02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 19.10.1900
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-10-19
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19001019025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1900101902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1900101902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1900
- Monat1900-10
- Tag1900-10-19
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Donnerstag-Abendausgabe für Dresden und Umgebung. öerugsgebudr: Mertel, iNtrlict, s Ml. so P'g,; durch dl« Post 3 DL 7S Pich DI« .Dresdner Nachrichten' er>ch«inen täglich Morgen«: die Bejieher in Dresden und der nächsten Umgebung wo die Zulraaiuig durch eigene Boten oder jtonimiisionäre criolgl. crtmtlen das Blatt an Wochentagen, die nicht aui Sonn- oder Feiertage iolge». in »wei Tkeilausgaben AdcudS und Morgen,, »»gestellt. Kür Rückgabe eingeiandter Schritt- illlcke leine Verbindlichkeit. Fernlvrechanichluh: »Mt I Lr. 11 u. Lr. SOS«. Telegramm-Adreüe: Nachrichten Dresden. Mreigen-ranf. DI« Annakme von Ankündigung«» criolgl ül der LauvtgeichäitSstelle und den Rcdenannabtnesielleu IN Dresden bi» Nachmittags 3 Ubr. Sann- und Feiertags nur Mariens,rag» ss von II dls V-l Ukr. Die l ivaliiae Grund- -eile lca. « SildenI ls P'g.. An kllndigungen aui der Pr>«weiteZeile M Pig.: die LivaUigc Zeile als .Eingeiandt' oder aui Textieü« SÜ Pig. In Nummern nach Sann- und Feier lagen I- be», Sipaltige Grundzeiien so. so be». m und so Psg. nach beionderem Tarif. AuswSrÜge Auittäge nur gegen Vorausbezahlung. BetegbMUer werden mit 1v Big. berechnet. Lodert Vödms Zun. 6m;isi6dlt LIviüvr8tottv i» xriiÄtei- ^„xmlil. Koor§p!at2 IS. Nr. ^88. Spitzel: Zum Kanzlcrwcchscl. Neueste Draiitöerichte. Hoinachrichten. Fanliliendrama in Naußlitz. ssiener Hausbesitzerverein, Gerichtsverhandiuilgen. Drcsducr Lehrergesangverein. Berliner ^elicu. ^rcitaq, 19. Oktober 1999. <jmil Kmtzlerwcchscl. In einer Sonderaiisgabe des „Reichsanzeigers" wird folgende Bekanntmachung veröffentlicht: „Der Kaiser und König baden allergnädigst geruht, dem Reichskanzler, Präsidenten des Staats- ministerinms re. Fürste» zu Hohenlohe-Schillingsfürst die nach gesuchte Entlassung aus seinen Remtern unter Verleihung des haben Ordens vom Schwarzen Adler mit Brillanten zu crthcilen und den Staatsminister :c. Grasen Büiow znm Reichskanzler. Präsidenten des Staatsministcriuins und Minister der auswärtigen Angelegenheiten zu ernennen." — lieber die änderen Vor gänge beim Kanzlerwechscl wird Folgendes berichtet: Der Reichskanzler war am Montag Abend beim Kaiser in Homburg eingetroffen. Am Dienstag Vormittag hörte der Kaffer seinen Vortrag und emvsing ihn zur Abendtafel. Nach dem Vortrag des Reichskanzlers muß die Veruiung des Staatssekretärs Graien Büiow nach Homburg ersolgt sei». Staatssekretär Graf Büiow ist am Mittwoch Morgen in Hombi'.rg eingctroficn zusammen mit Herrn v. LucanuS. der für kurze Zeit abwesend gewesen war. Ter Kaiser, der zum Empfang seiner Söhne ans dem Bahnhof war. legte mit dem Staatssekretär Grafen Büiow de» Rückweg zum Schloß zu Fuß zurück. Gleich nach seiucr Ankunft wurde der Staatssekretär vom Kaffer, der in de» leisten Tagen vielsach mit dem Ehef des Mariuekabincts Freiherr» v. Seuden-Bibrau konfcrirt hatte, in längerer Audienz emviangen. Hohenlohe und Büiow frühstückten darauf beim Kaiser. — Graf Bernhard v. Bülow wurde am 9. Mai 1819 in Kiein Floitbeck bei Ham burg gebaren, studirte in Laiffnnnc, Berlin und