Der echte und rechte Künstler übt die Kunst um ihrer seihst willen aus. In ihre innersten heiligen Tiefen einzudringen, ihr Wesen zu erforschen, ihre Sprache zu begreifen und ihre Technik zu meistern: das ist sein Ziel. Ohne Energie kein Rhythmus, ohne Rhythmus keine Musik. Ohne Energie keine Genauigkeit, kein Gegensatz, kein Aeusserstes, keine Anstrengung, kein Erfolg, — also auch: ohne Energie keine Kunst! So lange wir ein greifbares Material vor uns haben, ist es leicht Energie zu entwickeln; wenn es 'sich aber um Ungreifbares handelt, um Vorgänge, die sich nur in unserer Seele abspielen, so muss die Energie ein weit vollendeteres Wesen haben. Keiner kann sagen, wann er ein Künstler wurde. Ein Reife zeugnis ist nur ein Gewand, womit man einen schmückt, dem man zutraut, selbständig arbeiten zu können. Es ist aber nicht ein Freibrief zur Faulheit nach überstandener Plage. Die Musik soll ein Spiegel unseres Seelenlebens sein, sie soll das ausdrücken, was Worte nicht auszudrücken vermögen, sie soll uns über die Grenzen unserer Sprache hinausführen in die weiten Sphären unseres Gefühlslebens. Wo die Sprache nach Worten sucht, wo sie in der wachsenden Erregung gänzlich aufhört, da ist das ureigenste Gebiet der Musik: da entfaltet sie ihre reichen und mächtigen Ausdrucksmittel und schildert das Seelenleben von den leisesten Regungen der Gefühle bis zu den gewaltigsten Affekten, von den Gefühlen stillen Glückes bis zu den schmerz lichsten Seelenqualen, von der zärtlichsten Innigkeit bis zur glühendsten Leidenschaft, von der tiefsten Wehmut bis zur über schwänglichsten Glückseligkeit. Das Leben ist ein ununterbrochenes Lernen; mit Lernen »fertig« sein, ist nur dem Genius beschieden!