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Wochenblatt für Zschopau und Umgegend : 10.10.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-10-10
- Sprache
- German
- Vorlage
- Stadtarchiv Zschopau
- Digitalisat
- Stadtarchiv Zschopau
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512512809-188510108
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512512809-18851010
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512512809-18851010
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- Saxonica
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- ZeitungWochenblatt für Zschopau und Umgegend
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639 de« Seltenheiten gehören. Ein solcher aber ist, wie die „L. Z " berichtet, die mit einer Wind mühle versehene Neuster Höhe, an der Werdau- Ronneburger Chaussee '/« Stunden vor Ronne burg bei dem altenburgischen Dorfe Reust be findlich, beiläufig zugleich der höchste Punkt in, Ostkreise deS Herzogtums Sachsen-Altenburg, 1171 Fuß über der Ostsee. Man steht von dort außer in haö altrnburger Land, in welchem man sich be findet, in daß benachbarte Königreich Sachsen, in den Neustädter Kreis vom Großherzogtui» Wei mar, auf die Fluren deS nahen meiningischen Dorfes Mosen, erblickt mehrere preußische Kirch türme in der Nähe von Zeitz und schaut von Reuß älterer Linie die hochgelegene Kirche des Dorfes Sorga, von Reuß jüngerer Linie den Schloßturm und die Umgegend von Gera und endlich von Böhmen etliche Gipfel des am süd lichen Horizont in ganzer Länge sich ausdehnen den Erzgebirges, z. B. den Keilberg und Spitz berg bei Gottesgab. Auch abgesehen von dieser Merkwürdigkeit lohnt die genannte Höhe wegen ihrer anmutigen Nundsicht reichlich einen Besuch * Das Einstürzen von Gebäuden mehrt sich in bedenklicher Weise. Ein Beitrag dazu wird heute ans Düsseldorf gemeldet, wo dieser Tage rin Teil einer mehrere Stock hohen im Bau begrif fenen Malzfabrik einstürztc und 9 Arbeiter unter den Trümmern begrub. * Der Prozeß der Bcrgwerksbesitzcr „Fort schritt" im Duxer Kohlenrevier gegen die Stadt- gemcinde Tcplitz ist nach mehr als fünfjähriger Dauer durch den soeben gefällten Ausspruch des Obersten Gerichtshofes zu gunsten der Stadt ent schieden worden. Im Jahre 1879 hatte be kanntlich in den Duxer Kohlenwerken eine Ueber- schwemmung stattgefunden, infvlgederen die Tep- litzer Quellen versiegten. Den Bergwerksbesitzern Wurde hierauf aufgetragen, während der Kursaiso» die Arbeiten zu sistieren; für den hieraus ent stehenden Verdienstentgang verklagten die Besitzer der Bergwerke „Fortschritt" die Stadt Teplitz auf Schadenersatz in der Höhe von 28366 fl. Aber sowohl das Kreisgericht Leitmeritz und das Prager Oberlandesgericht als auch nunmehr der Oberste Gerichtshof in dritter und letzter Instanz haben entschieden, daß die Stadt Teplitz einen Schadenersatz nicht zu leisten habe, da die Si stierung des Bergwerkbetriebes im Auftrag der Behörden namentlich des Ackcrbauministeriums im öffentlichen und allgemeinen Interesse ange ordnet worden sei. * Der jüngst verstorbene Violoncellist Joseph Servais vom Brüsseler Konservatorium hat das von seinem Vater Franz Servais ererbte Bioloncell, einen kostbaren Etradivarius, hintcl- lassen, den Sachkenner auf wenigstens 100000 Francs schätzen. Das Instrument, welches kostbar ciseliert ist, trägt die Inschrift „Antonius 8tru- clivurius — Lrewousnsis 1701". Dasselbe soll verkauft