Delete Search...
Wochenblatt für Zschopau und Umgegend : 02.05.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-05-02
- Sprache
- German
- Vorlage
- Stadtarchiv Zschopau
- Digitalisat
- Stadtarchiv Zschopau
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512512809-188505020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512512809-18850502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512512809-18850502
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungWochenblatt für Zschopau und Umgegend
- Jahr1885
- Monat1885-05
- Tag1885-05-02
- Monat1885-05
- Jahr1885
- Links
-
Downloads
- Download single page (JPG)
-
Fulltext page (XML)
277 Schritt! die Stirn umruhmte. Dazu blaue Augen, welche so mild und ruhig blicke» konnten. Einen feinen, fast durchsichtigen Teint. Sie flüsterte ihrem Begleiter mancher Wort zu. Jedes Wort begleitete sie mit einem innigen Lächeln, und jedes Lächeln gab ihrem Gesichte einen kindlich unschul digen Ausdruck. Sie mochte kaum achtzehn Jahre zählen. Offenbar war ihr ganzes Leben ruhig und ohne Störung an ihr vorübergegangen, sonst hätte ihr Auge nicht so glücklich blicken können. Ihr Verlobter mochte ungefähr 2b Jahre alt fein. Er war eine große schlanke Gestalt, nicht ohne Kraft und Sicherheit in seinen Bewegungen. Sein Haar war dunkel, leicht gelockt. Er hatte eS nach hinten über gestrichen. Dies ließ seine Stirn höher und freier erscheinen und gab ihm ein offe nes Aussehen. Seine Nase war etwas gebogen. Ein sorgfältig gepflegter Schnurrbart bedeckte den Mund fast gänzlich. Seine Augen waren dunkel und lagen ziemlich tief. Ein stiller, fast schwer- wütiger Glanz lag darin. Nur zuweilen leuch teten sie scheu, fast ängstlich auf. Das Gesicht dieses jungen Mannes war schön zu nennen. Ein geübter Menschenkenner würde einen nnabgeschlosscnen, schwachen Charakter und vorwiegenden Einfluß der Gesühlseindrücke daraus erraten habe». Bei den Damen mußte dies Ge sicht, diese ganze Gestalt eine» schnell gewinnenden Eindruck machen. Dies schic» der junge Mann sehr wohl zu wissen. Seine Augen schweiften fortwährend in dem Damenkreise umher und ohne auffallendzu sein, suchte er sich dennoch bemerkbar zu mache». Am meisten hatten seine Blicke eine Dame in einer der Hoflogen gefesselt, und unablässig, mit einem starren, fast verzehrenden Ausdrucke hielt er sie darauf gerichtet. Seine Braut schien er ganz zu vergessen, bi» ihn diese durch einen Druck der Hand oder einige leise zugeflüsterte Worte davon abzog. In der nächsten Minute richtete er das Auge aber schon wieder »ach der Hofloge. Die Dame die ihn fesselte, mochte kaum einige zwanzig Jahre alt sein.. Sie hatte den linken Arm auf die Logenbrüstung gestützt und blickte mit gespannter Aufmerksamkeit auf die Bühne. Nur dann und Wan» fuhr ihr Blick flüchtig durch das Haus und über die Zuschauer hin. Es war eine schöne, ja reizende Erscheinung. Jeder ihrer einzelnen Züge war fein und edel und doch hatte ihr Gesicht nichts von jener starren Regelmäßigkeit, welche man so oft bei Schönheiten findet. Ihr Teint war blendend weiß. Das dunkle Haar fiel in reichen Locken bis auf den Nacken herab und schien nur durch einige natür liche