Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.04.1877
- Erscheinungsdatum
- 1877-04-28
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187704284
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18770428
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18770428
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1877
- Monat1877-04
- Tag1877-04-28
- Monat1877-04
- Jahr1877
-
-
-
2520
-
2521
-
2522
-
2523
-
2524
-
2525
-
2526
-
2527
-
2528
-
2529
-
2530
-
2531
-
2532
-
2533
-
2534
-
2535
-
2536
-
2537
-
2538
-
2539
-
2540
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.04.1877
- Autor
- Links
-
Downloads
- Download single page (JPG)
-
Fulltext page (XML)
Erscheint täglich früh 6'/, Uhr. »cdaiüa» and -kpr-ilion JohanniSgasse 33. -prcchßiiutkil -er stkdattioa: Vormittag« 10—12 Uhr. Nachmittags 4—K Uhr. A»mahmr der für die nüchst- »otarnde Nummer bcftimiinrn Inserate an Wochentagm bis 3 Uhr Nachmittags. an Sonn, und Kestlagen früh dis '//9 Uhr. Za he« Zillalka für Zus.-Aonahuik: Otto Klemm, Uiilvcrsttätsstr. 22, LouiS Löschr.itatharinknstr. 18,p. nur dis ' .3 Uhr. KipMer.Tageblatt Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- und MeWMerkehr. Auflage 15.25H. Xtoaiil mrutoprrt» vlertetj. 4»/,LNL. incl. Bringerlohn l> Mt!, durch die Post bezogen « Mt. Jede einzelne Numnier 30 Pf. Belegexemplar 1ü Pf. Gebühren für Extrabeilagen ohne Postbesörderung 3«> Mt. mit Poftdefvrberung 45 Mt. Zaferatt 4grsp. BourgeoiSz. 2n Hs. Größere Schriften laut unfern» PreiSvrrzeichniß -TabellarilS«, Satz nach höherem Loris. Ueclamea uuler dem Ledarstov^utz die Spaltzeile 4t) Pf. Inserate sind stets au d. «rprttttt, zu smden. — Rabatt wird mc>' gegeben. Zahlungprasonw-irauS, oder durch Postvorschub. 118. Sonnabend den 28. April 1877. 71. Jahrgang. Zur gefällige« Beacht««-. Unsere Expedition ist morgen Sonntag den 29. April nur Vormittags bis 1-9 Ubr geöffnet. Leipzig, 27. April. Der Sultan entfaltet die Fahne de- Pro pheten, jenes unscheinbare grüne Tuch, welches ven Bekennern des Islam stets das Signal zum Kampfe wider die Ungläubigen, zu einem wilden BerzweiflungSkampfe gewesen ist. Die Sympathien Europa- kann die Pforte nicht dadurch erwerben, daß sie die Greuel eine- blutigen Religionskriege- entfesselt. Biel klüger verfährt Rußland, indem eS an der Schwelle des Krieges erklärt, den auf russischem Boden wohnenden Türken den vollen Schutz der Gesetze angedeihen zu lasten. Die Pforte, der nichts Gutes ahnt, verläßt sich eben mehr auf den Fanatismus der Masten, aus die Ausbrüche elementarer Ge walten, auf ihr, SiSmeth"; Rußland vertraut der planmäßig vorrückenden Arbeit feiner Armee, llnd in der Thal läßt sich nicht leugnen, daß die vorbereitenden Schritte, mit welchen die Rüsten ihre Action auf dem Kriegsschauplätze einleiten, den Eindruck der Fertigkeit und Sicherheit machen. Der Prulh-Uebergang, der Durchzug durch Rumä nien und der Aufmarsch an der Donau vollziehen sich mit einer Promptheit, die wenigstens äußer lich an preußisch-deutsche Vormärsche erinnert. Schon jetzt zeigt sich, wie verhängnißvoll für die Türken die Länge der von ihnen zu deckenden Verlheidig»ngslinie ist (die ganze Länge der Dona« von der serbischen Grenze bis zur Mündung). Während sie den ersten Borstoß der Küsten vor Widdin erwarteten, scheinen diese die Donau