02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 22.07.1905
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-07-22
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19050722026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1905072202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1905072202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1905
- Monat1905-07
- Tag1905-07-22
- Monat1905-07
- Jahr1905
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
- Links
-
Downloads
- Download single page (JPG)
-
Fulltext page (XML)
Diese» Blatt wird den Lesern von Dresden und Umgebung am Tage vorher bereit» al» Abend-Ausgabe zngestcllt, während e» die Post-Abonnenten am Morgen in einer Gesamtausgabe erhalten. verugzgebM: «terteNSdeN« «»» »«»»"> b«i tLali» ,»NmaU,er üutta,»»« durch unser« Voten «»«»»» und «»'»«*» an E»n». und Montaaen nur etnmay »MI. »Ov> durch au»WLrtt„Aom. Million»!, » VN. du» Mt »0 Ps. v«> eiumaliaer Sulielluuu durch di« «,»»vn. iodneBeslellieU». imNu». laud mit «itlvrechendcm Zuschläge. St achdruct aller Artikel u. Ortginal- Mitteilungen nur mit deutlicher Ouellenanaadet.DreSd Nachr ") VILNIg. NachtrSatich« Lonorar- outvrüche bleiben unbenutü-Mia«: mUMlaugte Mauuikivt« wrrdeu nicht ausdewabrt. »«learamm-Ndreske: «»chrtchte» »««»de«. AegvLrir-eL L8S8 Nevlag von Ktepsch L Reickiavdt. Knreigen-^ack. Annalime von Ankündigungen dis imckmiiiagr S Ulir. Sonn- uud Ncicriagr nur MariensNabe 3S von N biL V>> Mir. Die i lvaltige Grund- »ile <ca. ö Silbe»' so Lsg . An kündigungen aut der Lrivatieit« Zeile 2s Lsg ; die rivaltiae Zeile aus Terl- ieile bo Pi, . als Eingesandt Zeile K0 Lsg. Mi N»u»»en« »ach Souu- uud geiertage« > svalrise Gruttdreil« so Lsg. ans Privaiseilc ,0 Pfg. slvallige Zeile »ui TeUseiie und al» Eingesandt so Lsg. Auswärtige Auf trag« »»r «egen PorcmLbiMiung. Betegdlällcr werden mit lo Lsg. berechnet. Aernsvrechanschlus»: «ui» l Rr. U und Re. rav» «r.SOI. icstc Drahtbenchtc. Hosiiachrichten, MicbacliSferie», Fcnerbcstattuiig, Prinzessin Luise vo» Coburg, Zirkus Henry, ^ Gerichtsverhandlimgen. Im englischen lliitcrhausc. „Die glückliche Olilbcrtc", Kleists Grub. Die Kniialiuc. dVNNllVSNV, ^H»I»»I e/veF. Äieuc Neueste Drahtnteldungen vom 2l. Juli. Die Marokko-Konferenz. Pari». Ministerpräsident No uv irr empfing gestern den aus Berlin bier eingetrofsencn Botschafter Vihourd und hatte mit ihm eine längere Unterredung. Paris. Es verlautet hier mehrfach, das; die russische Negic- rung ihren Beitritt zur Marokko-Konferenz anackündigt habe unter der Bedingung, das; ihr Programm, Ort uud Zeitpunkt der Konferenz vorher bekannt gegeben werden. Russisch-javanischer Krieg. Tokio. Amtlich wird bekannt gegeben: An verschiedenen Plätzen auf Sachalin haben sich 461 Russen ergeben, darun ter ein Oberst und 14 andere Offiziere. Godsiadan. Privattneldungen der „Petersb. Telegr.- Agentur" zufolge wurden iapaniiche Kriegsschiffe bei Nikolajewsk in der Nähe der Küste gesichtet. Viele Einwohner von Nikolajewsk und Wladiwostok flüchteten nach Chabarowsk. Zur Lage in Russland. Petersburg. In der Vorstadt von Kiew Demiefka drangen etwa 400 Arbeiter in die Synagoge, entfalteten rote Fahnen und veranstalteten eine regierungsfeindliche Dem o n stra t i o n. Las in der Synagoge befindliche Publi- kum sucbte die Demonstranten hinauszudrängen, wobei es zu einem blutigen Zusammenstoß kam. Tie Eindringlinge schossen viel Inden über den Hansen. Bald erschienen Kosaken und Gen- darme, um die Ordnung wieder herzuslcllcn. Krestzy sGouvernement Nowgorod). Die Landpolizei hat den