TYPENFORMEN DER VERGANGENHEIT UND NEUZEIT leben sollte. Er wurde von Karl dem Großen ausersehen, die Bibel zu korrigieren und für Einstimmigkeit in den zukünftigen Ausgaben der Heiligen Schrift zu sorgen; fer ner wurde er beauftragt, einen neuen Text, analog dem in Rom gebräuchlichen, für die Ordnung und den Kanon der Messe vorzubereiten und innerhalb des kaiserlichen Reiches eine größere Einheitlichkeit des liturgischen Gottesdienstes zu schaffen. Alles das ist nach Edmund Bishop, dem großen Gelehrten in liturgischen Fragen, einwandfrei durch zeit genössische Dokumente erwiesen. Ein Engländer also war das Werkzeug für den Aufbau und den Gang der Liturgie in der Kirche des Westens. Infolgedessen war die Zahl der auf Veranlassung von Alcuin geschriebenen Bücher unge wöhnlich hoch, und seine eigene Abtei St. Martin in Tours spielte eine bemerkenswerte Rolle bei der Entwicklung einer neuen Schrift, mit der diese neuen Bücher geschrieben wer den sollten. Die Type ist sehr hübsch, einfach und elegant, bescheiden im Format und ergibt in der Hand eines guten Schreibers einen sehr schönen Durchschnitt (Seite 9). Die Erfindung dieser Schrift wird allgemein Alcuin zugeschrie ben, und wir Engländer würden zweifellos sehr stolz sein, wenn diese These aufrecht zu erhalten wäre. Doch wurde von Dr. Montague Rhodes James festgestellt, daß die Mei nung der Kenner sich gegen diese Zuschreibung wendet. Der verstorbene große Gelehrte Ludwig Traube in Mün chen, wohl der größte aller Paläographen, kam zu dem Er gebnis, daß Alcuin persönlich an der Gestaltung der Schrift aus dem Skriptorium von Tours keinen Teil hatte, doch ohne Zweifel an der Schreibkunst interessiert war und sicher lich die vom Kaiser verordnete Vereinheitlichung unter stützte. Trotz aller Bemühungen, die Unterschiede aufzu-