zunächst in ihrem untersten Laufe (zwischen vraila und der Mündung) überschreiten und nach der schwach besetzten Dobrudscha Vordringen m wollen. Eilend- bricht ein Theil der türkischen Armee von Widdin nach den bedrohten östlichen Punkten auf; vielleicht kommt er noch zur rechten Zeit hin; gar sehr planvoll aber sieht diese Strategie der Türken nicht auS. ES ist nicht immöglich, daß sie auch dieSmal wieder genarrt find, und daß die Rüsten den ersten Hauptstoß nicht nach der Dobrudscha, sondern mehr nach der Mitte hin, von Giurgewo auS gegen Rust- schuk, führen werden. Zu einem ernsten Zu sammenstoß wird es nicht eher kommen, «ls bii die Rüsten (die noch immer über Jassy, Lecwa und (Rumänisch-)Belgrad ihren Vor marsch nach der Dona» nehmen) sich concen« trirt, ihre Aufstellung vollendet haben und sich ilark genug fühlen, an mehreren entscheidenden Puncten den Donau-Uebergang z» erzwingen. Darüber kann leicht noch eine Woche vergehen. Schneller wird sich der Kampf wohl auf dem asiatischen Kriegsschauplätze entwickeln, wo kein reißender Strom sich hindernd zwischen die feind- lichen Masten wirft. Die Rüsten haben dort be reits di« Grenze überschritten und rücken in zwei HeereSsäulen vor, die eine auf Erzerum, die andere aus Datum. ES ist an der asiatischen Kreuze bereit- zu einigen Treffen gekommen, über deren Ausgang aber Nicht-Bestimmtes verlautet; irdensallS find eS nur klein« Vorgefechte, die wenig >«S Gewicht fallen. Tagesgeschichlliche Ilebersicht. Leipzig, 27. April. AuS Wiesbaden, 26. April, wird gemeldet: Der Kaiser nahm heute im besten Wohlsein die Parade über die hiesigen Garnisontruppen und diejenigen von Biebrich ab. Zar Theilnahme an dem Nachmittags stattfindenden Paradediner »erden auch Prinz und Prinzessin Ludwig von Hessen hier eintrrffen. Am Donnerstag hat im ReichstagSgebäude ein länger danernder Minist er rath stattgefunden. Der frühere Botschafter in Konstantinopel, Freiherr von Werth er, hat seine Versetzung in den Ruhestand erbeten De« Vernehmen nach sind die Vorschläge wegen Verstärkung der Garnisonen in Elfaß- dothringen, auf welche Feldmarschall Moltke w seiner jüngsten Rede hinwies und über welche di« Verhandlung bereit- geraume Zeit schwebt, dem Kaiser zur Genehmigung unterbreitet. Es wird fick außer der Bildung einer Cavallerie- Afio» in Metz, für welche der jetzt beschlossene Hat des Reichsheeres bereits die Mittel bewilligt, darau-fichtlich um die Sendung von einer oder M Brigaden Infanterie nach dem Reichslande >a>d«!n, und stell- fich damit die bezügliche Maß- als eine lediglich technische hm. Bon Cavallerieregimentern wird namentlich daS in FlenSburg und HaderSleben garnisonirende 13. Dra goner-Regiment alS nach Elsaß-Lothringen be stimmt bezeichnet. Ueber die Auffassung, welcher die jüngste ReichS- tagSrede Moltke's m der Pariser Presse be gegnet, geben wir noch folgende Notizen: DaS „Journal des Dubais" veröffentlicht einen Artikel, welcher diese- Blattes unwürdig und hoffentlich unter dem Eindrücke de- falschen Auszuges der ReichStagsrede de- Grafen Mollkc geschrieben ist Das Journal betrachtet die Rede alS eine Provo kation der Militairpartei, welche immer zum Kriege drängt „Aber", fügt daS Blatt hinzu, „seine drohende Geberde erschreckt unS nicht; denn wir wissen, daß eS neben den stetS neue Triumphe träumenden