Blumen zusammen gehalten zu werden. Dieser einfache Schmuck erhöhle noch de» Reiz dieses Gesichtes. Dunkler noch schienen die Augen zu sein. Auffallend lange Wimpern überschatte ten sie und gaben ihnen einen weichen, fast schwärmerischen Ausdruck, und doch leuchteten sie fast glühend und versengend, wenn sie schnell das Haus überblickten. Die Bewegungen dieser Dame waren leicht, graziös, indes schien sie sich bewußt zu sein, daß mancher Blick und mancher Operngucker auf sie gerichtet war. Die gewöhnlichen Mittel der Ko ketterie verschmähte sie. Sie war entweder zu stolz dazu oder hielt sie für überflüssig. Mehrere Herren standen hinter ihr oder traten ab und zu in ihre Loge. Sie widmeten ihr ver schiedene Aufmerksamkeiten, welche sie kalthinnahm oder gänzlich unbeachtet ließ. DaS Spiel schien sie ganz zu fesseln. Oder lag in ihreni rasch über das Publikum hinfahren den Blicke etwas Suchendes? Wer konnte rS wissen. Der junge Mann, Eduard von Steinbrück war sein Name, wandte sich an seine Verlobte. „Wer ist diese Dame," fragte er und bezeichnete sie näher. „Ein reizendes Gesicht, das schönst e, welches ich je gesehen habe." ES lag wenig Schmeichelhaftes für seine Braut darin. Konnte sie sich auch nicht mit der glän zenden Schönheit in der prinzlichcn Loge messen, fü mußte sie dem Auge ihres Geliebten doch .ebenso schön erscheinen. Sie schien die- zu fühlen und erwiderte fast ge drückt: „Ich glaubte, Du kenntest sie. Es ist Lie Hofdame einer Prinzessin» die Gräfin v. Z E- ist der Graf, ihr Gemahl, der sich in diesem Augenblicke zu ihr beugt." „Ihr Gemahl!" rief Steinbrück. „Sie ist verheiratet!" Er fügte nichts weiter hinzu. AuS dem Tone seiner Stimme klang eS wie ein leiseS Bedauern „Ich möchte der Graf Z. sein. Nur ein Jahr lang und mein ganzes übriges Leben wollte ich dafür hingebenl" flüsterte eS leise in ihm. Er verglich sie nicht mit seiner Braut, er dachte an diese in diesem Augenblicke nicht einmal. Die Gräfin erschien ihm wie ein höheres Wesen, wie ein Engel. Er schaute zu ihr auf. Die Augen der Gräfin fuhren über das HauS hin und es war ihm. als ob er ihrem dunkle», glühenden Blicke begegnete. Sie ließ ihn auf ihm ruhen. Er fühlte cs an dem Pochen seines Herzeizs. Unwillkürlich zuckte er zusammen. Alles um^sich her vergaß er in diesem Augenblicke. Seine Braut sprach einige Worte zu ihm. Er hörte sie nicht. Er antwortete und wußte selbst nicht worauf. Und wcnü eS sein Leben gekostet hätte, er hätte in diesem Augenblicke nicht ruhig sein können. Der Blick der dunklen Auge», der ans ihm ruhte, hatte eine unwiderstehliche Macht. „Könntest Du nur einmal in der Nähe tief — tief in diese Augen schauen!" flüsterte es in ihm. „Nur einmal jene kleine weiße Hand, welche sich halb in den schwarzen Locken verbirgt, berühren und an deine Lippe» ziehen. Nur 'einmal de» Atem jenes Mundes empfinden. .