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Wochenblatt für Zschopau und Umgegend : 29.06.1889
- Erscheinungsdatum
- 1889-06-29
- Sprache
- German
- Vorlage
- Stadtarchiv Zschopau
- Digitalisat
- Stadtarchiv Zschopau
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512512809-188906296
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512512809-18890629
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512512809-18890629
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungWochenblatt für Zschopau und Umgegend
- Jahr1889
- Monat1889-06
- Tag1889-06-29
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459 der früheren Tage, sie glaubte, nie wieder lachen zu können, denn der furchtbare Schuß hallte ihr noch in Kopf und Herz. Langsam faltete sie den Brief zusammen, winkte dem alten Kammerdiener des Vaters und schritt ihm voran ins Nebenzimmer. „Johann," sagte sie klanglos und hielt ihm, bittend wie einem Freunde, die kleine Hand ent gegen, „wollen Sie mir einen sehr großen Ge fallen erweisen?" „O, gnädiges Fräulein," sagte der Alte bitter lich weinend lihd neigte sich über die schlanken Finger, „was Ruinier Sie wollen, sagen Sie es mir — und ich erfülle Ihre Befehle." „Ich muß sausfahren. Können Sie mich be gleiten?" „GnädigesFräulein, es ist erst acht Uhr früh —" „Um so tesser. In einer Stunde weiß die ganze Stadt/ was bei uns vorfiel — und ich muß vorher den Marchese del Roga sprechen. Es hängt für uns alles davon ab." Nur ei» kurzer, trauriger Blick des alten Man nes glitt ü^er das süße, totenblasse Gesichtchen 'sicher junge, Herrin, dann verneigte er sich und sagte:' soll sofort angespannt werden." Vivia» del Roga war gewohnt, früh aufznstehen und saß auch jeute seiner Gewohnheit gemäß schon um acht Uhr leim Frühstück, um die Zeitung des vorigen Tages,u lesen. Sein schönes, männliches Antlitz war tiefernst, er seufzte manchmal schwer und fuhr sich mit der Hand über die Stirn, als wolle er einen bösen Traum verschiuchen. Noch vor vierundzwauzig Stunden hatte die Zukunft ihm rosig gewinkt, aber dann hatte die Geliebte ihm offen bekannt, sie könne ihn nicht lieben — der Traum verschwand und graue, öde Gegenwart blieb zurück. Und doch, bei allem Schmerz, den ihre Worte ihn»' bereitet, dankte er es ihr, daß sie ehrlich zu Mn gewesen und ihn nicht vielleicht aus weltlichen Gründen, wie so manche andere gethan haben ivürde, angenommen. > Ob sie wirklich Arthur liebte? , Wie oft er die Frage auch znrückgedrängt, immer Min neuem tauchte sie in ihm auf; er vermochte He nicht zu beantworten. M Langsam stand er auf und trat zum Schreib- Wsch; er wollte seinem Intendanten nach Kastell Eioga schreiben, seine Ankunft melden, damit alles Wereit sei, denn die Reise war fest beschlossen. W Abermals seufzte er schmerzlich — da fuhr Drunten am Hanse rasselnd ein Wagen vor und gleich darauf läutete es an der Glocke. „So früh, wer kann wohl jetzt zu mir kommen," dachte Vivian bei sich; da ward die Thüre unge stüm aufgerissen, er sprang empor und starrte, kau,n seiner Sinne mächtig, nach der Gestalt, die sijsc auf der Schwelle vor ihm stand: Es war Ntra von Bohlen. Unter dem