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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.05.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-05-13
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188005137
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18800513
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18800513
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1880
- Monat1880-05
- Tag1880-05-13
- Monat1880-05
- Jahr1880
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.05.1880
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Erscheint tSgltch früh 6»/. Uhr. »«»«Ite, »»> «—»«- JohaamSgass« SS. Huschst«»»«, »er »e»«ttt—: vormittag» 10—12 Uhr. Nachmittags 4—« Uhr. Wtt — »ückgad» ktn,elandlrr M»im. MttPA »acht sich du «edacltaa Mch« »rvtndltch. »me der für die nächst- Nummer bestimmte, a» Wochentagn> vis Nachmittag», an Sonn- tragen früh bisUhr. >» »e» Fitiatr, fiir ahme: VU» Klemm. UuiversttLtSstr. 22, 8»ts Lösche. lkatharinenstr. 1 8, p. nur dt» '/»8 Uhr. Anzeiger. Organ für Politik, Socalgefchichle. Handels- und Geschäftsverkehr. Auflage 16,000. Xd—»rmraie»rel» viertelt. 4^/, ML, tucl. Bnnaertohn b Ms. durch di« Post bezogen « ML Jede einzelne Nummer 2b Pf. Belegexemplar 10 Pf. vedübrrn für Lxtradeilageu »hne Postbefbrdrruug SS ML mit Posldefvrderung 48 ML Inserate Sgrsp. Petitzeil« 20 Pf. Vrvßerr Schnfteu laut nufere» Preisverzeichnis — Tadellaritcher Satz nach höherem Tarif. Ueelame, «ater »ew »edattiamßrich die Spaltzeil« 40 Pf Inserat« find stet» an d. Te»«httl— zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praonnwarmuia oder durch Postvorschuß. .1° 159 « Donnerstag den 13. Mai 1880. 74. Jahrgang. Waldgräserei-Vkrpachtung. Mittwoch, den LS. Mai d. A., sollen im Forstreviere Burgau die diesjährigen GraSnutzungen, sowie 4 Hectar WM Ar Fluthrinne parcellenweise unter den im Termine näher bekannt »u machenden Be dingungen und gegen sosorttge Zahlung der Pachtsumme nach dem Zuschläge meistbietend verpachtet werden. Zusammenkunft: I. Vormittag» » Uhr an der verschlossenen Brücke, und II. Vormittags '/,11 Uhr an der Leutzsch-Wahrener Brücke. Leipzig, am 10. Mai 1880. Des NathS Aorstdehutatton. Bekanntmachung. De« 21. Mai 188«. vormittag» 1« Uhr. sollen von dem Unterzeichneten in dem Grundstücke Nr. 43 d an der Frankfutter Straße 33« Stück 10'/, Ellen lange, °/. Zoll starke fichtene und tannene Pfosten in verschiedenen Breiten öffentlich an den Meistbietenden gegen sofortige Baarzahlung versteigert werden. Leipzig, den 13. Mai 1880. Der «ertchtsvollzieher des Königlichen «mtSgerichtS. l. v. Steinbeck. die Politik Sl-Vftone'r. Gladstone, der Vielgewandte, hatte bisher die Rolle der Sphinx übernommen. Dem ersten Lord deS Schatzes Ihrer Majestät war augenscheinlich daran gelegen, erst Europa ein wenig beruhigt zu sehen, bevor er sich über die Endziele seiner Po litik bei den Cabmeten der Großmächte verbreitete. Das vielsagende Schweigen ist nunmehr gebrochen. Eine Note Lord Granville'S. deS Staatssecretairs de» Aeußern, fordert die Congreßmäcbte auf, in Gemeinschaft mit England die noch nicht erfüllten Festsetzungen des Berliner Vertrages zu erfüllen uud eine Zuschrift Gladstone's an den Grasen Karolyi sagt, „er (Gladstone) hege gegen kein Land feindselige Gesinnungen und habe Oesterreich bei seiner mühevollen Ausgabe, sich zu consolidiren, stets das herzlichste Wohl wollen entgegengetragen. Bezüglich der Tadels äußerungen über die österreichische Orientpolitik gestehe er zu, daß seine frühere Besvrgniß auf untergeordnete Beweise gegründet sei. Nach dem Graf Karolyi versichert habe, daß Oesterreich durchaus nicht wünsche, die im Berliner Vertrage zugestandenen Rechte auSzudehnen und jede der artige Ausdehnung nachtheilig für die Monarchie wäre, erkläre er, daß, wenn er früher in dem Besitz solcher Versicherungen gewesen wäre, er niemals eine- der Worte geäußert hätte, welche Gras Karolyi mit Recht als peinlich und verletzend bezeichnet