TYPENFORMEN DER VERGANGENHEIT UND NEUZEIT Renaissance natürlich besonders reich ist. Ohne Frage sind die Manuskripte dieser Epoche herrlich, ihre Kalligraphie ist wunderbar regelmäßig, und die Miniaturen sind geradezu un faßlich reich und fein in der Ausführung. Kein Wunder, daß die Herren von Florenz die Typographie als einen erbärm lichen Notbehelf verachteten. Kardinal Bessarion —um nur ein Beispiel anzuführen — der größte griechische Gelehrte seiner Zeit, sank so tief, Interesse für jene »von Barbaren einer deutschen Stadt« gemachte Erfindung zu zeigen. Ein anderer großer Gelehrter und Förderer der Wissen schaft, der Herzog Friedrich von Urbino, weigerte sich, auch nur ein einziges gedrucktes Buch in seine Bibliothek aufzunehmen. Er zog es vor, das Zentrum der Buchkunst, die erfolgreiche »scriptoria« in Florenz, zu unterstützen. Es gab eine ganze Buchhändlerstraße, die Via degli Librai, jetzt Via della Condotta, Sammelplatz der »literati« und ihrer Gönner. Der größte aller Florentiner Buchhändler, Vespasiano da Bisticci, war Führer und Ratgeber des Her zogs von Urbino, für dessen Manuskript-Bibliothek dreißig bis vierzig Schreiber mehr als fünfzehn Jahre tätig waren. Er beriet den König von Neapel, Ferdinand von Aragon, und selbst Lorenzo de’ Medici. Ein anderer seiner Freunde war Tomaso Parentucelli aus Sarzana in Ligurien, der, wie Pastor sagt, selbst Kalligraph war und aus Armut und Dun kel als Nicolas V. auf den päpstlichen Stuhl emporstieg. Er war es, der die vatikanische Bibliothek begründete und dem westlichen Europa zur Kenntnis von Herodot und Thukidi- des verhalf. Niemals kam Tomaso nach Florenz ohne Ves pasiano zu besuchen. Als »princeps librariorum« beschäf tigte jener nur die besten Schreiber und Miniaturisten, wie Antonio Sinibaldi, Antonio Mario, Gherico und andere. 12