Wochenblatt für Zschopau und Umgegend : 11.07.1866
- Erscheinungsdatum
- 1866-07-11
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- German
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- Stadtarchiv Zschopau
- Digitalisat
- Stadtarchiv Zschopau
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- Saxonica
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- ZeitungWochenblatt für Zschopau und Umgegend
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L8ir« ^9 Uhr opha'S, Wäsche, ? Gold- , 3eit- rnz. derhte-- ! Mal >nel. .HL S4. .M pchenölatt Zschopau und Umgegend. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt und den Stadtrath zu Zschopau. Erscheint Mittwochs und Sonnabend«. AbonnementSpreiS r 1l> Ngr. pro Vierteljahr bei Ab holung in der Expedition; II Ngr. bei Zusendung durch den Boten; jede einzelne Nummer L Pf. Inserate werden für die Mittwochönunnner bis Dienstag früh 7 Uhr und fiir die SonnabendSnummer bis Donnerstag Abend« 8 Uhr angenommen und die dreispaltige Cicero-Zeile oder deren Rann, mit b Pf. berechnet. wurde selbiges ng ab- cidttr- anz et- nn. ißigung elJSH^ n. >a«W He Be- lereins- lreicheS >rs. i, ladet »rnaüev m zahl" geN Jahv- z, ladet W. -r. zum ienstag, !tsmon- marktS- t ein Der Gefangene. Novelle von Bernd von Guseek. (Fortsetzung au« Nr. SO.) Der Fremde sprach kein Wort, aber ein Anderer, als die Bäuerin, würde bemerkt haben, daß er in gro ßer Bewegung war. Er grüßte nur stumm mit der Hand und entfernte sich. Nachdem Alles so wohl ge lungen war, hatte er Lisbeth's Mutter einen Beweis geben wollen, daß er sein Versprechen halten werde, und nun traf ihn die Nachricht des schweren Unglücks, das er herbeigeführt hatte. Wie streng war er vor wenigen Stunden mit seinem Bruder in's Gericht ge gangen — und welcher Vorwurf lastete nun auf ihm selbst! Er hatte ein armes harmloses Mädchen durch den Däm^n der Menschheit, das schnöde Geld, in Versuchung geführt, sie zu einem strafbaren Unterneh men verleitet und ihr Blut siel auf seine Seele. Was galt nun feine Verheißung, daß er sie, wenn die That übel abliefe, nicht verkästen, sondern ihren Dienst im reichsten Maße belohnen werde? Konnte er das noch, konnte er ihr Leben, wenn eS im Verrinnen war, noch retten? Sein Wort, das er im Stolz des vermessenen Reichthums gethan hatte, wog so seicht wie Spreu im Windel Es trieb ihn jetzt nach der Stadt zurück, er mußte Gewißheit haben. Seine Absicht war gewesen, noch einige Tage fern zu bleiben, und dann erst wie- ger unbefangen in Marburg einzuziehen, seine Angele genheiten zu ordnen, sich für den Paß, den er als ver loren angeben wollte, eine neue Legitimation durch den russischen Bevollmächtigten in Frankfurt zu verschaffen und dann nach Hamburg zur Bereinigung mit seinem Bruder zu reisen, für dessen Zukunft er. schon einen reiflich überlegten Plan gefaßt hatte. Jetzt mußte er für seine schleunige Rückkehr und seine äußere Erschei nung, welche Kunde gab, daß er dem nächtlichen Ge witter sich auSgesctzt hatte, eine Erklärung finden, — sie lag nicht fern: der verlorne Paß mußte sie geben. Sein Weg führte ihn jedoch zuerst nach dem Schloß berge. Leute, die ihm begegneten und die er fragte, waren nicht im Stande, ihm die gewünschte Auskunft zu ertheilen, sie wußten wohl von dem Vorfälle, aber wie es zngegangcn und ob das Mädchen, das auS Versehen getroffen war, noch am Leben sei, konnten sie nicht sagen. „Es wäre wohl am besten für sie, wenn sie nicht wieder aufkäme!" meinte Einer. „Sie hat's doch mit dem Mörder gehalten, denn er war ein bildschöner Mensch, und wenn sie nicht stirbt, wird's ihr schlimm ergehen." Mit diesem Ausspruch, der dem Urheber dcS Un glücks das Herz noch schwerer machte, kam er in das Schloß, wo er den Unteroffizier, der vor dem Wacht- gebäude stand, anredete, von diesem aber barsch zurück gewiesen wurde. Die