habe." Da- wären Versicherungen! Indessen die Sprache der Diplomatie begreift die Kunst in sich, dre Gedanken zu verbergen; Grund genug, um, gestützt auf die Entstehungsgeschichte des Ca- binets, sich mit den Thatsachen zu beschäftigen und daraus Schlüffe auf die zukünftigen Staatsactronen Gladstone's zu ziehen. Die Ergebnisse des Wahlkampfes kamen in gleichem Maße überraschend für beide Parteien Englands. Bis kurz vor dem Bekanntwerden der ersten Resul tate hatte auch die whiggistische Presse die Macht der konservativen Gesinnung in den drei Königreichen be deutend überschätzt, denn ihre Aeußeruugen der Sie geszuversicht klangen nichts weniger als sicher und doffnungSselia. Im besten Falle rechnete man auf eine kleine Majorität, deren Einfluß aber auf daS in Zukunft herrschende System ziemlich gering angeschlagen wurde, da man eine Zersplitterung der Partei in eine Reihe Gruppen befürchtete E« wurde sogar angenommen, daß diese Zusammen setzung der Majorität den Tories nützlich sein und jderen Macht verstärken, überhaupt die Stellung einer konservativen Regierung eher festigen als erschüttern werde, weil sie die gemäßigten Whigs in entschiedene Opposition zu den Radikalen, die unmehr mit ihren innerpolitischcn Forderungen rrau-treten könnten, versetzen und sie so zwingen ürde, sich an die konservative Seite anzulehnen, ie Mischung der Majorität aus Liberalen und onservativen hätte sich bis in das Ministerium rtsetzen müssen, wo alsbald der liberale Geist rch die konservativen Mitglieder lahm gelegt orden wäre. - Welche Folgen — darf man fragen — würbe ieses Berhältniß zu Wege gebracht haben ? Es li natürlich, daß dann die Politik des Cavinets nd deS Parlamente- nur eine halbe, nach iner Seite befriedigende sein würde; die rantwortung dafür hätte das Volk bei den Kralen gesucht, die ihre prahlerischen Ver prechungen nicht gehalten hätten. Der eine Theil würde sich alsdann mißvergnügt weiter nach link-gewendet, und die dadurch bewirkte Stärkun; de» Radikalismus würde den übrigen Theil, der »or Extremen zurückschreckt, gezwungen haben, sich losznlösen und mit den Tone- zu verschmelzen Damit wäre die Wiederkehr eine« entschieden toristischen Cabinet- angezeiqt gewesen, und diese» hätte eine stärkere Partei hinter sich gehabt al- je zuvor. Diese Gefahr für die Whigs, inso weit sie au» einem gemischten Ministerium ent stehe« mußte, ist nun freilich zunächst abgewendet veaconSfield ist — als Ministerpräsident wenig stcn« — von Gladstone abgelöst worden, und die College« de- Siegers mußten natürlich sämmtlich erklärte Liberale sein. Aber, wie gesagt, um die Wirkung dieser Ge staltung der Dinge, die voraussichtliche Entwicke lung der demnächstigen politischen Aktionen beur- theilen zu können, muß man einerseits die Ursache der plötzlichen unerwarteten Wandlung in der Stimmung deS britischen Volke« ergründen, und andererseits die allgemeine politische Situation Europas in Betracht ziehen. Von dreierlei Gesichtspunkten auS ist die Toryreaieruxa durch die Whigs vor den Wahlen bekämpft worden : in Anbetracht ihrer unruhigen äußern Politik, ihrer inanziellen Wirtschaft und ihrer Unfähigkeit zur Fortbildung der innern Gesetzgebung. Diese drei GesichtSpuncte müssen also in dem liberalen Re- gierungS-Programm Ausdruck gefunden haben. Wir wollen diesen Momenten einige erklärende Gedanken widmen. Der Politik Lord Beacons- ield's in Asien stellen die Whigs entschieden ent legen, daß sie unfruchtbare Verwickelungen zu Wege gebracht, überhaupt eine allgemeine Catamität her- >eigesührt habe, welche in dem Niedergange der eng- isch-inoischen Finanzen ihren Schwerpunkt finde. ES wäre geboten gewesen, sich auf die Gebirasgrenzen zurückzuziehen und nur die nach Indien führenden afghanischen Päffe^zu schützen. Die Organisation der innerasiatischen Staaten sei den eingeborenen Be völkerungen allein zu überlaffen. So theoretisch richtig diese Meinung auch sein mag, so wenig ist sie praktisch durchführbar, denn die