bekannt. Oesterreich. Im Wiener Gemeinderathe brachte NamenS der deutschnationalen Fraktion Gemeinderath Dr. Jochler einen An trag ein, welcher sich gegen das immer kühner« Vordringen der Archen, LaS sogar auf dir Czeckisirung der urdeutschrn Stadt Wien gerichtet sei, wendet. Kein Deutscher, heißt es in dem An trag, könne sich der Erkenntniß verschließen, daß die Vordringlich, krtt der in Wien wohnenden Czechen nochgerade die Grenze zu überschreiten beginne, welche auch von der weitgehendsten Gast- frdundschast gezogen werden könne. In ganz Wien und Um- u»- äevuna, ln den Siraßcn der Sladi leibst höre man cze Hktzllevcr singen, in denen die Deulichen beschimpft werden, drücke, wie »deutsche Hunde" können noch zu den zahmen m . werden. ES sei hoch an der Zeit, die Bevölkerung über die drohende EzechisirunaSgesahr auszuklären. Es wird deshalb der Antrag gestellt, lünstig keine städtischen Arbeiten mehr an Czechen zu übertragen; vielmehr, soweit cs möglich ist. alle bereit- in Diensten der Stadt stehenden Personen zu entlassen, wenn sich berauSstellt, daß sie sich an einer deutschfeindlichen Bewegung vetheiligen. 2. Sei ein Aufruf an dir Bevölkerung Wiens zu erlassen, in welchem dieselbe vor der drohenden Gefahr der Ezechi- sirung gewarnt und ausaefordert wird, alle Herausforderungen seitens der Czechen aus das Entschiedenste zurückzuwetsen. und keinen Czechen, der seine deutschfeindliche Gesinnung bekundet, anzustelle». Im Galgenhos des Landgerichts in Wien wurde der 25jährige Raubmörder Dolezal wegen Raubmordes an zwei alten Frauen durch den Strang hingerichtet. Dolezal leugnete hartnäckig seine Schuld, scheint icdoch nach der Schlußrede des Geistlichen zuletzt in seiner Beichte ein Geständniß gemacht zu haben. Seit 5'/» Jahren ist dies in Wien die erste Hinrichtung Italien. Im Auftrag der Königin von Italien theilte der italienische Gesandte in München dem dortigen Thierschutzverein mit, daß inhaltlich einer Erklärung des Ministerpräsidenten di Rudini der Minister für Landwirthschast dem vom genannten Verein in Betreff der Bekämpfung des Vogelmassenmords in Italien an die Königin von Italien gerichteten Ansuchen und den darin enthaltenen Erwägungen sein Interesse zuwenden werde, um es sür den Entwurf eines Jagdgesetzes zu benützen, den er dem Par lament vorlegen wird. Spanien. Der „Correo" bestätigt das Gerücht, daß aus den Philippinen Verhandlungen zwischen dem General Primo de Rivera und dem Führer der Aufständischen Aguinaldo stattsinden. Letztere verlangen eine weitgehende Amnestie und Straffreiheit für alle vergangenen Ereignisse. Norwegen. Bei den Wahlmännerwahlen der Stadt Ckrisltania siegte die Linke mit 8203 Stimmen. Die Rechte erhielt 7985: aus die Sozialdemokraten entfielen 682 Stimmen. Türkei. Die »Köln. Ztg." meldet aus Kandia: Die Loge wird immer verwickelter, die herrschende Erregung immer größer. Angesichts des wachsenden Elends sendet Konstantinopel die doppelte Quantität Getreide zur Vertheilung an die nothleidenden Türken, die mit großer Sorge dem Winter entgegeniehen. Auch die Aufständischen im Innern der Insel haben große Sorge: sie bereiten eine Denkschrift an die Großmächte vor. worin sie er klären, jeden Beschluß anzunchmen. Gerüchtweiie verlautet von einer Abtretung Kretas an eine der Großmächte, die allen Schwierigkeiten auSweichcn soll. — Die »Times" melden aus Kanea, daß die Admirale beschlossen, die türkische Gendarmerie, die sich als nicht genügend wirksam erwies, auszuiösen: nur wenige Albanelcn sollen zurückbehalten und umorganisirt werden. Griechenland. Die Negierung hat ein Weißbuch veröffent licht, welches den diplomatischen Schriftwechsel über den griechisch türkischen Konflikt bis September dieses Jahres enthält. Das Weißbuch enthält u. A. Folgendes: Eine Depesche des Ministers