„Du bist zerstreut," flüsterte ihm seine Braut zu und erfaßte seine Hand. „Zerstreut?" wiederholte Eduard fast laut. „Nicht im Geringsten. Aber Du störst mich, beste Toni, durch das Sprechen. Sich, wie ergreifend die Kcrkerscenc ist! Erschrecke nicht — es wird sogleich geschaffen werden." Er kannte die Furcht seiner Braut vor dem Schießen. Er wußte kaum, ob der Schuß bereits gefallen war oder nicht. Er fiel im nächsten Augenblicke. Krampfhaft fest klammerte Toni sich an seinen Arm. Sein Auge war wieder zu der prinzlichcn Loge geeilt. Er sah die Gräfin bei dem Schüsse zusammenzuckcn. Sie fiel Hinte» über — ihr Mann fing sie in seinen Armen auf. Erschreckt sprang Eduard empor. Ein lautes „Ah!" entfuhr feinen Lippen. Alle in der Nähe Sitzenden achteten auf ihn. „Eduard was hast Dü?" fragte Tonis - Bruder, welcher hinter ihnen saß und keine Ahnung hatte, weshalb er erschrocken war. „Nichts — nichts," erwiderte er nbwehrend. „Ich glaubte wahrhaftig, der Marquis sei wirk- lich erschossen. Haha! wie man sich täuschen kann I" Toni bemerkte das Zerstreute und Erzwungene seines Lachens. Sic schwieg. Die Vorstellung war beendet. Noch rauschte der Beifall und wiederholter Hervorruf des Gastes. Steinbrück eilte feine Braut am Arme und von deren Bruder und Schwester gefolgt auS der Loge. Fast mit Gewalt bahnte er sich durch daS Gedränge einen Weg. Am Ausgange des Schauspielhauses blieb er stehen. Im Gedränge waren sie von Tonis Geschwistern getrennt und diese bat auf sie zu warten. Sie standen halb im Schatten einer Säule. Die Zuschauer strömten an ihnen vorüber. Steinbrück hatte feine» Blick auf die hell erleuchtete Treppe gerichtet. Vielleicht sah ,xr die dort herabksmmen, auf welche seine Gedanken gerichtet waren. Eine Dame in schwerem seidenem Kleide rauschte an ihni vorüber. Ein dichter Schleier verhüllte ihr Gesicht. Er achtete nicht auf sie. Dicht war sie an ihn herangetreten. Er fühlte, wie eine kleine Hand ihm schnell, hastig einen Zettel in die Hand drückte. Fast erschrocken zuckte er zusammen. Die Dame war schon mehrere Schritte von ihm entfernt. Menschen hatten sich zwischen ihm und sie gedrängt. „Das ist die Gräfin von Z., welche Dich so sehr begeistert hat." flüsterte Toni ihm in scherzendem Tone zu. „Wer? — wer?" fragte er bestürzt, fast zitternd. „Die Gräfin! dort im scharzen Schleier. Sie ist es!" Regungslos, mit starrem Auge blickte Steinbrück ihr nach. Den Zettel hielt er krampfhaft mit der Hand umschlossen. ES konnte nicht sein! Sie --- sie . . . Und doch war sie es! Unter dem Hute quollen die glänzenden schwarzen Locken hervor. Wie leicht und doch stolz war ihr Gang! Sie wandte den Kopf noch einmal zur Seite, halb zurück. Er glaubte durch den dunkeln Schleier ihr leuchtender, glühende- Auge zu er blicken. Sie tpar eS! Ihre Hand hatte ihn berührt. Einen Zettel hatte sie ihm in die Hand gedrückt. Wie Wahnsinn faßten ihn Entzücken und Zweifel zugleich. Er vergaß, daß die Hand feiner Braut in seinem Arme ruhte. Hastig stürmte er fort, der Gräfin nach. „Wohin willst Du?" fragte Toni. „Komm! — komm!" erwiderte er hastig. Vor dem Hause stand er still. Er erkannte die Gestalt der Gräfin unter de» Menschen. Auf einen bereit stehenden elegante» Wagen schritt sie schnell zu. Ein Diener i» reicher Livree öffnete denselben, die Dame stieg hinein und in demselben Augenblicke rollte der Wagen davon. Wie ein Träumender stand Eduard da. Eine Hand legte sich aus seine Schultern. Erschreckt zuckte er zusammen. Es war Tonis Bruder. „Da seit