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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.01.1880
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1880-01-30
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18800130016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1880013001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1880013001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1880
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622 Vom Tage. ? Fortgesetzte Hausse an den Börsen. Abschlüsse per Februar. Wer kann wissen, wieviel in Wochen wieder verdient sein wird? An einen möglichen Ver lust glaubt Niemand unter den vorhandenen Kon stellationen. Dortmunder, Laura, Ungarische Rente entfalteten einen neuen Aufschwung. Aus Paris wird geschrieben: Wien und Paris sind in den Tanz mit Ungarn, Ocsterreicbcrn und Russen eingctretcn. Die Kaufordres strömen nach Paris. Hier giebt man den anderen Plätzen nichts nach in dem Spiel mit den drei Fonds. ES ist eine wahre Sarabande, welche die Arbitragisten zum Treiben dieser Papiere aufsühren. Man behandelt sie als erstwertbig und kümmert sich nicht darum, ob man durch die Steigerung des Kvurses die Rente ver mindert. Ter Grund liegt wo anders als in der bloßen Gcwinnstnabme. — Renere Nachrichten be sagen, daß im ungarischen Abgeordnetcnhausc der An trag cingebracbt werden wird, keine neuen Oproc. Titres mehr auszugcben, sondern niedriger verzinsliche. Dadurch soll auch der Regierung der Weg zu einer Konversion geebnet werde», obgleich bei den heutigen Coursen eine solche Eventualität in der Ferne liegt. — Wenn es freilich so sortgekt wie in der letzten Zeit und Alles sich drängt, um die oProc. zu schlucken, so kann man nicht wissen, wohin wir noch kommen. — Alls einer anderen Stelle dieses Blattes wird man ersetzen, daß der Eours der Ereditaclie seit ln?:! zum ersten mal wieder .'too (für IM) in Wien erreichte Was war damals für ein Jubel an der Abendbörse, als seit langen fahren diese Notiz 400 wieder vorkam! Die Eoulissiers schwenkten die Hüte und rieten Hurrah! Bald darauf kam das Rictztschwert über sie. Diesmal ging das Ereignis; ohne alle äußerliche Aus regung von Statten. Tie „Franks. Ztg." hält nichts von einer dieser Tage gegebenen Ausstellung der Gewinnbilanz der Kreditanstalt in der „Börsenzeitung". (Wir haben dieselbe als bloße konjectur nicht wiedergegeben. Es ist ja eben die Zeit, wo dergleichen an der Tages ordnung ist.) Hinsichtlich der angeblichen Absicht der Verwaltung, den koursgewinn an Montanaclicn nicht zur Dividendcberechnung tzeranzuzietzen, schreibt das Blatt: „Es sei sehr verfrüht, die diesbezüglichen Zn tentioncn der Verwaltung heute schon erkennen zu wollen. Selbst wenn wirklich derartige Absichten beute vorhanden wären, könnten sie bis zur Beschluß sassung noch altcrirt werden, beispielsweise durch vortheilhafte Placirung von Lothringer Acticn, welche ja Ende 187» noch zum Bilanzwcrtb von >878 eingestellt werden sollen, also eine sehr respektable Reserveenthalten. Davon abgesehen erscheinen auch die von der „B. B.-Z." angegebenen Ziffern wenig Vertrauen erweckend. Die Ausgaben, welche für das zweite Semester angegeben werden, sind säst genau die Ziffern des ersten Semc- sters^ nur daß, wie Ende 187«, 25,«xx> fl. für den Pensionssonds hinzugesetztsund.die Abschreibungen um 100,000 fl. niedriger angenommen sind. Ebenso sehen die angeblichen Gewinne an Provisionen, Zinsen, Devisen und Diverse aus wie eine etwas nach oben abgerundete Wiederholung der Daten aus dem ersten Semester. Größere Abweichungen finden sich nur bei zwei Positionen. Die Betheiligung bei der unga rischen Kreditbank, welche im ersten Semester I t»,07» fl. ergab, soll im zweiten nur 80,«X)0 fl. gebracht haben, obwohl alle Berichte