des Aeußern Skuludis an den griechischen Gesandten in Peters burg, Tombazis, vom 12. Mai besagt. Griechenland habe die Autonomie Kretas nur aus das Drängen Deutschlands hin an erkannt, welches daraus eine unerläßliche Vorbedingung für seine Theilnahme an dem Bermittelungs-Äncibietcn der Mächte gemacht habe. Veochtedene im Lause des Monats Mürz von den Mächten an Griechenland gerichtete Noten verweisen auf die Ge- sahren. welche für Griechenland aus jedem Angriff auf die griechische Dynastie entstehen würden. Eine Depesche des griechi- ichen Gesandten in Berlin, Rhangabs, an SkuluoiS vom 9. Juni besagt, die deutsche Regierung habe erklärt, die Kriegsentschädig ung würde nicht die Mittel Griechenlands übersteigen und die Zahlung derselben würde einer milden europäische» Konirole unterstellt werden. Eine Note Rhangabs's an Skulndis vom 6. Juli meldet, der Sultan sei bereit, nachzugeben, aber er wünsche Zwangsmaßrcgeln, welche ihm zur Unterstützung dienen sollten. In einer Depesche vom 15. Juli bericht« Rhaugabo, er habe erfahren, Kaiser Wilhelm habe an den Sulian telegraphirt, daß. wenn die Ausschreitungen der türkischen Truppen nicht aufhörte», dies großes Vorurtheil gegen die Türkei Hervorrufen würde. AuS einer Depesche Rhangabv's vom 27. Juli geht hervor, daß Deulsch- . ... — Sicherung der Bondsinhabec Vor land die Finanzkontrole zur geschlagen habe. Asien. König Cbulaloi Cbulalongkorn von Siam soll, wie der »Figaro" berichtet, nicht sehr erbaut sein von den Mittheilungen, die hervorragende englische Geschäftsleute ihm über die Vorgänge in seinem eigene» Königreich gemacht haben. Der König ist sich der peinlichen Lage bewußt, in die er durch die Gewissenlosigkeit seiner Minister Europa gegenüber versetzt wird, die sich nicht scheuen, Konzessionen aller Art an Europäer zu verkaufen, die dann damit den größten Mißbrauch auf den englischen und franzö sischen Börsen treiben. So erfuhr der König auch, daß gegen wärtig ein Goldminenhandel die französischen Gerichte beschäftigt, in den ein Mitglied der königlichen Familie, der Prinz von Vatana, verwickelt ist. Dieser unter dem Namen »Asfaire Bonncau" an der Pariser Börse bekannt? Goldmlnen-Schwindel hat die französischen Kapitalisten in so schamloser Weise um etliche Millionen erleichtert, daß die Gerichte schließlich einschreite» mußten, allerdings noch ohne irgend welchen praktischen Erfolg. Vielleicht trägt die Anwesenheit des Königs von Siam in Paris dazu bei, die Untersuchung über die Vatana-Goldminen einiger maßen zu beschleunigen. In Madras (Indien) sind drei neue Fälle von Pest vor gekommen, von denen einer tödtlich verlief. Kunst und Wissenschaft. 7 Königs. Hosoper. Madame R »sank vom „IIioLtro äuVimäoviliv" in Paris hat ans ihrer Visitentonr durch Europens Großstädte nun auch bei uns Halt gemacht und gestern als „b'rou-krou" in der fünfoktigen Komödie gleichen Namens von Meilhac und Halsvy ihre Karle avgegeben. DaSHauS war, wenn auch nicht ansverkauft, so doch sehr gut besticht von einem außerordentlich distingnirtc» Publikum, »nd ln der printttchen Loge sah man die König!. Hoheiten Prinz Friedrich August und Prinz Johann Georg mit ihren Gemahlinnen. Das große Renommö, das der Künstlerin vorausging, und die nicht minder große Reklame, die freilich nicht in immer erclnsiver Weise für sie gemacht worden war, ließe» ganz Außerordentliches erwarten. Wenn es nun aber gestern Abend nicht ohne eine geringe Enttäuschung abging, io liegt die Schuld ganz gewiß nicht an dem Publikum, das dieser jüngsten I'ron-Uiou sichilicb mit hohem Interesse entgegen ging. Zunächst kommt Madame Röjane — zum mindesten in dieser Rolle — etwas spät zu uns: sie theilt die cs Geschick mit der Joffet und Judic, die ja auch nicht mehr den Zauber unberührter Jugendlichkeit hatten, als