Ihr!" rief dieser. „Nun kommt mit nach HauS." Eduard folgte schweigend, willenlos. Seine Gedanken folgten vei» Wagen, den er noch immer dahinrollen zu hören glaubte. Nach wenigen Minuten standen sie vor der Wohnung von Tonis Eltern. „Du konunst doch mit hinauf?" fragte Tonis Bruder. Eduard wollte schon bejahen. Noch nie hatte er seine Braut ins Theater geführt, ohne daß er nach dem Schluß desselben noch auf eine Stunde mit zu ihren Eltern hinaufgegangen war. Da fiel ihm der Zettel ein, welchen die Dame —die Gräfin — ihm in die Hand gedrückt. In der Tasche hatte er ihn geborgen. Was konnte er enthalten? Sollte alles nur eine Täuschung sein. Gewißheit mußte erhaben, Gewißheit! Er konnte nicht eine Stunde lang mehr darauf warten. Zweifel und ungeduldige Erwartung würden ihn verzehrt haben. „Ich kann nicht," erwiderte er. „Ich mußhcimkehrcn." „Weshalb?" fragte Hugo, Tonis Bruder. „ES war doch Deine Absicht, ehe wir ins Theater gingen. Du hast es meinem Vater versprochen." „Ganz recht — ich dachte nicht daran — eS ist mir unmöglich — ein wichtiger Brief—"stotterte Eduard.- „Ich muß ihn noch heute Abend voll enden." „Thorheit — Thorheit," scherzte Hugo. „Die Nacht ist lang. Es wird Dir nicht schaden, wenn Du auch eine Stunde weniger schläfst." „Gewiß nicht — allein ich muß heimkehren. Es thut mir leid — ich muß." Toni sprach kein Wort. Sie bat nicht, daß er sie begleiten möge. Sie begriff ihn überhaupt an diesem Abende nicht. Ihr junges Herz hatte sich ihm mit ganzem, vollem Vertrauen hingegeben. Zum ersten Male fühlte cs sich zurückgestoßen. (Fortsetzung folgt.) . Marktpreise in Chemnitz vom 29. April. Weizen — O bi« 9 ^ 60 Pf: Roggen 7 - 50 - - 7-95 - , Braugerste 7 - 50 - - 9 » — - Futtergerstc 7 - — 7-50 - , Haler 7 - 50 . . 7-75 - < Kartoffeln S - 90 . - 3 . 50 - Butter 2 - — . . 2 - 60 - Musikalisches. Benusberg. Im 4. Abonnementkonzcrt am 27. d. erntete das Zschopauer Stadtmusikchor für allseitig schöne und exakte Durchführung aller Piecen wieder reichen Beifall. Herr Konzert meister Drechsler erzielte durch reinsten und ge wandten Vortrag der „Variationen eines russischen Themas" von David stürmischen Hervorruf. Der Marsch des Herrn Musikdirektor Fr. Woldert „In Afrika-Deutschland" ist weniger melodiös als charakteristisch und stilvoll. — Der Name des Komponisten der Ouvertüre (Vorgefundenes Werk) ist gewiß nur unter den älteren Klassikern zu suchen. Unter prächtiger Machtentfaltung des Orchesters gelangte das „berühmte Largo" von Händel zur vollen Geltung und bewirkte erheben den Eindruck. — Der junge Lytophonist hat ganz tüchtige Fortschritte gemacht. — Daß Herr. Wol dert noch recht lange seinem jetzigen Wirkungs kreise erhalten bleibe, ist der innige Wunsch seiner Verehrer. Oeffentliche Stadtverordnetensitzung, Mon tag den 4.Mai a. c. abends 6 Uhr. Tagesordnung: 1) Ratsbcschluß, Gesuch der Polizeimannschaft belr. 2) DeSgl „ Ueberlassung von 15,84 qm städtischen Areal«, zu einer Grenzmauer an den Hausbesitzer Hermann Gothel betr. 3) Desgl., die Ausmauerung der Gründum, zur Turnhalle betr. H. Wüstner, Bors.
- Current page (TXT)
- METS file (XML)
- IIIF manifest (JSON)
- Show double pages
- Thumbnail Preview