versichern, daß die ungarische Kreditbank diesmal glänzenden Abschluß liefern werde, und der Gewinn an Effecten (und Consonialge- schästen), der im ersten Semester 1,812,115 fl. betrug, soll in, zweiten nur470,000 fl. ausmacben, obwohl notorisch die Kreditanstalt auch im zweiten Semester bedeutende Effectengewinne erzielte. Nach alledem glauben wir, daß die allgemeine Anschauung für das verflossene Geschäftsjahr einen besseren Abschluß als den oben in Aussicht gestellten erwartet." Es ist gelegentlich der Steuerverlängerungsfrage eine Brocbüre im Austrage der österreichischen Süd- babn erschienen, welche die traurigen Schicksale dcS italienischen Netzes drastisch schildert. Bon dem Augenblicke an, wo die Bahn vollständig ausgcbaut war. hatte die italienische Regierung von der Süd bahn nichts mehr zn verlangen und zu hoffen, und nun begann die Ausbeutung derselben. Wie nach theilig die treuliche Liquidation des italienischen Netzes rn Folge der endlosen Verschleppung sich gestaltete, erhellt jcbon aus den: Umstande, daß, während bei Abscblu» des Baseler Vertrages und des später» er gänzenden Protokollar Uebereinkommens angenom men werden konnte, es würden die Zahlungen der italienischen Regierung für die Baurüstung und die Materialicnvorräitze einen Ueberscbuß über die sckwe bendc Schuld dtt Gesellschaft liefern und dieser zur Bildung eines Specialfonds verwendet werden kön neu, dieselben tkatsäcblicb nickt zur Deckung jener Schuld ausreicken dürften, wiewohl sich die Gesell schaft mittlerweile zur Emission der Obligationen Serie ^ entschließen mußte. In Folge dessen ist die Verwaltung dermalen außer Stande, die finanzielle Situation der Gesellschaft voll ständig zu überblicken und ziffcrmäßig zum präcisen Ausdruck zu bringen. — Unter der Kompensation, welche die Südbalm zur Verlängerung der Steuer freiheit anbietel, sigurirt, außer einer Begünstigung des Triestcr und Fiumer Verkehrs, auch noch der Ausbau der Linie Sissek-Dobberlin (Novi) ohne jede Subvention des Staats. Die Angelegenheit Kat ein großes Interesse für die vielen Besitzer der dreiprocentige» Prioritäten der Bahn. Früher befanden sich auch die Stammactieu, gehoben durch den Namen des Protectors Rothschild, vielfach im Besitz deutschen Kapitals' der Verlust, der daraus realisirt wurde, war jedenfalls für Viele schmerzlich genug. Die „Magdeb. Ztg." läßt sich über die rumänischen Finanzen von dort schreiben: Die Depesche des Wolfs' scheu Telegraphen-Bureau, daß der Abschluß des rumänischen Budgets pro 187» einen Ueberscbuß von I Million Francs ergeben habe, ist daliin zu berick tigen, daß dies auf den Abschluß von 1878 sich be zieht, während das pro 187» von der Kammer votirte Budget ein Deficit von 7,14l,lXlo Francs nachweist, welches durch die Eisenbahngarantic auf ca. 15 Mill. sich erhöht. Wie die Innerberger will auch noch eine andere österreichische Montangeskllscbast, die Vordcrnberg- Köflacher, dir Strömung benutzen, um durch Ausgabe von Prioritäten ihre schwebende Schuld zu tilgen. Die Bankiers verdienen dabei, das ist die Hauptsache. Uelorm der Aclitiigtsthgebung. * Officiös wird jetzt die Wetterführung der Vor' arbeiten zu einer Reform der Actiengesetzgebung in Volkswirthschastliches- Erinnerung gebracht. Den Anstoß gab bekanntlich der Abg. Laster durch eine Interpellation, welche er am 27. März 1874, also vor dem allgemeinen Krach, im Reichstage stellte. Die Reichsregicrung erkannte damals die bcmcrkenswerthen Uebelstände an, welche auf dem Gebiete des Actienwesens hervorgetreten waren, und richtete an die einzelnen Bundesregierungen das Ersuchen um Mitibeilung ihrer Ansichten sowohl über die bervorgelretenen Mißstände, als in Beziehung auf die Richtung, in welcher Abbülfe zu gewähren sei. Als diese Aeußcrungen Vorlagen, waren inzwischen die