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01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 28.11.1913
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1913-11-28
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19131128012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1913112801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1913112801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1913
- Monat1913-11
- Tag1913-11-28
- Monat1913-11
- Jahr1913
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 28.11.1913
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I.lgmnxva1te rur Lckaukensler- :: Dekoration :: Akorit? 2xvsr Vsi'bsncistoff-^sbl'ik, Orssclvn-/^. 1. issas. Silchftscher LaMa». Die Mat-Beratuna in -er Zweite« Sammer. 8. Tag. »Fortsetzung au» dem Abendblatt«.) Aba- Dr. Niethammer lnatl.»: Wir können den Etat nickt als den Ausstich zunehmenden Wohlstandes des Volkes «»sehen. Es ist die Krage, ob mir nicht noch weiter tm Rückgänge der Konjunktur stehen: und da müssen wir Vorsorge durch Rücklage von Reserven treffen, wie es jeder Geschäftsmann auch tut. Ich stehe nicht auf dem Stand punkte. das, das Plus, das wir im Etat erzielt habe», ein Vorteil ist. Wir haben auf dem Gebiete unseres Voltsschulwesens noch große Ausgaben zu erfüllen, auch die Pflege der Kirche und Religiosität bedarf unserer stete» Aufmerksamkeit. Wir lassen uns nicht von der Ucberzeu- guitg abdräugen, das, wir mit dem, was wir für unsere Arbeiterschaft tu», auf dem richtigen Wege sind. Weiter sind wir gern bereit, alles zu bewilligen, was geeignet isi, dem Mittelstände seine Selbständigkeit und Kraft im Interesse des Staatöganzen zu erhalten. Der Ncberschusi der Staatseintvmmensteucr ist nicht in erster Vinte dem zunchuicnde» Wohlstände der betreffenden Kreise, sonder» zum grösiten Teil aus den technischen Ausbau der Gesetz gebung zurückzuftthrcn. (Gehr richtig!» Wir können es nur mit Freuden begrüßen, daß die Maschen des Steuer- gesetzeü immer enger gezogen werden und es nur noch wenigen möglich ist, sich dem Steuerzugrisf zu entziehen. Kür nicht gerechtfertigt halte ich cs aber, das, die Industrie bei der Deklaration gezwungen ist, den Zeitwert an- zugcben: das bedeutet für manches Unternehmen eine grosse Härte. Dieser Mangel unseres Steucrgcsetzes zeigt, das, unsere gesetzgebenden Faktoren noch nicht so zusammen gesetzt sind, wie es sein soll. Wenn die betreffenden Kreise zur Ersten Kammer herangezvgcn wären, würde das Gesetz wohl eine andere Bestimmung erhalten haben Auch aus schlechten Zeiten müssen wir Nutzen ziehen, und wir sind durch sie gezwungen worden, uns technisch und in der Qualität zu vervollkommnen. Glücklicherweise habe» wir ja die Zeit des «Billig und schlecht" hinter »ns und wir sind auf die Qualitätsarbeit zugekvmmen. Deshalb müsse,, wir aber auch aus die Ausbildung unseres Nachwuchses immer mehr Gewicht lege». Der Staat muß alles daran setzen, die produktiven Kräfte des Volkes und die im Volke selbst liegenden Reserven zu stärken. Es ist wieder der E i s c n b a h n k r i e g zwischen Preußen und Sachsen berührt morden. Die Negierung erklärt, daß unser Nachbarstaat sich keiner unfreundlichen Handlung gegen uns schuldig mache. Die Botschaft hör' ich wohl, allein mir fehlt der Glaube! »Vielfaches Sehr richtig!» Tic