Verkauf und das Lesen liberalerZeitungen unter Androhung von Gefängnishaft verboten. L l d a u. Im hiesigen Hosen sind 137 Matrose n wegen der jüngsten Unruhen verhaftet worden. Kostrom a. Heute ist hier ein al l gemeiner Arbei- terausstand ausgebrochen. einer bulgarischen BLinde unter Führung Zaharibas, und Truppen, wobei eine Anzahl Bandenmilglieder getötet und 9 gefangen genommen wurden. Auf Seite der Trnppen wurden ein Offizier und zwei Mann getötet, zwei Mann verwundet, ; Der Ortsgeistliche, der die Bande verriet, wurde von Komitat- schis erschossen. 18 Häuser mit Nebengebäuden wurden in Brand gesteckt. Während des Kampfes soll die Bande 300 Bomben ' geworfen haben. — Der Ans st and in Kreta dehnt sich immer weiter aus. Die Insurgenten von Tbarisso haben bc- ' schlossen, drei Abgesandte nach Athen zu schicken. Fürth. Nach den letzten Feststellungen sind bei der gestrigen Reichstags - Ersatzwahl im Wahlkreise "-Fürth für Borbeck llreis.. .RolkSp.) 14683 und lür Seaitz sSoz.) 14106 Stimmen abgegeben worden. Kar- Lecks Wabl ist gejichert. Lindau. In vergangener Nacht um 11^'« Uhr ist von einem Stückgüterzuge in Ober-Rcitnau während des Rangierens der Hintere Zug teil mit 14 Wagen nach Lindau in die Traickt- anstalt entlaufen. Die angestellten Versuche, die Wagen a»f- znhalten, gelangen wegen der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit nicht. Nenn Wagen liegen zertrümmert im Seehafen. Ver letzt wurde niemand. Die Umleitung des Trajektverkehrs geschieht über Bregenz. SaulneS (Departement Meurthe et Mosellc). Der italienische Sozialistenführcr Valozzi. der unter den italienischen Arbeitern der Hüttenwerke in Longwy eine Ans- standSbewegung anzuzctteln versuchte, wurde durch Negierungs- defehl ausgewiesen und zur Grenze gebracht Madrid. Der Plan, einen allgemeinen Aus stand hcrbeizusühren, ist in ganz Spanien gescheitert. Fast überall wird die Arbeit in normaler Weise verrichtet. Einige Ruhestörungen kamen vor in Bilbao und Mataro, wo einige Verhaftungen vorgenommen wurden. Kopenhagen. Um KM Uhr vormittags traf doS erste Schiff des deutschen Geschwaders hier ein. Gegen 11 Uhr war das Geschwader auf der Reede versammelt. Die im Hafen liegenden dänischen Schiffer feuerten Salut. Der deutsche Gesandte begab sich vormittags auf die bereits gestern hier eingetroffenen Küstenpanzer „Aeair" und „Frithjof", worauf er dem dänischen Geschwaderchef Prinzen Waldemar einen Besuch abstattete. Um 11 Ubr begab sich der deutsche Gesandte an Bord des deutschen Flaggschisscs „Kaiser Wilhelm II". Eine große Menschenmenge erwartete die Ankunft des Geschwaders, bestehend aus den Schiffen „Kaiser Wilhelm II.", „Wittcls- bach" „Zähringen", „Mecklenburg", „Wcttin", „Kaiser Wilhelm der Große" und Aviso „Blitz". Konstantinovel. In Rcsava, 70 Kilometer von Tikoes im Vilajct Saloniki, kam es zu einem Kampfe zwischen Oertliches und Sächsisches. Dresden. 21 Juli. —* Ihre Majestät die K ö n i g i'n - W i t w e reist am Mon tag früh zu mehrwöchigem Kurgebrauch nach Reichenhall ab. In ihrer Begleitung werden sich Hofdame Gräfin Ncuttner von Weyl und Kammerherr von Mctzsch-Reichcnbach befinden. —* Der langjährige Vertreter des 9. städtischen Landtags wahlkreises sDöbeln, Leisnig, Mügeln, Waldheim), Herr Geh. Kommerzienrat N i e t h a m m e r - Kriebstein, hat nach Mit teilung der „Sachs. Nationallib. Korr." die N i« d e rl ey u n g feines Mandats angezeigt. Seit längerer Zeit durch sein körperliches Befinden zur Schonung seiner Kräfte genötigt, scheidet der Zwciundsicbzigjähriae nur ungern aus dem Amte des