sie sich zum ersten Male rechts des Rheines sehen ließen. So war es denn kein Wunder, daß die Künstlerin in de» ersten beide» Akten nicht leicht genug den Ton jener köstlichsten Naivität und Ungezwungenheit fand, den allein das kindliche Naturell der schönen Sünderin in überzeugendster Weise beglaubigen kan». Dabei war sie auffallender Weise in Haltung und Allüren nicht vornehm genug und schien die Rolle von vornherein etwas ä la Armins anfzusassen, was ganz gewiß nicht von den Autoren benbsichtigt ist und diese von Grund nus verlogene Sittenkomödie mit ihrem thränenseligen Schlußakt nur noch widerlicher machte. Ueberhauvt stört an der äußeren Er- scheinungdcrKnnstlerin immer der Kops mit seinen wenig sympatische» Gesichtszügc». den scharf blickenden Augen und dem großen, immer nervös leicht verzerrten Mund und beeinträchtigt de» Eindruck der gra ziösen Figur, die von einer wunderbar glitzernden Beweglichkeit ist und durch geradezu berückend schöne und kostbare Toiletten »och gehoben wird. Die Gestik und Mimik sind von fabelhafter Beredsamkeit und sehr entschieden ausgestaltet, wenn auch gerade indieser Hinsicht gestern Abend ennüdeiide Wiederholungen mancher Nuancen zu bemerken waren, wie z. B. in der Sterbescene das hysterische Lachen, mit dem Madame Rsjane die durch Thränen lächelnde Glück seligkeit, die sie in drcenter Weise über den pathologischen Vor gang auS zu breiten weiß, aller Minuten unterbricht. Auch sonst waren im virtuosen Detail eine Unmenge fesselnder Momente an ihrem Spiel zu bemerken, mit welchen der Zu schauer oft direkt überrumpelt wird, und der Reicdthum sowie die Mannigfaltigkeit ihrer Mittel lassen sich ohne Frage nicht leugnen; aber im Ganzen blieb die Leistung äußerlich und ließ das Publikum kalt, da Alles »n stndirk, zu gemacht anmutkiete. Gewiß darf auf der Bühne jeder Blick, jede Pose, jeder Laut aus die Wirkung berechnet sein, aber alle diese, selbstverständlich meisterhast vorbereiteten Effekte müssen wie Inspiration auSkehen und mit dein Reiz der Unmittelbarkeit und Innerlichkeit auf den Zuschauer wirken. Nur vann glauvt man von »er «ayne yerao Leiden und Freuden auf's Wort. Da» künstlerische »Vorbild scheint sür die Röiane die Düse zu sein, die sie namentlich in den Krastäußerunaen deS Affektes freilich nur seiten in glücklicher und treffsicherer Weise zu copiren sucht; daß sie dabei meist im Austragen der Contrastc zu weit gebt und unmittelbar »eben ein rauschende» Forte ein fast verklingendes Piano setzt, liegt wohl in dem spezifisch Partsrrische» ihrer Kunst: wenigstens tragen diese Eigenthümlichkeiten auch andere Schanspieigrößrn der Seinesladt zur Schau. Von den Haupticene» der übrigens recht antiquirteu Paraderolle war am glücklichsten die des zweite» Altes herausgearbeitet, in der Gilberte mit Valreas die Theaterprobe abhält. Hier überraschte die Schauspielerin durch einen drolligen Humor und eine nngesuchte Komik, die starker Wirkungen fähig ist. wahrend sie i» der Eiiersuchts- scene am Schluffe des dritten Aktes, da sie dieser den Puls des heißen Temperamentes zu geben wußte, thatsächlich Anläufe zur Große und Tragik nahm. — Rühmend anzuerkennen ist es, daß man der Künstlerin einen, ihr« Bedeutung und Preuntion würdigen Nahmen geschaffen batte, den bekanntlich die letzten Gastspiele hervorragender französischer Darsteller des vetteren recht sehr vermissen ließen. Sv konnten sich neben Madame R'ßane die Herren Grand (Valrsas). ein Bonvivant von einnehmenden Manieren und warmem Ton. Ealmcttes(Sartorys>, der im letzten Akt am besten war, ohne zu erröthe» sehen lassen. Recht an sprechend repräientirte Mr. Gildas den alten Brigard, und Mr. Debrenne machte aus dem Pitou eine wirksame chagirte Figur. Als Louile war anfangs Madame Archainbaud etwas farblos, gewann sich aber im