Leipzig die Rechte und Staarswissciffchasten. machte 1879 als Avantageur bei dem Königs-Huiaren-Regiincnt den Krieg mit, kehrte dann zur Justiz zurück und ging in den diplomatischen Dienst über. Nachdem er in dieser Tiiätigkett zuletzt be» Posten eines Gesandten in Rom beim O.uirinal versehen hatte, winde er im Jahre 1897 zum Nachfolger des Freiherr» v. Marschall im Aus wärtigen Amte in Berlin berufen und 1899 in den Grafenstanb erhoben Gras v. Büiow ist vermählt mit einer Prinretsin von Camvmeaie. Stieftochter des ehemaligen italienischen Ministers Mffiaiieiti. — Ter Reichskanzler Fürst zu Hohen lohe, Plinz von Nanbvr und Eorvei. geb t!l. März 1819 als zweiter Sohn des Fürsten Franz Josevh und der Fnistin Konstanze. studirte in Göttingen, Heidelberg und Bonn die Rechte, trat niit der llebeinabme der Herrschast Schillingsffirst in de» harnischen Reichsrath ein und erwarb sich dort den Rus eines „Prenßeiisreuiwcs und Demokraten". 1899 wurde er znm baprffchcn Minister präsidenten ernannt und stellte sich als solcher aus die Seile der deutschen Einbeitsirennde. Zu Forchheim wurde er alsdann nach der Niederlegnna seines Ministeramts in den ersten deutschen NeichSkag gewählt, 1885 znm Nachfolger Manlenffci's in der Stntibaitei- schnst der Reichsianbe ernannt und 1891 vom Kaiser zur Ueber- nahme des Reichsianzieramts an Stelle Cnvnvi's berufen Vor drei Jabre» mußte der Fürst noch den Schmerz des Verlustes seiner Gemahlin, der Prinzessin Marie von Sa»n-Wittaenstein- Berieblirg erleben, ließ sich aber durch diesen Schiclsaisscbiag nicht von der Fortführung seiner Amtspslichie» abhaiten. — Von aus länd i s ch e n Preßstimin e n lieg! bisher über den Kanzler- Wechsel nur eine Aeußernng des Londoner ministeriellen „Standard" vor. der schreibt: „Tie Ernennung des Graten Vnivm znm Reichs kanzler könne als eine Bürgschaft dasür nngeieiien werden, daß Kaffer Wilhelm nicht beabsichiige, von der Politik ahznwrichen, die er im äußersten Osten in's Werk gesesst bade. Wien. Znm Rücktritt des Fürsten Hohenlohe schreibt das „Deutsche Bolkslstatt", der Rücktritt eittivringe nicht politischen Motiven, sondern der Aibettsnindiakest des Fürsten i» Folge des hohen Alters. Das „Wiener Taget'!," schreibt, der deutsche Kurs im Osten babc einen unermndeke» und nneimüdlichc» Mann als Reichskanzler nöihig. Fürst Hohenlohe habe das Rccbt, müde zu sein. DaS ./Neue Wiener Jonrn." schreibt: Ter Rücktritt des Reichskanzlers kasin keineswegs überraschend wirken, denn die Ucbcr- nalime des verantwortungsvollen Postens war thal»ächiicb ei» von dem Fürsten Hohenlohe gebrachtes politisches Otffer, Tic ..Reichswehr" betont: Hohenlohe war an die Spitze der Rcichsgeschäste beinsen als ein bei den Katholiken und Protestanten gleich angesehener Mann, der dem Amte ebenso zur Eine gereichte, wie das Amt ibm Bedeutung lieh. — Das „Extrablatt" weist ans die Gleichzeitigkeit der erfolgten Einberufung des Reichstags mit dem Rücktritt Hohen- lohe's hin und findet mit Rücksicht ans das hohe Aller des Staats mannes es begreiflich, daß er sich neuen parlamentarischen Kämmen nicht ansictzc» will. — Das „Rene Wiener Tagvi," schreib!: Ter Fürst zeigte sich bis in das hohe Alter rüstig und kernhafi in seinem hohen Amte und verwaitete es mit meisterhafler Soigiait. Er wußte die Beziehungen Deutschlands zum Anstand durchweg srcundilch zu gestalten und sördecte als Vertreter der Dreilstmos- politik die herzlichen Verhältnisse zwilchen den Verbündeten Sein Rücktritt wird überall im