Volksvertreters, dem er über 25 Jahre seine Kenntnisse und Fähigkeiten widmete. Im letzten Jahre beging er noch. die Feier seiner 25jährigen Tätigkeit als Abgeordneter. Das Mandat des verdienten Parlamentariers, mit dem die national- j liberale Partei einen erprobten Führer und Berater verliert, j wäre erst im Jahre 1907 abgelaufen; es hat also gleichzeitig ' mit den bevorstehenden Wahlen eine Ersatzwahl im 9. städti- ! schen Kreise stattzufinden. —* Ein nationalliberaler Verein wurde am Mitt- ^ woch abend inReichenau bei Zittau gegründet. Der neue Verein bildet eine» Zwcigvercin des uationallibcralen Vereins in Zittau. Als Vorsitzender wurde Herr Kommerzienrat Dr. Rein hard Prcibijch lBrnder des Landtagsnbgcordneten Geh. Kommer zienrats Prcibisch» gewählt. —* In Rücksicht auf die Kürze des laufenden Sommerhalb- jabrts hat das Kultusministerium beschlossen, die diesjährigen Michaelisfericn der Gymnasien, Realgymnasien und Real - schulen, Seminare und höheren Töchterschulen um eine Woche hinauszuschiebcn, so daß das Sominerhalbjcihr niit dem 29. Sept. 11 Uhr zu schließen, das Winterhalbjahr mit dem 9. Oktober 8 Uhr zu beginnen bat. Tie Direktionen sind ermächtigt worden, Schüler, die niit dem 1. Oktober in die Armee, in einen bürger liche» Beruf oder in eine mit dein 1. Oktober daS Winterhalbjahr beginnende Schule cintretcn wollen, nach Befinden bereits einige Tage vor dem 29. September zu entlassen. —* Im Aufträge der Vereine für Feuerbestattung im Königreich Sachien bereitet der Vorstand des Leip ziger Vereins, Herr Dr. Hirschfeld, eine Petition an die Ständeversammlung vor, in der die Bitte ausgesprochen wird, „bei der Königlichen Staatsregierung dafür eintretcn zu wollen, daß die Feuerbestattung im Königreich Sachsen als zulässig anerkannt und die Genehmigung zur Errichtung von Krema torien und Kolumbarien erteilt werbe". Zur Begründung dieser Bitte wird in der Petition u. a. ausgesührt: „Schon zu ver schiedenen Malen haben der Hoben Ständeversammlung Petitionen um Anerkennung der Feuerbestattung im Königreiche Lachsen Vorgelegen, die jedoch bisher sämtlich erfolglos ge wesen sind. Das Interesse an der Feuerbestattung ist indes in den letzten Jahren immer verbreiteter und reger geworden, und die auf dieses Ziel hinarbeitende Bewegung hat im Laufe der Jabre ständig an Kraft und Bedeutung'zuaenommen. In allen größeren, mittleren, jo selbst kleinsten Städten werden Vereine für Feuerbestattung gegründet, und es vergeht kaum eine Woche, in welcher nicht von Neugründungen von Feuerbestattungs- Vereinen in der Fachpresse zu lesen ist. Di« Zahl der Feuer- bcstattungsvereine in Deutschland beträgt gegenwärtig 94. gegen 21 im Fahre 1899; aufgelöst hat sich während dieser Zeit nicht ein einziger Verein. Der Mitgliederbestand in den 94 Vereinen beträgt zurzeit 28 764 Die Mitglieder der Vereine rekrutieren sich aus allen Stände». Es darf nicht unerwähnt bleiben, daß die Zahl der Anhänger der Feuerbestattung unverhältnis mäßig größer ist, als die Zahl der den Feuerbestattungs- Vereinen angehörenden Mitglieder. Dies beweisen die Feuer- bestatliiiigstalclii, aus denen ersichtlich ist, daß mehr als 65 Proz. durch Feuer Bestatteter niemals derartigen Vereinen angehört haben. Die Zahl der Einäscherungen hat ebenfalls von Jahr zu Jahr zuaeiiommen. So haben in den neun deutschen Krems- tonen im Jabre 1901 über 1400 Einäscherungen stattgeffinden, gegen 1074 im Jahre 1903 uud 661 im Jahre 1902. Daß in hygienischer und voikswirischastlicher Hinsicht die Feuerbcstattuug wesentliche Vorzüge vor dem Erdgrab