DER SPANISCHE KÖNIG 107 ein Italiener; nur zwei Tage feiert man Karneval, und auch da gibt es keine Masken. Der arme Gesandte von Parma will zurück nach Italien. Beim Tanz hält die Dame ein Taschentuch, das der Kavalier mit leichten Fingern faßt; so führt er sie, ohne sie zu berühren. Um die Stadt schlägt die Ebene ihren gewaltigen Kreis. Philipp liebt es, die langen Straßen zu ziehn. Wenn er einer der kleinen Ortschaften sich nähert, eilen die Leute aus den Häusern, füllen die Fahrstraße und rufen ihm zu. Der Himmel möge ihn schützen, und diesen Wunsch hört der König ernst, mit gesenktem Haupt. Er möge gesegnet sein für den Frieden und die Gerechtigkeit, die er dem Volke schenke; und vielleicht fühlt der König einen Schim mer Glücks. Ein langes, ein fröhliches Leben möge er haben; und der König läßt weiterfahren auf dem Weg, den er kam. Von einem Hügel auf der Straße nach Aranjuez grüßt noch ein Kloster. Dann wird es fast völlig flach. Es ist Abend; zurück nach Madrid spielen ein paar große Blitze; das Gebirge leuchtet noch immer. Aus dem kurzhalmigen Korn finden sich Reiter heraus und sammeln sich auf der Straße; hintereinander, in langer Kette, übernatürlich wach send, ziehen sie die Straße hin. Die großen, becherförmigen Glocken der Tiere schlagen ins Leere, ohne ein Echo zu wecken. Mühevoll knarrt der Wagen des Königs. Die Gipfel der Guadarrama im Westen und die niederen Berge der südlichen Sierra in weitester Ferne sind wie aus Glas. Es ist, als hätte das Licht des Tages ihre Masse zer schmolzen und nur die Form noch zurückgelassen; es ist, als zerflösse die Ebene an ihrem dunkeln Rand. Immer noch führt die Straße ohne Biegung fort, ziehen die Reiter, knarrt der schwere dunkle Wagen, der oft in einer Ver tiefung versinkt und sich wieder schwerfällig aus ihr be freit. Am Wegsaum gruben die Regengüsse des Frühjahrs sonderbare Linien in die graue Erde; Gestalten treten her vor wie sich drängende Felsentürme, sich übersteigernde