nach den Vereinbarungen zulässigen 20 Prozent werden in den meisten Köllen genüge», um Sachsen auözuschalteu. (Sehr richtig!» Wenn Grund zu Klagen gegeben wäre, so ließen sie sicl» mit dem Ncichsgedanlcn unmöglich verein baren. »Lehr richtig!» Dann müßte man es bedauern, daß der Bismarckschc Gedanke der N e i ch ö c i s e n b a l> n e » nicht verwirklicht worden ist. Der Redner gibt ausführlich einen Kall von Umfahrung Sachsens im Personenverkehr bekannt und bemerkt weiter: Während wir uns bemühen, durch Fericnsonderzttge nach der See den preußischen Bahnen Fahrgäste zuzuftthren. hört man nichts, das, Preu ßen Sondcrzüge nach dem Erzgebirge abseitigen ließe. Der Redner bringt dann Klagen über das langsame Kah ren auf den Nebenstrecken vor. In den Zeiten des Automobilismus sind 10—20 Kilometer pro Stunde viel zu wenig. (Sehr richtig!) Beim Straßenwcsen muß auf den Autoverkehr auch mehr Rücksicht genommen werden. Zum Schluß rechtfertigt der Redner seine Partei gegen die vom Abgeordneten Kleißner erhobenen Vorwürfe, in der Kinanzdeputation I die Interessen der Arbeiter schaft nicht berücksichtigt zu haben, und verteidigt in Ver bindung damit die sozialpolitischen Einstellungen des Etats. Vizepräsident Opitz lkons.»: Der Abgeordnete Kleißner hat gestern schwere Vorwürfe gegen den Kinanzministcr gerichtet, die ich entschieden znriiclmeisen muß. Wenn der Kinanzministcr unsere Wünsche, die wir natürlich im guten Glauben stellen, alle berücksichtigen wollte, so würde die finanzielle Vage unseres StaatswcscnS erschüttert werden. tSchr richtig!» Wie cs uns gestattet sein muß, unsere Wünsche vvrznbringen, so muß natürlich auch der Minister das Recht haben, sie zurückznweisen. Tie Herren von der Sozialdemokratie haben übrigens alle Ursache, dem Herrn Kinanzministcr für seine Sparsamkeit dankbar zu sein. Wir sehen ja in Gröba, daß sie sich kapitalistisch schon jetzt recht erfreulich entwickelt haben. Wir sind der Staatsrcgiernng nur dankbar, wenn sie mit Gewissenhaftigkeit über die Er füllung aller Kulturausgaben wacht, und das, dies auch von unserem jetzigen Herrn Kinanzministcr ge schieht, darüber können wir doch nur hocherfreut sein. Herrn Fleißners Stellungnahme gegenüber den Apana- en beruht aus der grundsätzlichen Feindseligkeit seiner artet gegenüber der Monarchie. Wie Sie »nach links ge wendet» Ihre hier feierlich abgegebene Erklärung, das ny° ertrennliche Wohl von Staat und König zu fördern, mit ener Stellungnahme gegenüber der Monarchie vereinbaren wollen, ist mir ein Rätsel, das ich nicht zn löse» vermag. tZurus von links: Das lasse» Sic nur unsere Sorge sein!» Kür uns ist die Ausrcchterhaltung der Monarchie nicht nur Verstandes-, sondern auch Gemütösache, und diese Auffassung teilt die weitaus erdrückende Mehrheit des deutschen Volkes. Kein Staat in Deutschland hat eine so glänzende Entwicklung seiner Kultur zu verzeichnen, wie Sachse» unter seiner Monarchie. <Abg. Kleißner rust: Daran ist die Monarchie ganz unschuldig!» Wir sind anderer Mei nung. Wir haben Beispiele von Republiken, die weit hinter unserer Entwicklung zurückgeblieben sind. Es wird eine Erhöhung der Gebllhrnisse für die königlichen Prinzen vorgesehen und damit begründet, daß seit Erlaß des König lichen Hansgcsctzes von 1837 der Geldwert ganz bedeutend herabgemtndcrt worden