werde» und es sind bereits dafür hohe Gebote von Paris. Berlin, London und Peters burg gemacht worden. * Die Verwüstungen, welche der Schncefall in der Schweiz kürzlich angerichtet hat, übertreffen, Wie die „N- Gl. Z." schreibt, die schlimmsten Befürchtungen. Im Haltenwald, auf Sack und im Klünthal sind ganze Strecken Waldes von der riesigen Last des Schnees zusammengedrückt wor den. Die Verwüstungen spotten vielerorts jeder Beschreibung. * London, 8. Oktober. Heute früh wprden durch eine Feuersbrunst von den Chartrr-house- buildingS im Londoner Distrikt Clerkenwell 10 große Speicher und 4 Häuser zerstört, sowie 6 Speicher und etwa 10 Häuser beschädigt. Dem weiteren Umsichgreifen des Brandes ist jetzt Ein halt gethan. Menschenverlust ist nicht zu be klagen. Die Höhe des Schadens beträgt über eine halbe Million Pfd. Sterl. * Ein Monstreprozeß, der in den Gerichts- Annalen Epoche machen wird, spielt sich seit zwei Monaten vor dem außerordentlichen Gericht in Caltagirone auf Sizilien ab. Die Zahl der Angeklagten beträgt 300, die verschiedener Mord- thaten, Straßenraubes und einer unendlichen An zahl von Dicbstählep mit dein erschwerenden Umstand einer Verbindung zu einer Verbrecher gesellschaft beschuldigt sind. Um diesen Prozeß ourchzuführen, mußte eine Kirche zum Gerichts saal umgewandelt, die Garnison um ein Bataillon Infanterie verstärkt und über hundert Sicherheit-- wachen dahin geschickt werden. 80 Zeugen werden verhört, 86 Advokaten plaidieren und die Zahl der den Geschwornen zu stellenden Fragen beträgt 7467, zu deren Beantwortung mindestens 5 bis 6 Tage erforderlich sein werden. Der Präsident hat zu diesem Behufe ein eigenes Lokal mit Betten, Küche, Speisesaal und den erforderlichen Aufwärtcrn, Köchen und Küchenjungen Herrichten lassen. * Recht traurige Zustände niüssen in Kalifor nien herrschen. „Die Anzahl der Selbstmorde in San Francisco ist" — so schreibt ein dortiges deutsches Blatt — „erschreckend groß, und tief betrübend ist die Thatsache, daß unter den Un glücklichen, die sich i» den Tod stürzen, die über wiegende Mehrheit deutscher Abstammung ist. Alle diese Bedauernswerten sind Opfer getäuschter Hoffnungen." Da trotzdem i» Deutschland fort während Agenten thätig sind, um AuswandcrungS- lustige durch glänzende Schilderungen und Ver sprechungen nach Kalifornien zu locken, so sieht sich dasselbe Blatt zu folgender Warnung ver anlaßt: „Bleibt alle im deutschen Vaterlande, die ihr kein kleines Kapital habt, um selbständig etwas zu beginnen! Arbeit findet ihr hier nicht; allein in San Francisco wird die Zahl der Ar beitslosen auf 10000 geschätzt!" Prozeß gegen die Reichstagsabgeord neten von Bollmar, Bebel und Ge nossen, wegen Teilnahme an einer geheimen Derbtndung. In öffentlicher Sitzung des kgl Landgerichts zu Chem nitz erfolgte am Mittwoch die Publikation des im Straf prozeß gegen Bebel und 6 Genossen wegen Vergehens gegen ZA 128 und 129 R.-St.-G.