bezeichnten StaatSverhältniffe tragen den Charakter der Ver wirrung und Auflösung an sich und bergen die acute Gefahr in sich, daß Rußland, dessen feindliche Absichten auf diese Gebiete außer Frage stehen, die breiteste Möglichkeit hat, Neubildungen und Combinationen zu betreiben, die seine Machtstellung in Asien der englischen gegenüber zu Ungunsten Ihrer Majestät inso fern verändern könnten, als es seinen Einfluß bis dicht vor die Thore von Indien vorschieben würde. Man wird auch nicht übersehen dürfen, daß jetzt eine Politik der Nichteinmischung einem Rückzug ähnlich sein würde, welcher die moralische Macht und das historische Ansehen Altenglands bei der zu Aufständen geneigten indischen Bevölkerung und den tributären Vasallen-Fürsten deS Pend- schab bedenklich schädigten müßte. Von außerordentlichem Gewicht für die Beurthei- tung der auswärtigen Politik deS CabinctS im Allgemeinen aber ist der Umstand, daß nicht der heißblütige Gladstone selbst, sondern Lord Gran- ville, ein gemäßigter Staatsmann, der sich schon zweimal als erfahrener und bedächtiger Diplomat während der letzten Epoche der englischen Geschichte bewährt hat, dem k'oreign okLce vorsteht. Auch Granville wird sich der Thatsache nicht verschließen dürfen, daß die heutige gespannte Lage in Europa eineNichtinterventions-Politik unmöglich macht. Wie ganz Europa, so muß auch England aus dem vivo stehen, damit nicht durch eine Verschiebung der bestehenden Machtverhältniffe der Frieden zu Falle komme. Zwischenfälle liegen nicht außerhalb des Bereiches der Möglichkeit, indessen England wird nicht versuchen, Oesterreich aus seiner vor- tbeilhasten Stellung auf dem Balkan zu Gunsten Rußlands zu verdrängen; denn das hieße einen europäischen Krieg heraufbeschwören! Europa hat in der Thal allen Grund, mit der Thatsache zufrieden zu sein, daß Gladstone als Vertreter deS liberalen Doktrinarismus daS Aus wärtige Amt nicht übernommen hat, daß seine specifisch liberalen Anschauungen wenigstens nicht m der auswärtigen Politik zur Geltung kom men sollen. Gladstone hat sich daS Schatz amt gesichert: offenbar will also der WhigaiSmuS seine höhere Regierungsfähigkeit auf dem Gebiete der Finanzen, daS durch die Torymänner aller dings auf die Bahn des Deficits gebracht worden ist, erweisen. Als ein sparsamer, entschiedener und umsichtiger Finanzmann hat Gladstone sich auch glänzend bewährt, und eS ist sehr wahrscheinlich, daß eS ihm gelingen wird, die aus ihn gesetzten Hoffnungen zu recdtfettigen. UnS will eS scheinen, als muffe die verwundbare Stelle deS CabmetS Gladstone auf dem Gebiete der innern Gesetzgebung liegen. Hier colli- diren die Forderungen der fortgeschrittenen Libe ralen ernsthaft mit den Interessen der „Gemäßig ten", und der Versuch, die Verheißungen, die au diesem Gebiete vor und während der Wahlcam pagne gemacht wurden, zu erfüllen, könnte leicb dazu fuhren, einen Theit der liberalen Partei an die Tory-Opposition anzuglieoern Abgesehen von der Ordnung der irischen Verhält nisse im Sinne der rechtlichen Gleichstellung der Iren mit den Engländern, und der Milde rung der trostlosen Grundbesitzverhältniffe »er Grünen Insel, verlangt man im ernsthaft libera len Lager für da« vereinigte Königreich unter Anderem eine größere Zertheilung de« Boden besitze-, Controle der Pachtbebingungen und Er weiterung des Wahlrechtes; in Folge dessen die minder begüterten Elasten einen höheren Einfluß auf die Gesetzgebung gewinnen würden. ES liegt auf der Hand, daß das Eingehen aus diese Wünsche die heftigste Opposition seitens aller bisher in England Privilegirten Hervorrusen muß, und daß diejenigen derselben, die bis jetzt zur liberalen Mehrheit standen, dann auS dieser auSscheiden würden. Die Regierung würde dann in eine Be- -ränaniß gerat Yen, auS der die Tories bedeuten den Nutzen ziehen könnten. Wir Pflegen nicht Conjecturalpolitik zu treiben, aber eS schien uns doch nöthig, auS der concreten Sachlage Schlüffe auf die zukünftige Entwickelung der Politik