sei. Es wird nur eine Erhöhung um ein Drittel des damalig festgesetzten Betrages gefordert, während sich die Arbciterlöhne seit jener Zeit vielleicht um 300 Prozent erhöht haben. Die erhöhten Forderungen dienen übrigens weniger den Bedürfnissen der Prinzen, als vielmehr denen ihrer Angestellten. Mit besonderer Befriedigung erfüllt cs uns, das, es unseren jungen sächsi schen Prinzen gelungen ist, durch ihr persönliches Auftreten in weitesten Kreise» des Volkes sich Sympathien z» er wecken. »Beifall.» Tic Zeit der Hochkonjunktur hat dies mal außergewöhnlich lange angchaltcn: wir hoffen, daß der sich jetzt bemerkbar machende Niedergang bald vorüber- gehen wird. Eine Aendernng in der B e s v l d u n g s o r d- nung darf nur, wie es die Regierung vorsieht, von Kall zu Kall eintrcteu, unangängig ist jetzt schon wieder eine vollständige Neuordnung. Auch wir sind sür eine Reform des V v l k s s ch » l w e s c n s, aber nur im Sinne des uns seinerzeit vvrgelegten RcgierungsenimurseS. Wäre die Reform nach diesem Entwürfe vorgenommen worden, so wäre u. a. die Dchassung von 118!» neuen Lehrerstellcn im Vandc nötig geworden. Das spricht doch sür die Be reitwilligkeit einer energischen, weitgehenden Reform. Hin sichtlich der Besoldung der Vvllsschullchrer wünschen wir eine Gleichstellung der Vandlehrcr mit den S t a d t l c h r c r n. Die Einführung der Reichsver- »i ö g e n s st e u e r ist ein Schritt allerbcdenklichster Art. Herr Günther hat bei Besprechung dieser Angelegenheit seinem Unwillen gegen die konservative Partei Ausdruck gegeben. Wenn der Erfolg seiner Angriffe der gewesen wäre, den er zu erzielen glaubte, dann wäre der Konser vatismus vernichtet. Ein industrieller Staat wird niemals nach Güntherschen Grundsätzen regiert werden können, noch weniger natürlich nach sozialdemokratische». Herr Günther gehört einer Partei n», die cs angeblich als ihre vornehmste Ausgabe betrachtet, die Sozialdemokratie zu be kämpfen, aber Sic sind nichts weiter als Schrittmacher der Sozialdemokratie. »Abg. Günther rust er regt: Das waren Sie längst!» Was die Krage der Ar beitslosenversicherung betrifft, so sind wir uns unserer Pflicht bewußt, sür die Arbeiter auch in der Hin sicht zu sorgen, daß die Folgen der Arbeitslosigkeit an ihnen erträglich vorübcrgchcn: wir glauben aber nicht, daß man der Arbeitslosigkeit durch Versicherung wird begegne» können. Viel stärker als die Arbeitslosigkeit macht sich der A r b e i t e r m a n g e l geltend. Bei der Vandwirtschaft be steht er schon seit Jahrzehnten und auch beim Handwerke und in einem Teil der Industrie macht er sich geltend. Durch eine Arbeitslosenversicherung würde der Zuzug nach den Großstädten unheimlich werden. Tie Arbeitervcr- teiluug bedarf einer Neuorganisation: von dort, wo Ar beiter im Uebersluß vorhanden sind, müssen sic an Stellen hingeleitct werden, wo sie fehlen. Ist dann noch Arbeits losigkeit vorhanden, dann gilt der Beweis einer bestehen den unverschuldeten Arbeitslosigkeit als erbracht. Vor läufig könnten höchstens die Gemeinden auf diesem Gebiete vorgehen, weil sic eine bessere Ucbcrsicht über die Verhält nisse besitzen. Herr Kleißner hätte seine Mitteilungen über die Wirkungen des Vandtagswahlrechts noch dahin er gänzen können, daß jetzt 00 Sozialdemokraten hier säßen, wenn wir das Rcichstagswahlrccht