Anstande aufrichtig bedauert werden. is-ernschreiil-und FPrmvrech-Bcriilite vom 18. Oktober. Ter Krieg in China. Berlin. Tie kür de» am 1. November d. I. sälffgen Konnon der 5>- prozentigen chinesischen Staatsanleihe iciiens der chinesischen Regierung zn zahlende Annuität ist laut einer bei zu ständiger Stelle eingegangenen Teveiche entrichtet worden. London. Wie dein „Taiin Telegraph" ans Kanton von vorgestern gemeldet wird, haben die kaiserlichen Truppen Hnttschan wiedergenoinmen. Tie Aufständische» erlitten eine schwere Nieder lage Sie flohen »ach Osten und werden vom Admiral Ho verfolgt. Wa ' i> > ngto n. Eine Depesche ans Peking vom I ',. ds M. besagt, daß im Norden von Peking sich eine erneule Thätigkeit der Boxer bemerkbar mache. Tie kaiserliche» Truppe» sollen im Stande sein, sie iiiederznwersen. — Eonaer und die Generale Ehassce und Wilson haben den Besuch Li-Hung-Tichgiig's crwivcrt. Prinz Tictung hatte mit Li-Hung-Tichang eine Berallumg. um den Tag zu ihrer ersten Zusammenkunft mit den auswärtige Ge sandten fcstzusetzen. Homburg v. d. H. Heute Vormittag fand in Gegenwart des Kaiserpaares und der anwesenden Mitglieder der Kvnigi Famiüe und Würdenträger die Einsegnung des Prinzen Adalbert durch den Garnffvnpfarcer Gocns unter Assistenz des Oberhos- predigcrs Drpander statt. Leipzig. Die Stadt Leipzig siebt im Zeichen dc-s Festes. In Anwesenheit zahlreicher Paliioten ans alles, Theilcii Tenlsch- lands und aus Oesterreich wird heule die G r n n d st einieg n » g des Aölkcrschiachtdenkmals vollzogen. Tic gestern Abend und beule früh einaetroffcnen Festgäste wurde» ans dem Bahnhöfe bewillkommnet. Unter den Thellnehmer» befinden sich viele bvchgestcllle Personen als Vertreter von Sinais- und Ge meindebehörden. — Tie sächsische Regierung ist durch den Präsi denten der Ersten Kammer. Grafen v. K ö » n e r i tz, veitreten. Der Präsident der Zweiten sächsischen Kammer, Geh. Hosrath Tr. Melnrert. ist im lebten Augenbiick am Erscheinen verhindert worden. Tic Mehrzahl der großen Städte Tentichiands hat Ab ordnungen entsandt. Der Freindenznfiuß ist groß: die meisten Ge schäfte sind geschlossen. Die Stadt prangt in reichem Fiaagen- schmnck, besonders reich ist die Ausschmückung der Zllgangsilraße znm Festviatz, Das Wetter ist regnerisch: trotzdem sind viele Tausend Personen ans den Beinen. Die Feier der Grundstein legung begann mit einem Festzuge der Tiieiinchiner vom AngnstnS- viatz bis zu dem Orte des Tenkmals, der sich bei Probstheida ans der geschichtlich bedeutsamsten Stelle der Poilerschiacist von übitt vcsindet. Gegen 690 Bcneine mit ihren Fahnen, die Ahotdanngeii der Leipziger Lchülcr und Stndenlen. Letztere in Wachs, nabiiie» ani Feslzuge Tbeil. Ter Zug. der eine» imposanten Eindruck machte, braucht- zispi Marsch »ach dem Jeswlatze über eine Stunde, Eine viellansendköpfige Znschnneimenge bildete Spalier, — tzlach dem Eintreffen des Festzirges aus dem Festplatze begann der Weibcakl, An der Feier nabmen aus Beseht eine groyc Anzahl aktiver und Reserve-Offiziere, sowie die Spitzen der Eivii- Bchörden liieil. Der „Siegesdank der Deutschen nach der Herr- wannichiacht", gesungen vvsi »lehrcren tan'end Sängern, ietteic die Feier ein. Hierauf hielten der Oberbürgermeister der Stadt Leipzig, Justizralh Dr. Georg!, weicher mit einem Hoch ans den Kaffer, den König von Sachsen und die Bnndesfürsten schloß, sowie der Vorsitzende des Deutschen Patriotenbnndes, Eiemcns Thieme, Ansprachen. Sodann wurde die Urkunde über die Grnndsteiiilegnng »erieien. in der in kurzen Umrisse» die Ge schichte des Denkmals dargelcgt ist. Das zn errichtende Denkmal ist von Pros. Bruno Schmitz entworsen und wird von diesem inr Bau geleitet werbe». Bei der Urkunde befinden sich verschiedene Münzen und inelnere Er emplare der Leipziger Zeitungen, dtt sämmt- üch in einem inpsernen Kasten dem Grundstein einvcrieibc wurden. Darauf hielt Geb. Kirchenratis «D Pank die Weiherede, woraus von 19 Ehrengästen nntcr Salutschüsse» die üblichen Hammcr- schläge gethan wurden. Während des WeiheakteS wurden die Glocken gelautet. Abermaliger Gesangsvortrag und der allgemeine Gesang von „Nim danket Alle Gott" ichios; die erhebende Feier, Bremen, „Bösmann'S Teicgr,-Bur." meldet, daß nach einer besondere Vorschriften in Krall treten, die bezwecken, den Flaggen grüß zwischen deutschen Handelsschiffen zu einem obligatorischen zn machen. Mir»chen. Zn dem gemeldeten Eisenbahnunfall bei der Ttatian Taimring wird aintticb bekannt gegeben, daß drei Reffende und sechs Bahnbedienstetc leicht verletzt sind. Tic Betriebsstörung war Mittags behoben. Strnubin g. Der von Pussau kommende Schnellzug ist beute früh bei der Station Daimcring mit dem Regensburger Postznge zu'ammengcstaßen. Wie das „Srrnubingcr Tagbiatt" meidet, wurden zwei Bahnbcdicnstctc und ein Reisender schwer verletzt. Pardubitz, Tie hiesige Aktienbrauerei rammt allen Vor- räthesi ist bis auf das Sud- und Maschincngebäiide abgebrannt, Tri eil. Heute haben nngesähr 5k>9—tiOO Magazinarbeiter der Sndbah» die klirbeit niedergeiegt. Tic Ausständigen verlangen Abschaffung der Akkordarbeit. Petersburg, "Nach Nachrichten des russischen Medizinal- TevarlemesstS ans Afghanistan wac dort im Juni die Cholera nnsaebrochen und breitete sich schnell in vielen Städten aus. ic'daß icibi! der Emir Abdur-Rbaman seine Residenz Kabul mit seiner FamiHa veriic-z. In Kabul starben über 4590 Perionen, Tw Bevölkerung vettieß in Folge der durch die Krankheit hervor gerufenen Panik die Stadt und fiah ostwärts. Im August ließ die Epidemie narb und der Emir kehrre in seine Residenz zurück. Man spricht auch von einem Ansbruch der Epidemie in sechs anderen Städten. Oertliches und Sächsisches. Dresden. 18. Oktober. —* Von Moritzburg liegen heute über das Befinden Sr. Masestät dcs Königs folgende Nachrichten vor: Se. Ma jestät der König hat in der vergangenen Nacht gut geschlafen, iodaß daS Befinden heute ein wesentlich besseres ist. Auch die Nerven schmerzen im linken Beine haben abgenommen. —* Ihre Kcststgl, Hoheiten Prinz Georg und Priirzessin iMa t Hilde, welche seit vorgestern Abend zn Bestich bei Ihren s König!, Majestäten weilten, haben heute Vormittag Schloß i Moritzburg wieder verlassen und sind nach Hosterwitz znrückgekehri. I —* Jbre Kafferl. König! Hoheit Prinzessin Friedrich jAngust und Ihre König!. Hoheit Prinzessin Johann ^ Georg besuchte» heute Vormittag das Hospital der Kinderhcil- niistalt. Ckeiilnitzerttraße 11. —* Die Angelegenheit des „schlafenden" Bremser Dittrich in Raußlitz hat in der vergangene» Nacht mit einem blutigen Drama, einem Mord und einem Selbstmord, ihr Ende gesunden. Bald nach Mitternacht wahrscheinlich hat Frau Dittrich ihren Mann, nachdem sie ilin bergcbiich zu strauguliren versucht hat — die Merkmale hiervon sowie der Strick um den Hals waren noch z» bemerken — mit einer Knqcl Kunst und Wissenschaft. -tz* Im Königs. Opern ha nie geht Sonnabend, den 20. Oktober. Mevcrbeer's große Oper „Die Hugenotten" in Scene. In dem von ihm neu arrangirien großen Ballabile des 3 Aktes wird Herr Balletmeistcr Berger zum ersten Male als Tänzer austreten. 