besitzt, bedarf keines Be weises, ist auch in früheren Petitionen der iächsiichen Feuer- beslatlungsvcrcine des näheren erörtert worden. Von den Gegnern der Feucrbcstcittuna wird nun so oft ihr ablehnender Standpunkt gegen die Zulassung der Feuerbestattung damit zu begründen versucht, daß dieiclbe dem christlichen Gewissen zu- widerlause und „ichweres Acraernis" bereiten werde. Für solche Befürchtung liegt nicht der geringste Anlaß vor. Die Soliderausstellungen der Fenerbcstattungsvereine aus den ver schiedenen Gewerbeciiisstellungen in Berlin, Wien. Dresden, Bremen, Hannover sind von mehr als zwei Millionen Be suchern besichtigt worden; im Verhältnis gleich hoch ist die Zahl der Besnier von Vorträgen über Feuerbestattung in den verschiedensten Städten und — niemals ist das geringste Symp tom eines „Aergernisses" ausgetreten, überall Hot sich dos leb- hasteste Inicreffe des Publikums für die neue Bestattung»- sonn kiindgegeben; von 10000 Besuchern hat kaum einer „aus prinzipiellen Gründen" sich dagegen ausgesprochen, und wenn man die würdige, ja ehrfurchtsvolle Haltung des Publikums in den Urnenhainen der Friedhöfe beobachtet, so ist es völlig klar, daß die Feuerbestattung bei denkenden und von dem wahren Wesen unterrichteten Menschen kein „Aergcrnis" Hervorrufen kann. Unrichtig ist es. daß die Feuerbestattung dem Geist des Christentums entgegensteht. Es ist längst anerkannt, z. Ä. auch von der Eisenacher Kirchenkonfcrcnz im Jahre 1898, daß die Feuerbestattung „keinem Gebote Gottes, keinem Artikel des christlichen Glaubens zuwiderläust". Der Syn. Vizepräsident des Evangelischen Obcrkirchcnrats, Wirst. Oberkonsistorialrat Professor Dr. theol. Freiherr v. d. Goltz, sagt u. a.: „daß zwar nicht dogmatische Gründe dawider anzlijühren seien, in Preußen aber die Verbrennung durch StaatSgeseh nicht zu- gelasscn sei. 'Darum dürfe die Kirche in dieser Frage nicht vorangehen. Sollte aber die Verbrennung der Leichen gestattet werden, so wird auch die Kirche sich darauf rinrichten, da die Leichenverbrennuny ga keine Sünde sei." Wenn wir noch hinzufügen. daß die Feier in der Kapelle eines Krematoriums durch würdige Ausschmückung eines geschützten Raumes, Orgel- spicl und Chorgesang viel weihevoller gestaltet werden kann, als cS am offenen Grabe jemals möglich ist, so ist cs wöh! unwiderleglich klar, daß einerseits die Form der Bestattung mit der Religion nichts zu tun hat, andercrjeits das religiöse Be- dürfnis auch bei der Feuerbestattung vollauf befriedigt werden kann. Von evangelischen Geistlichen, die infolge eigener letzt- williger Verfügung feucrbestattet wurden, seien genannt: Generalsuperiistendent I). Schwarz und Superintendent I). Seydel »n Gotha, Konsistorialpräsidciit Pfarrer Leblois in Straßburg i. E. usw. Eine Anzahl von Krematorien sind durch evanaelische Geistliche eingeweiht worden, so das Krema torium in Gotha durch Superintendent Seydel, das von Heide!- berg durch Stadtpsarrer 1). Stubciinvll, das von Hamburg durch Pastor Cropp, das von Zürich durch Pfarrer Bwn. Aus allem Vorhergesagten geht wohl klar hervor, daß für die Kirche kein Anlaß vorliegt, die Fenerbcstattung zu bekämpfen. In ärztlichen Kreisen treten die ärztlichen Standesorganisa- tionen zurzeit in eine Besvrechung über die Jeuerbestattungs- frage ein. So hat der Münchener Aerztliche Bezirksverein vor kurzem einstimmig folgende Resolution gesoßt: „Die Feuer bestattung besitzt in hygienischer und oolkswirstchastlicher Be ziehung wesentliche Vorzüge vor dem Begräbnis. Zur Not wendigkeit wird sie in Zeiten verheerender