sür den sächsischen Vandtag hätten. tZurus: Das wäre sehr gut sür Lachsen.» Nein, das wäre ein Abgrund. sGclüchter links.) Dicier Gefahr zu begegnen, vermag nur der ehrliche Zusam menschluß der bürgerlichen Parteien. Da s- wtr in dieser Beziehung aus dem besten Wege sind, bewein der diesmalige Ausgang der Präsidentenwahl. »Zur»' von links.» Ja, Ihnen vielleicht nicht zu Viebc, aber zum Vcidc. Ich hosse, das, die ge samte Entwicklung der Verhältnisse die bürgerliche» Parteien in ihrem Zusammenschlüsse stärken mag Geschieht das, dann werden wir einer Zeit eulgegeugeheu. wo der Sinn für Ordnung und Recht in unserem Volle hoch gehalten wird, aus dem die unerläßlichen Grundlagen sür das Wohl des Reiches und der Einzelsiaalcu beruhen. tVeb Hafter Beifall rechts.» Kinanzministcr v. Scydewitz: Herr Dr. Niethammer ha! eines Eisenbahnkrieges zwischen Sachsen und Preußen ge dacht. Ich kann nur wiederholt erklären, daß ein solcher E i s e n b a h n k r i e g nicht besteht. Selbstverständlich Hai sich zwischen den Eisenbahnvcrivaltungen ein gewisser Weil beiverb geltend gemacht. Dieser bringt aber nur Ver besscrungen mit sich, und es geschieht seitens der beteiligten Regierungen alles, um den Weltbewerb i» loyalen und oe, ständigen Grenzen zu halten. Auch jetzt noch stellen die R gierungcn miteinander in Verbindung, um die Ver in bannigen auszubauen und zu verbessern. Um diese Bc- strcbungen zu erleichtern, ist die Einrichtung genossen wor den, das, die Negicrungsverlreter zweimal jährlich zu Re gi crungs ko userenzcu zusammentreteu. Durch diese Einvernehmen werden etwa entstehende Unzulrngiist,leite» am besten beseitigt werden können. Das Um w e g s a h r c n im Güterverkehr zwischen Sachsen und Preuße» wird nur wenig auSgenützt: im allgemeinen wird die kürzeste Strecke gefahren. Mil Herrn Kleißner werde ich mich übe. die Grundsätze einer gulen Kinanzpolilil wohl nie einigen, uuzulrcssend aber ist seine Aussassuug, das, die erzielten Ucberschüssc von der Regierung zu Ausgaben beliebig verwendet würden. Die Regierung kann keinen Pfennig ohne Bewilligung der Stünde ansgebcn. Herrn Günther gegenüber wiederhole ich, daß die sächsische Regierung an ihrem Slaudpunklc gegen die Einsührnug direkter Steuern sür das Reich sesthalten wird. Herr Günther meinte, in der Ncichsversassnng stünde darüber nichts Vabaud, einer der gründlichsten Kenner der Verfassung, sagt über die direkten Steuern: „Tie Unzulässigkeit direllcr Reichs steuern sei zwar nicht durch den Wortlaut der Verfanungs urkunde bedingt, wohl aber durch den Grundbau, ans den, das Reich beruhe, ans dem Prinzip, das seine Einrichtungen beherrsche". Dieser Grundsatz ist durch die Neichsvcrmögenc- steucr durchbrochen worden. Abg. Lindermann lSoz.s: Ich bin Herrn Opitz dankbar dafür, das, er so lustig die SammlungSsansare geblasen hat. Das läßt daraus schließen, das, die Einigkeit zwischen National- liberalen und Konservativen bereits hcrgestelll ist. Wir wissen nun, wie wir uns zu verhalten haben. ^ Herr Opitz hat Herrn Günther seinen Tank für das s o z i a l i st e n r e i n c Direktorium sehr uuhös- HS lich zum Ausdruck gebracht. »Abg. G ü n t h e r, nach linte: Sie haben cs ja selbst rein gemacht!» Was nnsern Eid ^ auf die Verfassung aulangt, so halten wir cs mehr mit dem Teile des Eides, das Wohl