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Dresdner Nachrichten : 12.08.1879
- Erscheinungsdatum
- 1879-08-12
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-187908127
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18790812
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18790812
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1879
- Monat1879-08
- Tag1879-08-12
- Monat1879-08
- Jahr1879
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 12.08.1879
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Berlin. 11. August. Bit,.Germania" verbstent- licht einen Wahlaufruf brr Erntnun-iractlon. Konstantinopel, U. August. Die Umge staltung de-Ministerium- im liberalen reiormato« rischen Sinne soll unmit telbar nach der bevor- siebenten Beru>ung Miv- dad Paschas erlolgen. — DicPlorle antwortete aus die ^vrterung ter Serben »vegen de-Einiallc- derAl- banesen und bestreitet vie libertricbenen Angaben. Die ierbtiche Note mvttvirt den Einfall durch die Aus regung über die Vcrclni- Mttretacteur: vr. Hintt Für das Feuill.: L.u«llH»tL Ivoiiltol ck 6«., ' und Vvikuus ullvr , L 1» I» It tk « « e I» I t, Aktion otv. Atmxulilunß ulior Ooujwn». Onöniz-olklivlU! 8< lrlo8ä-8trrlii«v 14, Ooiilrolv clor Vorloosung ullvr VVoriIipui>i'w6. FIIns »uni, i>lr<>uttlmr iloi »>>m«uul Inintiinlic»» HO'P' Oomivilslbllv für WveilLvI. d,, »,u„ tbeile an Serbien und weist lrte Veraniwortltch- keit zurück. Belgrad. ll. Aua. Heute erioigte die Ratifi kation sümmtlicher aus die definitive Abgrenzung der zwischen Serbien undBuk- garten und Serbien und der Türke« bezüglichen Protokolle und Detail« karten. Offiziös wird ver- sichert, daß tie P'orte tie serbische EntschädigungS- iordernng anläßlich deS Ariiautencinialleö nicht abgcwicien, sondern nur Druck mit Eigciitlmin ter Herausgeber: Pcrantwortl Redakteur: V bisher"n"och^ nickst ^zuge- ^ in Dresden. -Lviui ilt» »'«»tilt-nlt >n Dreelhp" siimmt habe. »«««<-., Athen. > l. »August. Die Blätter erklären die Nachricht ter „Times" über eine angebliche 8tsa1sp»pionö, pfancltirikfs, ^Eröffnung griechisch türkischen Verhandlungen aiö unhegkündet. Das Datum tcSBeginneS der ' ^ -- - ^ Kvmcccnz Ist noch nicht iestgestcllt. Die Morte thestlc de» Vertretern der auswärtigen Mächte mit, sic wimschc, daß tie griechische Frage eine entsprechende Lösung finden möchte. Tageblatt für Politik, Ailterl>a>tung,Geschästsverkcl>r. Sörse»btricht,Frci»dtiilijle. Witterungsaussichten: Meist heiter und trocken, wärmer. DresdenOLirn PoltttscheS. DerFlammenschein von Serajewo beleuchtet grell die Wiederkehr jenes Tages, an welchem just vor Jahresfrist die Oesterreicher nach beispiellos tückischen und blutigen Gefechten in die bosnischeHauptstadt «inzogen. Einzogen, um für immer zu bleiben, oder um wieder zu gehm. Niemand vermochte darüber Auskunft zu geben und aus alle Fragen und Drohungen im österreichischen Reichstage hatte das Ministerium und Andrassy nur immer die eine Antwort: — wir wissen eS nicht. Lamentirte die Türkei, so hieß es: wir wollen Bosnien nicht für uns, es soll nur zeitweilig beseht, „pacisicirt" werden. Sagte die Opposition, warum man österreichisches Gut und Blut an diese zweifelhafte Aufgabe setzte, so ließ die Regierung durchblickcn: man wird ja Bosnien behalten. Seit einem Jahre sind Unsummen von österreichischem Capital, von Fleiß und Arbeit über die Grenze nach Bosnien importirt worden, die Hauptverkehrsader der dein türkischen Paschalik entrissenen Stadt trägt den stolzen Namen „Franz-Joseph- Straße" und allmälig schien es, als ob Ruhe und Friede in das gesegnete Land zurücktehren sollten — da mahnte die große Politik, welcher Oesterreich seit dem Berliner Frieden folgen muß, nunmehr Novi-Bazar, weiterhin im Lande gelegen, zu occupiren, einen neuen Schachzug gegen die Türkei zu thun; aber noch ehe der erste österreichische Soldat in's neue Sandschack einzog, lodern die Flammen über Serajewo und verzehren nicht nur die Käufinannsgütcr der österreichischen Colonie, die Getreidelagcr, Kasernen, Kirchen, Schulen und an die Hundcr e Häuser, sondern diese Flammen begraben auch manche ideale Hoffnung aus friedlichere Gestaltung der Dinge in Bosnien. Die türkische Colonie, die Minarcts und muselmännischen Schulen blieben verschont, alles Christliche siel dem gefräßigen Elemente zum Opfer — ist das nicht sonderbar? Und wenn auch niemals sollte bewiesen werden können, daß der muhamedanische Fanatismus zur Brandfackel griff, um sich an den verhaßten Oestcrreichern zu rächen, so hat die Katastrophe von Serajewo doch sicher eine bleibende Folge: sie trennt die Völkerschaften auf's Neue, sie schürt mit Vorwürfen, mit Verdacht und Zweifeln den Haß der Nassen. DaSWasser von Szegedin, dasFeuer vonSerajcwo, welche Fülle von Elcmentarunglück binnen nicht einem halben Jahre! Und doch darf Oesterreich den Muth nicht sinken lasten, cS muß aus dieser schweren Prüfung mit erhöhter Energie hcrvorgehcn und alle Kräfte ansammcln, um diesen Völkern des Ostens zu zeigen: die kulturelle Bildung stärkt die politische Macht; beugt das Unglück die kleinmüthige, von den Türken seit Jahren ausgcsogene einheimische Bevölkerung, so muß Oesterreich um so fester stehen in Rath und Hilfe. Bei Szegedin und Serajewo hat das österreichische Militär Wunder der Selbstverleugnung gethan; die Türken flohen, die Bosniakcn verstummten in verzweifelndem Schmerz und nur die österreichische Armee rettete, löschte, linderte die "Aufregung. Wenn an Stelle der krummen Gassen und Holz- und Lehmbaracken, solide Steinhäuser aus den Trümmern erstehen werden, so werden die Eingeborenen den Unterschied zwischen türkischer Indolenz und österrcichischerThatkrast segensreich und vielleicht dankbar empfinden. 10,000 Gulden gab sofort Kaiser Franz Joseph und man wird, da eminente politischeJnteresscn insSpiel kommen, dasAußcrordcntlichste an Sammlungen in Wien und Pest erleben, um 10,000Obdachlosen zu helfen und dem Werthvcrlust von ca. 6 Millionen Gulden die Spitze zu bieten. Griechen, Juden, Zigeuner, Türken, Ungarn, Illyrier, Armenier, Italiener und Deutsche besaßen gemeinsam die Stadt, welche an 60,000 Einwohner haben mag. Die Eiladelle an der Migliazza überragt über 100 Minarets und obwohl Bosnien im Ganzen arm ist, weil ihm alle Exploitirung der Bodenprvdukte durch die schlechten Straßen erschwert waren, so mar doch Bosna-Serai so ist der eigentliche Name Serajewo's) eine reiche Stadt mit großem Fruchthandel, Leder-, Tuch-, Eisen-, Kupfer- und