Soldaten politische Männer giebt, welche hiulänglich klar sehen, um nicht das müh sam errichtete Reich blutigen Gefahren a«szu- setzen. Die ganze Darstellung deS Grafen Moltke hinsichtlich der französischen Armee ist Übertrieben und lediglich bestimmt, ein Votum zu erlangen." Die „DäbatS" sagen ferner, daß Graf Moltke irre, wenn er behaupte, Frankreich sei nicht im Stande, die Opfer zu ertragen, welche ihm die Unterhaltung der Armee «userlege, und daß es daher unbestreitbar fei, daß Frankreich Projekte eine- neuen Krieges nähre. „Wenn wir früher", fährt das Blatt fort, „reich genug waren, unfern Ruhm zu bezahlen, sind wir es noch hinreichend, um unser Unglück zu bezahlen. Unser Budget ist nicht so erdrückend, um «n- in Versuchung zu führen und deSH«lb in Abenteuer zu stürzen. DaS deutsche Militairsystem drückt mehr alS da- französische, aber trotzdem klagen wir Deutschland nicht an, daß es den Krieg vor bereite, sondern begnügen unS, zu sagen, daß Graf Mollke eine ungerechte Rede gehalten hat, um ein Votum des Reichstage- zu erzwingen." — Die ..Republique franyaise" dagegen constatirt, daß sie gleich gestern, trotz falscher Analyse, die Ueberzeügung auSgedrückt habe, die Rede deS Grafen Moltke sei nicht beunruhigend, welche Auffassung durch den Text vollkommen bestätigt werde. Im , XIX. Sibcle" erklärt Herr About, daß ein Soldat, der solche Gesinnunaen auSspreche, nicht der Mann sein könne, der Deutschland in unnütze, ungerechte Abenteuer stürzen werde, und daß zwei solche friedliche Erklärungen genügen würden, alle Nachbarn de- deutschen Reiche- zu beruhigen und zu entwaffnen. — Die Pariser Börse hat wieder eine feste Haltung angenommen. Das „N. W. Tagbl." will von dem Eintreffen eine- Schreiben- des Kaisers Alexander an den Kaiser von Oesterreich wissen, welche- da- sofortige verlassen Bulgarien- nach Sicher stellung der Reformen versichere. Angesichts de- gegenwärtigen Krieges tritt die Frage der Anwendung der Genfer Conven tion wegen der Pflege der Verwundete» in de» Vordergrund. Ueber den Vorschlag der Türkei, auf dem Abzeichen der Krankenpfleger, Aerzte rc. anstatt de- Kreuzes den Halbmond anzu bringen, hat eine Beschlußfassung der Mächte be kanntlich nicht stattgefunden. Die Regierungen, soweit sie überhaupt auf die Anfrage der Berner Regierung geantwortet haben — waS seitens DeutschlandS und Frankreich- nicht, seitens Ruß land- und Oesterreichs im ablehnenden Ginne geschehen ist —, sind über die Zulässigkeit einer Abänderung des Erkennungszeichens sehr ver schiedener Meinung. Man veimuthet nun, Ruß. land werde beim Beginn des Kampfes eine Erklärung darüber an die Pforte gelangen lassen, unter welchen Bedingungen die russischen Truppen türkische HoSpitäler, Krankenpfleger rc. als neutral anerkennen werden. Der Magistrat von Petersburg hat nach Verkündigung de- Manifeste- gleichfalls beschlossen, eine allgemeine gottesdienstliche Feier zu veranstalten, eine Sammlung für die Verwundeten zu eröffnen und die Höhe des Beitrags der Stadt« gemeinde in nächster Sitzung festzustelle». Ferner sollen an die Großfürsten Nikolaus und Michael Glückwunschtelegramme gerichtet und der Kaiser bei seiner Rückkehr durch eine Deputation bewill kommnet werden Das bulgarische Revolutionscomitö in Bukarest organisirt unter der Protection Ruß lands ein