Einleitungen zur Ausarbeitung eines deutschen kivilgesctzbuches, welche sich auch auf eine allgemeine Revision des Handelsgesetzbuches und der in dem selben enthaltenen Bestimmungen über die Actienge ellschasten zu erstrecken bat, getroffen. Tie sich aus dieser Sachlage ergebende Frage: ob die wegen eventueller Aenderung des Aclieurecbtes eingeleitepn Verhandlungen bis zur allgemeinen Revision des Handelsgesetzbuches zu sistiren seien, wurde in der Sitzung des Buudesrathes vom 22. Juni 1874 bejaht. Man ging von der Ansicht aus, daß, so scbr der Gegenstand der Aufmerksamkeit wertb sei, es doch nicku gercnben scheine, sofort mit besonderen gesetz lichen Maßregeln ciuzuscbreileu. Tic eingetretcnen cklimmen Folgen seien nicht mehr rückgängig zu machen und nach der hoffentlich in der Hauptsache iiberstandenen Krisis sei die Lage im Augenblick nickt der Art, daß rasche Maßregeln nöthig wären. Es könne sich ohnehin nicht empfehlen, gerade unter dem Eindrücke einer iiberstandenen Kalamität ein gesetz geberisches Werk zu unternehmen. Etwa drei Iabre später, am 2». März 1877, for derte daS preußische Abgeordnetenhaus die Regierung bei Gelegenheit der Berathung über den Bericht der Specialcvmmisfion zur Untersuchung des Essenbahn- concessionswksens auf, dahin zu wirken, daß die Re form der Gesetze über das Actienwesen im Sinne I) eines besseren Schutzes aller ini öffentlichen Interesse gegebenen Gesetzesvorschriften, 2) der verstärkten Ver antwortlichkeit aller bei Gründung. Leitung und Be aufsichtigung des Unternehmens belheiligtcn Personen, 4) einer selbstständigeren und wirksameren Eontrole über die Verwaltung, 4) der leichteren Verfolgbarkeit der Nebertretungen der im öffentlichen Interesse ge gebenen Vorschriften durch die Reicbsregirruug bal digst in Angriff genommen werde. In diesem Sinne richtete denn auch die preußische Regierung noch im Iabre 1877 einen Au'.rag an den Buudes- ratk. Derselbe wolle seine Zustimmung ertheilen, daß unabhängig von der Revision des Handelsgesetzbuchs und unhcsckadet der mit dieser demnächst zu ver bindenden generellen Revision des gesammten Handels gesellschaftsrechts ein Zwischcngefctz erlassen werde, welches einer Wiederkehr der Ausschreitungen bei der Gründung, der Verwaltung und dem geschäftlichen Betriebe von Acticnunternebmungen Ihunlicbst ent- grgenzuwlrken geeignet erscheine. In Folge der An nahme dieses Antrages sind die Vorarbeiten in An griff genommen worden, welche jetzt endlich zur Ausarbeitung eines vollständigen Gesetzentwurfs führen sollen. Die gegenwärtige Zeit erscheint allerdings hierfür insofern besonders geeignet, als leider — wieder die erstcn Anzeichen einer „Gründerperiodc" sich bemerkbar machen. SchuUe-Velihsch. Loben und Wirken. * Napoleon III. gab einst znr Befestigung seines Thrones die Losung aus: »Das Kaiserreich ist der Friede!" Ein echter deutscher Volks- und Arbeiter- freund, Schulze-Delitzsch, ries seinen Zeitgenossen mit besserem Rechte zu: „Die Genossenschaft ist der Friede!" Aber er begnügte sich nickt mit der bloßen Verkündigung dieser Worte, sondern suchte selbst von Ort zu Ort Hunderte unk Tausende von Genossen schaften ins Leben zu rufen, welcke das Princip der Solidarität und dcS Wohlwollens in ihrer Mitte ver wirklichten und dem arbeitenden Bürgcrthum neue Kräfte und Hülssmittel zuführten. Das französische Kaiserreich ist dahingesunken, aber die Genosseuscbasten sind als wahrhaft friedliche Schöpfungen stehen geblieben, haben schon verschie dene blutige Kriege und wirtbscbaftlichc Krisen über dauert und sich von England und Deutschland aus nach und nach über alle Länder verbreitet. Ihr Wahlspruck lautet: „Helft euch unter einander! Vertraut aufeinander! Arbeitet mit einander und für einander!" Die Genossenschaft ist kein Universalheil- mittcl gegen