Waffcnfabrikation. Von den 6 Millionen Piaster Staatseinkünften Bosniens gingen bis 1878 über 2 Millionen nach — Konstantinopel, die nun der Melioration und dem Bahn- und Straßenbau zusallen. Die Thierüscier in Nancy bekommt nachträglich doch noch den Beigeschmack einer gegen Deutschland gerichteten Demonstration. Nur mit dem Unterschiede, daß nicht die französische Regierung, sondern „dunkle Existenzen" von der „Revanche" Andeutungen wagten. Schlimm für uns! Ni ht als ob wir allsofort dem Welt frieden mißtrauen sollten, weil eine Hand voll französische Schwätzer über die Planken unserer Landesgrenze die Zunge Herausstrecken; aber mit dem Abrüstcn in Deutschland steht es windig, wenn unsere besonnenere Militärpartci auf diese Demonstrationen Hinweisen und sagen kann: „da seht Jhr's nun, wie wenig den Franzosen zu trauen ist. Wenn sie dem bis an die Zähne bewaffneten Deutsch land Das zu bieten wagen — was würden sie einem militärisch ge schwächten Deutschland zuzufügen wagen!" Die Verringerung des deutschen Militärbudgets ist also faktisch durch die Partei der Hitz köpfe in Frankreich illusorischer geworden, als sic vor 14 Tagen war. Freilich, so lange die jetzige Regierung in Paris oben bleibt, dcs- avouirt sic die Heißsporne. Aber nach dieser Regierung kommt eine andere — und was dann? Auch außerhalb Nancy spult plötzlich die „Revanche". Im Pariser Gcmcindcrath beantragte ein NamcnS vettcr unseres DrcSbncr Hosthcatcrlieblings,Herr Engelhardt, im neuen Stadthause, unter den Statuen der französischen Städte „zwei Plätze leer zu lassen („Straßburg" und „Metz") die man, so Gott es wolle, später beifügen könne". Herr Herolo, der Seinepräfekt, er- wicderte sehr ruhig: „Bitte m. H.! lehnen sie den Antrag ab ; un fruchtbare Proteste sind nicht zeitgemäß". Fast gleichzeitig sagte in Charlevillc der Generalsekretär der Regierung, Herr Lambert, bei'», Schützenfeste: „Sie haben, m. H., mit ihrer Schützengesellschast eine Schule gegründet, in welcher man das Vaterland vcrthcidigen lernen wird. Diese Zusammenkunft ist eine patriotische Kund- aebung, welche uns in der Zukunft unseres thcurcn Frankreichs schon die Wiederherstellungen erkennen läßt, die ich Ihnen nicht näher zu bezeichnen brauche (Io röparatiou auv r-ons savor). „Wir sind vielleicht nicht weit entfernt von dem Tage, an welchem Frank reich von seinen Kindern Schutz und Revanche verlangen wird. Seien wir bereit für diesen Augenblick. Ich trinke aus euer Wohl, künftige Soldaten". Auch Herr Lambert ward dementirt. Aber das ist doch ein böser Geist, der den gemessenen Republikanern der einst über den Kopf wachsen könnte. England wird fast von der gesummten europäischen Presse um seiner Kap-Politik hart verurtheilt. Vor zehn Tagen meldete der Oberbefehlshaber, daß der Krieg nach diesem Siege als ihatsäch- lich beendet zu betrachten sei und heute? Die Zulus haben sich nicht unterworfen: die englische Armee zieht sich gänzlich zurück, und Wolseley schreibt einen Preis von 5000 Stück Ochsen für den Kopf CetcwayoS aus, Cetewayos, der von England als König, als kriegführende "Macht anerkannt war. Was zeigt dies Alles? Erstens, daß der Krieg nur in dem Sinne als beendet zu betrachten ist, als die Engländer einfach von einer weiteren Kriegssührung