Lause des Abends noch aufrichtige Sympathien, ebenso wie Madame Aubr» in der Repräseiitationsrolle der Baronin Cambri. Die Regie waltete geschickt und umsichtig ihres Amtes und hatte für ein glattes und exaktes Zusammenspiel gesorgt; dafür waren aber die Pausen — da es Madame Rsiane bei 5 Akten nun einninl nicht unter 6 Toiletten thut — von einer geradezu beängstigenden Länge. Gestrichen war nur wenig im dritten und vierten Akte, in dessen Entree man auch die liebenswürdige Rolle des Zanetto vollständig beseitigt hatte. Das Verlegen des ganzen ersten Aktes ans dem Salon bei Brigard in den Garien. machte sich — obgleich es gegen die Angabe des Regicbnches ist — sehr gut: sreiiich hätte man auch die dadurch erforderlichen kleinen Aendemngen im Dialog bewerkstelligen sollen. — Tie Haltung des Publikums gegenüber der gefeierten Diva vom Stande der Seine war nach den ersten zwei Akten ziemlich reservirt; mehr als eine allerdings sehr höfliche Ausnahme schien es nicht werden zu wollen. Nach dem dritten »nd vierten Akte wurde der Beifall intensiver, so daß die Gardine sich immer drei oder vier Mal heben innßle. und am Schluß ein voller, wenn auch keineswegs irgendwie anßcrordenllicher Erfolg zu konstatiren war. P. A. W vlff. f In die durch mehrfache Umbauten auf's Voiiheilhosteste nmgestalteten Räume des Gewerbehauses hielt am Donnerstag Abend als ständiger Wintergast Herr Musikdirektor Trenkt er mit seiner aus 52 Musikern zusammengesetzten Gewerbehaus- kapelle seinen Einzug. Von einem übervollen Saale mit freudigem Beifall und mehrfachen Blumenspenden begrüßt, konnte der verdienstliche Letter unserer ersten Dresdner Privalkapelle mit dem Verlause seines diesjährigen Erösinnngs-Concerts jchr zufrieden sein; was aber noch mehr bewgen will: seine Zahörerschatt konnte dies erst recht. Gleich der präzise und geistig beschwingte Vortrag der Elnleitungsnummer. Webers Eurhanthen-Ouvertnre, zeigte die Kapelle ans einer Stufe hochansehnlicher Leistungsfähigkeit. Ein tüchtiger Streicherchor, mit einer Phalanx von 10 wohl- gekchulten ersten Geigern an der Spitze, hat dem Gewerbehaus- orchester schon seit Jahren zum Vortheil gereicht: im Gegensatz zu mancherlei Wahrnehmungen in den Vorfahren bewährten sich ober diesmal auch die Holzbläser in untadeliger Weise, und auch alle übrigen Mitglieder der Kapelle fügten sich in durchaus harmoni schem Zusammenwirken dem Orchesterkörper ein. Daß sich unter den 52 Herren auch manche hervorragende musikalische Kraft be findet. bewiesen die drei Solisten des Abends, Allen voran der schon im vorigen Jahre stets durch die Gunst der Hörer ans- ge<eich»ete Concerlmeister Herr Schmidt, der mit der temperament vollen und tonprächtigen Wiedergabe einer melodienipruvclnden Violin - Fantasie von Vieuxtemps sich als ein Künstler von ernstem Streben und reicher Begabung vorstellte. Auch der aus dem Programm nicht genannte Tromba-Solist bekundete mit einer Arie aus Saint-Sasns' »Samson und Delila" gutes tech nisches Können, zu dem sich allerdings noch mehr Borlragswärmej gesellen möchte, wahrend Herr Zeidler die schwierige Ausgabe, das! Popper'sche L-woli-Concert für Violoncello zu genußreicher Geik-! ung zu bringen, im Ganzen mit gutem Gelingen löste Einige Jnlonationsungenauigkeiten bei den in schnellstem Zeitmaße aus- zusührenden Oktaven-Passagen werden bei Wiederholungen der sehr hohe Ansprüche stellenden Nummer gewiß schwinden. Von de» Novitäten des Abends, soweit dieselben nicht bereits Erwähnung gefunden, ist nicht viel Aufhebens zu machen. Der neue Walzer von Kreutzinger »Souvenir de Budnpest" ist reich an hübschen melodischen Einfällen: die Erinnerungen an ungarische Weisen, zu denen der Hörer deni Titel nach berechtigt ist. blieben aber gänzlich aus. Eine niedliche Bagatelle ist das ebenfalls