Freiwillrgencorp- aus Bulgaren, Russen, Serben und österreichischen Slawen Das Com- maado hat der russische Major Mmitsch erhalten. Der Sultan hat a« die Armeecommandanten folgenden, bereits kurz gemeldeten E r l a ß gerichtet: „Nachdem Rußland den Krieg erklärt hat, sind wir gezwungen, zu den Waffen unsere Zuflucht zu nehmen. Wir haben stetS den Frieden und die Ruhe gewollt, wir haben den Rathschlägen der Mächte in dieser Richtung Gehör geschenkt Allein Rußland will unsere Rechte, unsere Unab hängigkeit, unser Land vernichten. Rußland hat unS angegriffen, Gott, der Beschützer deS RechlS und der Gerechtigkeit, wird unS den Sieg ver leihen. Unsere Soldaten werden da- von unseren Vorfahren erworbene Land mit ihrem Blute ver- theidigen und mit der Hülfe GotteS die Unab hängigkeit der OSmanen sicherstellen. Die Nation wird die Frauen und Kinder der Soldaten in Schutz nehmen, wenn es nöthig sein wird. Ich werde mich mit der geheiligten Fahne des KalifatS und des Sultanat- zur Armee be geben und bin bereit, mein Leben für die Ehre und Unabhängigkeit deS Lande- zu opfern." AuS Konstantinopel bringt die „Köln Ztg." folgenden StimmungSbericht: In der Sieben hügelstadt werden augenblicklich die letzten Schran ken niedergerissen, die unter civilisirten Völkern den Krieg vom Frieden scheiden. Die unter russischem Schutz stehenden Bewohner der türki schen Hauptstadt sind dem deutschen Consulat überwiesen, die Kranken im russischen HoSpital sind ins deutsche Krankenhaus übertragen morden, da- russische Postamt ist geschloffen, die DamPf- schiffsahrtSgesellschaft des Schwarzen Meere- hat ven letzten Dampfer nach Odessa «bgesertigt Die Linie Konstantinopel-Obeffa ist bis aus Weitere- gesperrt. Die Unterbediensteten der hiesigen russi schen Behörden, theil- der griechischen, theil- der armenischen Nationalität angehöria. sind stimmt- lich entlassen worden und vermehren noch die Zahl der Beschäftigungslosen, welche in den letzten Monaten, in Folge deS Stillstandes auf dem Ber- kehrsgebiete, ohnehin schon wahrbaft erschreckende Ausdehnung angenommen hat. Biele dieser Leute befinden sich in der traurigsten Lage. Seit Monaten ohne feste Beschäftigung, nicht im Besitz der für die Heimreise nvthigen Geldmittel, leben sie mitsammt ihren Familien im Elend und vermehren die Zahl der Bettler und Verbrecher, welche sich jetzt noch in dem Verhältniß ver größern wird, wie die Preise der notwendigsten Leben-mittel in Folge des Krieges steigen werden. Ein großer Theil der in Konstantinopel zum Verbrauch kommenden LebenS- und Genußmtttel wurde bisher von Odessa und anderen Haffn- ftädten de- Schwarzen Meere- geliefert, besonder- Schlachtvieh, Mehl und ähnliche Artikel Durch Sperrung der Schifffahrt ist diese Zufuhr jetzt unterbrochen, ebenso wie auch die Ausfuhr an der Bulgarei und dem Norden von Rumelien fast gänzlich eingestellt worden ist, da die dort statio- «irten Truppen Abnehmer de- größten Theiles der vorhandenen Maaren geworden sind. Hierzu kommt noch, daß die Regierung in den letzten Tagen ungeheure vorrähe von Mehl, Conserven, Hülsensrüchten u. s. w. hat auskaufen lassen, um die Truppen in ausreichendem Maße ver- proviantiren zu können. Diese Umstände sind ganz danach augethan, hier in kürzester Frist einen Mangel an Lebensbedürfnissen und folglich eine Berthe uerung