£.y~ TYPENFORMEN DER VERGANGENHEIT UND NEUZEIT amerikanische Schriftentw ürfe so glänzend sind, w ie es aus sieht. Rogers’ schöne Schnitte sind Privateigentum, und die amerikanischen Drucker, Verleger und Reklamemacher hän gen von den Entw ürfen nahezu eines Mannes, F. W. Goudy, ab. Die Schriften, die er nach der »Kennerley« zeichnete, hatten die erstaunliche Wirkung, den Anzeigenteil sämtli cher Magazine Amerikas und einiger unseres eigenen Landes umzugestalten. Könnte er doch Europa, so wie sein eigenes Land von Amerikas geradezu pestilenzialischem Beitrag zur Typographie befreien, von jener»Cheltenham«, die in Eng land noch existiert und wenn überhaupt in Deutschland und Frankreich, dann selten zu finden ist. Aber außer dieser »Cheltenham« lassen die Franzosen auch sonst noch viel zu wünschen übrig. Sie sind niemals den Schriften Johnstons oder den Typen Goudys gerecht geworden. Die von Giraldon, Auriol und Grasset und auch die von Naudin gezeichneten Schriften haben keine kalligraphischen Vorbilder, denn ihre Buchstaben sind von Künstlern aufgebaut, die ihr ganzesWerk schaffen ohne sich von ihrer Feder helfen zu lassen. Hieraus ergibt sich, wfie wichtig es ist, zu beachten, daß die festste henden Formen der von uns benutzten Buchstaben unmittel bar aus der Natur des Federstriches herausgewachsen sind. Vor Jahrhunderten war es keine besonders freiheitliche Handlung, wenn man die Schrägrichtung der »g«-Minuskel änderte. Jetzt hingegen muß jede Veränderung, sei sie Ver besserung oder Abwandlung, so sorgfältig ausgewogen sein, daß sie nahezu unmerklich wird. Das hat zwei Gründe. Zu nächst, daß sich unsere Alphabete in einer Zeit entwickelten, als Gelehrsamkeit und Bildung der Vorzug einer sehr be grenzten, vorwiegend geistlichen Gesellschaft w r ar ; zudem war jene literarische Aristokratie für Kalligraphie ernsthaft in- 69