ab stehen und denselben aufgeben, ohne das angcstrebie Resultat erzielt zu haben; zweitens aber, daß es mit der Moral der englischen Be fehlshaber und leitenden Persönlichkeiten sehr weit gekommen sein muß, wenn sie sich zur Werbung van Meuchelmördern herbeilassen; wenn sie den von ihnen als kriegführende Macht erkannten Herrscher, den ehrlichen Feind auf diesem in der modernen Geschichte eines europäischen Kulturstaatcs unerhörten Wege bei Seite schaffen wollen, um als Bundesgenossen von Mördern auf krummen Wegen zu erzielen, was ihnen als ehrlichen Soldaten zu erzielen unmöglich war! Es ist wirllich weit, sehr weit gekommen, und Sir Garnct Wolseley zeigt sich da in einem Lichte, welches weder ihm, noch Jenen, die ihn mit Instruktionen versahen, zum Ruhme gereicht. Die "Niederlage, welche England in Afrika erlitt, wird damit zu einer vollständigen und nicht die Waffcnehrc Großbritanniens allein hat einen schlimmen Stoß erhalten; viel schlimmer noch leidet unter dieser letzten und schmählichsten Aktion die Ehre Englands als Kul turstaat, der sich tie Wahrung des Menschenrechts, der Gerechtigkeit und "Menschlichkeit muß angelegen sein lassen. Neueste Telegramme der „Dresdner Nachrichten." Pest, 11. August. Der „Pester Lloyd" meldet angeblich von verläßlichster Seite, daß der AuSslug Andrassy's nach Tercbes nicht als Urlaubsreise, sondern als die Einleitung zum definitiven Rück tritt desselben auszusassen sei. Ar.drassy's Palais in Ofen soll für den Winteraufenthalt desselben eingerichtet werden. Trotz der ver läßlichen Quelle hofft der „Pester Lloyd" noch, die Nachricht werde sich nicht bestätigen. LocaleS and Sächsisches. — Se. Mai. König Albert trak vorgestern lSonntag) Abend in München ei» und nabm Abstcigcguarticr im „Pai- riichen Hoi". Nack, einem unö and München zugchcndcnPrivat- Tclegramm uniereö 1)r. E.Bicrcy war.» die König!. Majestäten von seil, bevor sic nach München gingen, in Tegernsee gewesen. Bairische und Wiener Blätter melden dagegen von der Firmelung, welcher Kaiser Franz Jose», Kronprinz Rudolf, Prinz Luitpold und Prinzessin Gisela beiwohnen würde», zu nächsicr Mittwoch. DaS Münchener Telegramm lautet: Das sächsische KönigSpaar kam pierscibit nicht von Zell am Lee, sondern von Tegernsee an, woselbst die Firmelung der "Nichte des Königs Albert siattgcsun- dcn hatte. Auch der österreichische Kaiser trat gestern hier ein und wobnt i>» Palais der Prinzeß Gisela. Keinerlei Emp'ang fand hierbei seitens des bairischen HoicS statt. <!s DaS sächsische Kö nigSpaar besuchte beute unter Fübruug des Getankten Herrn v. Fabrlcc die Kl»iüauSstcllu»g. Der König schien die äußerst geringe Bctbeiligung der Dresdner Künstler befremdlich zu finden König und Königin saben sehr wohl auo und scheint ihnen die Bakcrciic vortrefflich bctomme» zu sein. Beide Majestäten treffen Donnerstag in Drcöde» ein. Gestern Ist nach nur kurzem, aber schwerem Leiten der Assessor und Buccauvorsland deS Stadtverordneten-Kollegiums, Herr StIbert TbIcncmann, welchem das Kollegium noch in letzter Zeit die Begründung seiner nnumchr geordneten Biblio thek dankt, verstorben. "Noch vor wenig Woche» war der tüchtige und allseitig beliebte und körperlich auschcincnd so rüstige Beamte in seinem "Amte tbätig. — Mit Sonntag den 10. d. M. traten die Zöglinge der k. I. 11 n t c r oi tIzi e r ö s chu l c zu Maricnbcrg den ihnen vom Kricgsmiiüsiclium gciichmigtcn sogenannten großen i4 Woche» dauerndcns Ilrtand an, soweit der Dienst und die Führung in der Anstalt cs erlaubten. — Tcr kommende :o. August ist für die hiesige iüdischc Ge meinde ein Fcstt a g und zwar soll an tcm aui dieieS Datum fallenden Sonntage tcr läo. Gcburtstag deS Philosophen Moses Mendelssohn, welcher im Verein mit Lcising, dessen Intimer Freund er war, viel zur Kuttmcniwickclung scinrr Glaubens genossen bclgcwagc» hat, lirchlich gcicicrt werden. Eine größere geiangliche Aufführung, ausgclül'rt vrn dem bedeutend verstärk ten Ohore tcr Svnagogc, wird unter anderen Eompositloncn auch einige von Mendelssohn Barihoitv, einem Enkel deS philosophi sche» Schriftstellers, zu Gehör bringen. — Die Versammlung der sächsischen Angehörigen des Odd Fellow-Bund es im Lokale der hiesigen Odd F-cllowLogc» auf der ZahnSgasse ist sehr zahlreich aus allen deutschen Ländern besucht. Der Gegenständ der Verhandlungen entzieht sich natür lich der Oeffcnllichkeit. Vorgestern Abend tand nach adgehalte- ncm Festakt im Logenlolalc ans tcm k. Belvedere ei» scsllichcs Abendmahl sta't. Auch die in Prag erscheinende ..Bobcmia" widmet tcm verttorbcncn Herrn vvn Poicrn Worte warmer Anerkennung. DaS Blatt sagt: „Das sächsische Königshaus und ganz Sachie» betrauert einen der n euesten Diener, den protestantischen Schirm vogt des türstlichen Stiits und Jnngiranen-Klosterü St. Maricn- stcrn v. Poiern. Ein treurr Ralhgebcr tcS König- Friedrich August von Sachse», reu cr in der Zeit des l»4stcrVersg»'»ng-- strcttes bcwog, aut die Festung Kenigttcin zu flüchten, der intimste Freund drs Königs Johann von Sachsen, hat Enrt v. P scr» auch die auirichtigste Verehrung und Liebe des Königs Albert von Sachsen genossen. Der Verewigte fiel so Manchem dadurch aui, daß cr lange Jahre hindurch gleiche grüne Röcke trug. Es stammte diese Eigenheit von der Bcsttllnng einer großen Lieferung grünen Tuchcs her, durch welche von Poiern die bedrängten Weber der Lausitz unterstützte. Von rieicm Tuche trug nicht nur seine Dienerschaft, sondern er selbst bis an sein Lebensende lene jägcrgrünen Röcke. Seine Lebenögewohnhrlt, srüh nicht vor i l Uhr auizustchen, bewog einst den Präsidenten der ersten sächs. Kammer, v. SchömelS, als zur Bclchlußiählgkclt de« Hauses eine Stimme stillte und cö gerate ll geschlagen batte, de» Mitgliedern zuzurukcn: „Gedulden wir uns ein wenig, meine Herren, eö ist gleich die Zeit, da der Herr von Posern kommt!" - 11. II. Kleine Reisesktzzen. Wtr Sachsen sind die zerstreuteste Nation. Wer'S nicht glaubt, der braucht bloö im Juli oder August auf den Alpe» hcrumzukrareln: überall tönt ihm daS iam'lc Meißner Hochdeutsch entgegen, untermischt mit dem breite» Voigtländischen, dem singenden Dialekt der Lausitzer Wendet und der Leipziger „Gohlgelmchcn"-Sprache. Namentlich die Erlrakahrtcn fördern den Wandertrieb der Sachsen. Geucke ist der reine Sachsen-Zerstreuer und Alpenbcvölkerer geworden. Auf ter Schmittenhöhe bei Zell am See saßen neulich beim feu rigen Vößlauer und zarten Wiener Roslbratl nach Sonnenunter gang LU Gäste in dem wohnlichen