das Elcnd, sondern nur eines unter vielen wirksamen Hülfsmitteln des socialen Fort schritts: sic ist wie alle menschlichen Institutionen dem Mißbrauch ausgcsetzt; aber sie pflegt überall da zu gedeihen, wo unter den Mitgliedern der rechte Geist und Wille, die nötbige Umsicht und Vorsicht vor herrschend sind. Du genossenschaftliche Selbstbülfe auf wirthscbastllchem Gebiete ist der naturgemäße Vor läufer der socialen Selbstständigkeit des Volkes, die nickt ohne liefen Einfluß aus die ganze gescllscbast licke Ordnung bleiben kann. Sie tritt nickt stürmisch und welterobernd ins Leben, sie erregt nickt den Haß der Besitzlosen geoen die Besitzenden, sie weckt keine Leidenschaften und keinen Neid, sie träumt nickt davon, in den Besitz aller staatlichen Macbt zu ge langen, sondern beschränkt sich darauf, die wirtbsckaft- licben Verbältniffe derjenigen Bürger zu verbessern, die sich freiwillig bereit finden, durch Sparsamkeit und Ordnung die eigene» .Kräfte zu verstärken und durch gegenseitige Verbindungen ihre Kreditwürdigkeit zu erhöhen, um sich unabhängiger als bisher von den Kapitalisten und Großhändlern zu macken. Tie Ge nossenschaft beansprucht für diese Zwecke keinen Zwang und cuick kein Geld des Staats, sondern ver weist die Arbeiter auf ihre eigene Kraft und Sclbst- verantwortllckkeit und lehrt, daß die wahre Freiheit einzig und allein im moralischen Cclbstbcstimmungs- reckt des Menschen wurzelt. — Tie vorstkbei'dcn Bemerkungen, welche dem eben er schienenen neuesten Hefte des „Arbeiterfreund" ent nommen sind, bezwecken, die Aufmerksamkeit der Leser dieses Blattes auf das vor einiger Zeit erschienene Buch „Schulze-Telitzsch. Leben und Wirken" von A. Bern stein (Berlin 187», Verlag von Max Bading) zu lenken, worin der bescheidene Anfang und das rasche ewaltige Wachsthum der deutschen Genossenschaften cleuchtel und der äußere und innere Entwicklungs gang des Vaters dieser Institute in schlichter aber dock beredt, r Weise, gestutzt auf ein reichhaltiges Quellenmaterial, dargestcllt worden ist. - Das Lebens bild ist auf Veranlassung des deutschen Genossen- sckaftstages von 1878, gewissermaßen als eine nach träglicbc Iubelscbrist des am 2». August 1878 ge feierten siebenzigsten Geburtstages von Schulze- Delitzsch, für das deutsche Volk bearbeitet worden. Die Schrijt enthält werkbvolle Aufschlüsse über die inneren treibenden Kräfte in den socialen Be strebungen des letzten Menschenalters und bestätigt von Neuem die alte Wahrheit, daß man, um aus socialem Gebiete erfolgreich zu wirken, nickt blos wirklicher Kenntnisse und tüchtiger Lebens erfahrung, sondern auch eines eisernen Fleißes und Willens und vor Allem treu r Ge sinnung und reiner Liebe zum Volke be darf. Schulze-Delitzsch hat die Genossenschasls-Idee uickl erfunden, sondern sie nur verbreitet und ver wirklicht. Da er in engster Fühlung mit dem Bür- gcrthum seiner Heimathsftadt stand und mit den Be dürfnissen des Gewerbestandes tief vertraut war, so ahnte seinem warmen Herzen, daß die freiwilligen Genossenschaften berufen seien, an die Stelle der ab gelebten erzwungenen und privilegirten Zünfte zu trete». „lux gr:u><I<->, soixi.itionx, eoinme le* ioriiiäej, M-ii^-ex, vwiiiiont ,1u eo«-,ir." Durchdrungen von dieser Ueberzeugung ging er persönlich und local mit un verdrossenem Eifer vorwärts. Er lernte zunächst in den kleinsten und engsten Kreisen organisiren und Erfahrungen sammeln, die er allmälick aus immer weitere Kreise übertrug. Als Politiker batte er auch den Volksgcist und die Kraft des Volkswillens be lauscht und war entschlossen, bei günstiger Gelegen heit auch das große nationale Interesse und die po litische Macht und Gesetzgebung seines Vaterlandes mit in den Dienst sein r Bestrebungen zu ziehen: deshalb betheiligte er sich 1857 an dem internatio