's* Am Königlichen Konservatorium bat an Stelle des Herr» Professors Tr. Adolf Stern Herr Dr. Friedrich Kummer, der seit mehreren Jahren mit einer Geschichte der modernen Litteratur heictiästigt ist. die Vorlesungen über klassische und moderne Litteratur übernommen. ff* Der gestern Abend im völlig besetzten Gewerbehanssaale abgebaitene Vortragsabend des Dresdner Lebrcr- ge s a n gv e r e i n s unterschied sich von seinen Vorgängern insofern, als aus leglicbe instrumentale Mitwirkung — es sei den» die des begleitenden Klaviers — verzichtet worden war. Wenn das mehr als zweistündige, aus lauter Vokalnnminern bestehende Concert dennoch kaum etwas von ermüdender Eintönigkeit verspüren ließ, so darf dies als der unwiderleglichste Beweis dafür gelten, daß inan durch die Onalität der ausgesührten Gesänge lebhaft gefesselt und für die mangelnde Abwechselung genügend entschädigt wurde. Seit Jahren ist man von den Dresdner Lehreriängern gewöhnt, daß sie auch hochgespannte Erwartungen in Bezug aus Tongebung, musikalische Akkuratesse und intelligente Vvrtragsbehandlnng er füllen ; diese alten, beinahe zur Selbstverständlichkeit gewordenen Vorzüge waren auch gestern wiederum den von Herrn Friedrich Brandes geleiteten Eborvorträgen eigen, obgleich hin und wieder tso bei Kretschmer's „Tausendschön" und bei R, Becker's „Friedrich Rothbait") die Spuren eines von Zeitmangel etwas beeinflußten Studiums — das umfangreiche Programm ist in den wenigen Wochen seit den großen Ferien vorbereitet worden — bemeikiicd waren. Absolut tadellose Leistungen vot der Verein mit Schubert s herrlichem „Grab und Mond", terstmalig gelungen). Krettchmer's „Maiennacht", seiner mit den Chören .Ter alte Soldat" von P. Cornelius und ,/Neuer Frühling" von Petichke, während bei Adam's „Wie könnt ich Dem vergessen" und Sctmbert's „Nur wer die Sehnsucht kennt" wohl etwas zu viel gethan wurde an NuancirungSsinessen. die der schlichten Empfindung dlctcr beiden Liederpericu eher ab- als zuträglich waren. An choristijchen Neu heiten bot das Programm einen von gutem mnsilalffchcn Sin» und warmblütigem Empfinden getragenes geffiffches Lied von W, Ticßiier, das durch ein den Texlworten tbcsonderS in den beiden Schinßzeiien!) besser angepaßtcS Durchkomponiren der dritten Strophe wesentlich newinncii würde, und eine mit un bestrittenem Erfolg aus der Tarife gehobene Eborbailnde von Rein- hold Becker: „Friedrich Roibbart". Tie Beckc-r'sche Vertonung der bekannten Geibel'tchen Verte („Tief im Schooße des K»ff- härffers" u, s. w > kann als eine bestgeglückre bezeichnet werden: em Zug von hoheitsvoller Größe, gepaart mit trefflicher Ebarak- tcrisiruiigskiinst, geht durch das ganze Werk, an das sich freilich in Folge seiner nickt leicht überwindbaren harmonischen Schwierig keiten nur erste Mannergesangvereine werden wagen könne». Ter Komponist wurde durch stürmischen Bestall nnd ehrenden Hervorruf ausgezeichnet: die gleiche Ehrung widerfuhr Herrn Hosrath Pros. E- Kretschmer nach dem Vortrag seiner beiden Ehörc „Dauiend- schön" und „Maiennacht". — Der Sologesang war durch die Concertiängciiil Frl. Gertrud Fritzsch aus Leipzig (Sovran) und bas Bereinsmitglieb Herrn A. L a n g e tBarttoni vertrete». In Frl. Fritztche lernte man eine stimmlich wie musikalisch wohi- veschiagene Sängerin tennen. deren Stimmtinibre allerdings durch kehlige Tonbildung etwas getrübt wurde: auch fehlte