Unterkunft-Hanse. An allen Tischen wurde gclächselt. Da- fiel so allgemein aus, daß Jeder mann seinen "Nachbar fragte: „Här'nie, se lein wohl ooch u. l. w. u. i. w.?" Bis au> fünf bejahten alle »Anwesenden die Frage nach der grün-weißen Landeszugehörigkeit. Unter diesen achtzehn waren srcilich auch zwei „großherzogliche" Sachsen und ein „muß- preußische-" Ehepaar au- Torgau, das sich aber recht gern ieine- alte» Ctammcözubehörö crinncrtc. „Ja, mir Sachsen sein Sie Helte" tönte eS alöbald ringsum, und el» VEnt,, lloroat, orsseLt von einem sächsischen Amt-lichter anögebracht, klang von einer Höhe von 6000 Fuß thalab- und nordwärts: Wie aus der Schmiitenhöhe im Salzbnrgischen, ko ist eS auch in Tirol. Kärnthcn, Valern, ter Schweiz, den böhmischen und rhei nischen "Bäder» und a» den Nord- und Oslseeküsten: der Sachse übcrwicgt tcr Zahl nach unter den Fremden au- weiter Ferne. Steckt meine» Lankölcuten eine ganz besondere Wanderlust in den Gliedern? Sind sic mit sttnerem Sinn für Natucschön- hcilen an-gestattet? Oder wird - ihnen daheim in den kleineren Verhältnissen zu enge? Oder herrscht bei uns größere Wohl habenheit? Ich stelle bloö diese Fragen, ich entscheide mich mr keine Antwort. SilS Hanptsirömungrn in dem breiten Sachsen- flussc. ter sich alljährlich nach den Alpen zu ergießt, kann man mühelos drei BeruiSarten unterscheiden: die Lehrer, die Juristen und die Aerzte. Entere beide fordern die Schul- und GerichtS- Fcrlcn zum Reisen heraus: kein Zweistl, wenn alle anderen Bermsklassc» auch drei Wochen im Jahre den lieben Gott einen irommcn Mann sein lassen könnten, so würden auch sie sorgen los die Welt rurchpllger». Die Aerzte aber wenden mit vollem Rechte am eigenen Leibe da- Rezept an, da- sie so gern ihren Patienten verschreiben: Erholung in der freien Natur. Kaus- Icuie trifft man verbältnißmäßlg wenig, noch seltener einen Gcwerbtrelbenbe»; ganz vereinzelt taucht ein Offizier aus. Ar beiter aber durchziehen höchstens alS Haiidwerköburschen die Welt. Welche» Thell der Alpen aber sucht man aul? Mehrere Jahre hatte ich in den höchsten Alpenthälern der Ostschweiz Kuren ge braucht: Heuer trüb mich - einmal wieder in die lange gemiede nen deutschen »Alpen. Denn deutsch, echt- und kerndeutsch ist diele- herrliche Land und dieses prächtige Volk, da- der aposto lischen Majestät in »Wien treu ergeben ist. DaS Fehlsame der 66er Politik, welche diese lirdeutschen Gebiete vom Riesenleibe Gcrmaiücno riß und sie den Bedrängnissen der Slaven, Ma gyaren und Italiener preisgab. wird ledem Wanderer klar, der mit offenem Auge und freiem Herzen vir Tbälcr des Salz- kammcrgulö. Tirols und KärntvenS durchwandert. Doch, lasten wir die Politik! Werfen wir einen kurzen, vergleichenden Blick aus die deutsch-österreichischen und die schweizer Alpen. Warum wälzt sich der größere Strom tcr Reisenden nach der Schweiz? Zähle» tie tcutlch-östcrrcichlschen Alpen nicht ebenso herrliche Berge, ebenso dräuende Gletscher, ebenso liebliche Seen, ebenso grüne Matten, ebenso dunkle Wälder, ebenso frische Ströme? Well cö der deutsche» Bevölkerung an lenem industriellen Sinne stillt, ter io hervorstechend an den Nachkommen Wilhelm Teil'- annällt. In der Schweiz hat der Geschäftssinn de- Volke- daS Rciicn zu