3 20 DER ÜBERGANG Habsburg war sterbensmüde. Nach einem Jahrhundert angespannter Aktivität, in dem sich Projekte und Taten ballten, wie Stürme, Sonnenglut und Wetterstürze in einem bewegten Sommer, war ein Jahrhundert zum Schlafen, Trauern und Abschiednehmen kaum Zeit genug: so ge winnt sich ein von seinem Werke Besessener gierig die Minuten ab, um nach der Ernüchterung der Vollendung zu schlafen und zu verzweifeln. Dieselben Stunden, die bis zum Rand gefüllt in der Vergangenheit versanken, trieben nun leer und nutzlos über die Fläche hin. Die Könige hatten für alles Zeit: so mußte doch endlich diese heim liche, furchtbare Angst vor Geschäften und Pflichten zum Schweigen gebracht werden. Für den Günstling ist es die wichtigste Kunst, den König zu unterhalten und fern zu halten; der König geht gerne auf alles ein, aber er ist rasch gelangweilt, enttäuscht, un befriedigt. Philipp III., Philipp IV., Carlos II., diese letzten Habsburger, alle leiden ja namenlos unter der Schwermut ihres Geschlechtes; da sie den Mut nicht mehr aufbringen, sie handelnd zu überwinden, so sind sie ihr bedingungslos ausgeliefert. Blasse, lange Gesichter, denen man das Lippen rot nicht mehr glaubt, sehen träge den Spielen des Hofes zu; fromm und frivol, stolz und eigensinnig, geblendet und sich doch des großen Bruchs bewußt, reiten diese Herrscher auf goldgezäumten Pferden mit wehendem Mantel in falsch schimmernder Rüstung dem Abgrund zu. Ihre Pracht wird um so reicher, je nichtiger ihre Herrschaft wird; ihre Herr lichkeit ist erborgt. 1600, zwei Jahre nach Philipps II. Tod läßt sich sein Sohn eine Zahlung von 16 Millionen Reales von den Cortes gewähren; schon 1604 nimmt er eine neue Anleihe auf, ob wohl die alte Schuld noch nicht bezahlt ist. Die Silber flotten retten nicht, auch die Umwertung des Geldes — der verwegenste Kopfsprung der Finanzpolitiker jener Zeit — ruft nur neue Mißstände hervor. 1609 schließen der Erz herzog Albert und Isabella Clara Eugenia, nachdem die