nalen Wohltkätigkeits-kongresse in Frankfurt a. M. und hals dort den volkswirthscbastlicken Kongreß und bald nachher auch den Nalionalverein mit begründen. Aber feine Hauptthätigkei» blieb den liebgewonnenen Genossenschaften gewidmet, deren feuriger Anwalt er schon längst freiwillig gewesen war, als man ibm das Amt eines deutschen Genossensckaftsanwalts übertrug. Was er als solcher geleistet bat und noch leistet, kann Jedermann aus den von ihm veröffentlichten „Jahres berichten über die aus Selbsthülse begründeten deut schen Erwerbs- und Wirtbschaftsgenossenschaften" er sehen. Es war im Sommer 184», als unter An leitung Scknlze'S eine Kranken- und Sterbecaffe in Delitzsch entstand, welcher am Ende des Jahres die Rohffossassociation der Schuhmacher und 185,0 der Vorschußvcrcin folgten. Und am Jahresschlüsse 1878 gab es allein im Deutschen Reiche: 1841 Kreditgenossenschaften, Vorscbußvercine, Volks- oder Gervebanken u. dgl., 045 Genossenschaften in einzelnen Gewcrbszweigen. 021 Konsumvereine, 4» Baugenossenschaften, 414«; gegen 4124 Ende 1877. Von Deutschlar d aus Kat sich die Bewegung weit hin nach Oesterreich, der Schweiz, Bclaien, Italien, Frankreich verbreitet, und Millionen Lippen nennen dankbar den Namen Schulze-Delitzsch! Australische Stimmen über die deutsche Ausstellung. * Tie deutschen Berichterstatter stimmen ausnahms los darin überein, daß Deutschland trotz Eile und mangelnder Vorbereitung in Svdnev gut repräsentirt ist. Es ist sehr zahlreich und sehr umfangreich ver treten: cs steht, wie gemeldet wird, hierin nur Eng land nach, seine Producte kommen in Menge denen aller anderen ausstellenden europäischen Nationen: Frankreich, Oesterreich, Italien, Holland und Belgien gleich. Hören wir nun auch, was englische Stimmen über uns sagen! Deutschland hat in Svdnev nicht allein durch den Umsang seiner Ausstellung, sondern auch durch die Güte seiner Maaren, insbesondere deren Solidität, imponirt. Gerade die letztere Eigenschaft war man geneigt, unseren Produkten abzusprccbcn. ekeap ->nä nsxiv. sagten Engländer und Amerikaner. Wir beklagen uns, und mit Reckt, über den nickt allein unschönen, sondern auch schnell vergänglichen kbarakter des Mobiliars, das jetzt dem Mann von bescheideneren Mitteln angeboten wird. Vielen unserer Leser werden unangenehme Erfahrungen in dieser Richtung nickt erspart geblieben sein. Aber, erwidern Tischler und Tapezierer, die Leute wollen es so; billig soll cs sein und gut aussehen doch auch, und diese schwer zu vereinbarende Forderung wird uns selbst von Leuten der sogenannten besseren und besten klaffen gestellt. Wir bedauern diesen Krebsschaden des so sehr verbreiteten Scheinenwollcns, eigentlich dock eines nickt deutschen Zuges und dessen man sich reckt herz lich schämen muß. Desto erfreulicher ist es, zu lesen, daß die in Svdnev ausgestellten Möbel, wie der englische Berichterstatter meldet, zwar in einem Stil ge halten sind, an den man in Australien nicht gewöhnt ist, denn sie sind meist massiv und schwer, aber dabei demienigen Mobiliar sehr ähnlich sind, mit wclckcm bemittelte Leute gern ibre besten Zimmer ausstatten und sie empfehlen sich durch ibre große Dauerhaftigkeit. Also gerade ein Zugeständniß, das unseren Erzeugnissen seit geraumer Zeit nickt mehr gemacht wurde. Ferner erhalten unsere geschnitzten Eichenmöbel rückballlo es Lob; ibr von dem englischen und fran zösischen abweichender Stil scheint scbr gefallen zu haben, namentlich wird die Ausstellung der Berliner Firma Keltcrborn ä- ko. gerühmt. Dock vor allen Erzeugnissen der Holzbildhauerkunst haben die Heiligen bilder, welche aus Süddeutschland kamen, zugesagt: kaum gezeigt, waren sie auch verkauft. Jedenfalls sind Katholiken die Käufer gewesen: denn wir brauchen wohl nickt daran zu erinnern, daß die Protestanten irgend