eigentliche Festung war zwar nicht gesperrt, aber eS schienen doch nach dem Ereigniß außerordentliche Maßregeln getroffen zu sein. Wal denberg sah Niemand, den er hätte befragen können und wenn er nicht Aufsehen erregen wollte, blieb ihm nichts übrig, als an dem Regierungsgebäude, das tiefer liegt, ohne Aufenthalt zur Stadt hinabzugehen. Auf dem Markte, wohin er gericth, fiel ihm ein, daß der Assessor, mit welchem er im Hotel Pfeiffer bekannt ge worden war, dort wohne. Von diesem, der mitOtto- kar'S Unglück vertraut war, hoffte er die Auskunft zu erhalten, er suchte ihn daher auf, und fand ihn glück lich zu Haufe. Mit einiger Verwunderung sah der junge Beamte, der noch im Schlafrok seine Cigarre nach kaum genossenem Kaffee rauchte, den Mann, welcher gestern auf eine Entdeckungsreise in Oberhessens Berge ausgezogen war, bei sich eintreten; aber dieser kam seiner Frage schnell zuvor. „Ich habe den Verdruß gehabt, meinen Paß zu verlieren," erklärte er, nachdem er um Entschuldigung wegen seines Ueberfalls gebeten hatte. „Das veranlaßte mich, gleich umzukehren, ich gericth noch in den Gewitterregen, der mich stark mit genommen hat. Nun erzählt man mir auf der Straße von einem unglaublichen Vorfälle, der mit dem Cri- minalfall, welchen Sie gestern bei Tisch erzählten, in Verbindung steht, — ich konnte der Versuchung nicht Widerstehen, als ich an Ihrem Hause- vorüberging, Sie gleich danach zu fragen, da ich von Ihnen wohl die Wahrheit am besten hören werde, und nun schäme ich mich erst, daß ich so vor Ihnen erscheine." „Charmant von Ihnen! Zwischen Bekannten keine Umstände! Ja Herr Montsilvain, Sie nahmen gestern gewissermaßen die Partie dieses Russen — nun haben Sie die Geschichte. Gewaltsam ausgebrochen, ohne Rücksicht auf seine arme Mitschuldige, die nun für ihn bluten muß, Physisch und moralisch. Und das Alles in dem Augenblick, wo ein kurfürstliches Rescript di« Revision dcS ganzen Prozesses gegen den Mann ar- geordnet hat.-" „Was sagen Sie?" rief Waldenberg mächtig er griffen von. dieser Nachricht, welche eine völlig verän derte Lage vor ihm zu eröffnen schien. „Vor allen Dingen setzen Sic sich, wenn Sie in den durchnäßten Kleidern keine Erkältung fürchten," sagte der Assessor. „Bet einer Cigarre bespricht sich Alles am besten." Diese lehnte Waldenberg ab, doch nahm er Platz und hörte mit sichtbarer Spannung, was der Assessor ihm über das Ereigniß, so viel bis jetzt davon ermittelt war, erzählte. Der Gefangene, welchem in letzter Zeit etwas mehr Freiheit vergönnt gewesen zu sein schien, war aus seiner Zelle, welche jedenfalls durch eine hilfreiche Hand geöffnet war, ent kommen. Es mußte aber im Hause von dem Wächter bald bemerkt worden sein; der wachhabende Unter offizier hatte Lärm gemacht, die Posten benachrichtigt, davon hatte einer im Dunkeln etwas Verdächtiges an der Mauer bemerkt, angcrufen und hingeschossen — er hatte aber nicht den Flüchtling, sondern eine Magd ge troffen, welche im Schlosse diente und offenbar zu der Entweichung hilfreiche Hand geboten. Wahrhaft tra gisch, daß der Soldat, der sie niedergeschossen, mit ihr selbst, wie oben ziemlich bekannt war, ein LiebeSver- hältniß gehabt hatte. Er soll ganz in Verzweiflung sein. Die Dirne lag nun wohl bewacht an ihrer schweren Wunde darnieder und es schien wenig Hoff nung zu sein, sie am Leben zu erhalten. Alles daö hatte der Gerichtsbote, welcher sich genau erkundigt, dem Assessor erzählt und dieser trug es mit seinen eigenen Bemerkungen dem Fremden vor, der so großes- Interesse daran nahm. „Sie sprachen von einer Revision des Prozesses," sagte dieser hierauf. „Wie hängt das zusammen?" „Ja, lieber Herr Montsilvain, unter uns gesprochen, einen logischen Zusammenhang der Begebenheiten darf man hier zu Lande, nicht immer erwarten; wir bewe gen uns oft in wunderlichen Sprüngen. Nach meiner Ansicht, die aber auch nur