Gladstone's zu ziehen, um die sich viel- ach widersprechenden Urtheile Uber den englischen Regierungswechsel klar zu stellen. DaS Eine steht est: an seiner äußeren Politik und an seiner Zinanzwirthscbaft wird dasMinisterium Glad- tone wohl nicht Schiffbruch leiden; wohl aber ist !s möglich, daß es an einer Neberschätzung deS Ein- luffeS scheitern wird, welchen ihm die niederen Volks chichten in Bezug auf die Befreiung deS össent- ichen Lebens auS der vorhandenen wirthschastlichen Bedrängniß und aus der Unscrtigkeit der bestehen den politischen Zustände zumesten. ES wird die Geister nicht mehr los werden, welche Gladstone berbeirief, um mit ihrer Hülse zur Befriedigung seines Ehrgeizes die Regierung emeS Weltreiches in die Hand zu bekommen. Politische Uebersicht. vei-,t,. 13 Mai. Die innere Geschichte wird erst geschrieben werden müssen, welche den Kanzler deS Deutschen Reiches am Schluffe der Session an den Bundes- raths tisch führte, um dort Zeugniß abzulegen für die Wünsche, welche am eigentlich leitenden Orte herrschend sind, und die er als Nothwendigkeit erkannt hatte. „ES ist nicht unbemerkt geblieben — so schreibt man uns aus Berlin — daß der Telegraph zwischen Wiesbaden und dem Kanzlcr- palcus in den letzten 8 Tagen vor der Rückkehr des Kaisers in die Hauptstadt andauernd spielte und daß sodann plötzlich die Einladungen deS Kanzlers zur Soiree und die Rede des Fürsten im Reichstage erfolgten. Ueber den wahren Charakter des gegenseitigen Ideenaustausches zwischen dem Monarchen und dem großen Staats mann wird man sich keinen Deutungen hingeben dürfen, denn er ist dadurch gekennzeichnet, daß der Kaiser am Montag Mittag dem Reichskanzler zuerst einen länger andauernden Besuch abstattete. Es sei dahin gestellt, wie weit der Einfluß de« Fürsten Hohenlohe-SchillingSfürst reichte, besten in dieser Angelegenheit wohlthuend gedacht wird; aber unzweifelhaft hat die nichts weniger als erfreuliche Entwickelung der parlamentarischen Geschäfte dazu beigetragen, eine Auseinandersetzung zwischen dem Kanzler und dem Reichstage herbeizusühren. Daß hierbei zunächst an eine Annäherung gedacht worden, erklärt sich auS der Natur de« gespannten Verhältnisses, welches zwischen der Präsidialregie rung und einer Anzahl von Bundesmitgliedern eingetreten war. Hat man doch an jenen Höfen, wo Fürst BiSmarck den Sitz des Par ticula- rismuS zu sehen gewohnt ist, nicht nur nicht Be denken getragen, befriedigende Aeußerungen über die wiederholte Ablehnung von Reichstagsvorlagen fallen zu taffen, sondern sich auch damit einver standen erklärt, daß gewisse Vorlagen überhaupt nicht an den Reichstag gelangt, oder von demselben in der Commission begraben worden sind. ES ist begreiflich, daß der Reichskanzler nach solchen Er fahrungen eine Verständigung mit den reich-freund lichen Elementen der Volksvertretung suchte und diese Neigung auch in Privatgesprächen mit par lamentarischen Freunden kunvgab." Ueber die nächsten Ausgaben de- preußischen Landtags schreibt man uns au« Berlin: „Am 20. Mai werden, gemäß der Bestimmung in dem VertagungSaesetz. die Sitzungen des Abgeord netenhauses wieder eröffnet, und zwar mit der zweiten Berathung deS Gesetzentwurfes betreffend die Organisation der allgemeinen LandeSverwal- tung. Zugleich ist ein nicht weniger als 13 Num mern zählende- Verzeichniß der noch unerledigten Regierungsvorlagen auSgegeben worden. Wir er wähnen daraus die vier auf die Verwaltungs behörden und die VcrwaltungSgerichtSbarkeit be züglichen Vorlagen, das Communalsteuergesetz, die Denkschrift über die Revision der Gebäudcsteuer- veranlagung, den Dienstbotengesetzentwurf, den Ge- etzentwurf über gemeinschaftliche Holzungen und sie SchlachthauSv'orlage. Die Nachsesston'war be- änntlich lediglich zu dem Zweck veranstaltet, die Verwattungsgesetze, die einen Aufschub nicht wohl ertragen hätten, zu erledigen. Von dem übrigen Gesetzgebungsstoff werden höchstens einzelne drm- ende und minder zeitraubende Gegenstände neben- ei