des Vaterlandes zu fördern. Die Konservativen fördern mehr das Wohl derSl, Monarchie. ES findet also ein Ausgleich statt, und Vor 8 würfe haben mir uns deshalb nicht zu machen. Tic neue^ sten Vorgänge in Bauern haben das Gegenteil vom» ^ Gottcsgnadentuin der Könige bewiesen. Wo war denn bei der Leipziger Einweihung des Völkerschlacht-Denkmals ^ H das Volk? Man hielt cs durch Bajonette ab, seiner Liebe zu den Monarchen etwa zu lebhaften Ausdruck zu geben. lS 8 Der Redner kritisiert dann die Wehr- und Deckungsvvr A ^ lagen und rechtfertigt das Verhalten seiner Partei. Er ^ ^ fordert, da schon wieder neue Hecresvermehrungen au gedeutet worden seien, daß die 'ächsischc Regierung im Z Vnndcsratc dafür eintrctcn möchte, daß endlich dem Weit ^ s rüsten der Völker Einhalt getan werde. Hieraus beichästigt ^ * sich der Redner in abfälligem Sinne mit der Mittelstands 7^ frage. Der Mittelstand hat das größte Interesse daran, zur Erhaltung und Verbesserung seiner Existenz auch die ^ Arbcitcrvcrhältnissc zu verbessern. Nun ist gesagt worden, wir hätten ein großes Interesse daran, daß die Massen un -- zufrieden seien. Das ist ganz unzutreffend. Wir haben das größte Interesse an dem kulturellen Ansstieg der A, bciter. Der Mittelstand klagt darüber, daß die Arbeiter »A in den Konsumvereinen kaufen. Würde man ihnen das un möglich machen, so würde man sic in die Warenhäuser treiben, die ja von den Mitlclständlcrn noch mehr bekämpft werden als die Konsumvereine. Kür wirkliche svzialpvli Kunst und Wissenschaft. f Dresdner Thcatcrspiclplan sür heut«. König!. Opernhaus: „Nigolctto" »8»,- König!. Schauspiel haus: «Minna von Narnhclm" t'48>: Albert- Theater: «Das stärkere Baud" s^O»; Ncsidcnz- Theater: «Vuxusweibchen" s'48». s Heute, »4« Uhr, im Kiinstlerkause Konzert von Martha Oppermann «Gesang» und Paul Schramm «Klavier». P Thöütre frauaaiö im Ncsidenzthcatsr. Die unter dem Protektorate Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Johann Georg stehende Dresdner Gesellschaft für neuere Philologie hat auch in diesem Jahre die Pariser Schauspieltruppc des Mr. Roubaud für einige französische Vorstellungen verpflichtet, deren erste gestern nachmittag im dichtgcfülltcn Rcsidenztheater stattsand. In Rücksicht auf den lehrlxiftcn Zweck dieser Vorstellungen — sic sind in erster Linie für die Französisch treibenden Schüler und Schülerinnen der hiesigen höheren Lehr anstalten bestimmt — hat man auch dieses Jahr zu Stücken des klassischen Repertoires gegriffen. Mit Moliörcs Charaktcrkmnödie «L'Avare" machte man gestern den Anfang, und zwar im ganzen einen, recht guten Anfang. Es läßt sich gewiß darüber streiten, ob die etwas derbe, zu weilen ans Possenhafte gemahnende Art der Darstellung, wie man sie gestern zu sehen bekam, gerade sür Moliörcs «Geizigen" die beste Lösung des Darstcllungsproblems be deutet. Der Harpagvn des Mr. Lame war ganz gewiß mehr Karikatur als Charakterfigur, sowohl in der Maske wie in der ganzen Anlage des Spiels. Indes — man darf nicht vergessen, daß dieser Harpagvn. wenn auch als Typ aller Geizhälse der ganzen Welt und aller Zeiten denkbar, doch von Moliöre ursprünglich als ein durch seine Geldgier lächerlich wirkender Bürgersmann des 17. Jahrhunderts mit allen groben Instinkten jener Zeit porträtiert worden ist. der samt seiner Umgebung auch bet