Volksscuchen. Darum spricht sich der Aerztliche Bezirksverein München für die als- baldige Erbauung von Leichenösen, so vor allem in München, aus, lind für die fakultative Benutzung derselben." Ferner hat die Aerztekammer für den Regierungsbezirk Leipzig am 2. Mai 1905 in ihrer Sitzung, an welcher sämtliche gewählte Vertreter und der ärztliche Beirat der König!. Kreishauptmann- scbaft tcilnahmen, einstimmig folgenden Antrag angenommen: „Die Aerztekammer erklärt die Zulassung der fakultativen Feuerbestattung und die Genchmignna zur Erbauung vou Leichcnöfen für wünschenswert. In Deutschland sind zurzeit Kunst und Wissenschaft. ck* Residenztheater. Ein Dreiakter von bewährter Marke — Maurice Hennequin und Paul Bilbaud heißt die Firma — hatte gestern abend einen mehr als beträchtlichen Erfolg auf der Zirrusstraße zu verzeichnen: „Die glückliche Gilberte" wurde von dem sehr gut besuchten Hause überaus freundlich ausgenommen: und das von Rechtens. Denn das Stück, eine Hunte und ziemlich gewagte Ehcbruchsgeschichte, die das Motiv von dem Gatten, der nach glücklich überstandcncr Scheidung zum Liebhaber seiner eigenen Iran avanciert, in einer mehr pikanten, als sonderlich originellen Weise dramatisch abwandclt, ist besser als sein Stuf, der ihm vor zwei Jahren in Wien trotz Paula Worms sprühender Gilberte den Hals brach, da «S noch, getreu dem Titel des Originals lllenrousa), schlicht und einfach „Glücklich" hieß. Das amüsanteste an der Komödie ist nicht das Anekdotische, sondern ihr in der Hauptsache brillant geführter Dialog, von dessen Feinheiten die ebenso flotte, wie elegante Uebersetzung Max Schönaus — man ist das von chm schon gewöhnt! — erfreulicherweise nichts verwischt. Darum verlangt daS Stück auch eine auf den Ton espritvoller Causerie abaestimmte Darstellung, die allein ihm eine stärkere Wirkung verschaffen kann. Damit haperte es nun freilich gestern abend bedenklich, zumal, mit Ausnahme von Fräulein de Fonie- live, die Träger der Handlung — das Stück wirb eigent- lich nur von drei Rollen: Gilberte, Achille und Antonin be stritten — von einer textlichen Unsicherheit waren, die demSouffleur mhei . , . aus dem verschlossenen Zimmer seiner Wohnung ganz unauf- gestärt lieh, bis man sich wieder auf der „ebenen Heerstraße" »eS allgemeinen Einverständnisses fand. Im übrigen nahm sich ^iminhafter spielen mag, mit jener Halden Verderbtbcit, die das Schillernde und Flimmernde der komplizierten Frauenpsyche viel- leicht am besten trifft. Neben ihr sind Herr Schröder, der vornehmlich die komischen Drücker seiner Rolle gut heraus- gearbeitct hatte, und Herr Eivenack zu nennen, dessen Achille lin ersten Aste mit der wirksam betonten Bärbeißigkeit am besten war. Die übrigen Figuren der Komödie sind lediglich Staffage. Einzig Herr Kunde hätte ans dem Gaston Chalinbrey etwas machen können, wenn cs ihm beigekommen wäre, die Rolle nicht als jugendlicher Komiker, sondern als Liebhaber aufzufassen. Von den übrigen Miiwirkenden, die alle in gleicher Weise be müht waren, dem Dreiakter zu einem ausgesprochenen Erfolge zu verhelfen, sind noch die Damen Norman» und Schiiten- helm zu nennen, wenn sie sich auch in der Hauptsache auf eine möglichst gefällige Repräsentation ihrer Rollen beschränkten. Als Regisseur waltete Herr Direktor Witt, soweit der dekorative Nahmen der Novität in Frage kam, mit Geschmack seines nicht leichten Amtes, dem in dieser Saison die wechselvollsten und schwierigsten Aufgaben in einer Aufeinanderfolge zufallen, deren Tempo selbst einen gewiegten Bühnenleiter unsicher machen