dem Lieder vortrag zumeist noch ein gut Theii Temperament und Leben. Die letzterwähnte Ausstellung ist auch bezüglich der Gelänge des Baritonisten Herr» Lange zu warben: zudem reichen die übrigens recht sympathische» Mittel des Sänaers für Löwe'sche Balladen, zumal wenn diele in einem Gewecbehaussaale erklingen sollen, bei Weitem nicht aus. Die Sologesänge — I I an der Zahl — wurden insgrsamtlit von Herrn Brandes am Klavier begleitet; die stark ausgeprägte Subjektivität des Genannten führte auch hier zu einigenAbionderlichkeiien derAuffassnng. die aber keineswegs schlecht hin getadelt werden tollen, wenn sie auch nicht nach Jedermanns Gcichmack waren. Tie überaus zahlreiche Znhörerschast spendete allen Vorträgen mit freigebiger Hand Anerkennung und Beifall. Berliner Leben. L. Berlin, 17. Oktober. Wenn man noch vor wenigen Jahren im nördlichen Thcil der Friedrichslrake. etwa von der Wcidendammer Brücke aus. rechts abbog. gelangte man in einen Sradltbeil. der nicht nur ein klein > städtisches, »ondern geradezu ein dörfisches Georägc trug nnd leö- ! hast an die Tkatsache erinnerte, daß Berlin ursprünglich ein , Fischerdorf gewesen ist, Paul Heine hat eines der kleinen bau- i fälligen Hänschen, die hier am User der Spree standen, in seinem Roman „Kinder der Weit" sehr anschaulich beschrieben Setzte s man den Weg weiter fort, dann gelangte mcm an den Kupfer- ' grabe», dessen einzigen Schmuck, abgesehen von einigen häß lichen Hoizbrückcn, ein langgestrecktes, schmutzig graues Gebäude bcidete. das mit seinen zahlreichen ccniörmigcn Fenstern und seiner öden Fa«,'ade schon von Weilern als eine attvreußilche Kmernc zu erkennen war. Einige Hundert Schritte weiter »ach Westen und wir befanden uns vordem Lustgarten mit den herrlichen Museums ^ bauten. Tieics Mttteistnck war in seiner baulichen und sonstigen Verwahrlosung em wahrer Schandfleck in dem tonst so glänzenden Berliner Stadibüde und inan rührte die Fremden gern in weitem Bogen daran vorbei. Jetzt aber hat sich auch diese Gegend von Grund aus verändert. Verschwunden sind die baufälligen Baracken, die hölzernen Brucken, die lastensörmige Kaierne, An Stelle der letzteren erhebt sich — der erste Fall dieser Art in Berlin! — ein monumenlaler, künstlerisch gegliederter, mit an-, mnthigen Thürmchen und Erkern geschmückter Kaserncn-Neubau,! dessen Acußeres dennoch nicht seiner Bestimmung widerspricht. Auf der großen Insel am Kupfergraben aber ist vollends wie mit einem Zauberichlage eine gewaltige Veränderung vor sich gegangen. ^ Hier gewahren wir zwei großartige MuseumS-Neubaulen. Da ist zunächst das Pergamon - M nseum, über dessen Hanptpvrtal man reich durchbrochene, mit Figuren geschmückte Akrotarien sieht, die de» Originalen vom Trosaneum und vom Theater in Pergamon nachgebildet sind. Das Museum ist bestimmt, unsere kostbaren^ vergament'chen Funde aufzunehmen, die hier erst zur vollen Gelt ung gelangen werden. Die znsaimnenkängendc Aufstellung der großen Platten des vergamemschen Frieses ist nahezu vollendet. Aach die Giebeiwand der Stoa der Athen« Polias und die Phionen des Altars sind bereits auigerichtet, sehr schwierige Arbeiten, die nur nach sorgfältigen Forschungen und Vergleich-, ungen bewältigt werden konnten. Dieses Mmeuni wird nach keiner Eröffnung eine ganz eigenartige Sehenswürdigkeit der dcut-j scheu Ncichshauptstadt sein. In dessen nächster Nachbarschaft geht das Kaiser-Friedrich-Muse um. dessen vornehme Front»
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