auf Bermuthungen beruht, hat ein gewichtiger Anstoß von unbekannter Hand diese längst abgethane Sache wieder auf die Tagesordnung gebracht. Der Kurfürst hat davon Kenntniß genommen, den Urtheilsspruch nicht motivirt gefunden und Revision befohlen; möglich, daß auch nachträglich EntlastungS- indicien, vielleicht durch die schöne Liddy selbst, wenn sie nach der gestrigen Annahme zurückgekehrt ist, auf- gesunden und Allerhöchsten OrtS vorgebracht worden sind. Nun aber eine strafbare Selbsthilfe stattgefunden hat, ist Alles verdorben. Der Telegraph wird gewiß schon den Steckbrief in alle Richtungen verbreitet haben." Waldenberg dankte ihm für seine Mittheilung, ent schuldigte sich nochmals und brach dann auf. — „Bei Tisch hoffe ich Ihnen mehr sagen zu können!" rief ihm der Assessor nach. Das war jedoch nicht der Fall. ES hatte sich noch keine weitere Aufklärung, als die auS den Thatsachen hervorgiiig, ergeben, und der Assessor durfte von dem Untersuchnngsverfahren, das eingeleitet worden war, nicht reden. Natürlich blieb aber das Ereigniß, daS so nahe lag, selbst vor den politischen Nachrichten von Wichtigkeit, welche die heutigen Zeitungen brachten, im Vordergrund und wurde vielfach besprochen. Der Fremde, welchem der Verlust' seines Passes die vorge habte Fußwanderung hatte aufgeben lassen, war heute an der Tafel weniger schweigsam als sonst; ein Seelen kenner würde aber gefunden haben, daß seine Gesprä chigkeit etwas Erzwungenes hatte. Auch er sprach seine Meinung über Schuld und Nichtschuld des verwunde te Mädchens aus, das mehr Interesse erregte, als der entsprungene Sträfling: und wie er schon frjjher für diesen gewissermaßen Partei genommen und die über ihn verhängte Strafe als ungerecht erklärt hatte, so blieb er in seiner augenscheinlichen Neigung zum Plaidiren für Angeschuldigte consequent, indem er daS Mädchen, über welches mit Ausnahmen des alten Ar chäologen Alle den Stab brachen, in Schütz nahm. Am folgenden Tage fehlte er an der Gasttafel: er war abgereist, wie er gesagt hatte^ um sich einen neuen Paß bei der Bundestagsgesandtschäft seines Souveräns zu verschaffen, und hatte seine, baldige Rückkehr in Aussicht gestellt. Wer war sein Souverän, welcher Nationalität gehörte er an? Sein Name war franzö sisch, er selbst hatte angegeben, daß er anS Italien kam, aber er sprach so vortrefflich deutsch, daß man ihn kaum für einen Ausländer halten konnte. Die hingeworfene Idee, daß sein Souverän Victor Emanuel sein könne, wurde gleich widerlegt: das Königreich Neu-Jtalien war nur von einzelnen deutschen Mächten, aber nicht von Oesterreich und Baiern, folglich auch nicht vom deutschen Bunde anerkannt, auch würde ein Neu-Jta- liener das Wort Souverän nicht gebraucht haben. Der alte Herr hatte lächelnd die Erörterung ange hört. „Aber meine Herren," sagte er endlich, „haben Sie denn gar nicht herausgehört, daß der Kaiser von Rußland sein Landesherr ist? Wie sprach er sich über Polen aus! Trotz seines französischen Namens kann er ein russischer Unterthan sein, da bei vielen histori schen Anlässen französische Familien und Individuen dort eingewandert sind, wie die Lang eron St. Priest, Lambert — lachen Sie nicht, ich meine ja keines wegs die heutige unsindbare Persönlichkeit, sondern den General von 1812!" „Sehr richtig!" rief der Assessor. „Sie können Recht haben! Montsilvain ist ein Russe, vielleicht ein Landsmann des ermordeten Herrn von Dilmar und des schönen jungen PaareS, das dabei compromittirt ist, daraus erklärt sich auch seine Sympathie für den Gefangenen, mit dessen Verurtheilung ich übrigens auch, wie Sie sich entsinnen werden, nicht einverstanden war; er versäumte oder verschmähte es, alle Rechtsmittel, die ihm noch geboten waren, zu benutzen — nun hat er aber zu seinem eigenen größten Schaden seiner Re-
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