der heutigen Wieder belebung einen Stich ins Burleske verträgt. Da obendrein dieser Harpagvn von gestern vorzüglich artikulierte und durch ein außerordentlich beredtes Micnensplcl das bei deutschen Zuhörern immer etwas erschwerte Verständnis trefflich unterstützte, so darf man behaupten, daß er — zum mindesten unter den gegebenen Umstünden — seine Auf gabe ausgezeichnet löste. Für die beiden Liebhaberrollen de» Clöantc und Valöre standen tu den Herren Cuny und Doria» gewandte und sympathische Darsteller auf der Bühne. Auch die wichtige Rolle des Dieners La Klöche, Mt. der mau aus Gründen. ,der PcriqnalerlpqiM- .auch noch brel wettere Sprechrollen dienstvarer Geister vereinigt hatte, wurde von Mr. G r a n t c r augcmcsscn durchgcsiihrt. ASeniger günstig schnitten im allgemeinen die mitwtrkcndcn Damen ab. Mllc. Cyldia war als Mariane herzlich un bedeutend, und Mlle. Barel ly machte als Elise durch die Unbeweglichkeit ihres Spiels und die Starrheit ihres Gesichts» iisdrucks eher den Eindruck einer Marmvrstatue als eines liebenden und liebenswürdigen jungen Mädchens mit warmem Herzen. Eine spjclsichcre, wenn auch mit etwas provinzialen Mitteln arbeitende Krosinc war da gegen Mlle. N i v i ö r c - L a t o u r : sie hatte die Lacher aus ihrer Seite, sobald sic die Szene betrat. Tie den Zuschauer- raum beherrschende Dresdner Jugend unterhielt sich anfs beste und bewies den Gästen vom Scincstraud, daß man sich auch an der Elbe durch Moliöres Kunst leicht ent flammen läßt. — ckl. f Klavierabend. Steigt da ein kerngesund ausschauen- dcs, kaum dem Nackfischaltcr entwachsenes Persönchen im kurzen, weißen Kleide festen Schrittes hinauf auss Podium, setzt sich unbekümmert um ein paar Hände voll Zuhörer im kleinen Gcmcrbchanssaal ohne Verbeugung an den Bech- stein und musiziert so sicher und selbstverständlich daraus los, daß man schon nach den ersten Takten sich den Namen Mena Ncchansky »Töpfer» ins Gedächtnis schreibt. Man wird in Znknnst berechtigt sein, etwas von ihm zu fordern. Er bedeutet vor allein Kraft, Muskel- und Nervcn- krast ebenso wie Energie des Denkens und des Wvllcns. Er umschließt aber auch den intuitiven Musilsinn seiner Rasse. Tic Kraft stand bet der Chaconne von Bach-Busoni »ein unverfälschter Vach wäre besser gewesen», in Beethovens Waldsteinsonate und den Händel-Variationen von Brahms klar gliedernd und maßvoll abwägend nur im Dienst der Sache. Mit den Romantikern verfuhr sie oft herrisch und eigenwillig und tat ihnen Gewalt an. Schubert kann man unmöglich so spielen, ohne diesen gutmütigsten aller Künst ler noch in seinem Musikautcnhimmcl auf fünf Minuten schwer zu ärgern. Hier und bei ähnlichen Gelegenheiten ging die virtuose Technik mit dem Musiksinn durch und erzeugte Flüchtigkeiten und Härten des Anschlages, der überhaupt nach der Seite der sinnlichen Klangschönheit im Piano noch der Verbesserung bedarf. Derselbe Musiksinn schuf an anderen Stellen mit hellseherischer Sicherheit Bilder von hohem, poetischem Reiz und beiviindcriiiigs- würdig ausgeglichene Uebergängc. Mena Nechanskn wird gut tun, nachdem ihr solche Gaben vor der Oesscntlichkeit bestätigt worden sind, noch ein oder zwei Jahre unter einem gleich tüchtigen Lehrer weiter zu studieren, wie der gewesen sein muß, dem sic das bisher Erreichte ver dankt. —ost— s- Gesellschaft