-B. gefällten Urteils nebst den demselben zu Grunde gelegten EntscheidungS- gründen. Zuvor hielt es der Herr Vorsitzende in diesem Falle für seine Pflicht, die erschienene Zuhörerschaft zu verwarnen, sich bei und nach Verkündung des Urteils jedweder äußerlichen Bezeugung de» Beifalles oder Miß fallens zu enthalten, widrigenfalls der bezügliche Teil der Zuhörerräume geräumt werden würde. Durch das nun mehr zur Verlesung gelangende Urteil wurden sämtliche 7 Angeklagte: Bebel, Dietz, Auer, Frohme, Heinzel, Ulrich und Müller — gegen 2 weitere Angeklagte, v. Bollmar und Viereck, ist bekanntlich in den am 28., 29. und 30. v M. abgehaltenen Sitzungen nicht mit verhandelt wor den, weil dieselben durch Krankheit am Erscheinen in der Verhandlung behindert waren und wird sich gegen dieselben die Abhaltung einer anderweiten Verhandlung nötig ma chen — von der wider sie erhobene» Anklage unter Ueber- nahme der gerichtlichen Kosten auf die Staatskasse kostenlos srcigcsprochen. Die Freisprechung gründete sich darauf, daß wie die Urteilsgründe besagten und des Näheren au«, führten, im vorliegenden Falle keines der vier zur Verur teilung gemäß der Anklage unumgänglich notwendigen Thatbestaudsmomente, nämlich der Nachweis, daß 1. inner halb der sozialdemokratischen Partei eine Verbindung exi- stiere, daß 2. deren Dasein, Verfassung oder Zweck vor der, Staatsregierung geheim gehalten werden soll, daß weiter 3. zu de» Zwecken oder Beschäftigungen dieser Ver bindung gehöre, Maßregel» der Verwaltung oder die Vollziehung von Gesehen durch ungesetzliche Mittel zu verhendern oder zu entkräften, und daß endlich 4. die An geklagten an einer solchen Verbindung teilgenommen, als durch die Ergebnisse der Beweisaufnahme erbracht anzusehen sei. Herurteilt. Erzählung von Ludwig Habicht. (Fortsetzung.) Doktor Overkamp war seit mehreren Jahre» der Anwalt von Fräulein Heldström, und durch ihn war der Freund in ihr Haus eingeführt worden. Es hatte nur kurze Zeit bedurft, und Doktor Eschenburg verlor an diese stolze, stille Schönheit sein Herz. Daß er von ihr wieder geliebt wurde, entging ihm nicht, und sie waren beide zu groß angelegte Naturen, um ihre Ge fühle au- kleinlichen Vorurteilen zu unterdrücken. Wohl hatte Helene, mit jenem traurigen und meist gerechtfertigten Argwohn, der reiche junge Mädchen gern heimsucht, manchen Bewerber zurück- gewiesen, weil sie gefürchtet, man wolle nur ihr Vermögen, nicht ihr Herz gewinnen; — bei dem jungen Arzt war niemals dieser Gedanke in ihr aufgetaucht, denn es bedurfte keines großen Scharf blickes, um die geniale Sorglosigkeit dieses Mannes zu erkennen. Escheuburg war kein kühler Rechner, der etwa nur dort seine Gefühle aufflammen ließ, wo ihm ein großer Reichtum winkte; er achtete so wenig Geld und Gut, daßsihm nicht einmal der Gedanke kam, er dürfe nicht an die reiche Erbin sein Herz verlieren, weil man dies miß deuten könne; — mit der ganzen Frische und Wärme seines Wesens überließ pr sich dem Sturm von Empfindungen, den die Liebe zu Helene in ihm aufwühlte, und trotz ihres kälteren Blutes wurde die schöne stolze Hamburgerin von seinem lebhaften Temperament mit fortgerissen. Bereits hatten sich die beiden Liebenden ver- verlobt, und ihre eheliche Verbindung stand in naher Aussicht. In uneigennützigster Freundschaft hatte Doktor Overkamp sich an dem Glücke des Paares erfreut, obwohl er selbst im stillen ein wenig für Helene Heldström geschwärmt hatte; aber bei seinem etwas phlegmatische» Temperament war er noch nicht über sich ins Klare gekommen, was er eigentlich für seine schöne Klientin empfand, und eh noch sein Schwanken zu Ende war, hatte der heiß blütigere Freund Helene für sich erobert. Dennoch regte sich nicht das kleinste Körnchen Neid in seinem Herzen, ja, er dachte großmütig genug, seinem lieben Martin dies Glück aufrichtig zu gönnen. Wer hätte aber auch Eschenburg mit häßlichem Neide verfolgen möge»? — Lag doch so viel lachende, fröhliche