Kleine Beiträge 327 Auch hier ist die textliche Ähnlichkeit zwischen den Sätzen unverkennbar. Lediglich die Herkunft der (einzigen) Arie konnte bisher nicht ermittelt wer den. Ebensowenig war die Suche nach musikalischen Quellen beziehungs weise dem Komponisten bislang erfolgreich. Die selektive Durchsicht von Textbüchern und Kantatenjahrgängen unter anderem von Georg Philipp Tele- mann. Gottfried Heinrich Stölzel und Johann Friedrich Fasch erbrachte keinen positiven Befund. Völlig im Dunkeln bleiben die Herkunft von Dichtung und Musik für die in den Textdrucken von 1753 und 1754 dokumentierten Kantaten. Um künftige Untersuchungen zu erleichtern, seien hier die Incipits der Sätze mitgeteilt: Ratswahlkantate 1753 Es dancken Dir, GOtt. die Völcker Aria: Was ist das vor ein Trost Recit.: Ihr Häupter dieser Stadt Choral: Es dancke GOtt und lobe Dich Ratswahlkantate 1754 Ein weiser Regent ist strenge Aria: Wollt ihr Regenten hier auf Erden Recit.: Da Weisheit bey der Klugheit wohnet [Tutti?]: Daß wir unter Ihnen ein geruhiges und stilles Leben führen sollen Ausgehend von dem Befund der Texthefte von 1751 und 1752 ist zu vermuten, daß Harrer in allen vier von ihm aufgeführten Ratswechselkantaten auf fremde Kompositionen zurückgriff, die er entweder seinen Ansprüchen und Bedürf nissen gemäß bearbeitete oder für die schon das Aufführungsmaterial vorlag. Vielleicht dürfen hieraus auch Rückschlüsse auf Harrers Wirken an der Tho masschule allgemein gezogen werden. Wurde bisher davon ausgegangen, daß Harrer aufgrund seiner Herkunft - immerhin hatte er gut 15 Jahre am Dresdner Hof als Kapellmeister des Grafen Brühl gewirkt - überwiegend Werke aus dem Repertoire der katholischen Dresdner Hofkirche für den Gebrauch an der protestantischen Thomaskirche einrichtete und somit eine neue Ära der Leip ziger Kirchenmusik einläutete, 23 so wäre künftig auch darüber nachzudenken, ob er daneben auch die alten Traditionen pflegte und stärker als bisher ange nommen Werke seiner Vorgänger und Kollegen zur Aufführung brachte. Frauke Heinze (Leipzig) 23 P. Wollny, Aspekte der Leipziger Kirchenmusikpflege unter Johann Sebastian Bach und seinen Nachfolgern, in: Jahrbuch S1M 2000. S. 77-91.