derselben hervorzurufen, die sich bei der jetzigen allgemeinen Geldlosigkeit um so unangenehmer fühlbar werden wird Gleiche Uebelstände werden ans anderen Gebieten sich zeigen. Die Postverbindnng über Varna wird aller Wahrscheinlichkeit nach ebenfalls in den nächsten Tagen aushören, so daß wir dann wöchent lich nur je einmal Briefe nach Europa absenden »nd von dort empfangen, nämlich auf dem Wege über Triest. Nur der, welcher einmal längere Zeit sich hier ausgehalten und selbst empfunden hat, mit welcher Spannung hier der Ankunft einer jeden Post entgegen geharrt wird, kann ermessen, wie tief alle geistigen Interessen durch diese im Gefolge de- Krieges auftretenden Verkehrsstörungen getroffen werden. Nach telegraphischer Meldung ans Bagdad ist die Pest im Zunehmen. In der Woche vom 8. bi- 14. April find 181 Er- kr«nkungsfälle gezählt worden, während die vorhergeaangene Woche deren nur 81 aufzuweisen hatte. In Konstantinopel selbst ist der Gesund- heitSzustaad ein höchst unbefriedigender; über 2000 Personen sind an typhöse« Fieber erkrankt »nd die Spitäler sind überfüllt. In einzelnen vierteln herrschen die Pocken. Auch der Gesund, heitszustand der in Konstantinopel casermrten Truppen läßt viel zu wünschen übrig; ein nicht unbedeutender, die Verhältnisse früherer I«hre weit übersteigender Brnchtheil liegt m den Laza- reihen »nd die Militairärzte stad überangestrengt. Besonders viele Erkrankungen weisen die Redls- Bataillone anf, welche kürzlich aus Anatolien hieher verlegt worden find. Nach ärztliche« Aus lagen find die Veränderung der Leb«isweise und Kleidung, der Witterungswechsel »nd ähnliche Gründe für diese Krankheiten maßgebend gewesen (Neuester Meldung zufolge ist über Konfiautiuopel der Belagerungszustand verhängt. D. Red.) Nach einem Telegramm von der Sulina vom 25 d. sind dort 5 türkische Panzerschiffe eiu- getroffen, von denen vier auf der ">hede blieben, während eins in den Hafen einlief. Die rumänischen Kammern find am DonnerStag vom Fürsten Karl eröffnet worden. In der Thronrede heißt es: „Der Krieg ist auSgebrochen. Alle unsere Bemühungen bei der Pforte und den übrigen Mächten, die Neutralität Rumäniens als Recht anzuerkennen, waren ver geben-. Da diese Neutralität von Niemandem anerkannt wurde, so ist es unsere Pflicht, um jeden PreiS zu verhindern, daß Rumänien zu« Kriegsschauplatz gemacht werde. Die Mächte haben gegen den Einmarsch der russischen Armee nicht protestirt. Der Verfassung gemäß werden nun die Kammern der Regierung die von dieser einzunehmende Haltung vorzeichnen. Der Kaiser von Rußland hat erklärt, daß er nicht die Absicht habe, die Rechte Rumäniens anzutasten. Als ei» Beweis der Anerkennung unserer politischen Un abhängigkeit werden die russischen Truppen Bukarest nicht besetzen. In dem Gedanken an da- Wohl des Vaterlandes ist der Parteihader unter den Rumänen verstummt. Ich werde meiue Pflicht thun. Seit Beginn meiner Regier«!.; war die Hebung Rumäniens und dessen Sendung an der Donaumündung mein Gedanke. Für die Erhaltung der alten Rechte Rumänien- uud der Integrität der Grenzen werde ich mit «einer Person an der Spitze der Armee eiustehen." Vom Ueich-ta-e. * Brrttn, 27. April. Das Hau- trat heute in die dritte Berathung de- ReichSha uShaltS- Etats ein. Die allgemeine Debatte eröffnet« Abq. v. Ben da. Derselbe zeigte