neue Schcrzino sür Streichguintett „Kn bixiiuanto" von A d'Anibrosio. wogegen der erstmalig vorgelührte »Festzug" von Bonvin infolge seines lärmend-pompösen Formalismus ziemlich cindruckslos an den Ohren des Auditoriums vorübcrzog. Von den bewährten Nepertoirnummern der Kapelle seien als besonders gelungene Leistungen noch die l. Orchrstersnite aus „Leer ttvut" von Grttg. die Ouvertüre zuni »Soimncrnachtslraum" und die große Mignon- Fantasie von Andibcrt-Thomas hcrvorgchoben. Mit der effekt vollen ungarischen Rhapsodie von Trützuhler entließ Herr Musik direktor Treuster sein Publikum unter dem Eindrücke hoher Befriedigung, vie z» steigern der unmittelbar folgende izugcaebenci Militärmarsch allerdings wohl kaum im Stande war. —nt. f Im König!. Hofopernhause verabschiedet sich heute Me. Rbjane und das Pariser Schaulpiel-Ensemblc in ,,M adame Sans-Gvne". Das König!. Hostchanipiel giebt zur Vorfeier von Kleist's Geburtstag »Prinz Friedrich von Hom burg". Die Vorstellungen beginnen halb 8 Uhr. f Wochenspielplan der KönigI. Hofoper. Sonn tag: „Madame Sans-Wne", Gastspiel der Mad. Röjane: Montag ; »Tannhüuier": Dienstag; »Amclia" (neucinstudirt): Mittwoch: ..Lncrezia Borgia" ; Donnerstag: „Die Regimentslochter", Ballet- Divertissement: Freitag: l. Sinsonie-Conccrt (Serie Sonn abend; »Lohengrin": Sonntag: »Die lustigen Weiber von Windsor". — Koni gl. Hosschon spiel. Sonntag: „Prinz Friedrich von Homburg" (Vorfeier von Kleist's Geburtstag); Montag: „Der G'wissenswurm"; Dienstag; „Am Ende". „In Behandlung" ; Mittwoch; „Doktor Klaus"; Donnerstag: „Agnes Brrnauer" (zum ersten Male); Freitag; „Prinz Friedrich von .Homburg"; Sonnabend: „Verbotene Früchte". „Ter Diener zweier Herren": Sonntag: „Agnes Bernaucr". i Im Residenztheater finden heute zwei Vorstellungen statt: Nachmittags halb 4 Uhr zu ermäßigten Preisen die Operette „Das Modell": Abends: Die Sudermann'sche Komödie „Sodoms Ende". Nächsten Mittwoch gelangt eine Gesangs posse „Heißes Blut" von Lindau und Kreim zur Aufführung. 7 Concert-Mittheilungen der .ltönigl. Hosnuisikalien- handlung F. Ries (Kausbaus). Der 1. K a m m c r in u s i k a b e » d der Herren Nappoldi. Blumer, Reinmeie. Grtibiiiacher findet am l. November im Musenbause statt. — Im Percv Sherwood- Concert am S. November wird Herr Concertmeikier Jobcmnes Smilb (Cello) als Solist Mitwirken. — Das Concert von Frau Lilli Lehmann findet am 9. November ds. I. im Vereinsbanie »a». — Die 13-jiihrige Pianistin Paula Szalit (Schülerin von Enaen d'AIberO, welche im ver gangenen Winter mit auhergewöhnlichem Ersolge in Berlin, Wien, Lei»' zig, Hamburg rc. concertirt hat, giedt ein Concert am 13. November im Musenhause. — Fräulein Dora Köhler giebt ibren Liederabend am 27. Oktober im Muienbause. s Herr Hostchauspieler Waldeck, welcher seit ca. fünf Wochen durch einen Fall in der Probe zu „Faust" seinen rechten Arm derart schädigte, daß er eine unfreiwillige Panse macken mußte, ist nun wieder vollkommen hergestellt und wird nächsten Donners tag in „Agnes Bernaner" von Otto Ludwig seine sehr ungern vermißt« künstlerische Thätigkeit wieder ausnehmen f Zur Ergänzung der gestrigen Notiz über die gwlante deutjchnationale Ausstell» ng der Kunst und des Kunst- gewcrbrs sei hinzugefügt, daß es sich bei diesem letzteren natürlich nur um das mehr künstlerische Kunstgewerbe handeln kann. Alles, was nach Fabrikation schmeckt, muß schon aus Gründen räumlicher Beschränkung ausgelassen bleiben. 7 Der Großh. Sächs. Kammersänger Herr Buff-Gießen ist nach sehr erfolgreichem Gastspiel der Wiener Hofoper ver pflichtet worden. 7 Sudermann's .Johanne»" gelangt noch in dieser Saison am VolkStheater in Wien zur Aufführung. Drer-ne* Nachrichten. Nr. 388. Seite ». EI Sonntag. 17. Oktober 18»?
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