langen schwarzen Radmantel bausch- tei! „och immer die blauen Krepewolken, goldene, brillantbesetzte Armbänder umschlossen die weißen Arme, aber das schöne Gesicht war beinahe un kenntlich vor Jammer und Aufregung. Atem-, hortlos lehnte sie an der Thür und hob flehend Heide Hände zu dem Marchese auf. „Ich muß Ihnen selbst sagen — was geschehen ist. Zürnen Sie mir nicht, Herr Marchese." - „Gnädiges Fräulein, was ist vorgefallen, sprechen Sie!" rief Vivian, ganz entsetzt zu ihr hineilend, während der Diener diskret die Thüre schloß, ,/,was kann Sie hierher zu mir führen — nach Hem gestrigen Abend?" st Sie schluchzte nur heftiger, zu reden vermochte /sie noch nicht, und er sprach milde tröstend wie -f ein Freund in sie ein, dabei immer die kleine, weiche Hand haltend. c „O, Herr Mnrchese," stammelte Nora endlich 1 mühsam, „Sie sagten mir — wenn ich einst - Hines Freundes bedürfen sollte —" ^ „Und Gott helfe mir, daß ich es immerdar be- >rhätigen darf; aber, Nora, was ist vorgefallen? / Sagen Sie mir alles, ich weiß kein einziges ! Wort." / Da schauten ihn die blauen Augen voll unsäg- ) lichen Jammers an und die zuckenden Lippen / brachten klanglos hervor: „Mein Vater — hat sich — erschossen! Hierl ist sein letzter Brief!" In jähem Entsetzen prallte del Roga zurück^ es war ja nicht möglich, es konnte nicht sein! Vor wenig Stunden erst hatte ihm der joviale, lebenslustige Mann zum Abschiede die Hand ge drückt mit den Worten: „Gute Nacht, lieber Marchese; hoffentlich feiern wir bald ein frohes Fest!" Vivian mochte ihm mitten im lauten Treiben des Ballsaales von seiner mißglückten Werbung nichts sagen; er beschloß, es schriftlich zu thun und gleichzeitig auf die Art auch von der Familie des Obersten Abschied zu nehme». Und nun war alles so furchtbar anders gekommen! In aufwallender Empfindung streckte er dem unglücklichen Mädchen beide Hände hin und sagte leise mit bebender Stimme: „O Nora, mein armes Kind, welch ein furchtbares Weh bricht über Sic herein. Gott schütze Sie und sende Ihnen Kraft!" Da brach Noras starre, unnatürliche Fassung, laut aufschluchzend lehnte sie das blonde Köpfchen an seine Schulter und überließ sich dem Schmerze, den sie bis jetzt dahin zurückgedrängt. Der Marchese stand regungslos, obschon er am liebsten den Arm um sie geschlungen und sie an sein treues Herz gebettet hätte. Endlich aber fuhr Nora nervös empor, deutete auf den Brief, den der Marchese noch uneröffnet in seinen Händen hielt und murmelte verzweiflungs voll: „Lesen Sie, Marchese, aber verachten Sie uns nicht; wir ahnten nichts von dem Schrecklichen. O Gott, helfe uns über all die bittere Schmach!" Das Gesicht verhüllend sank sie auf den Divan, während der Marchese mit dem Blatt ans Fenster trat; auch er erbleichte, als er gelesen, ein Aus druck bitterer Verachtung kräuselte seine Lippen, und er murmelte vor sich hin: „Feig und ehrlos im Lebe» wie im Tode! Erst Spieler, dann Fälscher, endlich Selbstmörder!" Lange stand er regungslos und schaute in den grauen Wintermorgen, dann neigte er das Haupt, als habe er einen Entschluß gefaßt und wandte sich zu dem jungen Mädchen, welches regungslos dalag, selbst