einer Bcgucmlichkclt gestaltet, die ihm alles An strengende entzogen hat. Wie dichtmaschig ist da- schweizer Post- und Tclegraphcnnelz! Kein entlegenes Dörfli, kein einsame- Hotel. daS nicht mittelst Post- und Telegraphen mit der Außen welt in Verbindung stünde! licbcrall Hotels, bequeme-, saubere- Unterkommen, gute, reichliche und meist nicht theure Verpflegung. Abwechselung in der Kost. In den deutschen Sllpcn hapert- damit noch reckst sehr. Zahlreich besuchte Soinmerirlschrn ent behren der Posten und der Telegraphen, die Landstraßen sind nicht so aut unterhalten und gefahrlos. Anbererieit- reist man in der Schweiz auch mit vorgcschriebcner Marschroute. Die Freiheit des Einzelnen in der Verfolgung eine- Reiieplanö findet o>t ihre Grenze i» den im Voran- bestimmten Elnthrllungrn. Dazu die vielen pr'itensiöscn Engländer in der Schweiz! Die häßliche Seite tcr Ncisendcn-Jndustric tritt allerdings alS Nnbc- aucmlichkeit hinzu: wie wird der Reisende in der Schweiz ge« schröpit von Kindern, die ihm iür 5 EtS. ein Gatttrl aulmachen, das cr sich mühelos selbst öffnet, von Kdclwelß-Verkäuiern, von Alpciikanonicrcn. Alpcnbornblästr» und ähnlichen Spekulanten! Davon ist In den deutschen Alpen nur an einzelnen Stellen Etwas zu spüren. Die Wastersälle und Schluchten (Klamm- acnannO sind entrccirci zu sehen. »Aus den Bergen braucht man «ür Zither-Eonccrtc und Jodler nicht erst halbeFränklt zu zahlen, sondern die Bua'n und Dirndln ireuen sich, wenn ihre Kunst uns gciällr. Die Hotel-Einrichtungen sind allerdings oft reckst primiliv. Es herrscht größere Natur, die Kultur hat die Leute nicht tict dclcckt und daS itt für Tausende eine Wohlthctt. Die Lpeiicnkartc lllctct allerdings wenig Abwechselung: »nr Forellen > und Hühner paratsten aut jeder neben dem schrecklichen KalbS- ' brate» und daS bekommt man, täglich genossen, doch bald satt. In den bairischen Sommcrstischcn muß man sich ost mit einem ianglauicnten Bier begnügen. Besser ist'S da in Tirol, testen i feuriger Motbcr meist überall gut ist. Was aber die deutschen Alpen unendlich vor den Schweizern anSzcichnct, da- ist Ihre ! biedere Bevölkerung, ihre Liebenswürdigkeit unb Herzlichkeit. Wie l sange-freudig und musikalisch sind diese Aclplcr gegenüber den verschlossenen, querköpfigen Schweizern! Welche nette Volks« ! trachten tragen sie gegenüber den dummen, kurzen, braunen Jacken der Schweizer! llnv wie sind die Berge von Hirschen und Gemsen belebt, die der republikanische Schweizer zu ver tilgen als ein angcborncS Menschenrecht gehalten hat. DaS sind so einige Verglcichimgvmomentc: sic sind nickst erschöpfend, aber sic genüac», »m Jemandem, der vor Allem Natur, Einfalt und Emsachheit, unverdorbene Menschen und belebte Berge liebt unv der etwas Unbeguemilchkeit gern mit in de» Kaut nimmt, die Reise nach den deutschen »Alpen lohnender erscheinen zu lasten, alS die ln die clvilistrtcn schweizer »Berge mit Ihrer von den , Fremden lebenden, industrielle» Bevölkerung. — Die Staattanwalttchait zu Freiberg hat am verga«- i gcnen Sonntag nicht weniger als 7 lungc Leute auS Selsten und > Heidelberg verhaftet, welche in der Affastc gegen den böhmischen > Förster bethciligt gewesen sind.
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