Lebenslust in seinem ganzen Auftreten, die jeden mit sich fortriß, der mit ihm in Berührung kam! Der junge Arzt hatte sich ein Kindergemüt zu bewahren gewußt, und der ernste Overkamp fühlte sich stets im Verkehr mit dem Freunde seltsam erfrischt. Er hätte ihm nicht zu zürne» vermocht, selbst wenn ihn Eschenburg mit seiner raschen Eroberung He- lenens noch tiefer ins Herz getroffen. — Und nun lag daS unaussprechlich süße Glück des Aermsten, das er schon so jubelnd in festen Händen gehalten, plötzlich in Scherben. — Zwischen den Liebenden mußte irgend ein Zerwürfnis ent standen sein, und hier war gewiß auch der Schlüssel zu all dem Unheil zu suchen, das plötzlich auf den armen Freund hereingestürzt. Um Klarheit in dieser dunklen Sache zu erhalten, beschloß Overkamp, Helenen sogleich einen Besuch abzu- statten.UEr fand sie in ungewöhnlicher Aufregung; sie hatte noch ein Blatt der „Hamburger Nach richten" in der Hand, die bereits einen ausführ lichen Bericht über den Vorfall gebracht, und dem Freunde entgegeneilend, sagte sie sogleich: „Ah, lieber Doktor, ist es wirklich wahr, was ich da lese?! Ich habe meinen Augen gar nicht trauen gewollt! Es kann ja gar nicht möglich sein!" Der Anwalt nickte mit dem Kopfe. „Ich komme soeben von Martin — aus dem Ge fängnis." „Sie haben ihn gesprochen?! O erzählen Sie! Nicht wahr, er ist unschuldig?! Er kann ja keinen elenden Mord begangen haben!" Das sonst so ruhige vornehm-kühle Mädchen war ganz ver wandelt; es sprach lebhaft und mit fliegender Hast, die Augen blitzten, und aus jedem Wort, jeder Bewegung sprach die tiefste Aufregung deS Innern. Erst jetzt besann sich Helene» daß sie in ihrer schmerzlichen Erregung die einfachsten Pflichten der Höflichkeit aus den Augen gesetzt hatte. „Nehmen Sie Platz, lieber Doktor!" setzte sie mit einer einladenden Handbewegung nach dem nächsten Sessel hinzu. „Und nun erzählen Sie, wie Sie ihn gefunden haben, welche Beweise er Ihnen für seine Unschuld anzugeben vermocht." Sie ließ sich dem jungen Anwalt gegenüber ebenfalls auf einen Stuhl nieder, und ihre Augen ruhten in höchster Spannung auf den Lippen Overkamps. „Ich konnte leider gar nichts von ihm erfahren," berichtete dieser in seiner ruhigen Weise, dem gerade die Aufregung deS jungen Mädchens seine Fassung wiedergab, und der damit doch etwas seine geistige Ueberlegenheit beweisen wollte. „Martin war ganz verstört; er gab mir über da- traurige Faktum nicht den mindesten Aufschluß. Seine Seele war von ganz etwas anderem er füllt und entsetzlich beunruhigt." Helene zuckte zusammen, wollte sprechen, preßte aber die Lippen fest übereinander und schwieg. Doktor Overkamp bemerkte recht gut, welch schweren Kampf dies stolze Herz kämpfte, bevor cS sich völlig enthüllen mochte, und er fuhr des halb mit unerschütterlicher Ruhe fort: „Der arme Freund hat mir alles anvertraut. Nicht die Sorge, daß er als Mörder angeklagt und sein Leben auf dem Spiel steht, beunruhigt seine Brust, wohl aber der Gedanke, daß jemand, den er mehr liebt als sein Leben, an ihm irre werden, ihn mit Eifersucht verfolgen konnte, während ihm eine solch elende Treulosigkeit so fern gelegen hat, daß es ihm ganz unmöglich war, zu glauben, man könne einen solchen Verdacht ans ihn werfen." Die Augen des Anwalts ruhten dabei forschend auf dem Antlitz des jungen Mädchens, nm die Wirkung seiner Worte zu beobachten. Sie blieb nicht auS.
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