zum Schluchzen zu schwach. „Nora, mein armes Kind!" Sie ließ das feine Battisttuch sinken und ihre verweinten Augen schauten ihn trostlos an; erst jetzt fiel ihm der schneidende Kontrast zwischen den blassen Zügen und der reichen Balltoilette auf. „Haben Sie denn noch ein gutes Wort für mich, Herr Marchese — nachdem — Sie gelesen —" „Lassen wir den Toten ruhen; er hat seine Schuld mit ins Grab und von da aus hinauf ge nommen vor einen höheren Richter. Uns bleibt nur die Pflicht, dieselbe vor den Lebenden zu ver bergen." „O, Marchese, wie sollen wir Ihnen diese Güte lohnen!" „Nennen Sie mich nicht so, Fräulein Nora, denn ich stehe im Begriffe, wenn auch nur auf kurze Zeit, ein großes Opfer von Ihnen zu for dern. Es gilt die Ehre Ihres Vaters vor der Welt zu retten." „Sprechen Sie, Roga; schlimmeres kann für mich nicht mehr geschehen." Eine trübe Wolke überschattete Vivianos Gesicht, er biß sich auf die Lippen, doch als er nun sprach, klang die Stimme ruhig wie immer. „Dieser Brief enthält für uns die Pflicht, uns dem Wunsche des Toten gemäß, wenigstens auf einige Zeit — mit einander zu verloben." — Sie hatte das Gesicht abermals in den Händen geborgen, keine Bewegung, kein Laut verriet, daß sie seine Worte vernommen. „Nicht für immer, Nora, hören Sie Wohl; ich spreche nicht im Egoismus des gestrigen Abends, sondern mit klarer, kalter Ueberlegung. Wir müssen vor der Welt als Brautleute anftreten; damit ich das Recht und die Pflicht habe, Sie und Ihre Mama vor allen Wiederwärtigkeiten zu schützen! Ist erst Gras gewachsen über den furchtbaren Fall, dann, mein armes Kind, erhalten Sie Ihre Freiheit zurück, denn Gott verhüte, daß ich Sie je zwingen könnte, ohne Liebe die Meine zu werden." „Herr Marchese!" „Schon deshalb, Nora," fuhr er ruhig fort, vbschon sein Herz stürmisch pochte, „müssen wir jene Schcinverlobung schließen, weil Sie in Ihrem Kummer selbst zu mir kamen. Mein Diener und Ihr Kutscher könnten darüber reden und ein Schatten würde auf Ihren Ruf fallen, wenn nicht heute noch die Stadt erfährt, daß eS Ihr — Ver lobter war, den sie herbeiriefen, als das Unglück geschah." „O, Vivian, Sie nehmen die schwere Pflicht auf sich, Opfer zu bringen für diejenige, die Ihnen so weh that. Wie sollen wir Ihnen je mals alles vergelten?" Ihr Herz pochte stürmisch, sie hättte niedersinken mögen vor ihm und ihn anflehen: „Nimm mich hin an Dein treues Herz — für immer und alle Zeiten," aber die zitternden Lippe» schwiegen und auch del Roga schaute zu Boden. Wie sie ihm vergelten sollte? „Mit Deiner Liebe," rief es stürmisch in seinem Innern, aber von neuem preßte er die Lippen fest zusammen, damit kein verräterischer Laut denselben entschlüpfen könne. Es war die seltsamste Verlobung, die wohl je stattgefunden. Eine Scheidewand trennte die bei den, welche ein einziges Wörtchen für immer nieder gerissen Hütte, aber gerade dieses eine Wort blieb unausgesprochen;' sie reichte» sich wortlos die Hände, dann hob der Marchese den zu Boden gefallenen Mantel Noras auf und legte ihr den selben um die Schultern. „So gestatten Sie mir für kurze Zeit das Recht eines Verlobten, Nora, und seien Sie