an einem Ueber blick über die Finanzlage und deren bisherige Entwickelung nochmals nachdrücklich die Noth- wendigkeit einer Steuerreform, um die alte feste Ordnung der Finanzen aufrecht zu erhalten. In schroffem Gegensatz zu dessen streng sachlichen Darlegungen stand die darauf seiende Rede ve rkannten ultramontanen Aba vr. Jörg, die sich über den orientalischen Krieg, den Cnltur- kampf, die internationale Bedeutung der socialen Frage, übec Weltausstellungen und verschiedene? Andere verbreitete, hauptsächlich aber den Zweck zu haben schien, eine frühere Rede de- Abgeordneten in daS Licht einer Prophetie zu setzen. DaS HauS würde dieser Rebe kaum mit solcher Auf merksamkeit gefolgt sein, wäre sie nicht mit einer Reihe wohlvorbereiteter pikanter Bemerkungen gespickt und darauf berechnet gewesen, die Hörer über das eigentliche Ziel biS zum Ende im Zweifel ru lassen; als solche- entpuppte sich schließlich d,e Bemerkung, daß Deutschland, um jedes Miß trauen zu zerstreuen, den Anfang machen müsse, seinen Militairstand zu vermindern — ein Thema, welche- der neulich m seiner Rede unterbrochene Abg. Payer im Aufträge seiner politischen Freunde (württembcrgische Volkspartei) weiter «uSspann, um schließlich die erschütternde Erklä rung «bzngeben, daß dieselben gegen den Militair- etat stimmen würden. Abg. Frhr. v. Malt- zahn-Gültz erklärte zunächst, daß er de« Aba. Jörg auf das Gebiet der auswärtige» Politik nicht folgen wolle, da zu akademischen Borträgen jetzt nicht Zeit sei, auch zu sachlichen Erörterungen kaum ein ungünstigerer Augenblick hätte gefunden werden können, als der jetzige, wo Deutschland glücklich fei, dank der friedlichen Politik seines Reichskanzler-, in die orientalischen Wirren nicht verwickelt zu weiden. Im Weiteren ver wahrte sich Redner dagegen, daß aus seiner und seiner Freunde Zustimmung zu dem Etat ihr durchgängige« Einverständniß mit der Art der Behandlung desselben gefolgert werde. Beim Etat de« Auswärtigen Amte- nahm der Abgeordnete vr. Lasker Gelegenheit, dem Abg. Jörg noev Einiges zu erwidern: Ohne daß dem Reichstage thatsächliche« Material mitgetheilt werde, könne er sich «tue fruchtbare Ver handlung über die auswärtige Politik nicht denken. Die Vorlegung desselben zu fardern, sei aber bei dem allg«. meine« und wohlbegründrte« Vertrauen io die fried- liche Politik de- Reichskanzlers, dem neulich auch der Abg Windthorst Ausdruck gegeben, kein Anlaß. Er- freulich sei eS, daß der Redner — und wie es schien, im Namen seiner Partei — nicht di« Sympathien seiner ausländischen HestnuungSgeuassea für die Türken theile, soudern in diesem großen Lulturkampf auch auf Seiten de- abendländischen Elemente« stehe. Wenn «an ge- sagt, die Frage dürfe ihre Lösung nicht im einseitigen Juteresse einer Staates finden, so hat man damit Nicht» gesagt, womit nicht all« Parteien sowohl wie ave Staaten vollkommen einverstanden wären. SS bedurft« für Deutschland de« Ausspruch» nicht, daß ein« ander- Lösung auch die deutschen Interessen bervhren wsrd. Jndeß liegt jetzt kein «rund vor zur Befürchtung, d< e solch« Gestaltung rintretrn könnt«. 7
- Current page (TXT)
- METS file (XML)
- IIIF manifest (JSON)
- Show double pages
- No fulltext in gridpage mode.
- Show single page
- Rotate Left Rotate Right Reset Rotation
- Zoom In Zoom Out Fullscreen Mode