ihre Erledigung finden können. Ueber die Verwaltungsgesetze hat die Commission ihre Berathungen bekanntlich abgeschloffen und eS ist hinsichtlich der wichtigsten Differenzpuncte ein Resultat vereinbart worden, daS einer Majorität m Abgeordnetenhause sicher ist. Gleichwohl wir» bei der hohen Bedeutsamkeit vieler Bestimmungen dieser Vorlagen die zweite Berathung geraume Zeit in Anspruch nehmen, und eS ist augenblicklich noch nicht zu übersehen, bis wann der Landtag seine Arbeiten wird beendigen können. Zudem wird man noch immer für wahrscheinlich halten müssen, daß auch die vielbesprochene kirchenpolitische Vorlage dem Landtag noch zugeht, was natürlich die Session erheblich in die Länge ziehen würde. Die vielfach in der Presse ausgesprochene Ansicht, daß die liberale Partei des Abgeordnetenhauses die Vorlage wegen discretionairer Anwendung der Maigesetze verwerfen werde, findet in' den Aeußerungen der gemäßigten Parteiführer keinen Anhalt. ES wird im Geaentheil versichert, daß die nationalliberale Partei keine Veran laffung habe, sich vor der eingehenden Prüfung des Gesetz entwurfes zu engagiren. Dies wäre um so weniger angethan, als berichtet wird, daß die Curie in dem Zeitraum bis zur Einbringung der Vorlage weitgehende Concessionen an die preußische Regierung machen werde. In diesem Falle müßte daS Centrum in ein Dilemma gerathen, aus welchem es sich nicht mit bloßen rednerischen oder journalistischen Lufthieben befreien könnte. Wes halb die nat.-liberale Partei dann die aufgegebene Position der Ultramontanen einnehmen und durch ihre Opposition daS konservativ-klerikale BUndniß gerade in der kirchenpolitischen Frage fördern sollte, daS vermögen diebetreffenden liberalen Ab geordneten nicht einzusehen. Die Conservativen werden ohne allen Zweifel der Parole von hohem Orte: „Frieden zwischen den christlichen Con- sessionen" Folge leisten und der Abg. Windthorst wird der Ordre auS dem Vatikan keinen Wider stand entgegensetzen dürfen, wenn er nicht daS Centrum spalten will. So stehen heute die Dinge und die Nationalliberalen wünschen ihre Entwicke lung abzuwarten, um zu dem einzubringenden Ge setzentwurf Stellung nehmen zu können. Gewiß cheint indessen schon zu sein, daß nicht Fürst Bis marck, sondern der EultuSminister v. Puttkamer die Vertretung der Vorlage in beiden Häusern des Landtages übernehmen wird." Wir verzeichnen wiederum einige Preßstimmen, welche sich über einen verständigen Ausgleich der nationalliberalen Partei mit dem Fürste» BiSmarck im Sinne Bennigsen'S verbreiten. Die „M Z" schreibt: „So ist denn der Reichs tag geschloffen worden, nachdem der in der Tages sitzung mit Stimmengteichbeit verworfene Antrag Bennigsen'S in der Abendsitzung, von den Ab geordneten Windthorst und Delbrück wieder aus genommen, zur Annahme gelangt war. Dieser Antrag hatte den Zweck, dem Fürsten Bismarck weit entgegen zu kommen, und verliert diesen Charakter dadurch nicht, daß Herr Windthorst sich im letzten Augenblick daran machte, ihn unter seine Protection zu nehmen. Möchte in der Zwischenzeit bis zur nächsten Session daS Ber- söhnungswerk zwischen den nationalen Parteien und dem Reichskanzler fortgesetzt werden, »as Bennigsen am Montag, welcher Tag der Auseinander setzung zwischen allen Parteien Über die wichtigste» politischen Fragen gewidmet war, in so ver ständiger, allen Nationalgesinnten sym pathischer Weise eingeleitet hat!" Auch die „Kölnische Zeitung" betont die Wiederherstellung deS früheren Verhältnisses zwischen Kanzler und Liberalismus: „Aber Anklage und Widerklage find nicht die Hauptsache; die Hauptsache ist — die Erneue- runa des GrundcompromisseS von 18«7 zwischen dem Kanzler und den gemäßigten Fraktionen! Hierzu hat der Kanzler in seiner Rede, wenn wir dieselbe richtig verstanden haben, den letzteren offen die Hand entgegenge- streckt. Und die Sitzung hat den Beweis geliefert, daß auch der Reichstag selbst die Rede in diesem Sinne
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