eines Bekenntnisses in Australien, des luthe rischen allein ausgenommen, eine Ausstellung von Bildern irgend welcher Art in ikrcn Kirchen nickt dulden und auck in dcn Häusern bochkirchlickrr Pastoren dürften solche Heiligenbilder selten sein. Die katholische Bevölkerung mag aber wobl höchstens 24 Procent der Gesammtbevölkerung Australiens bilden. Neu und anziehend für die australischen Kolonisten war das Arrangement der verschiedenen Gegen stände in zusammengehörigen Gruppen. Nament lick gefielen die vollständigen Zimmereinrichtungen, in welcken nickt nur die Möbel selber, sondern aucb Vorhänge, Teppiche, Tapeten, die vielen kleinen Ge genständc, welcke zur Ausstattung gehören, zur Gel tung kamen. Wir baden Gelegenheit gehabt, den Effect des Zusammenwirkens verschiedener Gewerbe und Künste bei unserer KunstgewerbeauSstellung im vorigen Iabre zu beobachten. Es war ja dieser Ver such nickt bei uns zuerst gemacht worden, sondern von der Pariser Ausstellung berübergebrackt, indessen de« Australiern scheint er zum ersten Male vorgeführt worden zu sein und daher imponirt zu haben. Wenn sich unser Reichscommissar schon hier Ver dienste erwarb, so wurden dieselben noch mehr in der Abtbeilung anerkannt, welche für die Ausstellung von Kuuslgegenständen bestimmt war. Wer Paris besuchte, wird sich mit gerechtem Swlze der deutschen Kunst- abthcilung erinnern. Wie dort, so bat man auch in Svdnev auf langer Tafel, um welche bequeme Stühle gestellt sind, Mappen mit Photographien, Kupfer- ticken» Aquarellen rc. ausgelegt, die Wände mit Ge mälden, Kupfervicken, Oleograpkien bedeckt. Unter diesen wurden die Kopien der Fresken von Preller, Illustrationen zur Ldvssee, allgemein bewundert. Dann baden die Kintergarlcnspicle die Aufmerk samkeit sehr auf sich gezogen, und wenn man bedenkt, velcbe Summen in diesen Kolonien für das Erzie- uingswesen aufgewendct werden, so darf das nicht Wunder nehmen. Giebt doch Neusüdwales iLhrlich ca 7,080,<xx>^ iu öffentlichen und privaten Schulen, Vicioria 1.1,540,000 allein für die elfteren aus. Die Bouquets aus getrockneten Blumen von Schmidt in Erfurt sollen in Svdnev ganz ausneh mendes Aufsehen gemacht haben. Sie waren den Australiern, wie es scheint, bis daliin gänzlich unbe kannt geblieben, obscbon sie bei einem oder dem an deren Deutschen schon vor Jahren gesehen werden konnten und ja, wie bekannt, über die ganze Erde ausgesübrt werden. Auck die Glasmalereien, welcke in Altona und na mentlich in München in so vollendet schöner Weise lergestellt werden, wurden scbr bewundert. Und diese Kunst, glauben wir, wird in Australien ein sehr gutes Absatzgebiet siudeu. Die dortigen Kirchen, nament lich die anglikanischen und katholischen, schmücken sich mehr und mehr, selbst in kleinen Dörfern auf dem Lande, mit prächtigen Glasfenstern, Geschenken wohl habender Einwohner Wenige Kircken, und ibre Zahl ist eine ganz ausnehmend große, entbehren dieses Schmuckes. Da die meist sehr wohlhabende anglika nische Kirche weder krucifix noch Bilder oder Altar- leucblcr duldet, so befriedigt sie ihren Wunsch nach kirchlichem Schmuck namentlich in dieser Weise. Es sind im Vorhergehenden nur einige Gruppen bcrausgegriffen worden, die gerade den englischen Berichterstatter besonders angezogen zu haben scheinen: er erwähnt daneben rühmend noch einer Menge anderer Ausstellungsobjekte, wie der musikalischen Instrumente. Lampen, Lederarbeiten, Luruspapierarbeiten, Buck Kinder und Täschnerwaaren :c. Ueberall tritt uns der Name der Hauptstadt Deutschlands entgegen, ein Beweis, in lvie hervorragendem Maße Berlin sich zur Industriestadt gestaltet bat. Wir dürfen nickt vergessen, welchen Antbeil an der erfolgreichen Entfaltung unserer Ausstellung Herr Gebeimralb Reuleaur gehabt bat. Diejenigen, welcke ihm (wir wissen nickt, mit