müßte. VV. ck* Der 9jährige Geigenvtrtuos Kun Arpad ans Budapest wird am koininenden Montag, sowie an den nächsten beiden Tagen in den Konzerten auf dein Königl. Belve dere unter Direktion des Herrn Kapellmeisters W. Olsen Mit wirken. ck* Kleists Grab in Not. Unter dieser Spitzmarke bringt die „Tägl. Rundsch." folgende Zuschrift: „Am Süduser des Kleinen Wannsees be, Berlin hat letzt die Bebauung ein gesetzt. Nur wenige Schritte vom Grabe Kleists entfernt wird eine neue Straße angelegt, an deren Südseite eine Villa bereits über das Erdgeschoß hinaus gediehen ist. DaS Gelände ist aus- geteilt und jede einzelne Parzelle mit Drahtzäunen umgeben wor den. Die neue Straße zweigt sich nördlich von dem alten, sich längs der Wannseebahn yinzlehcnden Weg ab und hat ein Aus- schütten der in der Nähe des Grabes gelegenen großen Wiese notwendig gemacht. Der Zustand, in dem sich zurzeit des Dichters Niihcstättc befindet, spottete aber jeder Beschreibung. Der Hügel selbst ist zum Teil zerfallen; die verrostete eiserne Einfriedigung trägt mehrere völlig verwelkte Kränze mit schmutzigen, zerrissenen Schleifen, und die den Hügel einfassenden kleinen Zweratannen und Blattpflanzen sind w-lffrch verdorrt. Die Inschrift des ein fachen Gedenksteins ist stark verwittert, und in die Marmor- eckpseilcr der Umfriedigung sind von Dcnkmalsschändcrn so viele Namen eingekritzclt worden, daß es auch hier einer Erneuerung und Säuberung bedarf. In der Umgebung des Grabes lagert allerlei Unrat und wuchert das Unkraut üppig hervor. Der Zu- gang zu dem Grabe ist noch schwerer als früher zu finden. Einen „weihevollen Eindruck" macht die Ruhestätte des Dichters heule kcincswMs." Hierzu bemerkt treffend das genannte Berliner Blatt: Es wäre Pflicht der Neichsregicrung gewesen, beizeiten die Stätte in einen ihrer würdigen Zustand zu bringen. Daß auf anderer Seite der Wille dazu vorhanden ist, wissen wir; denn die Terraingesellschast, der der umliegende Boden gehört, hat einen bekannten Berliner Künstler aewonnen, der leinen Rat für die künstlerische Ausgestaltung des neuen Villenviertels erteilt und auch bereits seine Vorschläge für die würdige Ein gliederung des Kleist-Grabcs in das Gesamtbild an einer geeignet erscheinenden Stelle zu machen versucht hat. Bis jetzt allerdings ohne greifbaren Ertolg! Wahrscheinlich sind, wie immer in unserem bureankratischen Zeitalter, noch formelle Bedenken zu überwinden bezüglich der schwierigen Frage, welches Organ der Reichsregierung nun eigentlich für die Ruhestätte des Dichters „zuständig" ist. Es ist dringend zu wünschen, daß dem gegen wärtigen Skandal ein Ende bereitet wird. Im Arigen — wo bleiben die Berliner Thcatcrdirektoren und ihr schöner Beschluß, die Pflege von Kleists Grab dauernd zu übernehmen? Sie könnten ja durch eine Anfrage leicht herausbringen, wer die Erlaubnis dazu zu erteilen hat. Vielleicht wenden sie sich einmal an unseren viesieitigsten Arbeitsminister Grafen von Poso- dowsky: denn das Reichsamt des Innern dürste wohl am nächsten in Betracht kommen . . . Kommt aber keine Reichsinstanz in Betracht, so ist wohl auch das preußische Kultusministerium und dessen Kunstdezernent in der Lage, sich zur Sache zu äußern . . . Die Krinoliue und ihre Geschichte. Wollte man in einem so launenhaften und regellos wechseln den Reiche wie dem der Mode, da-scheinbar willkürlich veränderte
- Current page (TXT)
- METS file (XML)
- IIIF manifest (JSON)
- Show double pages
- No fulltext in gridpage mode.
- Show single page
- Rotate Left Rotate Right Reset Rotation
- Zoom In Zoom Out Fullscreen Mode