für Literatur und Kunst. Einen an mannig fachen Anregungen reichen und von ausgezeichneter Stim mung beherrschte» Vortrgg-abeiid, batte di», Bereinigung «in Mittwoch zu P'erzekchne». Das Verdienst, dies bewirkt zu haben, darf sich der geschätzte einheimische Pianist Herr Percy Sherwood zuschrcibcn. Wie bei früheren Ge legenheiten seiner Mitwirkung au gesellschaftlichen oder kniist lerischen Veranstaltungen im gleichen Kreise hielt auch dies mal wieder ein zahlreiches Auditorium den unteren Saal des Königlichen Relvcdcrc besetzt. Als Thema hatte sich der Vortragende „Richard Wagner" gewählt, über den ja, wie er eingangs bemerkte, in diesem Jahre schon sehr viel ge redet worden sei, so daß er Gefahr lause, wenig Neues dielen zu können. Es komme ihm aber vornehmlich daraus au, den Musiker Wagner zu kennzeichnen. Nach einem kurzen Vcbenc- abriß des Meisters erwähnte der Redner die Iugcndiverle in Gestalt einer Klavicrsonate, Polonäse, eines Slrcichgnartetls und vier Ouvertüren. Tie seien zum Teil verschollen, zum Teil in England ausgcfundcn und dort gespielt worden, ließen aber ebensowenig wie WagnerS erstes dramatische.- Schassen die spätere Größe erkennen. Im weiteren Verfolg des Lebensweges bctonle der Vortragende auch die au! opfernde Tätigkeit der ersten Gattin des Meisters, die sich namentlich während der Zeit bitterster Armut in Paris de währt habe. Mit Unrecht sei diese Krau, die hier in Dresden eine Rnhestältc gesunde», verlästert und verkannt worden. Der hiesigen Ausführung des „Ricnzi" im Jahre I8!2, des „Kliegeuden Holländers", in dem der Bruch mit den Prin zipicn der italienischen Oper zutage trat, des Verhalinissev Wagncrs zn Neißiger und vieler Anfeindungen gedachte der Redner. Der heule noch frischen und zugkrästigcn Oper „Tannhänser" habe auch Robert Schumann Interesse ent gegcngcbracht. Die beiden Meister Hütten auf jhrcn Spazier gängen im Großen Garten die Reform-Ideen Wagners, die er in seinem 1851 erschienenen Buche „Oper und Drama" uicdergelcgt habe, eingehend besprochen. Weiter beleuchtele der Redner die Entstehung deS „Lohengrin", sowie des „Ring des Nibelungen". Zu „Tristan und Isolde" habe Mathilde Wcseudonck Anregung gegeben. Am Flügel ließ der Vor tragende die Leitmotive der verschiedenen Opern zum besseren Verständnis seiner Ausführungen erklingen. Die Wechsel vollen Schicksale Wagners verfolgend, kam Herr Slierwood auf die 1801 erfolgte Amnestie und den große» Glückssali. daß König Ludwig II. auf Wagner aufmerksam wurde, zn sprechen. Freudiges Schassen, die Erbauung eines eigenen Theaters in Bayreuth. Aufführung des „Ringes", Vollendung deS „Parsisal" waren die Folgen dieses Wendepunktes im Leben des Meisters. Nachdem der Redner »och einmal aus das Buch „Oper und Drama" Bezug gcnvnimeu, schloß er seine Ausführungen mit dem Vortrag deS weihevolle» Voi spiclS zu „Parsisal". Stürmischer Beifall lohnte seine iuler essanten und fesselnde» Darbietungen. s Walter Illner, der sür das Treppenhaus des Justiz ministerialgebäiioeS das große Wandgemälde geschossen bat und auch bet der künstlerischen Ausschmückung des neue» Rathauses beteiligt war, hat seine» WirkuugSkreis von Dresden nach Darinstadt verlegt. Der Großherzog von -Hesse» Hai Herrn Illnei zum Professor ernannt.
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