welchem Rechte) vorwarfen, daß er bei früheren Gelegenheiten cs versäumt oder nickt verstanden habe, die Producte unserer Industrie in ein günstiges Lickt zu stellen, werden zugcben müsseit, daß er bei dieser Ausstellung diesen wichtigen Punct nicht aus den Augen verloren hat. Er hat cs sich nach deutschen wie englischen Berichten viel Mühe kosten lassen, trotzdem cs manche Hindernisse zu überwinden gab, wie Mangel an Raum, unprak tische Construction der Ausstellungsschränke, Unfähig keit der ihm beigeordneten Hülssarbeiter u. A. Nie mand in Svdnev ist zurückhaltend mit diesem Lobe. Dadurch, daß er, der Fremde, bei der Errichtung der für die Ausstellung der Kunstgegcnstände be stimmten Räumlichkeiten sofort thütig helfend und bestimmend eintrat, daß er, der Aufforderung leitender Kreise folgend, zur Organisation des Erriehungs- wesens mit Hinblick auf das Kunstgewervc durch seinen Rath fördernd wirkte, bat er mit seinem eigenen Namen auck den der Nation, der er ange hört, zu verdienten Ebren gebracht. Und er hat es auch vcrstanden, das Deutsche Reich würdig zu repräsentiren. Das von ibm gegebene Diner war von dcn ersten Männern Australiens be sucht, nichts bei demselben ließ zu wünschen übrig. Sein Toast auf das deutsche Käiserpaar und die Kaiserin von Indien wurde von den australischen Zeitungen bock gerühmt, „als in feiner Weise den Ranguntcrschied zwischen der kaiserlichen und könig lichen Würde umgehend." Es ist bezeichnend für die Australier, daß sie aufgehört haben, auf den könig licken Titel stolz zu sein wie die Engländer. Unser Reichscommissar scheint Das mit richtigem Tact heraus- gcfühlt zu haben. Durch seine THörigkeit, für die wir ibm rückhaltlos unseren Dank aussprechen, hat auch er eine alte Scharte ausgewetzt. Auch die Osficiere und Mannschaften des „Bismarck", des „Albatroß" und des „Nautilus", welche im Hafen von Port Jackson längere oder kürzere Zeit verweilten, haben sich allgemeine Freunde erworben. Die Zucht und Ordnung unter den Mannschaften, di- Urbanität der Osficiere haben der australischen Bevölkerung dauernd imponirt. Alles dies kann nickt verfehlen, den deutschen Namen bei unseren Antipoden da zu Ehren zu bringen, wo eres noch nicht war. Wir haben dafür der Regierung und ihrem Vertreter auf das Wärmste zu danken. Diese verschie denen Demonstrationen müssen ganz zweifellos auch unseren Bestrebungen in der Südsee förderlich sein. Das halten wir für eins der bedeutendsten Moment« bei den australischen Ausstellungen und darum war eine officicllc und das Deutsche Reich würdig reprä- sentirende Beschickung dringend nothwendig. Die Wichtigkeit einer solchen Repräsentation bat jetzt auch das Reichskanzleramt erkannt: sie erhellt aus dem Votum für die diesjährige Ausstellung in Melbourne. Vermischtes. * Leipzig, 2». Januar. Entgegen den Ausführungen eines der „Wesir-Ztg." entlehnten Artikels über Tabakzoll resp. Steuer im gestrigen Blatte siebt sich ein hiesiges Handlungslmus veranlaßt, im Interesse der Tabakindustriellen, die sich seit Jahren in Folge der Steuerexperimente der Regierung in keiner beneidenswertben Lage befinden, wenigstens derjenigen, die es sich zum festen Princip gemacht haben, ihre Fabrikate in unveränderten Qualitäten zu liefern, zu bemerken, daß der neue Zollsatz für ausländische Tabakblätter und Fabrikate bereits seit 7. oder 8. Juli v. I., dagegen der neue Steuersatz für inländische Tabakblätter erst von dem dies jährigen Gewäcks und zwar vorläufig nur mit 1V >4 per 1 Pfd. erhoben wird. In Betreff des letzteren Hot die Speculation die Preise für inländische Tabak blätter so hock getrieben, daß gegen normale und namentlich gegen billige Preise in den jetzigen die volle, erst für daS 1882er Product in Kraft tretend«
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