versichert, daß ich dies Opfer nicht länger als nötig in An spruch nehmen werde. Ich will schon heute mit den Leuten unterhandeln, welche — Forderungen an den Verstorbenen haben, dann reisen Sie nach dem Begräbnis mit Mama ab und erhalten in kurzer Zeit ihre Freiheit wieder." Liebevoll besorgt wie ein Vater geleitete er das junge Mädchen zum Wagenschlag, den der Diener geöffnet hielt. „Lebe wohl, Nora, auf Wiedersehen; ich komme sogleich in die Villa zu - Euch. Weise alle Leute an mich und lege Dich etwas nieder." Er hatte absichtlich laut gesprochen, damit die Diener seine Worte verstehen sollten und in der That strahlten ihre Gesichter voll ehrlicher Freude und Verständnis. Als der Wagen davongerollt war, wandte sich del Roga gegen seine sonstige Gewohnheit zu dem Kammerdiener und sagte: „Der Vater meiner Braut, Oberst von Bohlen hat sich heute Nacht erschossen.." „O, Exzellenza," rief der Italiener lebhaft, „wie furchtbar, wie schrecklich! Und gerade zur selben Zeit mit Ew. Gnaden Verlobung! Die schöne, liebe Signorina; wir wünschten im stille» sie schon lange zur Frau Marchesa. Darf ich ganz unter- thänigst Exzellenza meinen Glückwunsch abstatten?" Bald darauf betrat Viviau das Trauerhaus, in welchem eine beispiellose Verwirrung herrschte; die von dem Verstorbenen früher immer abgewiesenen Gläubiger drängten hinein und faßten, da Frau von Bohlen sich nicht sehen ließ, im Korridor Posto, um zu bleiben, bis ihre Forderungen be friedigt würden. (Fortsetzung folgt.) Stadtbibliothek Sonntag geöffnet nur für Annahme von Büchern. Kirchliche Nachrichten. Am 2. Sonntag nach Trinitatis nnd Mitfeier des Johannisfcstes, den 30. Juni 1889. Nllgem. Beichte und Kommunion früh >/,8 Uhr. Hr. Diak. Jäger. Vormittags >/,9 Uhr predigt Hr. Hilfsgeistl. Thiele. Kirchenmusik: „Jauchzet Gott, alle Lande!" Psalm 66, von Rudolf Thoma. Vormittags >/,ll Uhr Kindergottesdienst. Hr. Diak. Jäger. Nachmittags 3 Uhr Bruchmannsche Stiftsprcdigt auf dem Gottesacker. Hr. Diak. Jäger. Wochenamt: Hr. Hilssgeistlicher Thiele. Dienstag früh Uhr Beicht- und Abendmahlsgottcs- dicnst. Hr. Hilfsgeistl. Thiele. Mittwoch abends 8 Uhr Bibelstundc in Gornau. Hr. Diak. Jäger. Donnerstag abends 8 Uhr Bibelstunde in' der Kirche. Hr. Diak. Jäger. Getaufte: Johanne Elise, H. L.Müllers, Müllers». Bäck. T.-—Anna Meta, F. C. B.Hcngsts, Schneid. T.— MaxGeorg, K.G.Böhms, Maur.S. — Linda Elsa, F.H. Endlers, Bahnarb. T. — Bruno Walter, K. Weih, Fabrik- arb.S. — Luise Hedwig, F.H.Hungers, B.u.Webmstrs. T. — Theodor Otto, F. T. O. Arnolds, Müllers S. — Kurt Emil, F. H. Arnolds, B. n. Schneidermstrs. Zwill.-S. — Ernst Paul, derA. S. Preißler ünchcl. S. Beerdigte: K. A. Weber, B. n. Schuhmmstr. u.Kan- toreimitgl., Witwer, 77 I. 7 M.24T. —F. H. Schubert, Seminarfeuerm. j. S., 9M. 8T.—F. H. Arnolds, ans. Schncidermsts.Zwill.S., l'/,Std.—H. A.Stöckels,Hand- arb. einz. T., 1M. 2 T. — F. A. Becks, Handarb. einz.S., l M. 26 T. — Der A. F. gesch. Rothe, geb. Preißlerunehcl. S., l6 T. — Schl. -Porschendors: I. K. E. Hentschels, Papiermaschinenf.j.S.,6M.ST.—R.A.Kahls, Papier- saalmstrs.j.S.,15T.
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